Babylon Berlin

15 02 2023

„Also you can say you to me, oder irgendwie so. Wir sind ja erst in the very beginning, und wenn wir irgendwann up to date sein wollen, müssen wir noch jede Menge lernen. Das ist in der Verwaltung sowieso nicht ganz einfach, aber wem sage ich das.

Wir dürfen nämlich demnächst als zweite Verwaltungssprache Englisch können, sagt die FDP. Das ist ungefähr so realistisch wie Fusionsreaktoren im Kartoffelkeller oder Mehreinnahmen durch Steuersenkungen für Reiche, aber danach hat ja keiner gefragt. Wir sollen jetzt alle Englisch sprechen, weil dann nämlich die demnächst aus dem Ausland einwandernden Fachkräfte sich besser verstanden fühlen. Für eine Partei, in der die meisten Politiker schon Probleme haben, wenn sie auf Deutsch denken sollen, ist das sportlich.

Nein, mal im Ernst: es sollen bis zum nächsten Jahr sämtliche Verwaltungsdienstleistungen online auf Englisch angeboten werden. Vielleicht habe ich da irgendwas nicht mitgekriegt, aber bis jetzt sind die ja nicht mal auf Deutsch vorhanden. Und was machen wir dann bitte mit dem Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz? Nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, das gibt es daneben ja auch noch, ist in Deutschland die Amtssprache Deutsch, und da Englisch nicht als Sprache einer regionalen Minderheit anerkannt ist, können wir uns einen fremdsprachigen Verwaltungsakt in die Haare schmieren. Das ist mal wieder typisch FDP. Heißluft absondern first, Schwanz einkneifen second.

Es fängt damit an, dass die meisten Kollegen vor zwanzig Jahren mal Schulenglisch hatten, und dann sitzt Ihnen eine indische Ärztin mit Princeton-Abschluss gegenüber, und Sie fragen sie, ob sie vielleicht ein bisschen langsamer sprechen könnte, weil sie nicht mitkommen. Die fühlt sich doch sofort wie zu Hause und holt ihre ganze Familie nach, oder wie hatten Sie sich das vorgestellt? Vielleicht könnten wir auch erst mal ein paar Fachkräfte anwerben, die fließend Englisch sprechen – die stellen sich dann gegenseitig ein und übernehmen den ganzen Kram für uns, bis wir genug Verwaltungsbeamten ausgebildet haben, die zweisprachige Bescheide erlassen können. Vermutlich gründen sie dazu auch noch eine Bundesbehörde, die den Prozess zweisprachig begleitet, wobei die Behördenmitarbeiter natürlich am besten englische Muttersprachler sind, die sich auch gegenseitig ausbilden, damit sie dann die Deutschsprecher fortbilden, die sie zu Behördenmitarbeitern ausbilden. Klingt wie Babylon Berlin, also durchaus realistisch.

Ich habe so den unbestimmten Eindruck, die Bundeshalbbildungsministerin schickt uns den einen oder anderen BWL-Hansel aus ihrem Verein vorbei, lauter gescheiterte Unternehmensberater, die uns asap zum Commitment briefen, damit wir die Candidate Experience der Zuwanderer mit unseren Skills maximisen. Es dürfen Wetten angenommen werden, ob sie selbst mal so einen Kurs mitgemacht hat. Ich tippe auf vorzeitige Flucht.

Laut Gerichtsverfassungsgesetz ist übrigens auch Deutsch die einzige Gerichtssprache, und wenn irgendwelche Verwaltungsakte auf Urteilen deutscher Gerichte beruhen, dann viel Vergnügen bei der Übersetzung. Macht bestimmt der Bundesjustizminister. Und was tut eigentlich Lindner, wenn da plötzlich nicht mehr vor ihm in der Schlange beim Bäcker Englisch gesprochen wird, sondern hinter dem Ladentisch? Weint er dann, weil die ganzen Fachkräfte aus dem Ausland Sachen können, von denen er keinen blassen Schimmer hat? Naja, mit der vollen Hose kann man in Deutschland immerhin Außenminister werden.

Das Lustige ist ja, dass diese Flitzpiepe dafür gesorgt hat, dass alle Verlautbarungen der EU nicht nur auf Englisch herausgegeben wurden, sondern auch auf Deutsch. Jeder denkt halt an sich, selbst zuletzt.

Und ich möchte gar nicht wissen, was das für ein Geheule mit der Integration gibt. Am Ende reicht dann gutes Englisch aus, um in Deutschland eine Bleibeperspektive zu erhalten, und die Hälfte der Politik heult herum, dass jeder dahergelaufene Asylant dafür den deutschen Pass nachgeschmissen kriegt, dass er erfolgreich den Deutschunterricht verweigert hat. Gut, wenn man Oettinger damit nachträglich irgendwohin abschieben könnte, das wäre okay. Aber sonst? Was mache ich denn mit dem Arbeitsschutz, wenn die Leute auf dem Bau nicht kapieren, was auf den Warnschildern steht? Soll ihnen das der Polier vortanzen? Und wenn die indische Ärztin versehentlich einen deutschen Patienten hat, braucht sie dann einen Dolmetscher, wenn sie fragen will, wo es wehtut, oder machen wir das dann mit künstlicher Intelligenz?

Und dann kommt natürlich der Kulturschock. Da hat man endlich seinen Aufenthaltstitel und die Arbeitserlaubnis bekommen, man geht fröhlich zum Vorstellungsgespräch, vermutlich vorher erst mal zum Jobcenter, und dann stellt man fest: die finden Ausländer immer noch scheiße. Und zwar größtenteils auf Deutsch. Aber was erwarten Sie von so einer Trümmertruppe, die uns jedes neue Problem als Lösung verkauft, solange man damit genug Geld verbrennen kann, bevor es noch in sinnvolle Verwendung gerät. Keine Ahnung, ob der Unsinn irgendwann tatsächlich mal eingeführt wird, aber das kann ich Ihnen schon mal verraten: I see black.“