Bundesagentur für schädliche Elemente

22 09 2015

„… werde die Unternehmensberatung die Durchführung der Asylverfahren schneller und effizienter gestalten. Die Zusammenführung von Arbeitslosen, Sozialfällen und Migranten sei eine Aufgabe mit hohem wirtschaftlichem…“

„… sich die Mitarbeiter der JobCenter bis heute nicht ausreichend mit der Materie auskennen würden. Weise halte dies für einen strukturell sehr gut skalierbaren Vorteil, um auch im Asylverfahren politisch gewollte Vorhaben jederzeit in die…“

„… dass nicht erwerbstätige Flüchtlinge schon deshalb leichter abgeschoben würden, da ihnen wegen ihres Aufenthaltsstatus viel schneller eine Sperre der Hilfe zum Lebensunterhalt drohe. Nahles habe sich sehr befriedigt gezeigt, dass dadurch nicht nur der Haushalt, sondern auch die Asylantenzahlen innerhalb kürzester…“

„… den Zustand der Migration als ein nicht steuerbares Problem bezeichnet habe. Es sei also zu erwarten gewesen, dass de Maizière dafür einen absolut unfähigen…“

„… ungefähr neunzig Prozent der Asylbewerber ins Land lassen müsse. Dies entspreche bereits der Quote der sozialgerichtlichen Entscheide, so dass eine frühzeitige Eingewöhnung sich als…“

„… werde die Arbeitsgruppe innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von gut bezahlten Jobs schaffen. Dass es sich dabei um Unternehmensberater handle, habe Weise erst auf Nachfrage des…“

„… Synergieeffekte zu nutzen. So sei es etwa geplant, die Umwandlung der Transferzahlungen in Sachleistungen oder die Ausweisung nicht nur bei Asylanten, sondern auch für die…“

„… dass im Zuge der Umstrukturierung die Bundesagentur für schädliche Elemente natürlich in der historisch bedeutsamen Stadt Nürnberg…“

„… aus dem Infrastrukturministerium die Anfrage gekommen sei, ob das Onlineinterweb nicht als schnellerer Datenspeicher einsetzbar sei, da damit nicht nur handschriftliche, sondern auch fotokopierte Formulare auf farbigem…“

„… ebenso unfähig wie de Maizière, allerdings sei der aktuelle Bundesinnenminister auf einem derartigen Niveau inkompetent, das nicht einmal in einer Bundesbehörde zu kurzfristigen…“

„… weitere Integrationsmaßnahmen der Migranten zu unterstützen, beispielsweise in die Bundeswehr oder in den…“

„… habe McKinsey nach einer kurzen Lektüre der internen Papiere, des CSU-Wahlprogramms sowie der BILD festgestellt, dass es möglicherweise zu viele Ausländer in Deutschland gebe, so dass die intellektuell zu kurz Gekommenen sich in beängstigender Weise…“

„… insbesondere syrische Einwanderer so ausbilden wolle, dass ihr Einsatz in gemeinsamen NATO-Bodentruppen gegen den IS eine spürbare Entlastung der Migrationslage für die EU…“

„… in den Auswanderungsländern Hot Spots einzurichten, in denen neben einem Asyl- auch gleich ein Hartz-IV-Antrag…“

„… den Arbeitsunwilligen und Asylanten zur Vereinfachung bei der Abfertigung in der Sammelstelle ähnliche Aufnäher vorzuschreiben, die bis zur zeitnah angedachten Verwaltungsreform allerdings noch aus unterschiedlich gefärbten…“

„… noch nicht ausformulierten Berichts entspreche, denn bereits vor zehn Jahren habe das Beraterteam festgestellt, dass es zu wenig Arbeitsplätze für die einheimischen…“

„… die Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium betont habe. McKinsey habe außerdem die schwedische Regierung beraten; ein Abkippen der politischen Stimmung zugunsten rechtspopulistischer Kräfte sei jedoch hier wie da eine rein zufällige, nicht positiv korrelierende…“

„… gemeinsam mit dem Innenminister ein großzügiges Kontingent zu entwerfen, dessen Obergrenze allerdings auch mit der vollen Härte des rechtlich…“

„… auch Straßenberatungsteams zur Aufnahme von Anträgen einzusetzen. Dies erspare den Kommunen beispielsweise die Einrichtung von Asylantenheimen, die wiederum weitaus weniger durch Brandanschläge oder…“

„… könne und wolle die Bundesagentur an der Kontingentgrenze eine sofortige Ausweisung vollziehen, die zur schnellen Entlastung des…“

„… die mediale Präsenz zu erhöhen. BILD habe gegen eine großzügige Beteiligung an der Wahl zum nächsten Bundespräsidenten zugesagt, sich positiv und negativ sowohl über Flüchtlinge als auch über Arbeitslose zu…“

„… die statistischen Modelle der Bundesagentur für Arbeit auf die Flüchtlingszahlen zu übertragen. Weise selbst habe vorgeschlagen, Personen, die sich gerade in einer Personenfeststellungsmaßnahme oder im Prüfungsverfahren befänden, nicht in die offizielle Zahl der…“

„… die Asylanten regelmäßige Schreiben von der Bundesagentur bekämen, die ihre deutschen Sprachkenntnisse überforderten. So sei gesichert, dass man auch Sachleistungen um dreißig Prozent, im Wiederholungsfalle um sechzig oder hundert Prozent…“





Wohlstandsmüll

19 11 2013

„… die Überwachung der Arbeitslosen erheblich auszuweiten. Online-Geschäfte seien eine Quelle für Leistungsmissbrauch, wie er täglich…“

„… könne man die Regelung beim Arbeitslosengeld nicht automatisch mit Steuerhinterziehung gleichsetzen. Die meisten Arbeitslosen hätten zuvor etwas geleistet und seien demnach …“

… nur noch über ein verfolgungsoptimiertes Deutschnetz online zu gehen. IM Friedrich habe eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung gefordert, die schon deshalb nötig würde, sobald Deutsche Erwerbslosen ihren Internetzugang zur Verfügung…“

„… fordere CSU-Generalsekretär Dobrindt aus Gründen der nationalen Sicherheit, allen Arbeitslosen sofort die Geschäftsfähigkeit zu entziehen. Nur so sei eine Regelung…“

„… könne man bis zu zehn Millionen Euro an Leistungsmissbrauch durch nicht angerechnete Verkäufe annehmen. Die behördliche Verfolgung würde laut konservativer Schätzungen ungefähr das Doppelte, höchstens aber…“

„… eine Patrouille einzusetzen, die darauf achten solle, ob Arbeitslose im Discounter Markenware kaufen. Dies ließe regelmäßig auf unterschlagene Einkünfte schließen und sei ein Grund für eine sofortige Hausdurchsuchung, um die Verhältnisse der Bedarfsgemeinschaft…“

„… aus logistischen Gründen nicht möglich sei. Die NSA habe das Angebot, die angebliche Überwachung der deutschen Telekommunikation auf die Arbeitslosen auszuweiten, für nicht machbar erklärt, solange man größere Kapazitäten für die Hessische Staatskanzlei und den FC Bayern München…“

„… wolle BKA-Präsident Ziercke bis zu zehn Beamten abstellen, um die neue US-amerikanische Kontaktseite Facebook nach Daten zu durchsuchen, die auf Arbeitlose…“

„… ein deutsches Interwebnetz-Auktionshaus zu gründen, das nur über deutsche Server gelenkt werde. IM Friedrich habe lobend erwähnt, dass bei eKauf teilweise mehrere Auktionen pro Monat…“

„… Flohmärkte zu Sperrzonen zu erklären. Eine erhebliche Hilfe seien die von der Bundesregierung befürworteten Änderungen, die das in den Bundespersonalausweis eingestanzte H als Erkennungsmerkmal für nicht genehmigte Subjekte der freien Marktwirtschaft…“

„… zur Überwachung das von BILD beworbene Volks-Smartphone für einen Euro eingeplant. Der Bundesnachrichtendienst rechne damit, die flächendeckende Installation der Überwachungs-App bis 2029 zu…“

„… habe Westerwelle die Beschränkungen der Bürgerechte für Arbeitslose verteidigt. Wer die Wirtschaftsfreiheit der Leistungsträger gefährde, dürfe als potenzielle Bedrohung für…“

„… seien laut Ziercke drei Beamte ausreichend, da die Interwebnetzseite insgesamt nur eine Größe von 800×600 Punkten…“

„… mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Wirtschaftsbeschleunigungsaufschwungs zu weit gegangen zu sein. Schäuble habe den Entwurf verteidigt; man müsse Personen, die den Anschein der Arbeitslosigkeit erweckten, schon zur Prävention einer Taschenpfändung auf offener Straße…“

„… sei die Bundesagentur fälschlich davon ausgegangen, das Interwebnetz sei nur in sogenannten Datencafés für Privatpersonen verfügbar. Die mit dem BND vereinbarte Observierung aller deutschen Computer sei damit hinfällig, da die personelle Ausstattung…“

„… bundesweit reglementiert. Zu längeren Diskussionen habe geführt, dass Arbeitslose bei öffentlichen Verkaufsveranstaltungen nur noch einen Euro pro Artikel bekommen dürften, der in die Bundesverdienstkarte einzutragen…“

„… fordere Ziercke nun doch zwanzig Beamte, da sich das Interwebnetz als teilweise ausländisch herausgestellt habe, was die Kompetenzen des Führungspersonals erheblich…“

„… sich zuversichtlich geäußert habe. Da die ALG-II-Bezüge noch immer weit unterhalb des soziokulturellen Existenzminimums lägen, sei nicht damit zu rechnen, dass nach dem Verkauf der persönlichen Habe noch weiteres Eigentum…“

„… würden Arbeitslose inzwischen herangezogen, eigenes Eigentum auch gegen ihren Willen im Internet zu versteigern. Diese Art von Ein-Euro-Job werde spätestens nach der Verfassungsänderung durch die Große Koalition vollkommen rechtssicher und im Sinne einer marktkonformen Demokratie…“

„… und sich ganz im Sinne des Bundeswirtschaftsministeriums geäußert habe. Rösler habe betont, auch durch die Zwangsarisierung seien große Kulturschätze wieder in deutschen Besitz übergegangen. Es sei also nicht zu beanstanden, wenn der Wohlstandsmüll nun von überflüssigen materiellen Gegenständen…“

„… zu polizeilichen Übergriffen gekommen. Die arbeitslosen Anwohner hätten darauf bestanden, sich auf einem nicht genehmigten Spaziergang befunden zu haben, die regierenden Sicherheitsbeamten jedoch hätten diese in unmittelbarer Nähe eines Sperrmüllhaufens angetroffen und sogleich…“





Krank im Kopf

9 04 2013

„… Arbeitslose noch viel stärker als bisher zu kontrollieren. Die Anstalt plane, bei begründeten Zweifeln an einer Erkrankung demnächst auch Hausbesuche zu…“

„… vollkommen überzogene Berichterstattung. Der Gesetzentwurf der Bundesanstalt wolle nur bei ‚begründbaren Zweifeln an der angezeigten Arbeitsunfähigkeit‘ eingreifen, beispielsweise wenn der Leistungsbezieher noch nicht tot oder…“

„… ohne Konsequenzen. Zunächst sei nur die Speicherung in einer Blaumacher-Datenbank geplant, falls Kinder oder Enkel von Erwerbslosen einen Schulabschluss oder eine Berufsausbildung…“

„… beispielsweise dadurch, nicht mehr jeden Arbeitsunfall einer Aufstockers zu…“

„… habe Rösler bestätigt, er als FDP-Mitglied mit abgebrochenem Medizinstudium könne das Verhalten deutscher Ärzte am besten beurteilen. Den Medizinern sei im Falle einer falschen Beurkundung kein Vorwurf zu machen, da sie damit eigenverantwortlich ihren Umsatz…“

„… Atteste arbeitsloser Patienten mit einem fälschungssicheren gelben Stern zu…“

„… dass Arbeitslosigkeit auch ein häufiger Grund für psychische und psychosomatische Erkrankungen sei. Westerwelle habe dies als Flucht in die Krankheit bezeichnet, die nichts anderes sei als spätrömisches Erschleichen medizinischer…“

„… sei es nicht erheblich, ob für einen Arbeitslosen überhaupt ein Arbeitsplatz vorhanden oder der Leistungsempfänger ohne die Erkrankung arbeitsfähig sei. Vielmehr wolle man diesmal brutalstmöglich…“

„… werde ein Arbeitsloser schon deshalb sanktioniert, wenn er wegen angeblicher Krankheit dem Kontrolldienst nicht die Tür zu

„… müsse man doch die Verhältnismäßigkeit wahren. Kauder habe errechnet, dass 1,4 Milliarden Arbeitslose, die 12.500 Jahre lang krank feiern würden (35-köpfige Bedarfsgemeinschaften mit je einem unterirdischen Bahnhof) viel teurer seien als sämtliche Offshore-Vermögen der…“

„… sich aus dem Kreis der regierenden Sicherheitsbeamten ergeben habe. IM Friedrich habe bestätigt, Bezieher von Transferleistungen ab sofort mit der Markierung Kennzeichen Sozial abhängiger Untermensch (KZ/SAU) zu tätowieren, um bei Kontrollen schneller die…“

„… werde ein Arbeitsloser andererseits selbstverständlich auch dann sanktioniert, wenn er trotz einer bestehenden Erkrankung dem Kontrolldienst die Tür…“

„… dass eine flächendeckende Kontrolle erkrankter Arbeitsloser mehrere tausend Mitarbeiter erfordere. Merkel habe am Rande des Meinungsaustausches mit Putin über die rücksichtslose Durchsetzung der Demokratie die Vollbeschäftigung als so gut wie…“

„… sei eine Kontrolle durch Videokameras nicht ausgeschlossen, wenn sie geeignet sei, die Lebensführung der Arbeitslosen lückenlos zu…“

„… auf private Anbieter zurückgreifen müsse. Die mit 53 Fehltagen pro Jahr überdurchschnittlich oft erkrankten Mitarbeiter der JobCenter könnten unmöglich eine zusätzliche Belastung…“

„… richtig gewesen sei, den Arbeitslosen das Rauchen zu verbieten. Der Klinikaufenthalt mit Lungenkrebs sei leistungsloser Wohlstand, der mit allen Mitteln unterbunden…“

„… genetisch bestimmt, die soziale Hängematte auszunutzen. Sarrazin führe neben den Hartz-IV-Empfängern, Zigeunern und Halbjuden auch die…“

„… für die Gesundung des Volkskörpers besser, erkrankte Arbeitslose gar nicht mehr zu behandeln. Nur ein toter Arbeitsloser, so Bahr, sei ein guter…“

„…mahne die Regierung zur Gelassenheit. Seibert habe erklärt, es komme auf keinen Fall zu einer Klageflut seitens der Arbeitslosen, schon deshalb nicht, da man sich rechtzeitig um die Kürzung der Prozesskostenhilfe…“

„… eine zwangsweise in den Blutkreislauf eingebrachte Sonde helfe, den Gesundheitszustand einer arbeitsunwilligen Person frühzeitig…“

„… habe Uhl die Arbeitslosen als Gefahr für die deutsche Sicherheit bezeichnet, da jede Erkältung ganze Zeitarbeitsfirmen in den Ruin…“

„… in Zusammenarbeit mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen Facharztpraxen für Arbeitslosenheilkunde zu installieren, die Termine innerhalb von 36 Monaten…“

„… sollten sich die Arbeitslosen nicht so anstellen. Selbst krank im Kopf könne man in diesem Land noch als Bundesministerin für Arbeit und …“

„… gebe es inzwischen auch aus den Reihen der Bundesanstalt kritische Stimmen. Sollten immer mehr Arbeitslose pünktlich zu ihren Terminen erscheinen, könnten die Arbeitsvermittler nicht wie gewohnt anderthalb Stunden vor Dienstende in…“

„… in Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsminister den Krankenschein für ALG-II-Empfänger zu entwerfen, der die Diagnosen ‚Arbeitsfähig‘ ‚Simulant‘ und ‚Arbeitsscheu‘…“

„… auch zu einer einvernehmlichen Lösung bereit sei. Die Kommission wolle die Kontrollen merklich ausdünnen, solange sich die Vertreter der Arbeitslosen zu einer dreimal so hohen Suizid-Quote…“





Aufstocker

10 01 2013

„Gut eine Million, verteilt auf das Jahr. Oder bis zur Wahl, man will ja auf Nummer Sicher gehen. Dann wären wir erstmal aus dem Schneider. Nein, nicht Euro. Wo denken Sie hin? Arbeitslose! Oder haben Sie keine mehr vorrätig?

Wir haben hier eine der modernsten Behörden der Welt. Alles funktioniert, wir werden unseren Aufgaben gerecht, auch und gerade durch die von der Regierung beeinflusste Effizienzsteigerung. In der Verwaltung, nicht für die Arbeitsuchenden, oder was haben Sie gedacht? Wir sind eine Agentur, das ist modern, das ist zielgerichtet, das ist schon so gut wie alles – müssen wir uns da noch um Inhalte kümmern? Geben Sie uns irgendeinen gesetzlich vorgesehenen Bedarf, und wir definieren den weg. Schauen Sie mal, wir produzieren für den Export, die meisten Personalchefs haben noch nichts vom demografischen Wandel und vom Fachkräftemangel gemerkt und finden die Leute, die es offiziell gar nicht mehr gibt, der deutsche Euro ist stark, die Kanzlerin sitzt fest im Sattel – wir sind am Arsch!

Die Bundesagentur muss bis 2015 vollkommen umstrukturiert werden. Bisher sind wir modern und effizient und… wissen Sie ja. Hinterher soll es aber immer noch so aussehen, verstehen Sie? Eben, und wir sind ja nur eine Behörde. Wir müssen 17.000 Stellen abbauen. Aber die Stellen, die wir abbauen, die müssen wir dann ja als Arbeitslose hinterher wieder betreuen, und dann haben wir wieder zu wenig Stellen, dann haben wir zu viele Arbeitslose, und dann müssten wir wieder neue… so irgendwie. Das machen Sie mal einem Ministerialbeamten klar, der sieht nur Stellenstreichungen, und dann war’s das. Neuwahlen? Nee, alles machen die von der FDP ja nun auch nicht für Geld.

Vor allem stellen Sie sich mal vor, dass die ehemaligen Agenturmitarbeiter hier als Arbeitslose ankommen. Die wissen doch, wie der Hase läuft! Da kriegen Sie keinen Bescheid über den Tisch, ohne dass Ihnen das Gericht die Ohren lang zieht! Gut, wir sichern Arbeitsplätze in der Justiz, aber ist das wirklich alles? Können wir nicht noch viel moderner und effizienter sein?

Moderate Lohnsenkungen wären schon mal ein guter Anfang. Das müsste man vielleicht etwas besser verargumentieren. Instabile Märkte? Klingt schon mal gut. Gestiegene Managergehälter führen zu empfindlichen Sparmaßnahmen? Das ist prima. Das können wir kommunizieren. Vor allem endlich einmal eine Umverteilung von oben nach unten.

Wir haben ja auch unsere volkswirtschaftliche Verantwortung. Wir sind für den Arbeitsmarkt direkt verantwortlich, zumindest für die privaten Arbeitsvermittler. Und die Weiterbildungsindustrie. Das sind Arbeitsplätze! Und wenn Sie sich überlegen, dass wir noch viel moderner – egal, auf jeden Fall können wir die Zeitarbeitsfirmen nicht einfach so mit zu viel verfügbarem Personal zuschütten. Am Ende denkt die Wirtschaft noch, die könnten wieder Stellenanzeigen in die Zeitung setzen, ohne uns davon zu informieren. Das kann man doch einer modernen, effizienten Behörde nicht zumuten!

Das ist doch gar nicht so ungewöhnlich. Denken Sie an die schlechte Zeit nach dem Krieg. Nein, nach 1918 meine ich. Plötzlich diese Republik, und dann waren die ganzen Versorgungsposten alle weg, nicht mal Bürgerkrieg in Sicht, was macht man da? Stabsstellen einrichten, Hauptämter, Bürgerwehr, Reichsbutterrationierungshilfsunterinspektoren, und alle bekommen Geld vom Staat, den sie hassen, weil er für parasitäre Existenzen wie sie die Moneten zum Fenster rausschmeißt. Man hält sich über Wasser, irgendwie, und hofft, dass man als Aufstocker durchkommt. Bedingungsloses Grundeinkommen? Ja, das trifft es.

Das Weiterbildungsprogramm könnte man noch ausweiten. Die Ausbildung innerhalb der Agentur, sonst macht das ja keinen Sinn. Wir qualifizieren uns doch nicht unser Kapital vom Hals.

Es gäbe da noch eine Interimslösung. Aber ich weiß nicht, ob man das denken darf – das ist alles ganz logisch und vernünftig und entspricht weitestgehend den Tatsachen, deshalb ist es ja auch politisch nicht opportun. Also nur mal ins Unreine gedacht. Nicht böse sein. Wenn man die über 58, wenn man die nicht als Abfall, sondern als normale Arbeitnehmer –

Langfristig könnte uns möglicherweise der Euro-Backlash retten. Meinen Sie nicht, wir könnten langsam mal von der Krise profitieren? 20% Arbeitslose, davon träumen wir! Mit den Zahlen könnten wir unseren Personalbedarf verdreifachen! Das wird dann noch moderner und kompetenter und, naja, vielleicht irgendwie auch effizient. Man müsste mal sehen, ob wir nicht auch die Ausländer mit verwaltet. Die, die nach Deutschland kommen. Und die, wo wir noch nicht zuständig sind. Man denkt in großen Dimensionen, wenn man einmal angefangen hat. Und wenn wir genügend Fremdarbeiter auf dem Arbeitsmarkt haben, könnte man auch das Argument mit den deutschen Fachkräften ganz anders besetzen. Noch eine Kundenschicht mehr, wir könnten gleich viel differenzierter vorgehen. Ich sage Ihnen, wir haben hier in Deutschland paradiesische Zustände. Die Politik macht wirklich alles richtig. Wenn man mal von den Arbeitslosen absieht, dann haben wir hier bald Vollbeschäftigung.“





Handbremse

12 12 2012

„Und das war Deutschland.“ „Moment, erstmal war ja nur Bochum im Eimer.“ „Aber es haben alle gewusst, dass das der Anfang vom Ende war.“ „Alle?“ „Alle. Die meisten haben es nur nicht zugeben wollen.“

„Man hätte es doch aber wissen können.“ „Sie hätten es wissen müssen. Eigentlich hatte keiner einen Zweifel, dass sie Europa zerstören.“ „Warum ist das keinem aufgefallen?“ „Sie hatten damals noch ein falsches Bild von Europa. Sie hielten es für eine Wundertüte, aus der sich jeder nehmen dürfte, was ihm passt.“ „Sie hatten die Zusammenhänge vergessen.“ „Sie haben die Menschen vergessen. Aber das war ja nicht das erste Mal.“ „Weil das auch am Spardiktat lag. Das hat auch niemand verstanden.“ „Was man spart, ist ja nicht weg, es landet nur bei den anderen.“

„Wie kam es damals dazu, dass sie diese Autofabrik geschlossen haben?“ „Möglicherweise lag es schon daran, dass in Bochum mal diese Telefonfabrik war. Die waren von Nordrhein-Westfalen nach Rumänien weitergezogen.“ „Und dann nach Bangladesch.“ „Und dann nach Myanmar. Man kann es sich nicht aussuchen.“ „Die hatten vergessen, dass jemand die Auto kaufen muss.“ „Das tun sie häufiger: den Kunden aus der Nahrungskette streichen.“ „Es sind Kapitalisten.“ „Deshalb ja. Es zählt nicht, was man für das Geld kaufen kann. Es zählt, dass man es auf dem Konto hat.“ „Wozu übrigens?“ „Sie haben es mit Macht verwechselt.“ „Deshalb waren sie auch so erfreut, als die ärmeren Länder plötzlich immer ärmer wurden.“ „Wie gesagt, sie hatten sich verrechnet. Sie haben ihre Kunden ausgehungert und ihnen das letzte bisschen Geld aus der Tasche gezogen. Und dann haben sie sich Schuldscheine ausstellen lassen.“ „Damit es immer weiter so geht?“ „Ein paar von ihnen sind verhungert. Dann kam der Bürgerkrieg, und die erste Widerstandsbewegung wurde gegründet.“ „Warum sind die Reichen nicht umgekehrt?“ „Sie konnten nicht mehr. Sie haben in Fonds und Limousinen investiert statt in Rüben und Kartoffeln. Auf einmal haben sie dann gemerkt, dass man Karosserieteile nicht essen kann.“

„Die sieben Millionen Arbeitslosen…“ „… waren ein netter Versuch. Dabei hat es ihnen keiner geglaubt, da die Hälfte des Landes an chronischer Unterernährung litt.“ „Aber wir waren doch Exportweltmeister.“ „Es muss ja einen geben, der sein Geld freiwillig aus dem Fester schmeißt. Viele offene Rechnungen, aber keiner hat gezahlt.“ „Dabei hatten sie doch gesagt, sie wollten wie die schwäbische Hausfrau wirtschaften.“ „Die schwäbische Hausfrau hätte nicht die halbe Welt bei sich auf Pump kaufen lassen.“ „Dann waren die großen Überschüsse doch sowieso nur virtuell.“ „Mehr noch: sie waren eingebildet.“

„Im Nachhinein kann man sich nur wundern, dass es so lange gehalten hat.“ „Das zählt dazu. Sie haben sich auch eingebildet, dass es hält.“ „Und sie haben immer nur mehr Güter erfunden, die man aus der Luft greift.“ „Der Nachteil ist, dass man sie irgendwann mit realem Geld bezahlen musste. Und sei es mit Steuern.“ „Das wäre nicht so schlimm gewesen.“ „Falls die Reichen unter ihnen jemals Steuern gezahlt hätten.“

„Der letzte Nobelpreis ging an den, der diese Jahre als Epoche überbordender Immaterialgüter bezeichnet hatte.“ „Das ist der Punkt. Sie haben ihre Machtinteressen an nur scheinbar existenten Dingen befestigt.“ „Ein Leistungsschutzrecht für Texte, deren Urheber keinen Cent gesehen haben.“ „Und Schutzschranken, die sie hochziehen konnten, in beliebige Höhen, für beliebige Zeit.“ „Damit haben sie Bochum zum Fanal gemacht.“ „Sie haben plötzlich gesehen, dass man sie zwang, den Karren bergauf zu schieben. Aber bei angezogener Handbremse.“ „Die Autofabrik?“ „Oder Europa, dasselbe. Egal.“ „Jedenfalls haben sie sich verschätzt, als sie eine Menge Patente einfach dem Mutterkonzern schenkten. Als würde man einem Einbrecher den Schlüssel in die Hand drücken, damit er den Hausherrn vor die Tür setzen könnte.“ „Warum haben das vernünftige, zivilisierte Leute getan?“ „Sie haben ihren Dogmen geglaubt. Die konnten nicht falsch sein, denn: es waren Dogmen.“

„Henry Ford hat einmal gesagt: Autos kaufen keine Autos.“ „Henry Ford war Kapitalist.“ „Wo ist der Unterschied?“ „Ein echter Kapitalist hätte keine Bank gerettet, er hätte sie untergehen lassen. Wenn es ihm nicht gepasst hätte, er hätte einfach eine neue gegründet.“ „Deshalb mussten sie ihre Autos mit Stützkäufen am Markt halten.“ „Wie die Zeitungen.“ „Und den Euro.“ „Und die Demokratie.“

„Sie haben ja Recht gehabt, paradoxerweise.“ „Kurz vor Schluss haben sie noch mal jedem gesagt, dass sie die Autoindustrie ruiniert hatten, um die Umwelt zu schützen. Aber da hat ihnen schon niemand mehr geglaubt.“ „Angesichts der massiven Überproduktion an Autos fiel ihnen ja auch nur ein, die Löhne zu senken, um billiger zu produzieren.“ „Dann standen die Autos zwar noch immer zu Hunderttausenden herum, aber sie waren wenigstens billig.“

„Keiner konnte sich mehr Brot kaufen.“ „Die Reichen konnten sich kein Brot backen.“ „Womit auch.“ „Immerhin, sie hätten fliehen können.“ „Wie denn?“ „Es gab überall Autos.“





Usque ad absurdum

6 12 2012

„Wissen Sie, was das größte Problem an der Arbeitslosigkeit ist?“ „Sie werden es mir bestimmt gleich verraten.“ „Die Arbeitslosen.“ „Sie meinen, die verursachen die Arbeitslosigkeit?“ „Richtig. Wenn es nicht so viele Arbeitslose gäbe, dann hätten wir das hier in Europa endlich im Griff.“

„Dann müsste man eigentlich die Jugendlichen nur endlich wieder arbeiten lassen, damit die Arbeitslosigkeit weg ist.“ „Richtig so! alle wieder auf Arbeit, dann geht es Europa besser!“ „Und warum sind dann ein Viertel der Jugendlichen in Südeuropa arbeitslos?“ „Weil es denen so schlecht geht.“ „Und deshalb sind die arbeitslos?“ „Weil es denen so schlecht geht. Die haben ja nichts, die sind doch alle arbeitslos.“ „Also geht es denen so schlecht, weil es denen so schlecht geht?“ „Wieso, das hat doch…“ „Oder sind die bloß arbeitslos, weil sie arbeitslos sind?“ „Das hat doch damit nichts zu tun.“ „Was?“ „Na das mit dem, und mit dem anderen, und so. Oder?“ „Was fragen Sie mich, Sie wissen das doch.“

„Auf jeden Fall ist es jetzt mal gut, dass die EU etwas gegen die Arbeitslosigkeit tut.“ „Was tut die denn schon?“ „Die werden jetzt innerhalb von vier Monaten jedem von den jungen Leuten eine Arbeit geben.“ „Warum das denn?“ „Damit die nicht mehr arbeitslos sind.“ „Und dann?“ „Dann geht es denen besser.“ „Und dann?“ „Sind sie nicht mehr arbeitslos.“ „Warum?“ „Ja, denen geht’s doch besser dann, oder? Und dann geht sind die nicht mehr arbeitslos, weil die Arbeitslosigkeit weg ist, weil es denen da besser geht.“ „Und Sie meinen, dass das wirkt?“ „Na sicher, sonst würde die EU doch nie so etwas versprechen.“

„Haben Sie sich eigentlich mal Gedanken gemacht, was man den Arbeitslosen anbieten könnte?“ „Na, Arbeit doch.“ „Welche?“ „Na, zum Arbeiten halt. Wo man dann arbeitet, damit es einem besser geht.“ „Aber eben war es doch noch genau andersherum?“ „Wie, andersherum?“ „Da hat man noch gearbeitet, weil es einem besser geht.“ „Wegen der Arbeit, ja.“ „Und wo bekommen Sie die her?“ „Vom Arbeitsmarkt eben.“ „Der hat also genug Arbeit?“ „Ja sicher, sonst würde die EU doch nie so etwas… sagen Sie mal, wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“ „Würde ich mir nie erlauben.“ „Auf jeden Fall sollen die mal ordentlich arbeiten, dann geht’s denen auch gleich besser.“

„Meinen Sie nicht, dass das schwierig werden könnte mit den Angeboten?“ „Wieso denn, die müssen doch einfach nur arbeiten wollen.“ „Es ist immerhin ein Viertel der Bevölkerung unter 25, woher sollen Sie denn die ganzen Arbeitsplätze nehmen?“ „Dann muss man da eben ein bisschen zusammenrücken. Man kann die Arbeitsplätze doch aufteilen.“ „Und wie stellen Sie sich das vor?“ „Ja, man kann doch, die Arbeit kann man doch aufteilen und mehr Arbeitsplätze schaffen. Das hat doch für alle Vorteile, weil es dann allen besser geht.“ „Und wenn es so große Vorteile bringen soll, warum wird es dann nicht schon längst gemacht?“ „Weil die eben nicht arbeiten wollen.“ „Und deshalb muss man denen die Arbeitsplätze anbieten, die erst noch neu geschaffen werden?“ „Eben, dann geht es denen auch gleich viel besser.“

„Warum müssen denn überhaupt alle arbeiten?“ „Damit es denen besser geht.“ „Wodurch denn?“ „Dann haben die mehr Steuereinnahmen, und die können auch wieder mehr Renten zahlen.“ „Aber die, die heute Renten bekommen sollten, die müssen doch längst auch wieder arbeiten, wenn sie etwas finden.“ „Eben. Dann kann man doch die Jugendlichen arbeiten schicken, und die Rentner bekommen wieder Renten.“ „Und dann geht es denen besser?“ „Die arbeiten ja dann.“ „Aber das Rentenalter wird doch jetzt schon erhöht.“ „Das ist gut, denn wenn die alle arbeiten, dann geht es denen doch auch viel besser.“

„Es wird nur nicht reichen.“ „Was wird nicht reichen?“ „Die Arbeit.“ „Weil die nicht…“ „Es gibt in Spanien nicht genug Arbeit.“ „Dann sollen die eben nach Italien gehen.“ „Die Italiener haben auch nicht genug.“ „Portugal?“ „Keiner hat genug Arbeit für die Jugendlichen. Weder in Griechenland noch in Ungarn.“ „Sehen Sie, dafür haben wir dann ja den Fachkräftemangel.“ „Damit die anderen Arbeit bekommen?“ „Wozu denn sonst?“ „Und weshalb ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland so hoch?“ „Weil hier keiner arbeitet.“ „Aha. Und warum arbeitet hier keiner?“ „Weil die Arbeitslosigkeit so hoch ist.“

„Wenn ich Sie richtig verstanden habe, kommen bald jede Menge europäische Jugendliche nach Deutschland, die unsere Facharbeiterstellen besetzen.“ „Richtig. Und dann geht es uns allen…“ „Ich frage mich, wer hier wen für dumm verkauft. Wenn das funktionieren würde, warum haben wir es nicht schon längst gemacht?“ „Wo?“ „In Deutschland.“ „Weil es uns doch schon gut geht.“ „Uns geht es gut?“ „Ja, weil wir doch so viel arbeiten.“ „Aber dann dürften wir doch nicht so eine hohe Arbeitslosigkeit haben.“ „Dann müssen die halt irgendeine Beschäftigung kriegen.“ „Also keine Arbeit?“ „Das kommt doch darauf an, wie man Arbeit definiert.“ „Was schwebt Ihnen denn da so vor?“ „Vielleicht können die hier Schnee fegen.“ „Im Sommer?“ „Unsinn, im Sommer fegen die natürlich den Stadtpark.“ „Und wenn es keinen Stadtpark gibt?“ „Jetzt machen Sie sich doch nicht lächerlich! Irgendeine Straße wird sich doch wohl finden, die man fegen kann.“ „Als festen Job?“ „Meinetwegen auch als Praktikum.“ „Warum als Praktikum?“ „Dann haben die Arbeit, und wenn sie mit 25 nach Hause kommen, dann geht es denen viel besser.“ „Und vorher dürfen die in Deutschland kostenlos die Straßen fegen.“ „Weil die dann Arbeit haben.“ „Dann habe ich Sie endlich verstanden.“ „Was?“ „Dass die hier arbeiten sollen.“ „Warum?“ „Weil es uns dann besser geht.“





Nullnummer

30 11 2011

„Ja spinnen Sie denn!? Sie können die Leute doch nicht einfach Laub kehren lassen!“ „Wieso denn nicht? Es ist Herbst, und bevor ich die einfach so in der Gegend…“ „Sie haben anscheinend überhaupt nichts dazugelernt! Mit dieser Einstellung muss unser Vaterland ja vor die Hunde gehen!“ „Jetzt regen Sie sich hier mal nicht künstlich auf. Wenn ich die Arbeitslosen in meinem Betrieb einsetze, dann sollen sie schließlich auch lebensechte…“ „Sie haben wohl nicht alle Tassen im Schrank? Das sind Arbeitslose! Die haben nicht zu arbeiten wie normale Menschen, weil das Arbeitslose sind! Sind Sie immer so schwer von Begriff!?“

„Und meine Ausbesserungsabteilung? Warum haben Sie die noch nicht moniert?“ „Weil das ein komplett sinnloser Schmarrn ist.“ „Ich habe mir das nicht einfallen lassen. Das war das Amt.“ „Dann sollte es Sie auch nicht wundern, dass es völlig sinnlos ist.“ „Also bitte – für einen Euro in der Stunde dürfen die mit Klebefilm Schneeschaufeln reparieren und Geschenkpapier glattbügeln, bevor sie es in den Container schmeißen.“ „Ordnung muss sein. Dabei lernen die Arbeitslosen wenigstens ein paar Grundbegriffe.“ „Dass man Geschenkpapier vor dem Entsorgen bügelt?“ „Dass sich jede bezahlte Erwerbstätigkeit lohnt. Auch dann, wenn sie sich nicht lohnt.“ „Ich dachte, wenn es sich nicht um eine richtig bezahlte Tätigkeit handelt?“ „Nein, weil es ja nicht um den Erwerb geht. Die Leute sollen einfach nur ganz normal arbeiten.“ „Ich dachte, das sollen sie eben nicht?“ „Sollen sie ja auch nicht – wenigstens nicht für einen normalen Lohn.“ „Warum nicht?“ „Weil sie sonst den anderen Leuten ihre Arbeit wegnehmen würden, und dann wären die arbeitslos anstelle der Arbeitslosen, die dann von denen, die jetzt noch nicht arbeitslos sind, die Arbeit – ach, das ist mir alles zu komplex.“

„Diese Ein-Euro-Jobs sind also gedacht, den Arbeitslosen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern?“ „Nein, sie sollen nur wieder mit Arbeit konfrontiert werden.“ „Sie sollen also Arbeit als Druckmittel erfahren, damit sie freiwillig tun, wozu man sie vorher gezwungen hat?“ „Jetzt kapieren Sie es doch endlich: es geht hier nicht um Arbeit, ja? Es geht hier ums Arbeiten! Die Leute sollen endlich wieder begreifen, was Arbeit ist!“ „Also geht es doch um Arbeit?“ „Verdammt noch eins, jetzt bringen Sie mich doch nicht ständig aus dem Konzept mit Ihrer Wortklauberei!“

„Gut, dann andersherum. Sie sagen demnach, dass die Arbeitslosen sich durch das Arbeiten an das Arbeiten gewöhnen sollen.“ „Richtig.“ „Und wozu?“ „Was, wozu?“ „Warum können sie sich denn ans Arbeiten gewöhnen, wenn sie weder Arbeit verrichten sollen noch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden sollen?“ „Hören Sie, das Problem ist doch nicht der Arbeitsmarkt, sondern die Wettbewerbsneutralität.“ „Was heißt das denn nun wieder?“ „Dass man mit der Arbeit…“ „Sie meinen, mit dem Arbeiten?“ „Mit dem Arbeiten, genau. Ich komme selbst schon ganz durcheinander. Also dass sie mit ihrem Gearbeite den Wettbewerb nicht stören.“ „Wie Grundwasserneutralität für das Grundwasser?“ „Sie haben es kapiert.“ „Und das wirkt sich wie aus?“ „Na zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt.“ „Aber das bedeutet ja letztlich, dass dieses Arbeiten einen volkswirtschaftlichen Nutzen auch gar nicht haben – darf?“ „Exakt.“ „Dann erzählen Sie mir doch mal, wie jemand mit der Arbeitserfahrung überhaupt wieder Anreize spüren soll, die Volkswirtschaft willentlich zu befördern?“ „Muss er gar nicht. Es reicht ja aus, wenn er mit dieser Erfahrung beispielsweise freiwillig aus dem Transferleistungsbezug ausscheidet und so die Volkswirtschaft nicht noch weiter schädigt.“

„Und Sie haben auch von den vielen Fällen gehört, wo Ein-Euro-Jobber normale Pflegekräfte ersetzt haben?“ „Ja, ein arbeitsmarktpolitisches Instrument muss an seinen Wirkungen gemessen werden.“ „Das hieße ja, dass dies eine lohnende, nur leider nicht bezahlte Erwerbstätigkeit wäre.“ „Aber wo denken Sie hin? Man muss mit solchen Maßnahmen klar machen, dass Pflege keinerlei Stellenwert besitzt und dass man dafür die letzten Idioten einsetzen kann.“ „Das macht man den Arbeitslosen klar?“ „Nein. Den Pflegekräften.“

„Damit basteln Sie doch letztlich nichts anderes als einen Käfig für Arbeitslose. Sie dürfen nicht einmal niedrig qualifizierte Arbeit ausüben, sondern werden auch geradezu gezwungen, Steuergelder zu verballern.“ „Ich bin ja nicht schuld daran.“ „Und wozu brauchen Sie dann diese wirtschaftsfernen Maßnahmen?“ „Naja, für den Wahlkampf. Man muss dann immer ein paar Beispiele haben, mit denen man die Arbeitslosen als sozialen Ballast bezeichnen kann, die mit ihrem Arbeiten nicht einmal Arbeit verrichten.“ „Verstehe. Und was versprechen Sie sich davon?“ „Dass es möglichst wenige gibt, die arbeitslos werden wollen, weil sie sonst gefördert werden.“ „Ist das denn nicht gut?“ „Aber auf keinen Fall, aus der Arbeitslosigkeit kommen Sie nämlich nur raus, wenn Sie gar keine Maßnahmen bekommen.“ „Und wann bekommt man die nicht?“ „Wenn man nicht arbeitslos ist.“

„Gibt es denn wirklich einen richtigen Ein-Euro-Job, wie er sein soll?“ „Lassen Sie mich mal überlegen. Jemand, der nicht arbeitet, sich nicht mit Arbeit beschäftigt, keinen volkswirtschaftlichen Nutzen erbringt, im allerbesten Fall bloß keinen Schaden anrichtet, eine Entlohnung erhält, die in keinem Verhältnis zu der Tätigkeit besteht, und damit Erwerbsarbeit entwertet? Doch, das geht.“ „An wen haben Sie da gerade gedacht?“ „An Ursula von der Leyen natürlich.“





Viehhandel

24 03 2011

„Herr Minnichkeit, wie bin ich erfreut, Sie hier zu sehen!“ Siegmund Seelenbinder setzte bereits zu einem artigen Diener an, als ich ihn lächelnd unterbrach. „Ich enttäusche Sie nur ungern, aber ich bin es gar nicht selbst. Minnichkeit schickt mich, um den Chef der Fashion-Abteilung einzukaufen.“ Sein Gesicht zuckte. „Ich muss um Verzeihung bitten. Aber wird sind auch noch nicht fertig, unsere Datenbank wird gerade frisch durchgeputzt. Sie werden einen Kandidaten bei uns finden – wir haben alles, was Sie suchen!“

Ich verkniff mir die Bemerkungen, als ich das Signet von ad hominem an den Türschildern entdeckte. Die Personalfirma hatte sich den Namen selbst gewählt, ich war dafür nicht verantwortlich. „Unser Unternehmen“, belehrte mich Seelenbinder, „arbeitet nach den modernsten Methoden und ist technisch up to date. Sie werden sicher keinen Konkurrenten finden, der sich mit uns vergleichen ließe.“ „Das glaube ich aufs Wort“; gab ich mit einiger Ironie zurück. „Wenn Sie vor allem ein Interesse an technischen Verfahren hegen, sind Sie bestimmt ein großartiger Personaldienstleister.“ Er rümpfte die Nase. „Höre ich da eventuell eine Spur von Kritik heraus?“ Seelenbinder öffnete die Tür und schob mich in den kleinen Raum. „Dann schauen Sie sich einmal das hier an. Und dann reißen Sie die Klappe auf – wenn Sie können.“

Es war eine ganz normale Datenbank, aber ihre Ordnung war ungewöhnlich. „Die intrinsische Motivation ist ein bislang völlig unberücksichtigtes Kriterium. Wir wollten uns nicht damit abmühen, die Fähigkeiten eines Arbeitnehmers zu bewerten – die meisten Dinge lernt man sowieso erst in der Berufspraxis, Sie werden das kennen – sondern ihn nach dem Leistungsprinzip kategorisieren. Wer etwas leisten will, der soll es auch tun.“ Ich war sehr erstaunt. „Das ist ja lobenswert“, antwortete ich. „Meist wird diese Phrase ja nur in Sonntags- und Wahlkampfreden verwendet, denn wer hat heute noch Respekt vor einem Feuerwehrmann und nicht vor einem Investmentbanker?“ Seelenbinder zog eine Braue empor. „Sie sind Romantiker? Hätte ich mir ja denken können. Aber wir sehen das etwas anders. Bei uns haben Idealisten schlechte Karten. Sie sind absolut untauglich.“

Die Suchmaske spuckte binnen Sekunden ein Dutzend hoch motivierter Arbeitskräfte aus. „Der übliche Schrott“, spottete der Personaldompteur. „Die haben teilweise dreißig Jahre lang ihren Lebensunterhalt durch Arbeit bestreiten müssen – inzwischen völlig unbrauchbares Pack, das für den normalen Arbeitsmarkt total verdorben ist.“ „Eine interessante Auffassung“, bemerkte ich, „nach der Doktrin dürfte es keine ordentliche Arbeitsbiografie mehr geben.“ „Gibt es auch nicht“, beschied mir Seelenbinder. „Wenn Sie sich dreißig Jahre lang in der Maschinerie geschunden haben, sind auch ihre Qualifikationen egal. Sie sind motiviert, idealistisch und total versaut für die modernen Anpassungen. Sie lieben die Arbeit.“ Ich betrachtete das Auswahlfeld. „Qualifizierte Beschäftigungen haben Sie nicht anzubieten?“ Seelenbinder schüttelte den Kopf. „Würden wir ja gerne, aber wenn wir auf einmal alle freien Stellen besetzten, dann hätte die Wirtschaft keinen Grund, den Fachkräftemangel zu beklagen.“ „Sie meinen also, ein unmotivierter Arbeitnehmer ließe sich in den Arbeitsprozess noch besser einspannen?“ Er nickte. „Wir setzen auf die träge Masse. Das Vieh ist besser als gar nichts.“

Die Datenbank gab derweil jede Menge Output von sich; Estrichleger wurden gesucht und Kellner, Feinpolierer und Stuckateure, lauter ehrenwerte Gewerke. „Es gibt ja kaum noch einen Anreiz für diese Leute“, beschied Seelenbinder. „Natürlich müssen wir mittlerweile von den üblichen Mustern abweichen – es lässt sich kaum noch erzählen, dass es mehr Arbeitsplätze als Arbeitslose gibt, aber das muss uns nicht stören. Wir erweitern einfach das Modell der Anreize. Wenn ein Kandidat zu schnell bereit ist, eine Arbeit zu verrichten, ist die Arbeit zu gut bezahlt – oder der Arbeitnehmer übermotiviert.“ Ich widersprach ihm heftig. „Sie verrechnen sich. Ihr Ansatz ist unlogisch. Einerseits wird von der öffentlichen Hand die Unterwerfung unter den Arbeitszwang gefordert, fernab jeder Qualifikation oder Qualifizierung, und dennoch betreiben Sie Ihren Viehhandel: ist die Arbeitsbereitschaft erst einmal erzwungen, kann man an den Konditionen immer noch drehen. Wie passt das zusammen?“ Seelenbinder lächelte herablassend. „Wir fassen die Gier dieser Gesellschaftsschicht, mehr als ihre Grundsicherung haben zu wollen, als verderblich auf. Gleiches Recht für alle – warum soll nicht ein Fabrikarbeiter mit denselben Vorverurteilungen zu kämpfen haben wie ein Manager?“ „Ich dachte es mir schon“, gab ich zurück. „Ist der Mensch schlecht, freut sich das Geschäft. Freie Geister hat eine Diktatur nicht gerne in ihren Reihen.“

Seelenbinder tippte ein paar Dinge in die Tastatur und wartete, bis der Computer die Ergebnisse ausspuckte. „Hervorragend“, jubelte er. „Wir können Ihren Fashion-Menschen sofort mit einem Dutzend Bewerber bestücken. Was wollen Sie?“ „Ich denke, ich…“ „Halt!“ Er machte eine beschwörende Geste. „Hier ist er: Erfahrung in subalternen Tätigkeiten, keine Berufsausbildung, keinerlei sozialversicherungspflichtige Arbeit, für qualifizierte Aufgaben vollkommen ungeeignet, charakterliche Defekte im Randbereich, absolut motivationsfrei – wollen doch mal sehen, was das ergibt.“ Er fingerte ein bisschen an den Tasten herum und erblich plötzlich. „Idealberuf: Politiker!“





Rien ne va plus

15 03 2011

„… hatte das Landgericht Köln entschieden, dass die Empfänger von Hartz-IV-Leistungen keine Lottoscheine mehr kaufen dürften, da sie vor Glücksspielen geschützt werden müssten und…“

„… forderte von der Leyen den Stopp der ALG-II-Auszahlung, bis der Anteil an Glücksspielen aus dem Regelsatz herausgerechnet sei. Man könne, so die Arbeitsministerin, wenn man auch an die Kinder denke, keinem Arbeitslosen, wenn man an die Kinder denke, an die Kinder denke, an Kinder, Kinder, Kinder, Kinder…“

„… verwahrte sich Seehofer gegen Vorwürfe, die Hartz-IV-Empfänger respektlos zu behandeln. Respekt müsse man sich erarbeiten, woran das faule Pack aber natürlich wegen seiner kommunistischen Gesinnung nicht einmal im Traum…“

„… in der Pressemitteilung richtigstellte, es gehe primär gar nicht um Hartz-IV-Empfänger, sondern gemäß §8 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag um Personen, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen, beispielsweise Aufstocker, Hartz-IV-Empfänger oder…“

„… wurden erste Proteste laut, man könne den Bürgern schließlich nicht nachweisen, dass sie Leistungen nach SGB II erhielten. Das Präsidium der CDU urteilte einmütig, man müsse beim Verdacht, dass jemand verdächtig sei, verdächtig zu sein, immer davon ausgehen, er könne, da er ja zweifelsohne schuldig ist, auch…“

„…betonte Schäuble nochmals, dass Lottospiel kein anerkannter Beruf sei, weshalb sich die Minderleister zusätzlich noch der Schwarzarbeit strafbar machten, wenn sie ohne Genehmigung…“

„… kündigte Schwesig erbitterten Widerstand gegen eine neuerliche Kürzung der Bezüge an, da bereits der letzte Kompromiss vollkommen an den Bedürfnissen der Menschen in diesem Land…“

„… ob man Arbeitslose im juristischen Sinne überhaupt noch als geschäftsfähig betrachten müsse, schließlich seien sie für den Markt ohnehin vollkommen nutzlose…“

„… denen die Unbedenklichkeitserklärung der ARGE ausgestellt werden muss: wer hinfort an Lotto, Toto oder Rennquintett teilnehmen will, braucht das Schreiben der Behörde, die meist schon innerhalb weniger Monate…“

„… ist es nach der neuen Gesetzeslage natürlich nicht einfach damit getan, auch den Bankern die Lotterie mit Euro und faulen Finanzprodukten zu verbieten, da sie für einen Ausfall nicht selbst haften und daher als schuldlos zu…“

„… die Wogen zu glätten versuchte. Anlässlich der Eröffnung einer Ausstellung über das Kölner Abwassersystem sagte Wulff, dass Hartz IV zu Deutschland gehöre, sei eine Tatsache, die sich historisch…“

„… für Empörung, dass die Stadt Köln ihre Finanzen aufzubessern versuchte, indem sie Hartz-IV-Empfänger dazu überredete, in Sportwetten zu investieren. Dutzendweise verhängte die Justiz das Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro, so dass neben der Restaurierung des Stadtarchivs…“

„… im Zuge der Verfassungsänderungen dieser Legislatur den Artikel 1 Grundgesetz anzupassen: ‚Die Würde des sozialversicherungspflichtig beschäftigten deutschen Staatsbürgers ist…‘“

„… bezeichnete Schwesig es als Hohn, auf dem Rücken der sozial Benachteiligten eine weitere Verschärfung zu beschließen, ohne die SPD…“

„… eben nicht jedem, wie FDP-Generalsekretär Lindner betonte: die freie Marktwirtschaft heiße so, weil sie eine Marktwirtschaft für Freie sei, sonst hieße sie ja parasitäre…“

„… klärte das Gericht, dass der für Leistungen nach SGB II zusammengestellte Warenkorb bindend sei – entsprechend stelle der Erwerb von Tabakwaren durch Grundsicherungsempfänger nun wenigstens eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Leistungskürzungen…“

„… konnte sich von der Leyen durchaus vorstellen, die zu erwartenden Gewinne in den Sozialhaushalt zu überführen. Zugrunde gelegt, dass alle Arbeitslosen täglich an allen verfügbaren Lotterien teilnähmen, um ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht nachzukommen, ergäbe sich bereits ohne Gewinn eine Summe von monatlich 5.850 Euro, die jeder Hartz-IV-Empfänger auch durch Pfändung zurückzuzahlen…“

„… da aus dem Hartz-IV-Regelsatz schon der Alkohol gestrichen wurde, was faktisch einer Gleichsetzung mit Muslimen gleichkomme. Schon zum Bürokratieabbau sei es dringend geboten, beide Bevölkerungsgruppen mit einheitlich diskriminierendem Verhalten zu…“

„… auf den Kölner Amtsrichter Alfons U. (56) zurückfiel, der seiner wegen einer chronischen Erkrankung arbeitslosen Tochter ein Rubbellos zum Geburtstag schenkte und nun wegen Anstiftung zum Sozialhilfemissbrauch von der Boulevardpresse zur Höchststrafe verurteilt…“

„… Zustimmung fand, dass von der Leyen für die Hartz-IV-Lotterie ausschließlich Ein-Euro-Jobs und Bildungsgutscheine in Aussicht stellte, da nach Ansicht der Sozialexperten Diekmann und Sarrazin Arbeitsscheue mit Bargeld gar nicht umgehen…“

„… gab das Innenministerium bekannt, die Datenbank, die alle spielberechtigten Bürger ausweise, sei leicht aus den bei der Volkszählung erhobenen Auskünften zu erstellen, so dass bereits die obligate Ausweiskontrolle beim Betreten eines Ladenlokals neben Vorstrafen, Religion und Nationalität den Status der Transferleistungen…“

„… wenngleich Schwesig dagegen votierte, da ihr die Einschnitte noch nicht weit genug gingen und erhebliche Einsparpotenziale in die…“

„… weshalb Westerwelle eine dem Judenstern nachempfundene Markierung empört ablehnte. Der Vorsitzende der NSDAP-Nachfolgeorganisation bezeichnete einheitliche Aufnäher für Arbeitslose als puren Sozialismus. Er als FDP könne nicht…“

„… wies ein Sprecher des Gerichts darauf hin, es stehe den Empfängern von Transferleistungen selbstverständlich frei, Wetten im Internet zu…“





Nicht mein Bier

6 09 2010

Die Bundesarbeitsministerin hatte es klar zum Ausdruck gebracht. Bei der Neuberechnung der Regelsätze für das Arbeitslosengeld II dürfe auf keinen Fall überflüssiger Luxus finanziert werden – die spätrömische Dekadenz, sie wurde nicht mehr an- oder ausgesprochen, doch sie schwang mit. So leicht wollte man es dem Volk nicht machen.

Die Kommission verkündete, die Hartz-Kosten zu senken, indem die Kosten für Alkohol und Tabak gestrichen würden. Dass auch der Erwerbslose gelegentlich zum Essen neige, ließe sich nicht mehr leugnen, dass er aber daraus gleich ein Recht auf Genussmittel ableite, sei eine bodenlose Frechheit. Man wolle sofort durchgreifen, hart und treffsicher. CSU-Generalsekretär Dobrindt kündigte an, ganz entschieden gegen Missbrauch zu sein. Dies sei mit der Verfassung durchaus zu vereinbaren. „Das Grundgesetz“, rief der Bayer in einer ortstypischen Bierzeltveranstaltung, „verbietet nicht das Recht auf eine arbeitslosenfreie Wiesn!“

Erster Protest regte sich aus dem Einzelhandel, da den Discountern eine wichtige Einnahmequelle wegzubrechen drohte. Ministerin von der Leyen beruhigte die Konzerne allerdings rasch; nach den Plänen der Bundesregierung würde die Anzahl der Transferleistungsempfänger ungebremst ansteigen, so dass der Gewinn rein durch die Masse erhalten bliebe. Da zudem mittelfristig eine Umstellung der Transferleistungen auf Chipkarten angedacht sei, empfehle sie den Unternehmen, sich gut mit der Regierung zu arrangieren, um akkreditierter Prekariatsversorger zu werden. Der Name Albrecht wurde zufällig genannt und nicht dementiert.

Thilo Sarrazin kündigte an, sein nächstes Buch hieße Deutschland säuft sich tot.

Vor allem aber wies die Industrie die Sparpläne der Regierung vehement zurück. Der Konsum von Bier, Alkopops und branntweinhaltigen Getränken sei ein stabiles Rückgrat der Volkswirtschaft, teilte der Sprecher des deutschen Brauereigewerbes mit. Allein stetiger Verbrauch von Gerstensaft sichere eine große Anzahl von Arbeitsplätzen, zumal gerade Deutschland eine Vorbildfunktion für das in der Welt überall geschätzte Brauerhandwerk habe. Dass es dabei vorrangig auch um ein Kulturgut ginge, so der Funktionär, müsse man wohl nicht eigens betonen. Die Kommission stimmte insofern damit überein, als man nicht gedächte, freigesetzte Bürger kostenlos mit Kulturgütern zu beglücken.

Eine peinliche Panne passierte, als Redakteure einer überregionalen Tageszeitung die Meinung der Kirche einfangen wollten. Alkohol sei zweifelsohne eine gesellschaftlich akzeptierte und allemal in den zivilisatorischen Kontext eingebundene Substanz; die Verwendung als Messwein spiegele nur eine der zahlreichen Präsenzformen im Leben einer jeden christlichen Gemeinschaft wider. Alkohol müsse jedem Menschen in unbegrenztem Maße zur freien Verfügung stehen. Der daraus resultierende Bericht konnte nicht mehr rechtzeitig gestoppt werden, die Zeitung ging in Druck. Die beiden Redakteure, die irrtümlich Walter Mixa interviewt hatten, wurden fristlos entfernt.

Anders der Boulevard; hier empfahl man dem Pöbel strikte Abstinenz, wie es Franz Josef Wagner, der Suchtbeauftragte von BILD, zum Ausdruck brachte. Trunksucht sei der Untergang Deutschlands, alle Meisterleistungen der deutschen Wirtschaft, zum Beispiel der Rettung der Deutschen Bank oder der Stalingrader Kessel, seien nüchtern vollbracht worden. Noch die Perfidie, den Sieg einer DFB-Elf durch Absingen von Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen im Keim ersticken zu wollen, sei Wehrkraftzersetzung und drakonisch zu bestrafen. Weniger konsequent war die redaktionell getarnte Werbung für die 20-Milliliter-Flasche VolksChampagner, die sich, höhnisch von Kai Diekmann begrinst, noch der gewissenloseste Abzocker würde leisten können. Wolfgang Clement fühlte sich davon derart diffamiert, dass er den Springer-Konzern verklagte.

Die Kanzlerin schwieg. Sie hatte sich zwar zuvor auch nicht mit den finanziellen Problemen der Unterschicht beschäftigt, sah aber auch nicht ein, warum sie ausgerechnet jetzt damit anfangen sollte. Dies, befand sie kurz, sei nicht ihr Bier.

Thilo Sarrazin erklärte in diversen Talkshows, die muslimischen Kulturen seien schon deshalb der deutschen Leitkultur unterlegen, da sie kein Bier tränken. Vermutlich seien sie dazu nicht intelligent genug. Auf Nachfrage des Gastgebers, ob nicht die Migranten besser mit den bescheidenen Hartz-IV-Sätzen zurechtkommen würden, erklärte der Gen-Ethiker, dies sei arglistige, ja böswillige Anpassung an den alternativlosen Druck; der Ausländer, so Sarrazin, besetze in parasitärer Absicht jede Ritze des sozialen Gefüges und verteidige sie mit Mitteln, die der Herrenrasse nicht zur Verfügung stünden.

Während sich der Rest der Riege die Realität schön soff – Wirtschaftsminister Brüderle konnte gerade noch stehen für die deutschen Winzer, die ihre preisgekrönten Weine seiner Ansicht nach für den geübten Gaumen des teutonischen Trinkers, nicht aber zur weiteren Verwahrlosung der Unbemittelten produzierten – fand ausgerechnet mit der Kabinettsrede des Sozialexperten Westerwelle die Diskussion zur Nüchternheit zurück. Der Vize mahnte eindringlich seine Kollegen, falsche Wege in der Arbeitsmarktpolitik einzuschlagen. Es sei nicht mehr möglich, Erwerbslose in den Medien als arbeitsscheue, versoffene Schmarotzer darzustellen, wenn man ihnen den Alkoholkonsum faktisch verunmögliche. Das Bild des permanent pichelnden Prekariats sei in akuter Gefahr, und nur durch eins könne man der Frage, wie man Bedürftigen ihre Lebensführung vorschreiben sollte, noch entgehen: ihnen weiter Alkoholika zuzugestehen, auf das Risiko, dass man ihnen damit Menschenrechte zubillige, die ihrer Klasse nicht zukämen.

An diesem Tag meldete sich die Tabakindustrie zu Wort.