Schminktipps

31 01 2023

„Aber wir müssen an die Kinder denken!“ „Na klar, sonst haben wir Probleme am Arbeitsmarkt.“ „Ich finde es gut, dass wir gleich Perspektiven für die Zukunft entwickeln.“ „Hä?“ „Ich meinte eher, dass die Blagen tagsüber weg sind, weil sonst noch mehr Leute nicht in den Betrieb gehen können.“

„Also jetzt mal etwas Kreativität!“ „Haben wir überhaupt so viele Lehrer, um nut Vollzeitstellen die Löcher in der Personaldecke zu stopfen?“ „wir könnten es ja mal ausprobieren.“ „Das hieße aber auch, dass wir die in Vollzeit besolden müssten.“ „Das Problem ist bekannt, wir suchen nach einer rechtskonformen Lösung.“ „Lösung wofür?“ „Und warum rechtskonform.“ „Dass wir sie weiterhin für Teilzeit bezahlen.“ „Dann verlassen ja noch mehr den Schuldienst.“ „Wir könnten vorher alle feuern.“ „Das geht beamtenrechtlich nicht.“ „Ich sehe, wir haben eine komplexe Sachlage.“ „Das klingt schon mal sehr gut, weil wir dann mit einer Lösung gleich mehrere Probleme beseitigen.“ „Und sämtliche Lehrkräfte.“ „Sage ich doch.“

„Wenn wir die Lehrer über die Pensionsgrenze hinaus zum Unterrichten zwingen, hätten wir schon mal eine gewisse Erleichterung.“ „Also ich habe als Kind auch immer gerne mit Oma und Opa gespielt, das ist schon zumutbar.“ „Vielleicht nicht unbedingt Unterricht.“ „Wenn die Pensionäre Aufsicht führen oder Vertretung machen, reicht das sicher aus.“ „Ich würde die Vertretung dauerhaft machen.“ „Oder als stille Reserve, die Vertretungsstunden online gibt.“ „Ich sehe, wir haben hier eine Menge Input, den wir verarbeiten müssten.“ „À propos, wer verwaltet den ganzen Kram?“ „Man könnte Pensionäre auch ins Schulamt schicken.“ „Oder in Kultusministerien.“ „Und wer unterrichtet dann?“ „Also ein bisschen Engagement kann man von denen schon erwarten, dieser Berufsstand hat und die Misere schließlich auch eingebrockt.“ „Auch wieder wahr.“

„Ganzheitlichkeit wäre ein Ansatz, mit dem wir schon viel gute Erfahrung gemacht haben.“ „Sie hatten da neulich so ein Angebot für Coaching?“ „Und Supervision für psychologische Notfälle.“ „Damit ist zu rechnen.“ „Deshalb sollten wir auch Achtsamkeitsseminare anbieten.“ „Und das hilft bei der Ausweitung der Arbeitszeiten?“ „Nein, aber bis zum Burnout sind die Lehrer weniger gestresst.“ „Würde das den Kindern auch helfen?“ „Wieso denken Sie jetzt ausgerechnet an die Kinder?“ „Das muss man doch, oder?“ „Haben Sie doch selbst gesagt.“ „Aber doch nicht da, wo wir denen etwas kostenlos zur Verfügung stellen!“

„Und was ist mit Eigenverantwortung?“ „Im Prinzip ganz okay, bei der Erwachsenenbildung wird auch viel selbst erarbeitet.“ „Das heißt, wir müssten den Kids einfach nur Bücher in die Hand drücken?“ „Das könnte teuer werden.“ „Man muss die ja nicht alle zwanzig Jahre neu kaufen.“ „Das würde voraussetzen, dass die alle lesen können.“ „Dazu reicht das Internet ja auch aus.“ „Super!“ „Das gucken sich die jungen Leute sowieso den ganzen Tag irgendwelche Tutorials an.“ „Dann empfinden sie die Beschulung ja quasi als Freizeit.“ „Ich halte das für keine gute Idee.“ „Die meisten haben eh Internet zu Hause.“ „Kostenmäßig kann man da eine Menge einsparen.“ „Für die meisten sind Reifenwechsel und Schminktipps geistig auch ausreichend.“ „Wir hätten endlich mal praxisnahen Lernstoff.“ „Schreiben Sie das auf?“ „Vielleicht ist im Bildungsministerium einer, der lesen kann.“

„Hat man denn die Lehrer nach ihrer Meinung gefragt?“ „Ja.“ „Und?“ „Sie haben geantwortet.“ „Wie konnte das bloß passieren?“ „Manche hatten sogar Vorschläge.“ „Ach du Schande, ihnen hat doch hoffentlich keiner zugehört?“ „Es war knapp, aber wir konnten es mehrmals in letzter Sekunde verhindern.“ „Dafür würden wir gerne mehr mit Praktikanten arbeiten.“ „Also Studierende aus dem Fach Erziehungswissenschaft.“ „Nö, Praktikanten halt.“ „Hä?“ „Also Deppen, die man in der Pflege nicht unterkriegt.“ „Pflege kann ja jeder.“ „Und für Schule muss man nicht mal schwer heben.“ „Und man hat mindestens vierzig Stunden in der Woche zu tun.“ „Da kann man nicht meckern.“ „Ich denke, man könnte das mit der allgemeinen Dienstpflicht kombinieren.“ „Stellen Sie sich mal vor, man kann seinen Kumpels erzählen, dass man jetzt Lehrer an einem Gymnasium ist.“ „Super!“ „Das ist durchaus ein Prestigeberuf.“ „Und man könnte sich bei den Fächerkombinationen mehr Flexibilität erlauben.“ „Also mit Deutsch und Gemeinschaftskunde sind dann auch Chemie und Sport möglich?“ „Moment, und wenn einer gar nicht Chemie studiert hat?“ „Macht nichts, als Quereinsteiger hat der noch nicht mal Deutsch studiert.“ „Falls er überhaupt Deutsch spricht.“ „Das wäre eher interessant für Schulen im sozialen Brennpunkt.“ „Verstehe, die können den Lehrstoff zielgruppengerecht vermitteln.“ „Nee, die hauen den Migranten eine rein, wenn’s laut wird.“ „Und dann sind die Ausländer schuld, wenn die Brennpunktschulen explodieren.“ „Zwei Probleme durch Synergieeffekte gelöst.“

„Größere Klassen hatten wir schon?“ „Im Prinzip wäre die Sache gelöst, wenn fünf Klassen für Englisch oder Mathe in einem Raum sitzen, die lernen nicht mit zwanzig Prozent des Tempos.“ „wo haben wir denn so große Klassenräume?“ „Meine Güte, im Freien sparen wir uns auch noch das ewige Gejammer wegen der Luftfilter!“ „Gut, das sollte es vorerst sein.“ „Haben Sie mitgeschrieben?“ „Geht so an die Kultusministerkonferenz.“ „Okay, Rauchpause.“ „Fünfzehn Minuten?“ „Zehn, wir müssen ja heute auch noch Pflege, Verteidigung, Katastrophenschutz, Infrastruktur, Verkehr, Energie und die Rente retten.“