Zeitenwende

21 12 2022

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

’s ist Krieg, und ich begehre, nicht schuld daran zu sein. Viel hätten wir erwarten können, manches erwarten müssen. Aber in diesen Tagen, ohnehin am Rand sich stetig verdunkelnder Zukunft, hatten wir gehofft, es nicht zu erwarten. Zeitenwende, sagen sie, sei das Wort der Stunde, aber es ist so wenig die Beschreibung der Gegenwart wie es aus ihr kommt. Wir haben alles schon vorher gewusst, denn die Tatsachen standen ja fest, und nichts ändert sich, vor allem nicht, was sich ändern muss. Vieles von dem, das in den vergangenen Jahren an dieser Stelle stand, könnte auch jetzt hier stehen. Es scheint, als würden wir nicht nur nicht lernen wollen, sondern auch alles Gelernte, jede Erkenntnis wieder von uns weisen, in der trotzigen Annahme, man könnte sich mit nur genügend Starrsinn gegen die Wirklichkeit stemmen. Wir sind in diese Situation nicht einfach hereingerutscht – wie man niemals in einem Krieg aufwacht, man hat nur alle Anzeichen übersehen, die Warnungen in den Wind geschlagen und nicht mit den Folgen seiner Untätigkeit gerechnet – und haben allen Grund, uns unserer Gleichgültigkeit zu schämen.

Doch uns ist das Hemd näher als die Hose, vor allem, wenn es das eigene Hemd ist. Solidarität, Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Schwächeren, die wir selbst sein könnten – und im geopolitischen Maßstab auch bald sind, wenn wir nicht schleunigst reagieren – sind im Denken dieser Epoche ein Zeichen mangelnder Größe, das man sich als politisches Gebilde mit Machtanspruch besser nicht ansehen lässt. Noch immer haben wir die kulminierenden Krisen nicht gebannt. Das Land wehrt sich, in einer gemeinsamen Anstrengung den überfälligen Wandel anzugehen, den Mythos vom stetigen Wachstum zu überwinden, Wirtschaft und Daseinsvorsorge von der Gier einiger weniger Figuren zu entkoppeln, gesellschaftliche Spaltung in allerlei Gestalten zu beenden, die Zerstörung des Planeten für die Bequemlichkeit einer saturierten, herrschsüchtigen Gruppe weinerlicher Hohlköpfe zu beenden.

Ob eine Radikalisierung gegen die Dummheit uns helfen würde, hatte ich einst gefragt, und war zu dem Schluss gekommen, dass die Vernunft uns vor Radikalisierung schützen werde und gebiete, im Rahmen des Rechts und der Verhältnismäßigkeit zu bleiben, um nicht auf das Niveau marodierender Staatsfeinde zu sinken. Inzwischen demonstrieren Menschen dafür, dass vom Parlament beschlossene Gesetze, international geschlossene Verträge und in der Verfassung festgeschriebenen Rechte nicht mit Füßen getreten werden, wofür sie kriminalisiert und von den Hohlköpfen als Terroristen beschimpft werden. Reflexhaft schreien sie nach Überwachen und Strafen, nach den beiden Übungen, aus denen ihr Rechtsverständnis besteht. Müßig ist die Frage, wer dumm ist, wer sich längst radikalisiert hat.

Wir leisten uns eine politische Kaste, die den Staat, überhaupt den Gedanken der demokratischen Vertretung ad absurdum führt und dabei noch auf die Idee verfällt, sich ihr moralisch fragwürdiges Handeln unter dem Deckmantel des Sachzwangs selbst zu gestatten. Begriffe wie Markt, Recht oder Verantwortung werden ausgehöhlt, damit es in die Agenda kurzfristiger Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit passt. In den letzten Tagen dieses an sich schon desolat verlaufenen Jahres platzt dann die Meldung, eine moralisch verkommene Truppe vollkommen verblendeter Extremisten habe sich angeschickt, einen Staatsstreich zu verüben. Die angeblich sittenstrengen Tugendwächter erweisen sich einmal mehr als lächerliche Sprechpuppen, die außer Gepöbel nichts zu bieten haben.

Die Zeitenwende ist hier nicht angekommen. Sie wissen, dass Repression nur dann funktioniert, wenn ein Staat allmächtige Mittel zur Verfügung hat, was nie der Fall ist, und nie von Dauer ist, was oft genug zu verfolgen war und ist. Noch sind wir in einem Bereich, in dem die politische Kaste sich an einer Minderheit abarbeitet, weil sie ihr stetiges Versagen auf ein Feindbild projizieren muss, aber die Werkzeuge sind geschaffen, Mechanismen und ein Apparat, der sich ihrer bedient, auch in einer Ordnung, die diese demokratisch gewählte später über den Haufen schießen kann. Auch das haben wir gesehen und sehen es noch. Es gibt manche, die es nicht stört, solange man nicht auf sie schießt.

Friede auf Erden. Ein schönes Postulat, nur wird innerhalb kürzester Zeit die Debatte von Zweiflern ausgebremst, von den Realpolitikern übernommen, von gut vernetzten, wirtschaftsnahen Fachleuten, die messerscharf analysieren, warum eine schnelle Lösung unserer Konflikte und Katastrophen für die Anleger schädlich wäre, Fehlanreize setzen würde für auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr verwertbare Bevölkerungssegmente und schließlich die gut an Bomben und Überschwemmungen verdienenden Investoren dazu brächte, ihre Steuern in einem anderen Land zu hinterziehen. Eine halbe Million Tote pro Jahr verkraftet die Börse, wenn es nicht zu viele sind, muss man keine Fremden einwandern lassen, die den Einheimischen die Jobs wegnehmen. Frieden liegt im Auge des Betrachters, und wir lassen uns ohnehin abspeisen mit Brocken, die in Zukunft nichts gelten. Da begrünt ein Städtchen die Dächer ihrer drei Bushaltestellen, klotzt noch einen Blumenkübel aus Recyclingholz daneben, fertig ist das Placebo, das verkündet: wir haben doch alles gemacht. Für Windräder gab’s keine Mehrheit unter den Fossillobbyisten, Fotovoltaik haben wir schon erfolgreich vom Markt entfernt, Geothermie kostet natürlich erst mal wieder viel Zeit, in der wir uns lieber mit Flächenversiegelung beschäftigen, mit mehr Parkplätzen für den autogerechten Ausbau der Innenstädte, und wenn erst einmal alle Autobahnen sechsspurig sind, wird es hier richtig schön.

Diese Dummheit bedarf keiner Radikalisierung, sie ist bereits radikal in ihrer Borniertheit.

Uns fehlt die Zukunft, vielmehr: die Erzählung, die diese Zukunft sein kann. Wir waren vielleicht einmal Teil eines Narrativs, das Erfolg und Frieden auf seine Fahnen geschrieben und einen Teil dessen auch erreicht hat; wir haben diese Geschichte aber mutwillig weggeschmissen und fest daran geglaubt, dass man dem kommenden Untergang wohl kaum würde entrinnen können. Also haben wir einfach alles lauter gedreht, sind noch schneller in den Sonnenuntergang gerast, haben dem Gesindel, das für uns Staat spielen sollte, alles geglaubt, auch die übelsten Lügen, wenn sie nur in eine verbogene Ideologie passten, mit der wir in guten Tagen bei der Stange gehalten werden. Die Stützen dieser Gesellschaft leugnen hartnäckig, dass alle ihre Errungenschaften und Privilegien, kurz: das, was sie Freiheit nennen, lediglich auf Zerstörung und Abhängigkeiten beruht. Diese verantwortungslose Freiheit, die es ihnen erlaubt, sich töricht und nach Möglichkeit rücksichtslose zu verhalten, weil es nie negativ sanktioniert wurde, ist nicht die Freiheit der anderen von vermeidbaren Risiken. Wir sind längst in einem Krieg, doch wir haben noch nicht alle begriffen, dass ihn die Menschheit gegen sich selbst kämpft – und ihn falsch kämpft.

Wir kämpfen immer noch gegen alles, was uns nicht passt, und grenzen folgerichtig die aus, die für eine Zukunft kämpfen, in der die Erzählung wieder trägt. Alle anderen Probleme, in die sich diese Gesellschaft eingegraben hat, werden wir so kaum bewältigen. Und solange wir nicht begreifen, dass es Menschheitsprobleme gibt, die nur von der ganzen Menschheit bewältigt werden können, wenn es dazu noch nicht zu spät ist, werden wir den Kipppunkt verpassen, in dem wir in die Diktatur taumeln, die uns der Planet selbst aufzwingt. Gegen diesen Gegner ist kein Krieg zu führen. Wir werden endlich verhandeln wollen, doch dann wird es viel zu spät sein. Wir haben es in der Hand. Noch.

Doch kommen wir nun zu den angenehmen Dingen, denn das Leben besteht ja zum Glück nicht nur aus Ärgernissen wie Politik, Wirtschaft oder Dummheit. Da ist auch noch die Familie, teils echte und teils Wahlverwandtschaft, die sich ab und zu ein Stelldichein in diesen Kolumnen gibt – ich gebe zu, ich wüsste oft viel mehr zu berichten von ihnen, durchaus auch Unterhaltsames und Wissenswertes, aber es gibt ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Diskretion über allem steht, und niemals würde ich mich etwa über eine gute Freundin wie Anne lustig machen. Schließlich ist sie eine exzellente Juristin, und das würde mich teuer zu stehen kommen. Also schauen wir auf die kommenden Festtage, die wir wie stets im Landgasthof vor den Toren der Stadt verbringen werden, bei Bruno, als Fürst Bückler eine Legende der regionalen und ausgezeichneten Küche, und seinem Bruder Hansi, der ihn jüngst zu einigen kleinen Arbeiten in Haus und Küche überreden konnte. Sie sind ans Ersparte gegangen, der langjährige Entremetier Petermann, längst Brunos Stellvertreter und für geschäftliche Solidität geschätzt, hat ordentlich kalkuliert. Vor ein paar Wochen war die Neueröffnung, alle Tische reserviert, ein blendend gelaunter Chefkoch mit den charakteristischen Schnurrbartspitzen, die ihm das Aussehen eines Hummers verliehen, die Dekoration von Sofia Asgatowna, Annes ehemaliger Putzfrau, die nun mit einem in Blau und Zartgelb gehaltenen Blumenhimmel den Saal verzauberte – so werden wir auch den Jahresausklang dort feiern. Ob alle in der rechten Stimmung sein werden? Man muss ein paar Traditionen aufrecht erhalten, auch in weniger schöner Zeit. Und dazu gehören auch der 1995-er Wupperburger Brüllaffe und das 1993-er Gurbesheimer Knarrtreppchen, von Hansi in einem arg verstaubten Nebengelass des Kellers unter allerhand ungenießbarem Zeugs entdeckt. Ich wage hier eine kühne Vermutung, die aber nie, wirklich nie an die Öffentlichkeit dringen darf: angesichts der durchaus hohen und konstanten Qualität der beiden Spitzenweine lässt der erfahrene Gastronom – möglicherweise ohne Wissen seines älteren Bruders – originalgetreu gestaltete Etiketten drucken und auf die Flaschen kleben, die seit Jahren ausschließlich am Weihnachtstag kredenzt werden. Das Knarrtreppchen hat noch dieses feine Spiel aus Säure und Beerenaromen, aber schon seit 2019 kein bisschen gemöpselt. Die spontane Verjüngung kann ausgeschlossen werden, so bleibt das Geheimnis ein Geheimnis, und wir werden selbstverständlich nicht daran rühren. Immerhin sichert uns das auf lange Sicht die Versorgung mit edlen Tropfen.

Breschkes Tochter ist derzeit noch im fernen Osten unterwegs, wo sie eine Reisegruppe durch Angkor Wat führen sollte. Ihrem letzten Besuch in Kambodscha verdankt sie einen mittelschweren Schock, als die eigentlich zum Frittieren gedachten Wasserwanzen in der Imbissbude vor dem Hotel sich selbstständig machten, um das Erdgeschoss ihrerseits nach Essbarem zu durchsuchen. So werden der pensionierte Finanzbeamte und seine Gattin wie in den Jahren zuvor vormittags vor der Tür halten und hupen, auf eine schnelle Tasse Tee heraufkommen und dann in die herzogliche Gegend fahren. Bismarck, zugegebenermaßen der dümmste Dackel im weiten Umkreis, aber in seiner Treue und Anhänglichkeit über jeden Zweifel erhaben, wird auf der Rückbank liegen und leise schnarchen, da er das Autofahren so furchtbar langweilig findet. So verschieden ist es im menschlichen Leben.

Wie im vergangenen Jahr ist Anne nicht auf einer einsamen Skihütte (und steht dann pünktlich um Mitternacht am zweiten Festtag vor meiner Tür, wo sie mit enormen Portionen von Schokolade und Rotwein wieder aufgepäppelt werden muss) und hat dazu auch einen Grund. Seit einigen Wochen ist sie Halterin eines Katers, wobei er die Sache sicherlich eher umgekehrt definieren würde. Er besitzt eine Reihe außerordentlicher Talente, unter anderem ist er in der Lage, an so gut wie jedem Ort in ihrer Wohnung in mitunter bizarren Verrenkungen zu schlafen, was sich schlagartig ändert, sobald Anne aus der Kanzlei zurückkehrt und es sich auf dem Sofa gemütlich macht. Es soll Dressurtechniken geben, die durch subtile Wiederholungen in eine Art andauernden Trancezustand führen, der schließlich willenlos macht; er hat sie irgendwann da, wo er sie haben will. Es wird noch spannend.

Luzie Freese, Annes Büroleiterin und die Seele des Hauses, hat sich verplappert, das heißt: wir nehmen an, dass es nicht absichtlich war. Nachdem sie nun ihr Häuschen mit dem Finanzbuchhalter und Lebensgefährten Minnichkeit seit einiger Zeit teilt, wo er sich ein hübsches Zimmerchen auf dem Dachboden als Arbeitsraum ausgebaut hat – er besitzt handwerkliches Talent, auch wenn er selbst davon bisher nichts geahnt hatte – sprach sie jüngst von der Planung einer Hochzeitsreise, beeilte sich aber hinzuzufügen, dass es selbstverständlich um gute Freunde ginge, die als Opernliebhaber gerne wieder einmal nach Verona und Mailand fahren wollten. Noch sind sie nicht verehelicht, das wüsste Anne aus der Gehaltsabrechnung, aber alles deutet darauf hin, dass sich das bald ändert.

Von Mandy Schwidarski, vor längerer Zeit als Leiterin der Agentur Trends & Friends Geschäftspartnerin und Nervensäge, haben wir seit der letzten Weihnachtsfeier nichts gehört. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Fachfrau für Marketing und Werbung versuche, in der Politik zu reüssieren. Es würde zu ihr passen und zu mancher Partei, in denen man jeden beliebigen Inhalt auf das Volk loslässt, solange es gut verpackt werden kann – der Inhalt, aber wenn man darüber nachdenkt, wird das Volk gleich mit eingewickelt. Ob sie damit Erfolg haben wird? Es ist, leider, durchaus denkbar.

Fast hätte mein Großneffe Kester einen kurzen, aber heftigen Auftritt im Fernsehen gehabt, als er in den Abendnachrichten einige erklärende Worte zu dem epochalen Durchbruch in der Kernfusion referieren sollte. Als ordentlicher Professor für theoretische Physik befand er die Angelegenheit für hirnlosen Unfug – er drückte sich nur nicht ganz so gewählt aus – und erklärte der von Sachkenntnis völlig freien Redakteurin, dass dies einer von sehr, sehr vielen Schritten sei, die man auf dem Weg bis zum Bau eines funktionierenden Reaktors gehen müsse. Sie hatten seine Ausführungen dazu auch nicht ganz verstanden, also sendeten sie lieber eine Aufzeichnung, in der jemand die allgemeine mit der speziellen Relativitätstheorie verwechselte.

Mein Patenkind Maja ist fast fertig mit ihrer Habilitationsschrift. Die Nullstellenberechnung bei Polynomen fünften Grades hat noch einmal gut zwanzig Druckseiten in Anspruch genommen, von denen ich allerdings nicht viel verstehe. Das Kind hat früher immer so gerne gerechnet, sagt ihre Großmutter. Es muss irgendwie an den imaginären Zahlen gelegen haben. Oder an diesen Wurzeln.

Nachdem Doktor Klengel, seinerzeit Hausarzt der Familie, in die Nähe seiner Schwester gezogen war, um unter Anleitung des Grafen Rummelsdorf dessen umfangreiche Kunstsammlung zu ordnen, hatte er ja das Aquarellieren für die Fotografie drangegeben. Im Seitenflügel des Herrenhauses war der Nukleus einer Ausstellung entstanden, der als kostbares Buch demnächst erscheinen sollte. Leider ereilte Gottfried Heinrich Reichsgraf Rummelsdorf zu Knobelheim am Vorabend seines neunzigsten Geburtstages der Schlag, an dem er nun friedlich verschied; Berta, Doktor Klengels Schwester, war an seiner Seite. Die verwitwete Gymnasiallehrerin hatte zunächst Bedenken, doch nun haben sie als sachwaltende Erben des kunstsinnigen Herren das lebenslängliche Wohnrecht in Anspruch genommen und leben in jenem Flügel, den das norddeutsche Kleinod der Landarchitektur aus dem Moor hebt. Ein von Doktor Klengel selbst kuratierter Überblick der gesammelten Kunstschätze seit der Renaissance wird Anfang kommenden Jahres in den Sälen des Schlösschens der Öffentlichkeit übergeben, wobei der Wille des Verblichenen, alles kostenfrei den Besuchern zu zeigen, auf äußerst positive Resonanz gestoßen war. Unser Allgemeinmediziner wird in den kommenden Jahren durchaus gebraucht.

Die Schallplattensammlung des von uns sehr geschätzten Staatsanwalts a.D. Husenkirchen hat nach seinem Heimgang eine neue Heimstatt in seiner Obhut gefunden. Dass das örtliche Archiv der Stadtbibliothek sie derart schnöde zurückwies, hat mich persönlich verärgert. Aber was erwartet man von wissenschaftlich ungebildeten Kräften, die noch dazu unwissenschaftlich gebildet erscheinen.

Vor einigen Tagen kam wie immer zu dieser Jahreszeit Siebels unangekündigt vorbei, der TV-Produzent, den man selbstverständlich brauchte. Er hatte dreißig Folgen Karibik-Krankenhaus in die Tonne getreten, fünfzig Krimis mit intellektuellen Höhenflügen auf Fußbodenhöhe und jede Menge Schmalz. Die Nachfolge von Frank Lanz war an seiner Vorzimmertür gescheitert, er hatte sogar die Jahresrückblicke aller führender Privatsender in Bausch und Bogen abgelehnt, ohne überhaupt über deren Honorarforderungen nachgedacht zu haben. Als graue Eminenz der Fernsehens hasste er nichts so sehr wie das Fernsehen, und wer seine Spuren in den vergangenen Jahrzehnten auch nur halbwegs aufmerksam verfolgt hatte, wusste auch genau, was es damit auf sich hat. Keiner würde sich wundern, hackte er demnächst ein Studio zu Klump, um sich danach nur noch der Produktion von Podcasts zu widmen. Oder Ananas zu züchten, meinetwegen in abgelegenen Regionen eines Subkontinents ohne nennenswerte mediale Abdeckung. Wie sich das entwickelt, weiß jetzt noch niemand.

Zu guter Letzt gilt mein Dank dem Freund und Kollegen Gernulf Olzheimer, der kurz vor dem Fest immer noch einmal vorbeischaut, früher zu einer kürzeren oder längeren Manöverkritik und dem Versprechen, ein weiteres Jahr wieder zu jedem Freitag einen Kommentar abzuliefern, der dann mit leichten redaktionellen Bearbeitungen – so ist es in unserer Abmachung festgehalten – erscheinen wird. Tatsächlich habe ich nie einen Text aus seiner Feder abgelehnt, sie werden längst nicht mehr redigiert. Er ist und bleibt eine der Stützen, auf die ich mich werde verlassen können, da er im Kampf gegen Dummheit, Einfalt und ideologische Verblendung unermüdlich ein scharfes Schwert führt und die reine Urteilskraft auf seiner Seite weiß. Er ist mir ein unverzichtbarer Mitarbeiter geworden, dessen Beiträge um so wertvoller werden, da sie eine große Bandbreite an Beklopptheit aufs Korn nehmen, die selbst mir nicht immer auffällt. Ich freue mich, dass er eine breite Anhängerschaft gefunden hat. Das spricht für ihn.

Und so beschließe ich einmal mehr mit der alten Tradition ein Jahr, indem ich den Schreibtisch samt allen Schubladen leere, säuberlich ausfege und alles darin, halb und nicht einmal halb Fertiges, nicht brauchbare Versuche, Anfänge ohne Ende und den ganzen pointenlosen Stapel der Fingerübungen und der vergeblichen Liebesmüh im Kristallascher in Rauch aufgehen lasse. Worauf der zweite Schritt des Archivierens beginnt, in dem ich gerne noch einmal alles sortiere, durch- und aufarbeite, mit selbstkritischem Blick begutachte, hier und da die Texte analysiere, in ihre Bestandteile zerlege und zu verstehen versuche, was ich damit eigentlich hatte sagen wollen. Manchmal gelingt es. Bisweilen bin ich ganz zufrieden, doch nicht zu sehr – es würde ja sonst der Ansporn fehlen, es noch ein weiteres Jahr in diesem kleinen literarischen Salon auszuhalten und mit einem Funken Hoffnung zu beginnen. Was davon Wirklichkeit wird, werden wir sehen. Am Donnerstag, den 5. Januar 2023 ist es wieder an der Zeit.

Allen Leserinnen und Lesern, die dies Blog fast oder fast ganz immer und regelmäßiger als unregelmäßig oder doch nur manchmal oder aus Versehen gelesen, kommentiert oder weiterempfohlen haben, danke ich für ihre Treue und Aufmerksamkeit und wünsche, je nach Gusto, ein fröhliches, turbulentes, besinnliches, heiteres, genüssliches, entspanntes, friedvolles und ansonsten schönes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch und ein gesundes, glückliches Neues Jahr.

Beste Grüße und Aufwiederlesen

bee





Kassenmonster

20 12 2022

„Fiebersaft 2018, Fiebersaft, Fiebersaft, höre ich zehn Ibu 600, zehn Stück, zwanzig, zwanzig zum erstem, zum zweiten und zum… dreißig Ibu 600, dreißig, vierzig, vierzig zum erstem, zum zweiten und zum… dritten! Glückwunsch an die Dame mit dem Kleinkind!

Das ist ja nur eine Möglichkeit, aber ich finde das super. Sie sehen ja, mit welcher Begeisterung die Menschen diese Auktionen annehmen, zum Teil haben wir mehr Angebote als Versteigerungen, aber bei bestimmten Arzneimitteln müssen wir nehmen, was man kriegt. Vier Jahre drüber, da kann man den Fiebersaft noch verwenden, wenn die Flasche gut verschlossen ist und das Zeug noch nicht ausflockt. Die Leute dürfen ruhig ein bisschen mehr Vertrauen haben, an der Imbissbude kratzt sie das auch nicht.

Nun ist der private Handel mit apotheken- oder verschreibungspflichtigen Medikamenten untersagt, eigentlich – aber schauen Sie, wir haben nun mal den Trend zur Erlebnisgesellschaft, wir haben die Eventgastronomie, Sie können überall Gutscheine kaufen für Bergklettern und Bungee, ob die dann auch eingelöst werden, ist ja nicht mein Problem. Wenn man nun Schmerzmittel im emotionalen Ausnahmezustand kauft, setzt das gleich positive Gefühle frei. Man kann sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, ob man das jetzt überlebt, ist wieder eine andere Frage, aber wenn Sie hinterher noch in der Lage sind, sich an irgendwas zu erinnern, dann haben Sie wenigstens etwas, an das Sie sich noch lange erinnern werden.

Und jetzt das ganze Paket Parkinson Plus für tausend Euro, ich pack da noch Neuroleptika drauf, verdienen tu ich da nix mehr, und hundert ASS und hundert Halstabletten von Opa noch, und ich muss verrückt sein, diese Krankenhauspackung Binden, originalverschweißt, tausend Euro!

Das mit den Flohmärkten war ja eine nette Idee, aber der Typ war halt ziemlich weltfremd. Es soll ja Ärzte geben, die nicht ständig auf dem Golfplatz abhängen, dann fallen die da über die Stände her und kaufen den weihnachtlich gestimmten Leuten die Vorräte weg – die haben ja das Geld, unsereins eben nicht, und damit ist der Gedanke der Hilfe zur Selbsthilfe, der die Eigenverantwortlichkeit so nett mit der gesunden Geldgier verbindet, wie man das in der Politik nicht anders kennt, damit ist das alles auf einmal futsch und die Sache ist nur noch ein ganz normaler Markt, der ganz normal versagt.

Wenn wir immer nur nach Vernunftgründen handeln würden, was würden wir dann nicht alles machen – Maskenpflicht, Isolationspflicht, Pflege besser bezahlen, Distanzunterricht, Luftfilter, und dann kann man beispielsweise Medikamente oder überhaupt Güter für den Gesundheitsbedarf mal in Deutschland oder zumindest in der EU herstellen und in ausreichender Menge lagern. Aber wo bliebe da bitte der Nervenkitzel? So eine Blinddarm-OP ist heutzutage ein Routineeingriff, da macht man sich keine großen Gedanken mehr. Aber wenn man nicht sicher sein kann, ob die Anästhesie auch genügend Narkosemittel vorrätig hat, dann ist da Musik drin!

Alles verstaatlichen? Ja, hört sich vernünftig an. Das wird aber auch an irgendwelchen Sachzwängen scheitern, weil es sich kurzfristig nicht rechnet. Sie müssen ja bei Börsenbewegungen, und das löst ja immer irgendwelche Börsenbewegungen aus, ganz schnell vorher kaufen und dann noch schneller alles wieder abstoßen. Das ist bei Klima und Energie vermutlich nicht anders bei Corona.

Sie haben 800 Punkte, wählen Sie zwischen Tür A, Tür B und Tür C – wo sind die Betablocker? Sie haben sich entschieden für Tür B! Tür B, und unser reizender Assistent aus der Bundesärztekammer wird Ihnen die Lösung verraten! Tür A – Glück gehabt, da sitzt das Kassenmonster! Meine Damen und Herren, das Spiel geht weiter! Tür C – jetzt öffnen wir Tür C, und was verbirgt sich hinter Tür C? Da sind sie, eine Großpackung Betablocker, in Ihrer Dosierung! Schade, schade, das wäre jetzt Ihre Chance gewesen, aber wir haben ja noch Tür B – und das verbirgt sich hinter Tür B! Gebissreiniger! Viel Spaß mit Ihrem Gebissreiniger! Applaus!

Ihnen macht das keinen Spaß, aber man muss die nötige Neigung für solche Sachen mitbringen. Neulich hatten wir eine Kandidatin, die hatte schon seit einer Woche kein Asthmaspray mehr. Die erste Hälfte war ganz okay, dann wurde sie ein bisschen kurzatmig, und dann war hier richtig Action. Ich sage Ihnen, dagegen ist so ein Flohmarkt gar nichts. Wir müssen ja das Gesundheitssystem auch etwas interessant gestalten, sonst haben wir alle Angst vor der Krise und bewegen uns gar nicht mehr. Mit dem Mindset haben wir mehrere Kriege durchgestanden, da laufen wir doch jetzt nicht weg, oder?

Frau Mickeleit hat noch zwei ganze Packungen Blutdrucksenker im Nachttisch gefunden – ihr Mann ist ja nun nicht mehr, und jetzt wollen wir mal sehen. Schade, als Erwerbsminderungsrentner hat Herr Krechler da leider das Nachsehen, aber das Ehepaar Carla und Hans-Peter Wenzkaus nimmt dieselben Tabletten. Wie gut, dass Sie beide noch den Bausparkredit… – Können Sie mich verstehen? Sie waren für das Hörgerät hier? Ja, hätte mir auch auffallen können. Mein Fehler.

So, dann gucken Sie mal, ob Sie irgendwas von den Rückläufern gebrauchen können. Die sind zum Beispiel sehr gut bei Durchfallerkrankungen, die sind eigentlich für Malaria und so ein Zeugs, aber wenn man nichts anderes hat, gehen die auch. Bis 03/1999 waren die auch noch okay, vorher waren die rot, aber das ist nur der Überzug, also greifen Sie zu. Was das hier werden soll? Na, Sie stellen ja Fragen. Haben Sie noch nie Lotterie gespielt?“





Rechtsverschärfung

19 12 2022

„… ein Parteiverbot aber unter allen Umständen vermeiden werde. Merz werde die Alternative für Deutschland bis auf Weiteres weder durch ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht noch durch eine…“

„… bisher keine Antwort der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag vorliege. Die Gespräche mit der Union seien nach Aussage der Vorsitzenden in regelmäßigen…“

„… es noch keine Erkenntnisse gebe, ob die bei der Vorbereitung des Staatsstreiches festgenommene Terrorgruppe Verbindungen zur AfD habe. Für den CDU-Vorsitzenden sei jedoch viel wichtiger, dass die AfD keine offiziellen Verbindungen zu den Reichsbürgern oder ihre…“

„… halte CDU-Generalsekretär Czaja fest, dass es sich nicht um einen Hochverrat handele, da die Tat lediglich beabsichtigt, aber nicht ausgeführt worden sei. Für Rechtsterroristen gelte auch nach Merz’ Einschätzung die rechtsstaatlich gebotene Unschuldsvermutung, die darüber hinaus natürlich auch auf andere Parteien übertragen werden müsse, die möglicherweise erst durch Ermittlungen im…“

„… es sich bei der Partei um eine Partei und nicht gegen einen Verein handele. Merz sehe daher keine juristische Möglichkeit, die AfD mit den Mitteln des Vereinsrecht zu bekämpfen, wie es in der Union vereinzelt von…“

„… keinesfalls nur auf kurzfristige politische Einschätzungen reagieren dürfe. Für die Partei sei die Einstufung der AfD als deutlich weit rechts der Union stehende Gruppierung derzeit akzeptabel, es sei jedoch durchaus möglich, dass sich in den Jahren bis zur nächsten Bundestagswahl eine sehr deutliche Verschiebung der…“

„… es aus den Reihen der Umstürzler auch viele Kontakte in die CDU gegeben habe, teilweise auch Mitglieder in Exekutivämtern. Wolle man das rechtsstaatliche Prinzip durchexerzieren, so Merz, müsse man konsequenterweise nun auch die CDU verbietet, was eine vollkommen hirnrissige…“

„… werde die AfD als Bundestagspartei mit Steuergeldern unterstützt. Für die CDU sei dies ein Beweis, dass es sich im eine nach demokratischen Regeln gewählte…“

„… ein Verbot der AfD auch bedeute, dass viele Beschlüsse der Union, nicht mit ihr zu kooperieren, auf Parteitagen neu gefasst werden müssten, falls diese sich erwartungsgemäß sofort neu gründe. Es dürfe nicht bei einer auf einzelne Gruppierungen beschränkte Haltung bleiben, da sonst das gute Einvernehmen, das für im Bundestag vertretene Parteien wichtig sei, nun noch unter großen…“

„… spreche der Parteichef selbstverständlich nur für die Bundes-CDU. Czaja sei sich sicher, dass die Brandmauer zur verfassungsfeindlichen AfD weiterhin als unumstößliches Gebot gelte, könne aber nicht garantieren, dass nicht auf Landes- oder Kommunalebene, wo teilweise schon erfolgreiche Bündnisse geschlossen worden seien, eine gute Zusammenarbeit unterbunden werde, um eine rein formale Regelung nur um ihrer selbst willen zu…“

„… bejahe Merz, dass es durchaus inhaltliche Schnittmengen mit der Alternative für Deutschland gebe. So stehe für beide Parteien die Abschaffung des Staates, steuerliche Förderung der Umvolkung, die Zwangshomosexualisierung aller Kinder sowie das Verbot des Christentum außer Frage. Für ihn sei es viel wichtiger, dass Politiker, die derartige Pläne hegen würden, sofort mit allen rechtsstaatlich zur Verfügung stehenden Mitteln aus dem…“

„… dass einige der Reichsbürger, denen eine besondere Nähe zur AfD nachgewiesen werden könne, legale Waffen besessen hätten. Die CDU sehe zwar ein, dass die Überarbeitung des Waffenrechts wie jede Rechtsverschärfung sinnvoll sei, weise aber darauf hin, dass es sich eben nicht um Straftaten im Sinne des aktuell geltenden…“

„… müsse man auch die im Osten erfolgreichen Politiker wie den sächsischen Ministerpräsidenten aus der Partei ausschließen. Dabei habe sich nach Merz’ Auffassung gezeigt, dass diesen überhaupt keine Schuld an der Nähe seines Landesverbandes zu nationalsozialistischem Gedankengut treffe, da Kretschmer nur die von der AfD populär gemachten Vorschläge einer rechtskonservativen Richtung…“

„… nur einzelne Mitglieder der Alternative für Deutschland straffällig geworden seien. Czaja lehne eine Kollektivschuld für die Gesamtpartei daher schon aus christlichen Motiven vollkommen…“

„… mehrheitlich demokratiefeindliche Kräfte nicht in der Lage seien, die Regierung anzuführen, wenn sie nicht durch eines der größten politischen Genies aller Zeiten unterstützt würden. Merz habe klar zum Ausdruck gebracht, dass die AfD ihm nicht genug Geld bieten könne, um einen Wechsel von den Christdemokraten zur…“

„… stehe die Union nicht für lösungsorientierte Vorschläge, was sie auf natürliche Weise in die Nähe der AfD rücke. Führende Politiker beider Parteien seien davon überzeugt, dass dies für eine konstruktive Koexistenz sowohl in der Opposition wie auch in absehbarer Zeit für die gemeinsame…“

„… entscheidende staatsrechtliche Impulse von der AfD aufnehmen wolle, um den gewaltsamen Umsturz durch linksextremistische Klimaterroristen zu verhindern. Merz halte weder die anlasslose Todesstrafe noch eine Sippenhaft für möglich, ohne das der BRD von den Aliierten aufgezwungene Grundgesetz mit einer Neugründung des Reiches abschaffen und die Rolle Deutschlands in der Welt wieder auf eine ihm gebührende…“





Preis der Freiheit

18 12 2022

Die Häuser sind verwüstet. Hab und Gut
sind wie im Krieg geraubt von den Gewalten.
Geschichte ist, wird sein, was wir gestalten.
Was davon blieb, das reißt hinweg die Flut.

Die Not macht arm. Da man den Armen höhnt,
ist noch kein Grund gefunden, dass man handelt,
aus seiner Angst sich für die Zukunft wandelt,
bevor man sich an diese Not gewöhnt.

Was uns das Handeln kostet, ist die Frage.
Verstummt die Sorge vor der Reichen Klage,
wird selbstgerecht er seine Stimme heben.

Wir warten. Irgendwann muss es doch glücken,
wie wir in diesen einen Abgrund blicken.
Was kostet uns die Trägheit? nur das Leben.





In fünf Zeilen um die Welt. Limericks (DCXXIV)

17 12 2022

Luigi, der hat in Pallare
fürs Gärtchen wohl eine Fanfare.
Man sieht ihn beim Pirschen
bei Birnen und Kirschen
auf Drosseln und Finken und Stare.

Akwasi, der knackt in Tamale
sich Nüsse. Ihn stört nicht die Schale,
vielmehr sind’s die Kerne.
Er isst die nicht gerne.
Probiert hat er mehrere Male.

Marcello, der kauft in Airole
im Laden sich viel Alkohole.
„Kann mich nicht entscheiden,
so muss ich wohl leiden –
es kommt alles rein in die Bowle.“

Salaheddine zahlt in Demnate
fürs Auto schon Rate auf Rate.
Man will ihm nichts leihen
und auch nichts verzeihen.
Sein Gläubiger ist auch sein Pate.

Elettra in Sestri Levante,
sie litt schrecklich unter der Tante,
die das, was sie kochte,
auf keinen Fall mochte,
bis sie aus dem Haus sie verbannte.

Kwamena, der suchte in Kade
die Schränke durch, Lade für Lade,
um nun zum Spazieren
den Stock mitzuführen.
So blieb er dann ganz zu Haus. Schade.

Lamberto trägt in Rossiglione
im Haus auf dem Scheitel gern Krone.
Er ist zwar kein König,
doch stört ihn das wenig.
Ihm steht es, so geht er nie ohne.





Gernulf Olzheimer kommentiert (DCXLIV): Das Weltbild von gestern

16 12 2022
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Es gab sie immer schon, diese Menschen, die das Illusorische gefordert haben, weil sie es denken konnten. Die Abschaffung der Kinderarbeit, das Ende der Sklaverei, Frauenwahlrecht, nichts war ihnen zu abgedreht, um es nicht wenigstens einmal in einer fernen Utopie für möglich zu halten, selbst wenn sie sich sicher waren, es nicht mehr erleben zu dürfen. In der Zwischenzeit lernte der Mensch zu fliegen, zettelte unzählige Kriege an, verseuchte und verstrahlte Erde, Luft und Gewässer, brachte Millionen seiner Artgenossen um für die hirnrissige Idee, es würden mehr- und minderwertige Rassen von ihnen existieren, beutete aus ebendiesem Grund ganze Völker aus und rechtfertigte den ganzen Mist auch noch mit der Wahnvorstellung, ein männliches Ding mit Eigenschaften wie Unsichtbarkeit und Unsterblichkeit, dem der ganze Schmodder hier auf dem Planeten nämlich gehöre, habe ihm befohlen, alles zu seinem höheren Ruhme in die Scheiße zu reiten. Wer bei diesen Knalldeppen spontan die mittelalterliche Lebensanschauung vor Augen hat, liegt nicht verkehrt. Sie vertreten noch heute das Weltbild von gestern.

Zumindest dinglich sind wir im 21. Jahrhundert angekommen: Wissenschaftsleugnung und wirres Verschwörungsgefasel betreibt der gemeine Nappel auf einem internetfähigen Taschencomputer, dessen Ortungssystem ohne Relativitätstheorie gar nicht hätte entwickelt werden können. Aber es sind noch mehr Zerebraldilettanten aus dem Gruselzoo der Evolution ausgerückt, die wir als Gewaltmarsch in die intellektuelle Sackgasse ertragen müssen, weil sie mit ihrer Selbstwahrnehmung immer gegen die Wände der Wirklichkeit bollern. Für sie besteht die christlich-heteronormative Familie aus Vater (geht zur Arbeit), Mutter (kocht, betet, hält die Fresse) und Kind (lässt sich indoktrinieren), die Welt aus Arbeitern (arbeiten, beten, halten die Fresse) und Leistungsträgern (werden von linken Schmarotzern ständig dafür angepöbelt, dass sie lediglich geerbt haben und deshalb nicht arbeiten müssen). Früher einmal war das ganz normal, da drehte sich auch die Sonne um die Erde. Da war die Gesellschaft noch ordentlich in Stände gegliedert, wie sowieso alles ordentlich war, zumindest äußerlich, und es gab nicht so schreckliche Erfindungen wie Klima und Gender, mit denen unordentliche Linke die einfachen Wahrheiten stellen konnten, mit denen sich der geistig beschränkte Hirnschrott aus der Chefetage die Bequemlichkeit seiner irrelevanten Existenz tapezieren konnte. Der Strom kam aus der Steckdose, die Ananas aus der Dose, Dienstboten wuchsen nach. Schon verständlich, dass man als Opferrollenspieler Sehnsucht nach der Vorzeit hat.

Dabei bezeichnet der Begriff Nostalgie eine Art von Schmerz in Bezug auf etwas Vergangenes, da Vergängliches – hier erinnert es streckenweise an das theatralische Selbstmitleid, das beim Tode einer Autoritätsperson hervorgeschwiemelt wird, von der man nicht lassen kann. Dass die gute alte Zeit vor allem alt ist und nicht unbedingt nur gut war, wird passend dazu ausgeblendet. Gut war sie für einen selbst, nicht unbedingt für die anderen, und darauf beruht das Wehgeheul: die Privilegien sind fort, sie kommen nicht mehr wieder, aber wenn man ganz fest daran glaubt, kriegt man die Realität sicher wegignoriert. Und so geben diese Jammerlappen beim Anblick der Mauer noch einmal ordentlich Vollstoff, denn wenn sie es nicht überleben, warum sollten dann andere es dürfen?

Das Raster verrutscht, wenn die Steinzeitler von traditioneller Moral plärren, obwohl sie wissen oder wenigstens wissen sollten, dass die meisten heute geläufigen Wertvorstellungen gegen diese Moral durchgesetzt wurden, teils mit dem Fallbeil, dann mit den Verfassungen. Das Leben ist nicht ganz so behaglich, wenn man nicht mehr privilegiert ist, zwar noch die materiellen Früchte einer Historie genießt, aber die Strukturen nicht mehr zementiert kriegt, damit diese Sonderrechte erhalten bleiben, auch wenn man Recht und Gesetz ausleiert, bis es unangenehm auffällt. Schreibmaschinen wurden irgendwann obsolet, Fabrikanten gewöhnten sich an neue Erzeugnisse, Büros wurden irgendwann von der elektronischen Datenverarbeitung erfasst, und wer sich nicht umstellen wollte, machte noch ein bisschen unglückliche Figur, bevor er ausgemustert wurde. Die Fetischisten des Verbrennungsmotors werden als verknöcherte Spuren der Geschichte enden – „Fossilzeitalter“ bekommt dabei eine ganz neue Bedeutung – und die verzweifelten Anhänger des Turbokapitalismus mit in den Abgrund reißen. Sie werden als Angstbeißer noch ein bisschen die Zähne fletschen und herumheulen.

Selbstverständlich werden die Egomanen, die heute mit schnellen Gewinnen reich geworden sind, ihre Rolle übernehmen, aber sie werden sich mit neuen Utopien konfrontiert sehen: Nachhaltigkeit, Grundeinkommen, Klimaneutralität, Gleichheit. Sie werden ebenso selbstverständlich ihre Privilegien gegen die Gesellschaft verteidigen, und sie werden wie die jetzigen Reaktionäre verschwinden, wenn sie sich der Evolution entgegenstellen. Der Prozess wird dauern, aber jeder Prozess hat ein Ende. Und zur Not gibt es halt das Fallbeil.





Ungünstige Prognose

15 12 2022

„… eine Reihe von Maßnahmen beschlossen habe, um die Bevölkerung während der Weihnachtstage vor den schlimmsten Entwicklungen zu schützen. Die akute Unterversorgung der Bundesrepublik mit präklinischer Notfallmedizin sei eine echte…“

„… rate das Bundesgesundheitsministerium den Bürger, in diesem Jahr auf Weihnachtskerzen zu verzichten. Es seien nicht genug Notfallsanitäter in den Ballungsgebieten verfügbar, um im Brandfall eine schnelle Rettung zu…“

„… der Berliner Senat sich nach dem jüngsten Zwischenfall entschieden habe, flexiblere Lösungen für den Rettungsdienst auf den Weg zu bringen. So sei es ab sofort möglich, auch ohne Notarzt oder geschultes Personal Einsätze zu fahren, da ein Notfall als erfolgreich gelöst gelte, wenn allein das Fahrzeug an den Einsatzort…“

„… es nicht zielführend sei, präventiv sämtliche Klimaaktivisten zu einer lebenslangen Haftstrafe zu verurteilen. Für die Berichterstattung könne es viel einfacher sein, eine weit entfernte Demonstration als Begründung für den Ausfall des gesamten…“

„… rate das Bundesgesundheitsministerium nun auch dazu, mit elektrischen Lichterketten vorsichtig zu verfahren. Neben den üblichen Gefahren eines kurzschlussbedingten Brandes oder Herzstillstand durch Stromschlag müsse man besonders Kinder, die sich eine Strangulation zuziehen könnten, mit deutlichen Warnhinweisen auf dem…“

„… die Hauptstadtverwaltung sich mit der Deutschen Bahn AG verständigt habe, um ihre Statistik wieder in den grünen Bereich zu drehen. Es sei nun geplant, alle Einsätze, bei denen ein Rettungsfahrzeug überhaupt den Unfallort erreiche, als pünktlich zu kategorisieren, was als wesentliche Entlastung vor allem für den Senat und seine…“

„… Löschversuche an brennenden Bäumen oder Adventskränzen nicht selten der Auslöser schwerer Erkältungskrankheiten bis zu Bronchitis oder Lungenentzündung würden. Lauterbach rate daher in diesem Jahr, jede Art von Beleuchtung in den Privatwohnungen zu vermeiden, da dies eine der einfachsten und auch sparsamsten Lösungen für den Schutz der Bevölkerung vor einem…“

„… nun auch Rettungssanitäter fahren lassen werde, die sich zuvor nicht mit der Bedienung eines Einsatzfahrzeuges befasst hätten. Die Berliner Innensenatorin sehe im Fall eines Verkehrsunfalls den Vorteil, dass sich dann ein Rettungsteam sofort vor Ort befinde und lebensrettende Maßnahmen für die Einsatzkräfte im…“

„… es Überlegungen in den Krankenkassen gebe, vor der Alarmierung der Rettungsleitstelle zunächst eine Zweitmeinung eines niedergelassenen Arztes einzuholen. Sollten etwaige Wartezeiten den Notfall erledigen, so würde auch dies zu einer sehr viel besseren Versorgungslage für andere…“

„… die Einweisung in eine Klinik im Radius von fünfzig Kilometern nun der Normalfall werden müsse. Die Hamburger Sozialbehörde wolle damit eine Entzerrung des Krankenhausbetriebs erreichen, der nur geringe Erweiterungen der Fahrleistung bei Feuerwehren und anderen…“

„… zu Einschränkungen in der Freizügigkeit führen könne. Da sich während der Weihnachtstage viele Bewohner ländlicher Regionen in den Städten aufhalten würden, könne es dort auch zu einer viel größeren Häufung an Notfällen kommen, was durch ein generelles Besuchsverbot in den kreisfreien …“

„… die Flexibilisierung müsse weiter führen und auch in umgekehrter Richtung funktionieren. Für die Berliner Verwaltung liege es nun nahe, dass auch Kraftfahrer, die man auf dem angespannten Arbeitsmarkt viel leichter als nebenberufliche oder in Teilzeit tätige Helfer finde, mit medizinischer Versorgung am Unfallort beauftragt werden könnten, um eine Entlastung der Politik im…“

„… sich die medizinischen Kenntnisse in der Normalbevölkerung nutzen lassen würden, wenn vor dem Notruf mindestens eine Recherche der Leitsymptome im Internet verpflichtend werde. Im Bundesgesundheitsministerium begrüße man den Vorschlag der Rettungsdienste und werde sich mit ihm wohlwollend und vorurteilsfrei…“

„… dass Patienten auch im Umkreis von etwa hundert Kilometern eingeliefert werden könnten. Zur Kooperation mit niedersächsischen Kliniken werde man von Hamburg aus auch Notfälle in den Gängen und Kellern diverser Krankenhäuser…“

„… bei kritischen Fällen, bei denen nur eine sehr ungünstige Prognose gestellt werden könne, eine spezielle Rufnummer helfen werde. Von den Rettungsdiensten werde diese Leistung als Letzte Hilfe angeboten, die üblicherweise erst nach dem Ende einer regulären Schicht in den…“

„… auch im Sinne eines Schnupperpraktikums besetzt werden könne. Dabei sei es für den Berliner Senat unwichtig, ob es vor den Einsätzen eine fachliche Unterweisung in medizinische oder…“

„… zur Teamwork aufgefordert habe. Bei nicht erfolgreich verlaufenden Einsätzen bestünden die Krankenkassen darauf, dass die Rettungsdienste ihre Fahrten entweder zu einem deutlich reduzierten Kostensatz oder aber vollkommen ohne eine…“

„… in Bezug auf die Gesamtzahl der Einsätze betrachtet werden müsse. Zwar könne auch durch pandemiebedingte Ausfälle, spontane Kündigungen zum Jahresende oder eine allgemeine Unlust in den Rettungsdiensten eine Überlastung konstatiert werden, ein gesetzliches Verbot des Entzündens von Feuerwerkskörpern zu Silvester bedeute jedoch für Buschmann eine viel zu starke Einschränkung der Freiheitsrechte, die keinesfalls gegen die gemeinhin eigenverantwortlich handelnden…“





Reichsmark der Germanischen Notenbank

14 12 2022

„Nur noch mal zum Verständnis: sind Sie jetzt von der Republik Freies Germanien oder von der Freien Germanischen Republik? Ich habe nämlich keine Lust, jedes Schriftstück doppelt auszustellen, weil sich Ihre Karnevalsvereine gerade nicht auf einen gemeinsamen Stempel einigen können. Bringen Sie Ihren Kram in dreifacher Ausführung mit, gelocht, geheftet, und dann sehen wir mal weiter.

Neuanträge macht unsere Abteilung eh nicht, außerdem: seit wann ist denn diese BRD GmbH für Ihre Angelegenheiten zuständig? Ich dachte immer, uns gäbe es gar nicht? Und plötzlich wollen Sie für Ihren komischen Operettenstaat eine Bescheinigung für Steuerfreiheit von einer Bundesrepublik, den Sie abschaffen werden, wenn es soweit ist? Können wir uns mal auf eine Realität einigen, oder brauchen Sie eine in Reserve? Wenn Sie sich selbst verwalten, warum gehen Sie dann den deutschen Behörden auf den Geist?

Königreich, aha. Können Sie gleich knicken. Sie können auch nicht einfach aus der EU abhauen, das erfordert halt einen langfristigen Austrittsprozess. Schön, wenn Sie dazu eine eigene Meinung haben – die haben ja einige von Ihnen. Vielleicht hätten Sie sich mal die Gebrauchsanweisung von so einem Staat durchlesen sollen, bevor Sie einen gründen. Haben Sie Botschaftspersonal? oder überhaupt eine grobe Richtung von völkerrechtlicher Vertretung? Sie lassen das mal auf sich zukommen? Das hört sich sehr klug an, so machen das die anderen Staaten sicher auch. Und da ich davon ausgehe, dass Sie von anderen Staaten auch anerkannt werden wollen als Königreich Deutschland, werden Sie die entsprechenden Formalitäten im Vorfeld bereits erledigt haben, richtig?

Also auch das nicht. Gut, dass die Botschaften sich nicht für diesen Mist hergeben, das hätte ich Ihnen schon erklären können, aber Sie wussten ja auch alles besser. Haben Sie wenigstens eine eigene Armee? Zweihundert Mann? und zwei Panzer? Die kriegt ja die saarländische Bereitschaftspolizei im Vorbeigehen platt. Exekutionskommandos haben Sie? Die werden richtig sinnvoll sein, wenn die NATO-Streitkräfte zum Befreien vorbeigucken. Wenn ich mal fragen darf, wie viele Minuten hatten Sie bis zur Kapitulation veranschlagt?

Und wie wollten Sie eigentlich die Hundesteuer einziehen? Oder die neuen Reichspersonalausweise ausgeben? Macht das die Deutsche Reichs-GmbH? Ich frage nur, weil ich nicht so den Eindruck habe, dass Sie sich ernsthaft mit dem Aufbau von Verwaltungsstrukturen auskennen. Wir haben das nach 1990 alles in den Osten exportiert, das hat Jahre gebraucht. Sie machen das per königlichem Dekret? Nur, dass ich das richtig verstanden habe?

Ja, das kostet natürlich Geld. Wenn Sie keine Steuern oder Abgaben erheben, ist das Ihr Problem, dann wird’s aber schnell eng im königlichen Säckel. Da wäre eine Demokratie deutlich preiswerter, falls Sie nicht nach Ihrem üblichen Verfahren vorgehen: die Kohle in die eigene Tasche stecken und für alle Ausgaben andere hinhängen. Das mit der Währung wäre dann hoffentlich auch geklärt? Oder wollten Sie im Euro-Raum bleiben? Deutsche Mark? Taler? Dem internationalen Handel wird das egal sein, ob Sie in Zukunft Goldgulden oder Reichsmark der Germanischen Notenbank ausgeben. Das nehmen die alle nicht. Die Banken knipsen dann einmal das Licht aus, Ihr treues Staatsvolk hat bestimmt noch genug Vorräte im Erdloch gepreppt, wenn plötzlich die Läden leer sind. Aber Sie haben ja zweihundert Mann und Exekutionskommandos, wenn’s nicht so läuft wie vorgesehen.

Hoffentlich verletzt sich keiner von Ihnen bei der Aktion. Sie sind ja alle nicht versichert – und wenn, dann über die Deutsche Gesundheitskasse, die größtenteils dem Schnapsverbrauch ihres Gründers diente. Sollten Sie bei der Gelegenheit ein paar Todesfälle zu beklagen haben, dann werden Sie selbstverständlich auch Probleme haben, in den Genuss von Hinterbliebenenversorgungen zu gelangen. Euro werden Sie eh nicht akzeptieren, dann bleibt Ihnen vielleicht ein Sack Kartoffeln pro Monat. Die müssten Sie aber selbst anbauen, immer vorausgesetzt, Sie kennen sich damit aus. Und bei der Energieerzeugung dürfte es auch bald größere Probleme geben. Ihr Auftraggeber im Kreml wird Ihnen sicher ganz schnell ganz viel Gas und noch viel mehr Öl versprechen, wenn Sie ihn mit in der russischen Volkswirtschaft verwertbaren Devisen bezahlen. Wie Sie da patzen, haben Sie ein größeres Problem, als Sie sich ausmalen können.

Außenpolitisch müssten Sie sich natürlich auch mit Ihrem großen Meister einig werden. Sollten die Grenzen von 1914 für Sie noch Bestand haben, werden Sie nicht nur mit unseren direkten EU-Nachbarn einige robuste Verhandlungen eingehen, Sie werden auch Gebietsansprüche der ehemaligen Sowjetunion zu berücksichtigen haben. So anders als Sie tickt der Führer in Moskau nicht. Ich nehme an, er lädt Sie gerne mal ein auf ein Tässchen Tee.

Ach ja, und dann brauchen Sie natürlich auf dem schnellsten Weg eine neue Verfassung. Sie sind ja nach wie vor der Ansicht, dass das Grundgesetz gar nicht mehr gilt, obwohl es so richtig noch nie gültig gewesen ist, und dass nur durch eine gültige Verfassung ein souveräner Staat überhaupt als Staat gelten kann. Sollte das mit Ihrer Monarchie nicht unvereinbar sein, wäre es ratsam, diese Verfassung vorab dem Volk zur Abstimmung vorzulegen. War das nicht ursprünglich sowieso Ihr Plan?

Sie zahlen doch lieber die Strafe fürs Parken in der zweiten Reihe? Das ist klug von Ihnen. Alles Weitere hätte ich Ihnen auch nicht geraten.“





Dunkeldeutschland

13 12 2022

„… die Weihnachtsbeleuchtung in den Innenstädten nicht einer gesetzlichen Verordnung unterlägen. Das Bundeswirtschaftsministerium sei nicht befugt, den Stromverbrauch zu regeln, weise aber darauf hin, dass die Kosten nicht von der Regierung…“

„… sich mehrere Gemeinden in Niedersachsen entschlossen hätten, auf die diesjährigen Lichter zu verzichten. Der Handelsverband Deutschland werde dies allerdings nicht tolerieren und habe bereits eine Klage vor dem Bundesgerichtshof und der…“

„… eine Straßenumfrage ergeben habe, dass die Verbraucher auch in der aktuellen Energiekrise nicht auf die Festbeleuchtung verzichten würden. Die unter zwei zufällig ausgewählten Personen im Eingangsbereich eines Hamburger Geschäfts, das die Erhebung in Auftrag gegeben habe, sorgfältig durchgeführte Befragung sei mit einer…“

„… habe Chrupalla vor dem Blackout gewarnt, der technisch eintreten müsse, sobald die linksgrüne Regierung unter dem Bolschewisten Scholz die Beleuchtung abschalte. Die AfD fordere ab sofort kostenlosen Strom für alle Einzelhändler, die ohne fremdländisches Personal in die…“

„… die Ladengeschäfte als sozialen Ausgleich betrachten müsse. Lindner rufe alle Privathaushalte zum Stromsparen auf, damit die Wirtschaft in diesem Jahr mehr Flexibilität bei der Planung ihrer Werbemaßnahmen für einen…“

„… es auch in Nordrhein-Westfalen zu einer Diskussion über den Stromverbrauch komme. Die CDU-geführte Landesregierung könne vorerst keine Subventionierung der Beleuchtung versprechen, der grüne Koalitionspartner sei aber gesprächsbereit, wenn es sich um ökologisch erzeugte Energie aus Wind- oder Wasserkraft und eine faire…“

„… der Fachverband der Sportartikelhändler die Weihnachtsbeleuchtung für eine psychologische Notwendigkeit halte. Gerade bei Kindern, die durch Maskenzwang und Schulschließungen traumatisiert seien, könne das elektrische Licht eine sehr gute therapeutische Wirkung entfalten, die nur noch durch den Erwerb von Sportartikeln zu…“

„… vor dem Verbot elektrischer Geräte in der Sozialistischen Ökodiktatur Dunkeldeutschland nicht zurückschrecken werde. Die bei Springer erscheinende Zeitung habe den Wirtschaftsminister in einem anderen Beitrag als ‚linken Hitler‘ bezeichnet, der auf dem elektrischen Stuhl…“

„… vorerst keine Preiserhöhung geplant sei. Um die Tarife für Großverbraucher wie beispielsweise kommunale Handelskooperationen verlässlich auf einem niedrigen Niveau zu halten, müsse es den Energiekonzernen erlaubt sein, die Preise für Bürger in einem deutlichen Schritt um etwa…“

„… die Kosten für die diesjährige Illumination nicht auf die Verbraucher umlegen dürften. Lindner wisse zwar, dass dies weder nachprüfbar noch im Fall einer Zuwiderhandlung bestraft werden könne, er sei jedoch zuversichtlich, dass die Märkte dies im Sinn einer eigenverantwortlichen Lösung…“

„… hätten die Energiekonzerne ihr Vorgehen gegenüber den Verbraucherschutzorganisationen verteidigt. Im Gegensatz zum häuslichen Einsatz sei die öffentliche Beleuchtung für alle Menschen gut sichtbar und sei daher im Pro-Kopf-Verbrauch viel günstiger als eine Deckenlampe, ein Staubsauger oder eine…“

„… könne der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels sich keine Weihnachten ohne eine flächendeckende Beleuchtung vorstellen. Vor allem für Senioren, die wegen stark angestiegener Kosten für Verbrauchsgüter nicht mehr so häufig in den Supermarkt gehen könnten, sei ausreichendes Licht vor den Geschäften eine tröstliche Erfahrung, die ihnen die Inflation ein kleines bisschen…“

„… werde es täglich mehrere tausend Tote geben, die nur die Grünen zu verantworten hätten. Wendt wisse von zahlreichen Berichten aus Kreisen der deutschen Polizei, dass es durch mangelhafte Beleuchtung an Fahrzeugen immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen komme. Sollte auch nur ein einziges unbeleuchtetes Ladengeschäft sich mit überhöhter Geschwindigkeit auf eine Gruppe von mehreren tausend Passanten zu bewegen, so müsse man mit einer fürchterlichen…“

„… liege es dem Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels sehr am Herzen, dass Frauen in die richtige Kauflaune versetzt würden. So könne die Frau nach wissenschaftlichen Erkenntnissen berühmter Marketingpsychologen überhaupt nur dann einkaufen, wenn sie genug Licht hätten, um die angebotenen Waren auch zu sehen. Dies sei ein Grund, das schleppende Weihnachtsgeschäft durch eine motivierende Beleuchtung noch einmal in…“

„… der Bundesregierung ein geradezu elendes Versagen vorwerfe. Merz fordere die Koalition auf, zur Deckung des unbedingt erforderlichen Bedarfs bis zum Jahresende mindestens fünfhundert neue Kernkraftwerke zu errichten, die seines Wissens nach sofort einsetzbar seien und damit die von den linken Chaoten geplante Zerstörung Deutschlands durch Millionen von Windrädern unverzüglich…“

„… wisse aus absolut sicherer Quelle, dass der für die Weihnachtsbeleuchtung erzeugte Strom aus gegenderten Solarterrorfabriken in Wirklichkeit an islamistische Scheinasylanten verschenkt werde. Weidel werde dies noch vor dem nächsten Putsch im Deutschen Bundestag auf die…“

„… die energieeffiziente Beleuchtung durch LED-Ketten bereits vor mehreren Jahren in den Innenstädten von Hamburg und Berlin eingesetzt habe. Die von der Union lancierten Meldungen, der Einzelhandel werde aus dem Bundeskanzleramt gesteuert, entbehre damit jeglicher…“





Karrierechance

12 12 2022

„Selbstverständlich dürfen Sie Ausländer scheiße finden. Alle Ausländer, das ist meines Wissens nach von der Meinungsfreiheit gedeckt. Außerdem sieht das ein nicht zu unterschätzender Teil der deutschen Bevölkerung ganz ähnlich, und wenn Sie Ansichten vertreten, die auch von der Bevölkerung akzeptiert werden, können wie Sie nicht ablehnen. Die Polizei ist ja ein Spiegel der Gesellschaft.

Es kommt eben nur darauf an, ob Sie aus dieser Haltung heraus auch geneigt sein sollten, etwaige Straftaten zu begehen. Planen reicht nicht aus, das würde unsere Ermittlungstätigkeit personell schon sehr strapazieren, Sie müssen schon Waffen und Munition und Schutzwesten in einem erkennbaren Zusammenhang vorhalten und für eine eindeutig verfassungsfeindliche Straftat einsetzen wollen. Das ist nicht so einfach nachzuweisen, deshalb raten wir immer davon ab, sich mit eigenen Aussagen selbst zu belasten. Davon haben wir alle nur Ärger. Wenn Sie vage Vorstellungen davon haben, wie es wäre, ein Asylbewerberheim in Brand zu setzen, weshalb Sie auch das Material zum Bau von Brandsätzen im Keller bevorraten, dann ist die Sache ganz eindeutig für uns. Das ist ein großer Interpretationsspielraum.

Kontakte ins rechtsextremistische Milieu? Da muss man differenzieren. Haben die Personen ihre extremistische Einstellung erst im Nachhinein entwickelt, oder waren sie möglicherweise schon früher radikal? Und selbst dann kann man ja nicht immer eine klare Aussage treffen. Stellen Sie sich mal vor, einer von diesen Betroffenen sagt nun aus, dass er erst durch den Kontakt zu Ihnen zu einem richtigen Verfassungsfeind geworden ist – den kann man dann nicht als extremistischen Kontakt werten, weshalb Sie dann auch keine Schuld trifft.

Hier wird insbesondere auf die Mitgliedschaft in der AfD abgestellt. Lassen Sie mich das erklären: es ist selbstverständlich nicht verboten, dass Sie in der Vergangenheit Mitglied dieser Partei gewesen sind, wir werten es jetzt als Entlastungsmerkmal. Es gibt jede Menge andere Naziorganisationen, da haben Sie recht, aber da interessiert Ihre Mitgliedschaft und nicht. Kann sein, dass das nach dem nächsten Staatsstreich noch mal aktualisiert wird, aber Stand 2022 wollen wir da nichts wissen.

Haben Sie in Ihrer Vergangenheit schon mal an Gewaltverbrechen gegen jüdische Einrichtungen teilgenommen oder planen Sie derartiges in den nächsten Jahren? Wie gesagt, Sie müssen sich hier nicht selbst belasten, wir können diese Frage auch überspringen. Die Ergebnisse der Vergleichsgruppe sind sowieso erst in anderthalb Jahren fertig, darum wollten wir nur schon mal wissen, ob sich eventuell irgendwas geändert haben könnte. Vielleicht haben Sie in diesem Zusammenhang ja Informationen für uns, die eine Beschäftigung beim Bundesamt für Verfassungsschutz nahe legen. Sehen Sie das als Karrierechance. Arbeitslos wird man da so schnell nicht.

Uns geht es ja weniger darum, dass man den deutschen Staat friedlich vertritt, denn sonst wären wir nicht bei der Polizei. Da gibt’s halt manchmal auf die Fresse. Wir sollten nur in etwa denselben Staat meinen, sonst gibt es Abstimmungsprobleme, und dann haben wir wieder schlechte Presse. Bisher konnten wir immer noch einer Studie zu Gewalt und Extremismus aus dem Weg gehen, aber die Gefahr rückt ja ständig näher. Irgendwann lässt die Innenministerin das veröffentlichen, und wie stehen wir dann da?

Waffen haben Sie auch keine? Ich frage jetzt nicht für Sportwaffen und andere legale Gewehre und Pistolen, mehr so die, die irgendwie zu Hause herumliegen, bis man sie plötzlich mal braucht für private Unternehmungen. Reichstag stürmen, Banküberfall, so was halt. Munition haben Sie auch keine vergraben? Oder einen Panzer im Garten? Ja, Sie lachen, aber wir kennen das alles. So lustig ist das nicht, wenn die Kollegen beim Hausbesuch in die Panzerfaust gucken. Das kommt meistens am selben Tag im Fernsehen.

Sie müssen sich jetzt nicht angegriffen fühlen, das ist eine Routinefrage – wenn Sie jetzt sagen würden, dass eine scharfe Waffe im Privathaushalt für Sie nie in Frage käme, dann würde ich mich schon sehr wundern, was Sie ausgerechnet bei der Polizei zu suchen haben. Wir erfassen das statistisch, und dann gucken wir mal, ob uns das Ergebnis interessiert. Sie werden das auch irgendwann lernen, wenn Sie erst einmal bei uns sind. Ermittlungstaktische Gründe. Da kann man auch aus Kleinigkeiten eine Menge herleiten.

Wenn Sie zu Hause irgendwelche Nazisachen herumhängen haben, dann können wir Ihnen das nicht verbieten. Bitte nehmen Sie aber Rücksicht auf interne Ermittlungen und zeigen Sie keine Bilder davon in Chatgruppen herum. Wir müssen dann immer IT-Spezialisten akquirieren, die uns dabei helfen, dass die Daten leider nicht gespeichert werden können, versehentlich gelöscht werden oder keiner Person zuzuordnen sind. Wir haben ständig Schwierigkeiten, wenn unsere Beamten keine klare Trennung von Beruf und Privatleben vornehmen. Das betrifft dann auch unsere Work-Life-Balance. Also ab und zu mal eine Reichskriegsflagge mit zur Schicht bringen, weil es danach privat noch auf eine Demo geht, das ist in Ordnung. Aber direkt mit dem neuen Hakenkreuz-Tattoo angeben, das würde ich mir zweimal überlegen, wenn Sie wissen, was ich meine.

Gut, dann haben wir alles. Körperlich tauglich, keine Vorstrafen, deutscher Staatsbürger. Ach ja, irgendwelche Mitgliedschaften? Vereine, Parteien? Sie sind in der CDU? Danke, wir melden uns.“