Sintflut AG

20 10 2022

„Und mit einem Bausparvertrag ist da auch nichts zu machen?“ „Hat Ihr Kunde einen Bausparvertrag über fünfhundert Milliarden Euro abgeschlossen?“ „Keine Ahnung.“ „Dann sollten Sie sich besser kurzfristig von ihm trennen.“ „Irgendwo wollen die Leute doch wohnen.“ „Vielleicht hätten sie sich das vor hundert Jahren überlegen sollen, als wir das Klima noch nicht ruiniert hatten.“

„Also noch mal langsam: Sie wollen nach und nach Gebäudehaftpflichtversicherungen kündigen, weil Sie die Schäden nicht mehr bezahlen können?“ „Sie können Ihre Versicherungen gerne bei uns weiterlaufen lassen, aber gezahlt wird nicht.“ „Und Sie gehen aus dem Hypothekengeschäft?“ „Für die paar Kröten, die Sie für ein Einfamilienhaus noch kriegen, lohnt sich das nicht mehr.“ „Wie stellen Sie sich das denn vor?“ „Keine Ahnung, vielleicht ziehen demnächst alle in unterirdische Bunker, aber die saufen bei einer Überschwemmung auch ab.“ „Dann kann man bald nirgends mehr leben in Deutschland.“ „Mit dem nötigen Kleingeld haben Sie vielleicht noch Chancen auf ein Hausboot mit Liegeplatz, da ist der Anstieg des Meeresspiegels nicht ganz so bedrohlich.“ „Hochgebirge?“ „Falls wir in absehbarer Zeit die Alpen schneefrei kriegen, sinkt die Lawinengefahr natürlich beträchtlich, was sich aber auch im Preis niederschlagen dürfte.“

„Wo kriegen wir denn das ganze Geld her, und viel wichtiger: wozu?“ „Die Jahrhunderte werden kürzer.“ „Was?“ „Mit Jahrhundertkatastrophen ist künftig alle fünf bis zehn Jahre zu rechnen.“ „Dann hat man als Eigentümer gerade alles wieder neu aufgebaut, wenn die Flut kommt.“ „Wirbelsturm, Tsunami, Bodenerosion, irgendwas in der Art.“ „Ihre Versicherung zieht sich komplett zurück aus dem Bereich?“ „Wenn wir uns nicht mit riskanten Objekten überheben wollen, müssen wir diesen Schritt tun.“ „Und der Staat?“ „Keine Ahnung, wir könnten vielleicht nebenbei eine Airline gründen, die regelmäßig Subventionen einstreicht.“ „Als Mischkonzern?“ „Wir nennen uns ‚Sintflut AG‘.“

„Damit kollabiert die Immobilienwirtschaft.“ „Gut möglich, vorwiegend zieht es dem Markt den Boden unter den Füßen weg.“ „Weil die Preise ins Bodenlose fallen.“ „Der eine oder andere Pfiffikus wird zu den geschrumpften Bewertungen seiner Luxusbauten eine Versicherung abschließen, die ihm im Schadenfall nicht einmal die Gardinen ersetzt.“ „Dann sind viele Eigentümer pleite.“ „Wo sie vorher schon Kredite laufen hatten, bekommen sie dann keine neuen – falls sie die alten Kredite überhaupt werden abzahlen können.“ „Dann wird Immobilienbesitz zum Armutsrisiko.“ „Für Banken erst recht.“

„Ganze Landstriche werden entvölkert.“ „Die Industrie zieht natürlich nach, wer will schon seinen Arbeitern einen Anfahrtsweg von mehreren hundert Kilometern zumuten.“ „Dann haben wir noch mehr strukturschwache Gebiete.“ „Das wird auch den Steuerzahler freuen.“ „Weil der die ganzen Ausfälle ausgleichen darf.“ „Irgendwer muss schließlich für die Fehler der Politiker gerade stehen, also nimmt man die, die sie gewählt haben.“ „Hatten wir das nicht alles schon mal?“ „Eine Immobilienkrise, die das ganze Finanzsystem beschädigt und Millionen in Armut getrieben hat?“ „Genau.“ „Diesmal wird es ganz anders, weil wir diesmal vor dem Tunnel stehen und den Zug, der uns überrollen wird, schon von Weitem sehen.“ „Meine Güte, kann man denn da gar nichts mehr machen?“ „Um Gottes Willen, dazu müsste man sich ja bewegen.“

„Das wird uns viel Wohlstand kosten.“ „Das hoffe ich auch.“ „Was?“ „Bisher hieß eine Krise im Bankensystem immer, dass Kleinsparer sich ihre Altersvorsorge in die Haare schmieren konnten.“ „Die Kleinsparer haben ja kaum noch etwas, also im Vergleich zu Großaktionären.“ „Und wo haben die Großaktionäre ihr Kapital versenkt?“ „In den fossilen Konzernen.“ „Plus Automobilbauer, plus andere fossil ausgerichtete Transportmittel, plus Immobilien und Versicherungen.“ „Wenn jetzt die Banken wieder über die Klinge springen…“ „… ist eine Menge Geld weg.“ „Wen die Banken das tun würden, wäre das Selbstmord aus Angst vor dem Tod.“ „Wenn die Konzerne ihren Wert plötzlich um die Hälfte senken, haben die Banken nicht einmal mehr Zeit, sich für eine Todesart zu entscheiden.“ „Dann werden milliardenschwere Kredite wertlos, die ganze Volkswirtschaft schmiert ab…“ „… und wir haben Tag X, den die braune Brut herbeisehnt.“ „Ihre plötzlich verschwundenen Vermögen werden den Führerchen viel wichtiger sein als das darbende Volk.“ „Hoffentlich haben wir dann endlich kapiert, dass es kein wichtigeres Ziel geben kann, als die Klimakatastrophe aufzuhalten.“ „Abgesehen davon, dass wir sie höchstens ein bisschen eindämmen und verlangsamen können, haben wir eine derartige Wirtschaftskrise, dass wir zur Schadensbegrenzung schlicht kein Geld mehr zusammenkriegen.“ „Dann wird die FDP höchstwahrscheinlich mal über die Schuldenbremse nachdenken müssen.“ „Falls es sie dann noch gibt.“

„Andrerseits, warum malen wir immerzu diese Horrorszenarien?“ „Weil sich die Menschen nicht ändern.“ „Warum ändern sie sich nicht?“ „Weil sie noch zu wenig Jahrhundertkatastrophen erlebt haben und erst reagieren, wenn sie die Existenz und Wirkungsweise von Kipppunkten an ihrer eigenen Existenz feststellen.“ „Und der Staat?“ „Welcher Staat?“ „Ich sehe schon, es ist aussichtslos.“ „Das klingt plausibel.“ „Dann werde ich für mich die Konsequenzen ziehen, man muss ja irgendetwas tun, solange man noch lebt.“ „Und wie sieht das in Ihrem Fall aus?“ „Ich kaufe mir einen SUV.“





Finanzspritzen

8 09 2020

„… einen Untersuchungssausschuss vor der Hamburger Bürgerschaft einsetzen wolle. Bisher habe Scholz zu den Cum-Ex-Geschäften zwar alle Vorwürfe zurückgewiesen, auf der anderen Seite jedoch alles eingeräumt, was sich nicht mehr in…“

„… es keine rechtsfreien Räume gebe. Vielmehr habe der Bundesfinanzminister selbst durch ein Gesetz dafür gesorgt, dass die illegal erstatteten Zahlungen nur rechtmäßig in der Hand von…“

„… sehe die Hamburger SPD-Fraktion den Ex-Bürgermeister als entlastet an. Weder könne man einen Zusammenhang mit der HSH Nordbank noch Verstrickungen mit den G20-Krawallen als…“

„… den Deutschen Bundestag nicht in seiner Funktion als Kanzlerkandidat der SPD belogen habe, sondern als ehemaliger Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg. Da Scholz nun aber dieses Amt gar nicht mehr innehabe, fühle er sich nicht mehr in der Verantwortung für den…“

„… nicht auszuschließen sei, dass Scholz die Rückzahlungen zur Vermeidung einer drohenden Bankenkrise gestoppt habe. Möglich sei aber auch, dass die Privatbank selbst ohne Wissen des SPD-Bürgermeisters Verbindungen zum Fiskus…“

„… würden sich auch die Sozialdemokraten in ihrer Wahl des Kanzlerkandidaten bestätigt sehen. Scholz beweise durch seine Vergangenheit, dass er ebenso wie Friedrich Merz eine große Nähe zur Wirtschaft sowie erhebliche Kompetenz in der…“

„… dass von Warburg ein Berater instruiert worden sei, eine stringente Argumentation für die Steuerbehörde zu entwerfen. Dass die SPD nur auf Anweisung der Bank gehandelt haben könnte, trage bereits zur Entlastung der…“

„… die Spende an die Hamburger SPD rein zufällig kurz nach einer Wirtschaftsprüfung erfolgt sei. Leider habe die Partei kein Konto bei Warburg gehabt, so dass die Zahlung nur über einen…“

„… würden Kanzler üblicherweise erst nach der Wahl den Bundestag trotz erwiesener Tatsachen belügen. Die Sozialdemokraten seien fest davon überzeugt, dass dies nur für Scholz spräche, als Regierungschef die…“

„… die Bankberater von Steuererhöhungen abgeraten hätten, da zahlreiche Leistungsträger dann keinen finanziellen Spielraum mehr besäßen und dies die Versuchung für weitere Cum-Ex-Geschäfte oder andere…“

„… auch Finanzspritzen für weitere Vorhaben sammeln würde. Es sei daher nicht auszuschließen, dass ein weiteres Kohlekraftwerk in…“

„… sichere die Kanzlerkandidatur von Scholz der Partei auch große Stimmanteile im gehobenen Mittelstand, der nun nicht mehr auf die CDU als…“

„… habe Scholz zwei der drei Treffen mit dem Co-Chef von Warburg vergessen, da er durch die Lektüre einer Biografie von Helmut Kohl einen oder mehrere Blackouts im…“

„… trage man als Regierender Bürgermeister große Verantwortung für die Wirtschaft, vor allem, wenn eine Bank schon durch Rückzahlung illegaler Gewinne in eine gefährliche Schieflage zu geraten drohe. Scholz’ Amtsnachfolger habe sich durch sein beherztes Eingreifen für eine politische Karriere in höchsten Ämtern qualifiziert und werde damit…“

„… endlich wieder einen Spitzenkandidaten habe, der sich frühzeitig mit Machtpolitik befasse und mit epochaler Fähigkeit zum Aussitzen eine große Chance besitze, eine geistig-moralische…“

„… Teil eines langfristigen Plans sei. Scholz bereite eine Senkung der Wirtschaftskriminalität in der Bundesrepublik vor, die durch eine innovative Gesetzgebung in der SPD-geführten Regierung auf den niedrigsten Stand seit…“

„… ob es sich um einen verfassungsrechtlich umstrittenen Eingriff in die Abgabenordnung handele. Scholz weise jedoch darauf hin, dass nur sehr wenige Bürger von dieser Rechtsunsicherheit betroffen seien, so dass für die breite Bevölkerung zu keiner Zeit eine Gefahr bestanden habe, zu hohe oder steuerrechtlich problematische…“

„… hätte eine Rückforderung falsche politische Signale ausgesendet. Die Sozialdemokraten hätten immer wieder mit dem Vorurteil zu kämpfen, das Kapital aus Deutschland zu vertreiben oder wenigstens den Kapitalisten ihre…“

„… sei es für Scholz aber noch zu früh, sein Ehrenwort zu geben. Allerdings bestehe auch kein Zweifel daran, wer die Spenden an die…“

„… es erhebliche Schwierigkeiten gebe. Viele der Cum-Ex-Beträge seien inzwischen ausgegeben worden und könnten daher nicht zurückgefordert werden, was insgesamt wieder zu einer ungerechten Behandlung der…“

„… rücke die SPD grundsätzlich nicht von ihrem Spitzenkandidaten ab. Solange mit Scheuer und Klöckner Mitglieder der Bundesregierung jeden Standard unterlaufen können, gebe es keinen Grund für Scholz, sich als…“

„… auf einen strikten Sparkurs einstimmen werde. Der Bundesminister der Finanzen sehe nicht nur durch die Folgen der Corona-Pandemie die Notwendigkeit, soziale Errungenschaften auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls mehr Eigenverantwortung von den Bürgern zu verlangen, da Deutschland durch sinkende Steuereinnahmen mehr Instrumente zur Planungssicherheit für die Banken und den Handel…“





Obergrenze

3 03 2016

„Eigentlich haben Sie ja recht.“ „Natürlich haben wir recht. Wir machen ja die Gesetze.“ „Hahaha!“ „Sie verstehen einen guten Scherz, wie?“ „Haha, allerdings! Haaahahahahaha!“ „Wir sind nun mal die Regierung.“ „Und deswegen machen Sie die Gesetze? Haaahahaha, Sie sind mir ein Witzbold!“

„Wir können nun mal keine Rücksicht auf das Volk nehmen, wir haben schließlich unsere Vorgaben.“ „Sehe ich auch so.“ „Das organisierte Verbrechen darf niemals die Oberhand gewinnen.“ „Zumindest nicht, wenn wir nicht unsere Finger mit drin haben, was? was!?“ „Sie müssen sich gar nicht so aufspielen, wir kennen das Problem.“ „Das geht wieder gegen den Waffenhandel, wie?“ „Der stört uns nicht, aber wir wollen wenigstens an den Rüstungsgeschäften mitverdienen.“ „Na dann, uns kann das egal sein.“ „Weil Sie denken, dass wir Sie als Bank nicht kontrollieren.“ „Wir denken, dass Sie uns als Regierung kaum unser Auslandsgeschäft nachweisen können.“ „Hm, naja. Ja. Nein.“ „Und außerdem wissen wir, dass Sie uns nichts nachweisen können.“ „Aber es geht hier um viel wichtigere Ziele. Terrorismus und so.“ „Ah, verstehe. Das hat ja mit Waffenhandel auch nichts zu tun.“

„Deshalb müssen wir, das werden Sie sicher verstehen, diese Obergrenze einführen. Zum Schutz der inneren Sicherheit in Europa. Sonst kommt der Krieg auch zu uns.“ „Verstehe, Sie als Regierung wollen nicht, dass plötzlich die Macht in die falschen Hände gerät.“ „Auch, ja.“ „Und dass die Leute auf einmal denken: wir haben die nicht gewählt, damit sie das Gegenteil von dem tun, wofür wie sie gewählt haben.“ „Wie bitte?“ „Wo liegt denn bitte Ihre Obergrenze? eine Million?“ „Million? wieso Million, wir sprechen hier von fünftausend Euro.“ „Ach so.“ „Ja, wir müssen das genau kontrollieren.“ „Die Geldwäsche oder die Bürger?“ „Die… jetzt reden Sie doch nicht so einen Unsinn!“

„Wissen Sie eigentlich, dass das enorm viel Arbeit macht?“ „Was?“ „Bargeld.“ „Aha, ja. Nein. Aber ist das wichtig?“ „Weil wir uns dafür natürlich auch bezahlen lassen.“ „Das tun Sie doch auch für die gesetzeswidrigen Dispozinsen.“ „Das lassen Sie mal nicht Ihren Bankberater hören, der findet sicher auf die Schnelle einen Grund, warum Ihr Girokonto plötzlich richtig teuer wird.“ „Wir müssen aber das Bargeld ab einer gewissen Menge…“ „Wissen Sie eigentlich, was so ein Schnellfeuergewehr kostet? also mit Munition und Kiste und Versand, und dann muss natürlich auch der Zoll noch ein Auge zudrücken, und der Händler will leben, und Ihre Kollegen im Bundestag müssen im richtigen Moment unter einem Demenzanfall leiden.“ „Das darf man nicht so sehen, sondern vielmehr alles ganz abstrakt. Es geht ja gar nicht um das eine individuell verschobene Schnellfeuergewehr, es geht um die Signalwirkung, dass Geldwäsche ab jetzt illegal ist.“ „In dem Zusammenhang wollen Sie sicher auch gleich die Abgeordnetenbestechung unter Strafe stellen, oder?“ „Unsinn, kein Abgeordneter muss bestochen werden, damit er illegale Waffen in… also Waffen in illegale Krisengebiete… Waffen illegal in…“

„Und Sie finden jetzt diese Obergrenze von fünftausend Euro auch sinnvoll.“ „Nein, aber wir müssen doch jetzt den Wunsch des Gesetzgebers nach Terrorsicherheit…“ „Moment mal, Sie sind doch der Gesetzgeber?“ „Wir handeln aber nur im Auftrag der Zentralbanken.“ „Dann sind also die der Gesetzgeber? und Sie führen das nur aus?“ „Das ist doch jetzt egal, Sie dürfen das doch nicht immer so abstrakt betrachten, wir müssen hier ganz konkret gegen Gefahren vorgehen.“ „Und die gehen vom Geld aus?“ „Die gehen vom einzelnen Bürger aus, der…“ „Sie gehen also gegen den Bürger vor, da der für Sie eine Gefahr darstellt? oder doch für den Gesetzgeber?“ „Ich meine doch, dass…“ „Dann stellen also nicht Sie als Regierung eine Gefahr dar für die Zentralbanken? Ich frage ja nur mal.“

„Wir müssen doch für alles gewappnet sein. Am Ende reisen hier Flüchtlinge ein und finanzieren eine Terrorzelle mit zigtausend Euro, wenn wir nicht aufpassen.“ „Und Deutsche?“ „Die meisten haben doch gar nicht so viel Geld.“ „Also wird man über kurz oder lang diese Grenze sogar noch absenken müssen, nicht wahr?“ „Warum?“ „Stellen Sie sich mal vor, da tarnt sich einer als Arbeitsloser. Der hat doch nie fünftausend Euro.“ „Das nimmt doch keiner auf sich, zur Terrorfinanzierung aufs Jobcenter zu laufen.“ „Nein, da haben Sie recht. Selbstmordattentäter ja, aber Hartz IV?“ „Eben.“

„Wir müssten es uns freilich auch noch mal überlegen, ob wir einer Obergrenze zustimmen. Schließlich haben wir dann gar keinen Bargeldverkehr mehr.“ „Ist doch gut.“ „Und wir müssten uns eine Strategie ausdenken, wie wir den Kunden die negativen Zinsen auf ihre Guthaben verkaufen.“ „Brauchen Sie wieder eine Rettung? Sie müssen das nur sagen!“ „Und dann natürlich der Zugriff auf unsere Konten.“ „Von den Kunden? Sie gewähren Ihren Kunden doch sowieso Zugriff auf deren Geld.“ „Ich meinte eher Sie. Oder den Gesetzgeber. Oder die Regierung. Oder wer halt gerade ein Interesse hat.“ „So ist das doch gar nicht gedacht.“ „Oder das Sie eventuell einzelnen Kunden die Konten sperren.“ „Das können wir doch gar nicht.“ „Nicht mal bei Terroristen?“ „Nein. Ja, also vielleicht doch, aber…“ „Wir müssten Ihnen oder dem Gesetzgeber oder den Sicherheitsbehörden oder den Geheimdiensten…“ „Das ist doch kein Unterschied!“ „… Zugriff auf unsere Daten gewähren.“ „Das wollen wir doch gar nicht, außerdem ist das auch ungesetzlich.“ „Gut, wir könnten uns da arrangieren.“ „Ab wann?“ „Wenn Sie wollen, fragen wir für Sie beim Gesetzgeber nach, welcher Geheimdienst Ihnen das liefert.“ „Na also, geht doch.“ „Da wäre nur eine Kleinigkeit.“ „Ich verstehe nicht?“ „So?“ „Ach so, ja. Gut, wie viel?“ „Wie immer.“ „Sind Sie noch ganz dicht!?“ „Sie müssen ja nicht.“ „Okay, wie immer. Und Sie spenden dann einen Teil wieder zurück als Parteienfinanzierung.“ „Sage ich ja, wie immer.“ „Na, dann haben wir’s ja.“ „Nur noch eins, könnten Sie es vielleicht in kleinen Portionen bezahlen? so um die fünftausend Euro?“





Anschlussverendung

14 08 2012

„… jetzt in großer Zahl entlassen würden. Da die großen Bankhäuser sich entschlossen hätten, ihre Spekulationsgeschäfte weit gehend einzustellen, seien die Investmentbanker ohne Chance auf…“

„… liege nicht an den schlecht gehenden Geschäften der Investmentbanken, vielmehr hätten die Anleger durch Handel mit toxischen Papieren so viel von ihren Vermögen verloren, dass sich Investmentbanker nicht mehr…“

„… warnte ein Unternehmenssprecher vor nicht absehbaren Folgeschäden bei der Zulieferindustrie. Allein durch Entlassungen in Frankfurter würden neben dem Straßenstrich zahlreiche Anwälte, Drogenhändler und…“

„… zeige sich Schäuble tief befriedigt. Die Sparbemühungen seien damit messbar erfolgreich, wenn es innerhalb kurzer Zeit zu einer derart hohen Anzahl an Kündigungen komme. Ähnlich wie in Griechenland verspreche dies eine erfolgreiche…“

„… eine sozialverträgliche Lösung zu suchen. Es bestehe bei der Commerzbank ein Bedarf an bis zu 50 Investmentbankern, man habe daher beschlossen, die 3200 Mann starke Abteilung auf ungefähr 1800 Kräfte zu…“

„… schlage von der Leyen vor, ausländische Fachkräfte anzuwerben, um sie als Arbeitssuchende zu beschäftigen, die an Stelle der Banker die…“

„… müsse sich auch an die gesetzlichen Rahmenbedingungen halten. So warne der Verband vor weiteren Stellenstreichungen, wenn die Anti-Korruptions-Richtlinie…“

„… offenbar kein Interesse mehr an Investment-Kräften. Rösler erklärte, der Mittelstand gehöre für ihn ohnehin nur dann zur Wirtschaft, wenn er sich als Argument gegen Steuererhöhungen…“

„… ein großer Teil der Jobs in Deutschland von ausländischen Arbeitgebern gestrichen würden. Darüber habe Arbeitgeberpräsident Hundt sich empört gezeigt, da es ein deutsches Vorrecht sei, in Niedriglohnländern Arbeitskräfte nach Gusto vor die Tür…“

„… im Prinzip schon eine ausreichende Anzahl an Aufsichtsratsposten und Frühstücksdirektoren in den börsennotierten Unternehmen vorhanden, jedoch müsse man längerfristige Verpflichtungen beim baldigen Ausscheiden der FDP aus dem parlamentarischen…“

„… liege nicht an den völlig falschen Anschuldigungen an die Investmentbanken, dass Staatsanleihen auch fallen könnten, vielmehr hätten durch die tatsächlich fallenden Staatsanleihen die Renditen derart eingebüßt, dass Investmentbanker überflüssig…“

„… für düstere Prognosen unter den Beschäftigten der Deutschen Bank gesorgt habe. Die Volkswirte hätten die Entlassungen als normale Konjunkturdelle interpretiert, was gemessen an der Treffsicherheit ihrer bisherigen Prognosen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch…“

„… könne man die reibungslose Eingliederung der Investmentbanker in den Arbeitsmarkt erst dann erwarten, wenn der Arbeitsmarkt so entspannt sei, dass er auch ganz ohne Investmentbanker…“

„… sei die Mafia ein reiner Familienbetrieb. Man könne dem Bundesverband nicht zumuten, Lehrstellen zu schaffen, um Investmentbanker zu qualifizieren, wenn gleichzeitig durch den gezielten Zuzug ausländischer Fachkräfte eine bessere…“

„… dass die wegen Unfähigkeit und Korruption gescheiterten Investmentbanker einfach die Stellen der Fondsmanager und Börsenmakler einnehmen könnten, die von den Bankhäusern wegen Korruption und Unfähigkeit vor die Tür…“

„… oft im esoterischen Markt wiedergefunden hätten. Neue Dienstleistungsberufe wie Wahrsager, Rutengänger oder Gesundbeter seien für die freigesetzten Mitarbeiter ohne Schwierigkeiten…“

„… auch nicht in der Bundeswehr. Die Gefahr, dass sich die branchenfremden Kräfte aus reiner Gewohnheit im Verteidigungsfall überhaupt nicht um Befehle kümmern würden, sei eine viel zu…“

„… als Gastarbeiter außerhalb der EU. Die Bundesagentur empfehle neben der Schweiz vor allem Singapur und die…“

„… in der Automobilindustrie auf Skepsis. Das Argument, dass auch die Kfz-Bauer ständig von der Pleite bedroht seien und staatlichen Finanzhilfen ihre Existenz verdanken würden, könne so nicht…“

„… führe Stellenabbau im Investmentgeschäft immer zu geringerem Risiko. Dies aber sei, so Hans-Werner Sinn, mit dem Selbstverständnis eines Bankhauses ebenso wenig zu vereinbaren wie Ehrlichkeit mit der Politik, Intelligenz mit Wirtschaftswissenschaften oder…“

„… habe sich mit Hilfe eines befreundeten Personalchefs immer wieder neu anstellen lassen, um bei einer erneuten Kündigung eine Abfindung zu kassieren. Er sei erst aufgeflogen, als die Bank wegen des Bedarfs an goldenen Handschlägen neue Staatsgelder beantragt habe. Die FDP habe ihn anschließend für eine Vortragsreise gebucht, da dies Rentenmodell durchaus im Sinne…“

„… der im Prinzip ohne jede Ausbildung und von jedem ausgeübt werden könne. Trotzdem dürfe man aus rechtlichen Gründen den Job des Bundespräsidenten nur mit jeweils einer Person…“

„… eine Verwendung als Erzieher vollkommen ausgeschlossen…“

„… habe Ackermann empfohlen, sich einfach informell zum Abendessen mit der Kanzlerin zu…“

„… den meisten Investmentbankern ein Jahr lang das Arbeitslosengeld I, bevor sie ihre Anschlussverendung…“





Die Trümmerfrau

12 06 2010

Die Pferde: scheu, das Volk: verhetzt,
der Karren: an die Wand gesetzt.
Das Volk sei schuld! der Kutscher flucht
und eilig er das Weite sucht.
Die Garde aber, Mann für Mann,
lässt keinen an den Dieb heran,
und schon ist Deutschland – Schuft, nun lauf! –
    im Ausverkauf.

Die Armen hat man vorgeknöpft,
dass man Gewinn und Vorteil schöpft.
Man presst das Volk. Man senkt den Lohn,
man schüttet Spott aus, Hieb und Hohn,
denn wieder zahlt nur, wer nichts hat,
und macht die faulen Hunde satt,
auch wenn das Land – wie Ihr es seht –
    schon Pleite geht.

Die Blase wächst, Kredit! Kredit!
Wer schuldig war, der rennt und flieht.
Nur eine bleibt, schon angezählt,
da sich der Michel glatt verwählt.
Sie schmeißt das Geld zum Fenster raus,
sie lädt Vasallen sich zum Schmaus
und leugnet tapfer – hört nur hin! –
    noch den Ruin.

Schon kehrt das wieder, samtverhüllt
samt Pack, das sich den Beutel füllt.
Verpflichtung? Haftung? Schuldigkeit?
Die Herrschaft hat dafür kaum Zeit.
Wo andre mutig geradestehn:
blasiertes, eitles Prahlgetön
als Festmusik – Tschinell, Fagott –
    zum Staatsbankrott.

Da sah sie zu, die Kanzlerin,
nahm alles kuhgesichtig hin,
worum sich keiner kümmerte,
bis man den Rest zertrümmerte.
Ja schau, die Bonzenrotte lacht,
wie unser Muttchen Männchen macht
und hüpft im Takt – wenn man sie lässt –
    zum letzten Rest.





Im Spielzeugland

29 09 2009

Ein Pulk von Jobbern in roten und blauen Westen stürmte vorbei und hätte mich fast umgerannt, wenn ich nicht zur Seite gesprungen wäre. „Ja, der Parketthandel verlangt schon Geschwindigkeit, das ändert sich nicht. Aber damit wird es ja wohl bald vorbei sein.“ Fast wehmütig blickte Kranichstein den Jungen nach, die schreiend in den Saal wetzten.

Wir setzten uns in eine stille Ecke der Lounge. Kranichstein winkte der Kellnerin und ließ zwei Kännchen Tee bringen. Er klappte das Notebook auf und drehte es um, so dass ich den Monitor betrachten konnte. „Das ist unser neues Spielzeug. Es steuert einen Supercomputer, mit dem wir in kürzester Zeit die schnellsten Berechnungen für den Aktienhandel durchführen.“ Dies unscheinbare Ding faszinierte mich. Kranichstein lächelte selbstgefällig. „Aktionen im Millisekunden-Takt. Tausend Käufe pro Sekunde. Wir waren nie schneller.“ „Und wo“, fragte ich skeptisch, „liegt der Vorteil dieser Maschine?“ „Sie erlaubt uns, den Menschen aus dem Aktienhandel herauszuhalten. Er stellt doch eine enorme Fehlerquelle dar.“ Ich erinnerte mich mancher Schauernachricht; vor einigen Jahren hatte ein japanischer Händler mehr als 600.000 Aktien für einen einzigen Yen verschleudert, statt die letzte verbleibende Aktie für 600.000 zu erwerben. So wurde er nicht Mehrheitseigner, sondern Bankrotteur. „Das ist alles richtig, aber denken Sie an den wahren Fehler. An die Gier.“ Ich blickte ihn säuerlich an. „Sie wollen mir weismachen, Gier habe nichts zu suchen im Aktienhandel? Sie ist doch die Triebfeder, die dies ganze System erst ermöglicht. Sie handeln nicht mit Wertpapieren – Sie handeln mit Unternehmen. Sie handeln mit Arbeitsplätzen, Existenzen, Menschenleben. Ein Knopfdruck lässt ein paar Tausend Menschen verarmen. Eine Welle von Käufen enteignet die Menschen auf einem fernen Kontinent, die das Pech hatten, da geboren zu werden, wo das Land Eisenerz und Kupfer trägt. Sie wollen mir etwas von Ethik erzählen? Sie?“

Kranichstein hatte meinem Monolog fast nachsichtig gelauscht und faltete die Hände vor dem Bauch. Wie ein Priester saß der große, hagere Mann nun vor mir. „Ethik ist nicht das richtige Stichwort. Sondern Psychologie.“ „Psychologie?“ „Ja, Börsenpsychologie. Denken Sie sich folgendes Beispiel. Ein Händler stößt auf einmal ein großes Aktienpaket ab, fünfzig-, hunderttausend Aktien auf einmal. Die Bänker bemerken das und schmeißen sofort sämtliche Aktien hinterher, weil sie paradox handeln: sie fürchten den Kursverfall, deshalb führen sie ihn durch ihre Panikverkäufe selbst herbei. Sie sind gierig. Sie sind dumm.“ „Und Ihre Maschine?“ „Die Maschine stückelt die Verkäufe, sie verkauft die Aktien eine nach der anderen. Das dauert eine gewisse Zeit, sagen wir mal fünf Minuten, und da keiner die Zahl der insgesamt gehandelten Aktien überblicken kann, bleibt der Kurs stabil.“ „Keiner sieht die Größe des Aktienpakets? Das heißt doch im Klartext, dass diese Maschine intransparent ist.“ „Nun“, lächelte Kranichstein, „es ist wie mit der Heisenberg’schen Bewegungsrelation. Ein wenig Unschärfe muss man schon einkalkulieren, wenn man etwas beobachten will.“

„Was passiert eigentlich, wenn dieser Rechner selbst Unsinn baut? Das lässt sich doch gar nicht mehr aufhalten.“ Kranichstein nickte ernst. „Da haben Sie Recht. Nicht allein die fehlerhaften Aufträge bergen ein enormes Risiko – stellen Sie sich eine Maschine vor, die 60.000 Fehler pro Minute begeht, schrecklich! – sondern vor allem die Folgen. Jeder verpatzte Verkauf zieht eine ganze Reihe von an sich korrekt ausgeführten Aktionen nach sich, die sich aber in diesem Kontext zu einem verheerenden Szenario auswachsen können. Stellen Sie sich Dominosteine vor, viele Dominosteine. Durch eine winzige Unachtsamkeit, durch einen Luftzug kippt einer um und setzt eine Welle in Gang, die…“ Ich winkte ab. „Die Chaostheorie, ich begreife. Was wollen Sie dagegen tun? Beten?“ Er schaute verlegen zu Boden. „Mehr bleibt uns derzeit nicht übrig, denn es ist durch einen einzigen Rechenfehler durchaus möglich, die Weltwirtschaft in den Abgrund zu reißen.“

„Und die anderen Börsen?“ „Welche anderen?“ „Tokio, London, New York?“ „Ach so. Ja, die haben natürlich auch ihre Computer. Das macht die Sache ja so angenehm. Sie erledigen ihre Arbeit und handeln, wir müssen eigentlich nur noch zuschauen, wie sich die Kurse entwickeln.“ „Sie wollen mir also erklären, dass sich jeder Standort so einen Großrechner anschafft, und diese Kisten treiben dann munter ihren Aktienhandel, während der Mensch nach Ihrer Maßgabe in dieser ganzen Angelegenheit nichts mehr zu suchen hat? Sie eliminieren eine Fehlerquelle? Sie schaffen die Gier ab? Sie schaffen den Menschen ab, das ist es!“ Ich hatte mich in Rage geredet und bemerkte gar nicht, wie ein irres Flackern in Kranichsteins Augen erglomm und sich seine Wangen zu röten begannen. „Sie wissen ja gar nicht, was das bedeutet. Bald werden wir einen Aktienhandel haben, der komplett ohne den Menschen auskommt. Die Computer werden mit sich selbst kommunizieren und eine komplexe Struktur aus dem Nichts erschaffen! Wir werden endlich frei sein von dieser ganzen Arbeit, und wir werden sehen, wie sich das Spiel von selbst beschleunigen wird, schneller und schneller.“ Ich sah, wie seine Hände zitterten. „Sagen Sie mal, wie heißt Ihr Computer eigentlich?“ Kranichstein glotzte mich erstaunt an. „Laplace. Hatte ich Ihnen das nicht gesagt?“