Abklingbecken

1 06 2021

„Bewerben geht immer. Die Einstellungskriterien sind ja bekannt, man muss das richtige Alter haben, Deutschkenntnisse, männlich – das darf man nicht sagen, aber bis jetzt haben wir das Amt immer mit einem Mann besetzen können. Und so richtig ist es auch fast nie schiefgegangen.

Er hat ja auch schon Erfahrung mit öffentlichen Ämtern, bisher ging es dabei auch um etwas, als Außenminister zum Beispiel. Da hat er schon einen klaren Wertekompass gezeigt, der mit so gut wie jeder Bundesregierung vereinbar ist: deutsche Waffenlieferung in Kriegsgebiete, deutsche Staatsbürger ohne Nachweis einer Straftat im US-amerikanischen Folterlager, deutsche Arbeitnehmer dank Hartz-Gesetzen als Freiwild für die deutsche Industrie. Dieser Mann ist auf dem besten Weg, ein deutsches Nationalsymbol zu werden.

Dieser Wertekompass bringt ihm auch viel Sympathie ein, beispielsweise bei den Liberalen. Er hat vermutlich im letzten Augenblick die FDP aus den Koalitionsverhandlungen gerettet – gut für die FDP, gut für Deutschland. Da sehen Sie mal, was man mit Umsicht und für das Gemeinwohl alles tun kann. Nein, also als Typ ist er ja wirklich okay, das muss man ihm lassen. Das qualifiziert ihn schon zum Bundespräsidenten.

Dieses Staatsmännische, das kann er einfach. Er lässt sich nach einem faschistischen Mordanschlag irgendwo absetzen – vermutlich ziehen die ihn im Hubschrauber mit so einem Schlüssel auf und lassen ihn dann gleich am Rednerpult runter – und verkündet, dass das eine Attentat gegen uns alle war, und wir müssen dann gar nicht mehr über die Konsequenzen nachdenken. Wie der Mann Hanau und Halle und das alles wegbügelt – sagenhaft! Diese international bewährte Farblosigkeit, die als geradezu aristokratische Blässe durchgeht, das haben wir lange nicht gehabt. Naja, gegen seinen Vorgänger geht ja auch ein Eimer Affenscheiße als intellektuelle Glanzleistung durch.

Natürlich haben wir auch andere Bewerber – ich verwende hier absichtlich die männliche Form, weil man über eine weibliche Kandidatin ja nachdenken darf, aber nur, solange es keine Konsequenzen hat. Ob sich diese Pferdemutti mit der Vogelnestfrisur von der esoterischen Hochschule aus Hogwarts an der Oder noch mal bewirbt, oder in Mitte kippt ein Latte macchiato um, das interessiert keinen mehr. Außerdem kann die SPD ja nicht mehr als einen Kandidaten in Rennen schicken.

Er fällt so angenehm nicht auf, dieser Mann. Da gab es beispielsweise Präsidenten, die unbedingt an der militärischen Präsenz unserer Wirtschaftshelfer in den demokratisch noch nicht so entwickelten Entwicklungsländern Kritik üben mussten. Oder nicht genug Kohle für ihr Eigenheim hatten. Wenn Sie in einer deutschen Fußgängerzone sein Bild zeigen würden, die Leute könnten damit nichts anfangen. Nicht einmal mit dem Namen. Der Mann geht vollständig in seinem Amt auf, das ist geradezu ideal. Er polarisiert nicht, seine Denkanstöße zeichnen sich dadurch aus, dass er nichts anstößt, weil er vorher nicht nachgedacht hat, und was er von sich gibt, ist so wunderbar folgenlos wie etwas, das gar nicht stattgefunden hat. Wenn er meint, wir würden nach der Pandemie einander viel zu verzeihen haben, dann ist das tatsächlich so unspezifisch wie überflüssig – die Gesellschaft ist komplett im Eimer, weil eine Rotte habgieriger Drecksäcke die Republik ausnimmt wie einen toten Fisch, und alles, was diesem Märchenonkel einfällt, sind Kerzen für die Todesopfer von Gier und beschissenem Management im Wahlkampf. So eine gesamtgesellschaftliche Minderleistung kriegen Sie ohne Medikamente nicht hin, glauben Sie’s mir.

Auf der anderen Seite schläft natürlich auch die Konkurrenz nicht. Diverse Kanzlerkandidaten sind da auch noch im Gespräch, fragt sich nur, wie lange man die im Zwischenlager aufbewahren kann, oder ob man die gleich im unpolitischen Abklingbecken entsorgt. Das erfordert einen versierten Umgang mit Gefahren, stellen Sie sich mal vor, so eine Knalltüte würde würde bei jeder sich bietenden Gelegenheit Volksreden von sich geben und das Land mit seiner christlichen Integrationsmoral vollsalben. Von der Wirkung auf diplomatischem Parkett will ich noch gar nicht mal reden, die ist sicher schlimm genug. Nein, dann schon lieber ein alter Mann, der sich stellvertretend für die alternde Gesellschaft opfert und noch einmal antritt. Milde Emphase ohne jedes Charisma, quasi ausstrahlungsfreie Zukunft aus recycelten Vergangenheitsbestandteilen – das müssten die Grünen doch eigentlich mittragen – und eine Haltung, die man für jede Art von sozialem Stillstand ohne Hoffnung auf Reformen zur allen Tageszeiten wegsenden kann. Wenn es den Mann nicht schon gäbe, man müsste ihn erfinden: der kompromisslose Kompromiss.

Sie können heute als Politiker machen, was Sie wollen: zu viel Lockerungen oder zu wenig, pro oder contra Mietpreisbremse, Steuern hoch oder runter, Schuldenbremse ja oder nein, irgendjemand kritisiert Sie immer. Der Mann tut nichts, deshalb macht er auch nichts falsch. Schneller werden Sie nur beliebt, wenn Sie Außenminister sind und nicht in der FDP. Wobei… –

Gut, dann tüten wir die Sache jetzt ein, bis zur Bundestagswahl haben wir ja auch noch ein paar Tage Zeit, die Parteien können in Ruhe jemanden suchen, der sich gegen ihn aufstellen lässt – ich würde da aus Gründen der Diversität gerne eine junge Frau sehen, das macht sich medial total gut – und Sie bringen es Merz schonend bei, okay?“





Bewerbersuche

8 06 2016

„Wie, einen Gebrauchtwagenverkäufer? Also nichts gegen Gebrauchtwagenverkäufer, bewahre, aber als Bundespräsident würde ich mir schon jemanden vorstellen, der ein bisschen mehr von Politik – obwohl, Gauck hat’s ja auch irgendwie gemacht.

Geben Sie mal her die Bewerbung. Koslowski. Dieter Koslowski, geboren in Jena am – nee, nicht schon wieder einen Ossi, jetzt muss mal wieder ein richtiger Deutscher ran. Also nichts gegen Ossis, aber der soll halt Bundesrepublik gelernt haben. Und viel ist der halt nicht rumgekommen, einmal im Autohaus in Weimar für zwei Jahre, dann wieder Jena, Pölzig, Lumpzig, Schmölln – Sie lachen, aber so heißt man da als Stadt, wobei, Städte in dem Sinne sind das jetzt nicht gerade, in Gera hat er als Aushilfe gearbeitet, dann hat der Laden zugemacht, und jetzt will er Bundespräsident werden. Finde ich jetzt nicht direkt unlogisch. War bei Wulff so sehr anders auch nicht.

Die Adresse ist schon mal gut, das ist keine besonders vornehme Gegend, eher so Mietskaserne. Jetzt gucken Sie nicht so bedröppelt, dann hat der Mann garantiert keinen windigen Kredit aufgenommen, der ihm irgendwann auf die Füße fällt. Man muss ja auch mal darauf achten, dass der Präsident die fünf Jahre durchhält, ohne dass die Presse ihn – andererseits wird man ihn vielleicht gar nicht erst Präsident werden lassen, wer weiß, was die schon vor der Wahl schreiben, ist doch bei Springer nichts Neues.

Und ordentlich verheiratet ist der Koslowski, gucken Sie, Heidrun, geborene Schlupper. Bei dem Namen hätte ich auch so schnell wie möglich geheiratet, stellen Sie sich mal vor, da macht Ihnen auf dem Klingelschild einer immer so Punkte über das – aber keine Kinder. Wobei, wenn die Kinder gehabt hätten, wenn die im Alter gewesen wären, wo man, wenn man Kinder wollen würde, die auch haben täte, dann hätten die jetzt auch keine mehr. So altersmäßig, dass die nämlich jetzt auch mit den Kindern, als Familie – wobei man auch nicht ausschließen können würde, dass, wenn die doch Kinder gehabt hätten, in dem Alter eben, dass da eventuell jetzt schon Enkel, aber die wohnen ja bei den Eltern, also nicht bei den Koslowskis, doch bei den Koslowskis, wenn das auch ein Sohn gewesen wäre, aber nicht auf Schloss Bellevue. Verstehen Sie?

Steht hier nichts drin, aber der sieht irgendwie evangelisch aus. Die sind doch da alle irgendwie – oder gar nicht, das kann auch sein, zumindest ist er kein Islamer, da wäre mir ein Atheistiker schon deutlich lieber, der predigt einen wenigstens nicht die ganze Zeit voll. Reden wird er wohl können, der Koslowski, sonst wäre der jedenfalls nicht so lange im Gebrauchtwagenhandel geblieben, und dass er irgendwelche Vorstrafen – gut, ich würde das nicht gleich in die Bewerbung reinschreiben, man kann das bestimmt irgendwo verstecken, eine Lücke im Lebenslauf muss auch noch nichts Negatives sein, vielleicht ist man da kreativ gewesen oder hat einen Lottogewinn versoffen oder war mit Selbstfindung beschäftigt. Naja, Gebrauchtwagenverkäufer – ein bisschen hinterlistig sind die alle, aber denken Sie mal an Wulff, der war sogar Rechtsanwalt, und da soll es auch ganz schöne Früchtchen – außerdem war der Politiker, stimmt, und in der CDU auch noch, das ist doch kein Wunder, dass die Presse so einen Schlawiner nicht mehr haben wollte.

Führerschein ist nicht so wichtig, wir haben den Fahrdienst, und für die größeren Sachen natürlich die Flugbereitschaft, gucken Sie mal, die Heidrun hat als Hauswirtschafterin gearbeitet, das hat doch die Frau Herzog damals auch, da könnte man doch jetzt gleich so eine – nee, Kochen und Putzen im TV, das will heute keiner mehr sehen, obwohl so eine Putzshow, das wäre mal was, erst kommt die Dicke, wie heißt die noch, und dann brauchen sie doch keine neuen Möbel, und dann wird alles feucht durchgewischt, und vielleicht könnte man das auch auf Schloss Bellevue – für ausländische Gäste muss es da sowieso immer sauber sein, und das macht doch einen sehr guten Eindruck, wenn die Frau da alles hübsch macht und vielleicht auch noch etwas dekoriert, Frauen können so was ja viel besser, und wenn da mal ein Reifen zu wechseln wäre, das kann der Dieter Koslowski bestimmt.

Nur dass der in gar keiner Partei ist, ich weiß ja nicht, jetzt haben wir schon den Gauck, der ist auch in keiner Partei, und trotzdem mögen den manche Leute nicht. Aber mal so gesehen, er ist ja am Ende seiner Amtszeit auch nicht mehr für andere Ämter zu gebrauchen, und wenn man das mal so sieht, als Gebrauchtwagenverkäufer könnte er danach gleich in Rente gehen, und ob er sich von dem Ehrensold nun ein Häuschen kauft, mit oder ohne Kredit, oder ob der dann wieder nach Jena – was ich sagen will, der muss dann nicht auch noch irgendwo Politik machen, der kann danach Vorträge halten, da kann er gerne erzählen, wie das alles so war, also wie es dann gewesen sein würde, als es noch gewesen ist, wie er Bundespräsident – die Heidrun kann ihre Show dann immer noch machen, es gibt bestimmt Sender, die das zeigen, da können Sie Gift drauf nehmen. Notfalls wird der irgendwo Schirmherr, oder einer schreibt ein Buch über ihn, dann kann er sich damit in die Talkrunde setzen, und dann hat er – Hausmeister? Wieso Hausmeister? Ach, der hat sich gar nicht als Bundespräsident beworben, der will hier im Schloss Hausmeister werden? Ohne Handwerksausbildung? Und in dem Alter noch von Jena weg? Nee, da schreiben Sie mal eine Absage. Bei aller Liebe, wir haben hier doch noch einen Ruf zu verlieren in Berlin.“





Richter und Henker

3 11 2014

„Er hat aber immer seine Meinung gesagt.“ „Er hatte auch immer schon sehr viel Meinung bei recht wenig Ahnung.“ „Und deshalb wollen Sie ihn jetzt als Bundespräsidenten loswerden?“ „Nein. Ich sehe lediglich die Würde des Amtes beschädigt.“

„Finden Sie denn die Linken gut?“ „Nein, aber das steht hier nicht zur Debatte.“ „Dann finden Sie die Linken also gut!“ „Seltsames Verständnis von Logik, was Sie da haben. Waren Sie mal in der CSU?“ „Diese Radikalinskis waren doch alle beim MfS und…“ „… hatten in anderen Bundesländern Regierungsverantwortung. In Brandenburg, falls Ihnen das entfallen sein sollte.“ „Das ist ja auch eine Stalinistenhochburg!“ „AfD bei 12,2 Prozent, das sind allerdings nordkoreanische Verhältnisse.“ „Hören Sie doch auf mit Ihren Spitzfindigkeiten.“ „Existiert denn Brandenburg noch? oder wurde das eventuell mit Mecklenburg-Vorpommern schon in sozialistischer Erde kompostiert?“

„Er hat ja nicht direkt die Linke verteufelt.“ „Sondern?“ „Er hat gesagt, Menschen, die die DDR erlebt hätten, müssten sich schon ganz schön anstrengen, um das zu akzeptieren.“ „Ich habe schon jede Menge Bundespräsidenten erlebt, und so sehr kann ich mich gar nicht anstrengen, um diese Freiheitsstatuette mit anderthalb Ehefrauen noch ansatzweise zu akzeptieren.“ „Und es ging ja auch nicht ausschließlich um Thüringen.“ „Sondern?“ „Er hat nur generell moniert, dass es da eventuell Kräfte in der Partei geben könnte, die sich noch nicht genug von der DDR distanziert hätten.“ „Und deshalb nimmt er konsequenterweise Thüringen als Schussfeld.“ „Ist ja auch der Osten.“ „Mit einem Kandidaten, der in Niedersachsen geboren und in Rheinhessen aufgewachsen ist und nicht mehr vom Verfassungsschutz überwacht werden darf, weil das Bundesverfassungsgericht entsprechend geurteilt hat.“ „Das ist der schlechte Einfluss des Westens – da wird alles noch viel schlimmer.“ „Na, da weiß er ja wenigstens, worüber er spricht.“

„Das ist schon ein persönliches Moment, aber das sollte man ihm auch nicht verdenken.“ „Weil er sich als Bürgerrechtler aufspielen will?“ „Ach was, nein. Aber die Linken waren damals die einzigen, die ihn nicht wählen wollten.“ „Und was folgern wir daraus?“ „Dass jeder seine politische Meinung haben darf.“ „Ein Richter darf einen Angeklagten auch unangenehm finden, aber das gibt ihm noch nicht das Recht, die Prozessordnung zu umgehen.“ „Man kann doch den Bundespräsidenten nicht mit einem Richter vergleichen.“ „Sagen Sie es ihm, er tut es doch ständig selbst.“ „Als Richter?“ „Und Henker. In Personalunion.“ „Dabei sind wir doch das Land der… – Nee, das war irgendwie anders.“

„Vielleicht sollte diesem Kanzelbündler mal jemand kurz ein Grundgesetz ins Gesicht hauen.“ „Wieso das?“ „Weil er es bisher so tapfer ignoriert hat.“ „Ah, die Meinungsfreiheit gilt also doch nicht für Staatsoberhäupter?“ „Er hat sich einen feuchten Dreck um Landespolitik zu scheren. Falls ihm der bundesdeutsche Föderalismus nicht passt, kann ja gerne das Volk auflösen und sich ein neues wählen.“ „Jetzt hören Sie mir mal verschärft zu, Sie Kommunistenversteher: ich habe hier nämlich genau das Urteil, um das es geht!“ „Das Urteil vom Bundesverfassungsgericht? Na, dann blamieren Sie sich mal.“ „Das werde ich Ihnen jetzt nämlich…“ „Nur zu.“ „… vorlesen: ‚Wir brauchen Bürger, die auf die Straße gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufweisen. Dazu sind Sie alle aufgefordert.‘ Na, sehen Sie?“ „Ah, und weiter?“ „‚Ich bin stolz, Präsident eines Landes zu sein, in dem die Bürger ihre Demokratie verteidigen.‘ Das ist doch wohl eindeutig!“ „Und was Demokratie ist, bestimmen dann Sie? freie Wahlen gehören nicht dazu?“ „Aber…“ „Sie hätten sich in der DDR auch ganz wohlgefühlt.“

„Sie kommen mir nicht so billig davon! ‚Der Bundespräsident hat neben der Wahrnehmung der ihm durch die Verfassung ausdrücklich zugewiesenen Befugnisse kraft seines Amtes insbesondere die Aufgabe, im Sinne der Integration des Gemeinwesens zu wirken. Wie der Bundespräsident diese Aufgabe wahrnimmt, entscheidet er grundsätzlich autonom; ihm kommt diesbezüglich ein weiter Gestaltungsspielraum zu.‘ Das steht da nämlich!“ „‚Das Handeln des Bundespräsidenten findet seine Grenzen in der Bindung an die Verfassung und die Gesetze.‘ Das steht da nämlich auch.“ „Pfff!“ „‚Der Bundespräsident hat demgemäß das Recht der Parteien auf freie und gleiche Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes gemäß Art. 21 GG zu achten.‘“ „Wenn Sie schon zitieren, dann aber auch vollständig! ‚Jedoch können Äußerungen des Bundespräsidenten, die die Chancengleichheit der Parteien berühren, gerichtlich nur dann beanstandet werden, wenn…‘ Ach, ist auch egal.“ „‚… wenn er mit ihnen unter evidenter Vernachlässigung seiner Integrationsaufgabe und damit willkürlich Partei ergreift.‘ Noch Fragen?“

„Man wird doch wohl noch mal Sorge tragen dürfen, ob wir das Erbe eines Unrechtsstaates nicht einfach in die bundesrepublikanische Demokratie wieder hineinholen!“ „Das die FDP in Baden-Württemberg die Nachfolgerin der NSDAP war, hat ihn offensichtlich nicht gestört, auch nicht deren zwanghafter Wunsch, die Entnazifizierung so schnell wie möglich zu beenden.“ „Sie sagen doch selbst: Baden-Württemberg. Das ist Landespolitik.“ „Und Kiesinger, war der nicht auch mal bei der HJ?“ „Ich weiß nicht, was Sie meinen.“ „Und die Stasi-Akte von Merkel?“ „Der Mann interessiert sich halt nicht für Politik.“ „Ja, das denke ich auch. Vermutlich hat man ihm den Unterschied zwischen NSA und NSU auch noch nicht richtig erklärt.“ „Hat er sich denn da schon geäußert?“ „Mir ist nichts bekannt. Aber vermutlich hat er sich schön angestrengt, und plötzlich hat er alles akzeptiert.“

„Na gut, dann gibt es eben Rot-Rot-Grün. Mir sowieso egal.“ „Mir nicht. Ich bin dagegen.“ „Ach, auf einmal?“ „Ich mache keinen Hehl aus meiner Ablehnung.“ „Ach, auf einmal!? Wissen Sie, was Sie sind?“ „Sie werden es mir bestimmt gleich verraten.“ „Ein Pharisäer! Jawohl, ein Heuchler sind Sie, und zwar von der schlimmsten Sorte!“ „Ich bin ganz klar gegen diese Koalition. Das macht man als anständiger Mensch einfach nicht.“ „Aber…“ „Diese rot lackierten Arschkriecher, mit denen paktiert man nicht.“ „Sie haben doch eben noch…“ „Eine Partei, die Hartz IV erfunden hat, ist vollkommen inakzeptabel. Da kann ich mich noch so anstrengen.“





Wahr, was?

11 06 2014

„… dürfe der Bundespräsident die Wähler der NPD durchaus als ‚Spinner‘ bezeichnen, wenn dies im der jeweiligen Situation als…“

„… auf das Urteil einhellig ausfalle. Selbst die Rechtspopulisten, die sich im Wählerpotenzial der Nationaldemokraten eingenistet hätten, seien der Ansicht, das dürfe man doch wohl noch…“

„… vor dem Bundesverfassungsgericht, ob der 8. Mai weiterhin als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus zu bezeichnen sei. Die Nationaldemokraten bestünden weiterhin darauf, das Datum geschichtskorrekt als Tag des…“

„… die Kritik an den Rechtsextremisten verteidigt habe. De Maizière verfechte stets eine politische Auseinandersetzung mit anderen Parteien, eine justiziable Beschimpfung sei aber natürlich darin enthalten, da sie am besten das intellektuelle Niveau der christdemokratischen…“

„… ob Gauck jetzt jede Art von Demonstranten als Spinner bezeichnen dürfe, da dies auch in anderem Zusammenhang…“

„… es sich dennoch um eine unerträgliche Verharmlosung handle. Wer die Anhänger einer antidemokratischen Partei ‚Spinner‘ nenne, gleichzeitig jedoch Horst Seehofer nur als…“

„… bei der Aussage über die Rechtsausleger nicht um eine Ehrverletzung gehe. Bevor diese verletzt würde, müsse sie überhaupt erst einmal…“

„… keine Werbung für andere Parteien machen. Dennoch halte Ex-Innenminister Friedrich es für nicht gerechtfertigt, die NPD so zu bezeichnen, wie Erich Honnecker demokratische Kritiker im …“

„… erste Schwierigkeiten in der FDP. Kubicki habe versehentlich die Wähler der vorigen Bundestagswahl als dumme Arschlöcher…“

„… müsse man dringend darüber nachdenken, die Rechte des Bundesverfassungsgerichts zu beschneiden, da es dem Bundespräsidenten in der Folge des Urteils auch erlauben könnte, jede andere Partei wegen ihrer offenen Demokratiefeindlichkeit herabzuwürdigen. Schäuble wolle verhindern, dass die Union deshalb öffentlich…“

„… bisher die Bundeskanzlerin nur als unsäglich albern tituliert habe. Es sei jedoch keine direkte Verbindung zu den…“

„… bereite Lindner eine Milliardenklage vor, da seine Partei möglicherweise allein wegen der Schmähung als ‚Gurkentruppe‘ von der Weltherrschaft…“

„… nicht in den offiziellen Lehrbüchern der Sekundarstufe II dargestellt werde. Nach Meinung der NPD habe der Führer wesentlichen Anteil an der Beseitigung der Arbeitslosigkeit im Deutschen Reich getragen und sei somit auch heute noch als Vorbild für die…“

„… zu mehr Ehrlichkeit im politischen Diskurs führen könne. Kauder habe jedoch bei seiner Abrechnung mit der CDU-Vorsitzenden nicht bedacht, dass er mit seiner Meinung wahrscheinlich ganz alleine…“

„… als einen Politiker, der offener gesprochen habe als die Politik. Sarrazin habe dieses Lob stets verteidigt, denn er sei der Ansicht, das dürfe man doch wohl noch…“

„… den Anfängen zu wehren, um die Meinungsfreiheit zu gewährleisten. Lucke prüfe daher rechtliche Schritte, ob sich Gauck überhaupt noch in der Öffentlichkeit über die AfD…“

„… halte sich immer noch für den besseren Bundespräsidenten. Wulff sei überzeugt, er sei der rechtmäßige Inhaber des höchsten deutschen…“

„… im Ausland auf positive Resonanz gestoßen sei. Erdoğan werde nun auch weiterhin den deutschen Präsidenten als pastorale Hohltüte…“

„… vorsichtshalber bereits juristisch gegen eine Wertung ihrer Verbraucher vorgehen wolle. Ritter Sport wolle nicht zulassen, dass der Präsident sein Urteil über Nussschokolade als…“

„… drohe Pastörs ebenfalls eine Klage an, wenn nicht die Rolle Adolf Hitlers für den Ausbau der deutschen Autobahnen endlich…“

„… bereits angekündigt, dass nach der Übernahme der Kanzlerschaft der Bundespräsident sich überhaupt nicht mehr äußern dürfe. Die Alternative für Deutschland wolle so einem drohenden Gesinnungsterror links-homosexueller Rasseschädlinge…“

„… und im Tonfall härter als angemessen. Die Koalition jedoch halte das Urteil des Staatsoberhauptes über Snowden für inhaltlich durchaus sehr…“

„… unter anderem als ‚Spinner‘ beschimpft. Gaucks Anrufbeantworter sei sichergestellt worden, nachdem sich Wulff versehentlich mit vollem Namen und…“

„… noch innerhalb der Grenzen der von Karlsruhe genehmigten Meinungsspektrums. Dennoch könne man geteilter Ansicht sein, ob ‚Unerträglicher Kotzbrocken‘ für den Vizekanzler wirklich…“





Pfaffentheater

13 06 2012

„Er ist wirklich ein Staatsmann, dieser Gauck.“ „Ein Mann, der die Macht des Wortes hat.“ „So würde ich das nicht sehen.“ „Sondern?“ „Er ist eher für die Worte der Macht.“

„Es geht ihm aber doch nur um die Verteidigung unserer Interessen.“ „Ob diese Interessen überhaupt unsere, geschweige denn legitim sind, hat er zur Vorsicht nicht gefragt.“ „Es ist ja unser Öl.“ „Und unsere amerikanischen Verbündeten – dann scheint es sich doch um unsere Interessen zu handeln.“ „Im Grunde genommen hat Gauck doch nicht sehr viel mehr als ein bisschen Heroismus eingefordert – mit Herzblut und mehr Offenheit für Deutschland.“ „Was bei dem Mann offen ist, will ich gar nicht wissen. Ansonsten glaube ich kaum, dass er sein eigenes Herzblut hergäbe für Mädchenschulen oder Brunnenbau, oder wofür man sonst ein ganzes Land in die Steinzeit zurückbombt.“ „Und wenn dafür ein Krieg entbrennt?“ „Darf er nicht auf deutschem Boden ausgehen.“

„Wobei, dies ist ja gar kein Krieg. Nicht einmal umgangssprachlich.“ „Es wird ja auch nicht umgangssprachlich gestorben. Vermutlich haben wir nur Personalverluste.“ „Das ist doch reine Wortklauberei!“ „Was erwarten Sie von einem Theologen anderes als Pfaffentheater am offenen Grab der Demokratie?“ „Immerhin, ‚Mutbürger in Uniform‘ – so ein Schwachsinn muss einem erst einmal einfallen.“ „Er hält sich in nüchternen Momenten für Luther.“ „Das heißt, er schaut dem Volk aufs Maul?“ „Nein, er ist ein Kriecher, der im Auftrag der Obrigkeit jegliche Form von Gewalt für metaphysisch gerechtfertigt erklärt, damit er selbst nichts aufs Dach kriegt. Eben Freiheit.“

„Ist es eigentlich ein Zufall, dass er die Soldaten anspricht wie Hartz-IV-Empfänger?“ „Durchaus nicht. Die Parallelen liegen ja auf der Hand, sie sollen sich gefälligst nicht so anstellen, sondern die Zähne zusammenbeißen und Opfer bringen, damit ein paar Reiche mehr Rendite machen.“ „Immerhin hat er sie nicht als unsäglich lächerlich bezeichnet.“ „Das täte er nur, wenn sie Grundrechte in Anspruch nehmen sollten. Aber es stimmt, er verwechselt die beiden.“ „Weil weder für Arme noch für Soldaten das Recht auf körperliche Unversehrtheit gilt?“ „Weil er als Berufschrist seine Klappe vorwiegend da aufreißt, wo er nicht betroffen ist. Die Soldaten kennen den Krieg, er nicht.“

„Was heißt überhaupt ‚glückssüchtig‘?“ „Das steht gar nicht im Manuskript.“ „Richtig – er hat es nur gesagt.“ „Dumm, wenn das gesprochene Wort gilt. Man sollte als Staatsoberhaupt schon wissen, was man von sich gibt.“ „Was bedeutet das denn nun?“ „Zunächst, dass Gauck seinen eigenen feudal orientierten Freiheitsanspruch nur für sich selbst reklamiert, damit er ihn anderen absprechen kann.“ „Hat man das nicht vorher wissen können?“ „Deshalb ist es ja um so interessanter, wenn nun alle so tun, als habe er plötzlich zugegeben, ein Marsmensch zu sein. Interessant ist doch, wie er selbst die ganze Gesellschaft verkennt.“ „Weil er auch ihr Glückssucht vorwirft?“ „Weil er noch immer glaubt, diese Gesellschaft akzeptiere einen Krieg als notwendiges Übel der Politik, nur weil eine Regierung da mehr oder weniger rein rutscht. Weil er die Gesellschaft für so dumm und borniert hält, dass sie in ihrer Scheuklappenmentalität die Toten und Verwundeten ausblenden oder gar nicht mehr wahrhaben wollen, was ein gefallener Sohn, Vater, Gatte ist.“ „Eine hübsch verräterische Verbeugung vor dem üblichen Frontbericht, in dem es nie eigene Verluste gibt.“ „Und ein deutlicher Reflex seiner Sozialisation in einem totalitären Staat, der jede Katastrophe vor der Öffentlichkeit verbarg und sich vorlog, keiner würde es wissen, wenn man nicht öffentlich darüber spräche.“

„Glückssucht klingt ja auch schon fatal. Ob der Mann zu oft am Messwein genippt hat?“ „Glaube ich nicht. Vermutlich eher eine besondere Art von Gottvertrauen bei militärischen Aktionen.“ „Das klingt nach durchdachter Strategie.“ „Nein, eher nach verbalem Blitzkrieg.“

„Dass er seine ganze linke Vergangenheit aber auch so über Bord werfen kann.“ „Ach was. Eine Nationale Volksarmee hätte er hier auch gerne.“ „Aus historischer Sicht wäre zu erwarten, dass er Offenheit für Auslandseinsätze der Bundeswehr wünscht.“ „Aus heutiger Sicht dürfte er sich bald auch Offenheit für Inlandseinsätze wünschen.“

„Kann es sein, dass der Mann seine Bedeutung etwas überschätzt?“ „Weil er sich so vehement für die deutsche Exportwirtschaft einsetzt?“ „Das ist als Bundespräsident nicht seine Aufgabe.“ „Aber es ist doch nett, dass er gerade die Freiheit zum Exportschlager machen will.“ „Vielleicht sollte er sich bei Gelegenheit das Grundgesetz zu Gemüte führen.“ „Schenken Sie ihm lieber einen Stahlhelm. Er scheint häufiger mal etwas an den Kopf zu kriegen.“ „Da ist er in bester Gesellschaft, Lübke hatte dasselbe Problem.“ „Vielleicht wird man ihn auch vorzeitig entfernen. Das soll anderen auch schon passiert sein.“ „Ob Merkel sich darum kümmert?“ „Keine Ahnung, bisher war sie nur für marktkonforme Demokratie. Ob marktkonforme Militärschläge auch in ihr Ressort fallen, entzieht sich meiner Kenntnis.“ „Und was machen wir mit dem Mann?“ „Außenpolitisch wird man einen Profilneurotiker wie ihn verkraften. Westerwelle nimmt auch keiner ernst.“ „Und innenpolitisch?“ „Ich denke mal, es dürfte den einen oder anderen Teilnehmer dieser Kreuzzüge ins Glück geben, der mit einem Arm oder Bein weniger nach Hause kommt, nach einem bisschen Reha als lästiger Kostenverursacher abgehängt wird und so peu à peu erfährt, wofür er den Kopf hat hinhalten dürfen. Er kann mit Schusswaffen umgehen und wird nicht zögern, es auch zu tun. Aus Interesse und in großer Offenheit für einen kurzen, gezielten Einsatz für Volk und Vaterland.“ „Sie meinen, er schießt?“ „Wenn wir Glück haben.“





Zu viel der Ehre

5 03 2012

„… dem zurückgetretenen Bundespräsidenten trotz erheblicher Bedenken den Ehrensold in Höhe von 199.000 Euro zu zahlen, zuzüglich eines Büros mit Büroleiter, Referent und Sekretärin sowie eines Dienstfahrzeugs mit Fahrer im Wert von 280.000 Euro pro…“

„… bereits zweimal einen Müllcontainer geordert, da tausende von Besuchern ihre Schuhe in den Vorgarten des Klinkerbaus…“

„… habe einen erheblichen Vertrauensverlust gegeben, obwohl der überwiegende Teil der Bevölkerung den Präsidenten bestärkt habe, im Amt zu bleiben. Lediglich eine verschwindend geringe Minderheit von gut 99% seien für einen sofortigen Rücktritt des…“

„… da nur durch mehrfache Barzahlungen der Eindruck entstanden sei, Wulff habe unrechtmäßig Vorteile genossen. Nur die zentrale Speicherung aller bargeldlosen Bezahlvorgänge könne noch das Vertrauen des Staates in die Bürger…“

„… habe zu keiner Zeit eine direkte Beteiligung an Projekten von Groenewold bestanden. Auch habe Wulff nicht gewusst, dass der Produzent für Veronica Ferres das Projekt Der Verbrecher aus verlorener Ehre durch eine…“

„… zu einem Zwischenfall in einer Autobahn-Raststätte. Der pensionierte Verwaltungsbeamte Konrad T. solle sich auf Wulff erbrochen…“

„… habe ja nicht Wulff selbst entschieden, den Ehrensold zu erhalten. Dies sei eine Entscheidung des Präsidialamtes, die der Altpräsident nicht mehr aufheben könne, so dass nur die…“

„… äußerte Bosbach Verständnis dafür, dass gegen den im Fall Wulff ermittelnden Staatsanwalt Morddrohungen ausgestoßen worden seien. Gerade Beamten, so der Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, müsse jegliche Nestbeschmutzung mit drakonischen Strafen vergolten, die schon im Verdachtsfall…“

„… dementierte Berlusconi, Wulff eingeladen zu haben. Der italienische Ex-Präsident habe nie vorgehabt, sich mit einem Amateur zu…“

„… könne es die Verwaltung in Burgwedel nicht verhindern, dass mehrere gemietete Lkw mit Aufschriften wie Schmarotzer oder Parasitäre Existenz Tag und Nacht vor dem Anwesen des ehemaligen Staatsoberhauptes sich bewegten. Die Verkehrspolizei sehe ebenfalls keinen Grund zum Eingreifen und empfahl dem Hausherrn, sich wieder zu melden, sollte in der Zwischenzeit eine nachweisbare Straftat, die nicht Wulff selbst…“

„… nach Aussage des Präsidialamtes um einen politisch motivierten Rücktritt. Wulff habe am Tag seiner Amtsaufgabe gesagt, er sei nun ‚ganz dolle traurig und irgendwie auch voll total enttäuscht und so‘, was sich eindeutig interpretieren lasse: wenn ein politischer Amtsträger ganz dolle traurig und irgendwie auch voll total enttäuscht sei, dann sei dies eben politisch motivierte Traurigkeit und…“

„… argumentierte Pofalla, auch im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung sei der Präsident noch berechtigt, einen Ehrensold zu beziehen, da er nicht als amtierendes Staatsoberhaupt vor Gericht…“

„… verzichte Wulff auf eine Luxuslimousine und bescheide sich mit einem Modell der gehobenen Mittelklasse als Zweitwagen für seine Frau. Es sei für ihn eine Frage der Ehre, in diese…“

„… lobte Gauck seinen Vorgänger; dieser nehme sich bewusst die Freiheit, Solidarität nicht einfach zu einem Schlagwort zu machen, sondern von der Gesellschaft zu fordern – zunächst für sich selbst, dann aber…“

„… keine Frage der objektiven Moral, sondern ihrer subjektiven Widerspiegelung. Sloterdijk führte aus, der Präsident habe etwaige Gesetzesübertretungen immer ohne moralische Bedenken begangen und sei folglich auch als Ehrenmann zu…“

„… habe Wulff angeblich nicht gewusst, dass das ihm von der Kreishandwerkerschaft kostenlos zur Verfügung gestellte Badewannenmodell Barschel gar keinen…“

„… unterstrich Wulff, er wolle zwar etwaige Geldgeschenke seiner Schwiegermutter nicht mehr annehmen, lehne es aber ab, sie mit seinem Ehrensold zu verrechen. Diese kleinkarierte Fuchserei sei eines Hartz-IV-Empfängers würdig, nicht aber eines ehemaligen…“

„… schwere Unruhen, da sich Wulff in seiner Gastrede als politischen Gefangenen des BRD-Regimes bezeichnete. Die von Horst Mahler moderierte Veranstaltung war vom BND nicht…“

„… organisierten die Einwohner von Norderney. Anlässlich der Frühjahrsblüte erblickte die Familie des Altpräsidenten beim morgendlichen Blick aus dem Hotelfenster den zwölf mal sieben Meter großen Schriftzug VERPISS DICH DU KORRUPTES STÜCK SCHEISSE UND NIMM DEIN BLÖDES BÜCKSTÜCK MIT aus liebevoll arrangierten Primeln, Narzissen und…“

„… an die jüdisch-christliche Moral der Deutschen zu appellieren. Das ausrangierte Staatsoberhaupt beanspruche für sich erheblich mehr Nächstenliebe – man müsse in diesem Land wieder mehr spüren, dass Geben seliger sei als…“

„… da Bettina Wulff in einer Homestory für ein Boulevardmagazin wehklagte, sie wolle nicht in einem Land leben, in der sie ihre Tätowierungen selbst bezahlen oder statt Oberbekleidung nur…“

„… verwies der ehemalige Ministerpräsident auf seine Rolle als christlicher Landesvater. So habe er nie pauschal und aus dem Zusammenhang gerissen gespart, sondern gezielt Kürzungen bei Behinderten und sozial Schwachen…“

„… inzwischen bekannt gegeben, dass der Pensionär gezielt an Wulffs Tisch gegangen sei, den Finger in den Hals gesteckt habe und auf…“

„… wurde Bettina Wulff beim Verlassen eines Möbelhauses auf dem Parkplatz von zwei Schüssen aus einem Luftgewehr leicht verletzt. Das Hohlspitzgeschoss, das auch sonst zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werde, habe sie am Hinterkopf getroffen. Der Schütze gab an, er habe eigentlich den Arsch treffen wollen; die vernehmenden Beamten werteten dies als einen geplanten Attentatsversuch auf den ehemaligen…“

„… sei ihm bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht bekannt gewesen. Wulff habe die Entlassung Glaesekers nicht bewusst durchgeführt, Glaeseker sei ihm nie zuvor begegnet und habe auch nie…“

„… äußerte Wulff sein Bedauern über die Entlassungen des Schlecker-Konzerns. Man solle jedoch auch das Positive darin sehen; jeder frühere Arbeitnehmer, der nun von Arbeitslosengeld II abhängig würde, könne durch vermehrten Konsum helfen, die Binnenkonjunktur anzukurbeln und sich seinen eigenen Arbeitsplatz zu…“

„… möglicherweise auch auf gesundheitliche Gründe hindeute, da Wulff nach dem Rücktritt von seiner tiefen Verletztheit gesprochen habe. Da nicht auszuschließen sei, dass ein derart sensibler und feinfühliger Mensch wie Christian Wulff schon während seiner Amtszeit Vorahnungen gehabt haben könnte, müsse man ex post diesen Grund für seine Demission als durchaus…“

„… unter sechzig Kubikmetern Gülle mit festen Bestandteilen begraben. Die Polizei vermochte eine Beteiligung der niedersächsischen Bauernschaft nicht nachzuweisen, Wulffs Dienstwagen sei…“

„… von Wulff selbst in einer Talkshow beklagt, dass auf ihn enormer Druck ausgeübt worden sei, im Amt zu bleiben – politischer Druck seitens der Bundeskanzlerin – was schließlich zu einem rein politisch Rückzug aus Bellevue…“

„… es sich laut Augenzeugen um eine Gruppe von 60 Senioren auf Kaffeefahrt gehandelt habe, die in einer Warteschlange vor Wulffs Tisch…“

„… forderte Uhl die sofortige Einführung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung, um sich…“

„… zwar keine direkte Antwort Merkels zu hören, doch solle die Kanzlerin angekündigt haben, erst Rösler zu erledigen und sich dann mit Wulff zu…“

„… verteidigte auch Volker Kauder die Aussage seines Parteifreundes über den Rücktrittsgrund. Wulff wäre schon vor seinem Amtsantritt politisch nicht im Geringsten zum Präsidenten geeignet gewesen, weshalb seine Motivation nun auch…“

„… sei möglicherweise durch eine Indiskretion des Hoteliers bekannt geworden. Polizeibeamte entfernten aus dem Zimmer des Ehepaars einen Pferdekopf sowie mehrere…“

„… durch einen in das Schlafzimmerfenster geschleuderten Brandsatz ausgelöst. Einsatzleiter Dietmar K. bezeichnete das Feuer als einen Akt sinnloser Gewalt, da Wulff sich zum Tatzeitpunkt bedauerlicherweise nicht in seinem Wohnhaus…“

„… sich am Gürtel seines Bademantels erhängt habe. In seinem Abschiedsbrief betonte Wulff, er habe viele Fehler gemacht, aber nie einen Fehler, und habe diesen Suizid auch aus rein politischen…“





Der Erwählte

26 02 2012

Nun also kommt er endlich dran,
weil sie’s vorher nicht schafften,
ihn reinzudrücken. Deutschland kann
den Mann wohl auch verkraften.

Dass er die Macht hat, ist’s nicht bang,
doch alles steht und fällt,
dass er ab jetzt fünf Jahre lang
die Schnauze hält.





Das Missverständnis

22 02 2012

„Jetzt wollen sie ihn doch?“ „Wenigstens wundert sich keiner, dass er noch will.“ „Warum auch nicht. Er fand ja schon immer, dass er etwas Besseres ist.“ „Daher diese selbstbewusst zur Schau gestellte Demut.“ „Und das vorher?“ „Das kann bloß ein Missverständnis gewesen sein.“

„Das Merkwürdige an dem Mann ist doch, dass er wegen seiner Vergangenheit Präsident werden soll.“ „Sie meinen, weil er keine hatte?“ „Haben hatte er die schon, aber eben anders, als man jetzt sieht.“ „Dann müsste Merkel ihn doch eigentlich schätzen.“ „Weil sie auch so fortschrittlich ist, dass ihre liberale Haltung schon fast wieder konservativ wird?“ „Nein, aber auch sie ist eine Frau der ersten Stunde.“ „Verstehe, sie hat 1989 entdeckt, dass sie eigentlich schon immer Bürgerrechtlerin gewesen sein musste.“ „Es handelt sich sicherlich nur um einen Fehlschluss.“

„À propos – Geschichte!“ „Gab es da auch Falschinterpretationen?“ „Wie man’s nimmt. Er will partout, dass eine Kundgebung gegen den Abbau von Bürgerrechten nicht als Montagsdemonstration bezeichnet wird.“ „So viel historische Bildung! Das passt ja dazu, dass die SED das Unrecht der Vertreibung mit der Ostgrenze zementiert hat.“ „Ich sehe es förmlich vor mir, wie Walter Ulbricht Väterchen Stalin mit dem Küchenmesser bedroht, dass er ja nicht an der Grenze herummontiert.“ „Er kennt sich aus mit historisch bedingter Hybris, seine Selbsteinschätzung beruht ja zu einem nicht ganz geringen Teil darauf.“ „Aber das ist ja aus dem Zusammenhang gerissen.“ „Weil er das nicht direkt den Polen ins Gesicht sagt?“ „Dafür ist Steinbach zuständig. Nein, im Zweifel hatte die SED einen guten Grund dafür.“ „Der Verfassungsschutz hat ja auch immer einen Grund, wenn er Parlamentarier beschnüffelt.“ „Das ist das mühevoll gelernte Rechtsstaatsprinzip: wenn ein Rechtsstaat etwas tut, muss es richtig sein, denn sonst wäre es ja kein Rechtsstaat.“ „Deshalb hat er auch die anlasslose Vorratsdatenspeicherung für legitim erklärt, wenn sie nur tatsächliche Erfolge bringt.“ „Meinen Sie, dass das Bundesverfassungsgericht demnächst die Folter damit für legal erklärt?“ „Das muss sicher wieder nur ein Missverständnis sein.“

„Dabei muss man dem Mann doch Respekt zollen.“ „Weil er eine so hochpolitische Person gewesen ist, die aber so perfekt integriert war, dass sie quasi schon wieder völlig unpolitisch ist.“ „Er hat doch auch gesagt, dass er keine politischen Erlösungsfantasien mag.“ „Für einen Theologen kein Wunder, die sind ja immer schon unpolitisch gewesen.“ „Was war dann die Wiedervereinigung?“ „Die muss er missverstanden haben.“ „Vermutlich als Erweckungserlebnis.“ „Immerhin wäre das ein Grund, warum er danach seine Vergangenheit hinter sich gelassen hat.“ „Kann er das nicht?“ „Warum noch mal wollten die Leute Wulff loswerden?“

„Immerhin wird man von ihm nicht mehr hören, dass der Islam zu Deutschland gehört.“ „Dass das Judentum zu Deutschland gehört, wird er sich auch verkneifen.“ „Er beklagt ja nur, dass der Holocaust immer so wichtig genommen wird.“ „Vor allem von den Opfern.“ „Das ist wohl wieder so ein Versehen wie die Prager Deklaration.“ „Sie müssen gerecht bleiben, wenn man sich mit Holocaustleugnern an einen Tisch setzt, dann kann man doch nicht ahnen, dass sich unter denen auch Antisemiten befinden.“ „Das hat er wohl auch gemeint mit seinem Lob für Sarrazin.“ „Dass er ihm Mut attestiert?“ „Es gehört jede Menge Mut dazu, sich vor geistig gesunde Menschen zu stellen und Müll zu verbreiten.“ „Aber er hat Sarrazins Biologismus kritisiert.“ „Dass der nur das Vehikel war, ohne dass Sarrazin keine Aufmerksamkeit für sein Gerede über mehr oder weniger dumme Völker bekommen hätte, bemerkt er nicht.“ „Er beschwert sich über den Lärm, lobt aber den Fahrer, dass er so schön hupen kann.“ „Sie dürfen von ihm keine kommunikativen Fähigkeiten erwarten, der Mann ist nur Theologe.“ „Eben, da redet man meist vor Tiefschläfern.“

„Abgesehen davon, er findet Christen zuverlässiger.“ „Das ist sicher seiner Lebenserfahrung geschuldet.“ „Als Pastor?“ „Eher im Zusammenhang mit der Staatssicherheit. Aber das werden wir sicherlich wieder falsch verstanden haben.“ „Deshalb will er ja auch den Nationalstolz nicht nur den Bekloppten überlassen.“ „Ein Berufschrist, der Stolz reklamiert – das ist doch eine Todsünde?“ „Sie müssen es metaphorisch verstehen. Er will, dass jeder von außen normal aussehende Bürger Brandsätze schmeißen kann.“ „Das verstehe ich. Er moniert ja immerzu, dass die deutsche Opferrolle nicht ausreichend gewürdigt wird.“ „Deshalb jammert er ja ständig darüber, dass die Deutschen ständig über irgendetwas jammern.“ „Das ist doch auch ein Missverständnis, dass er lieber Altdeutsche mag?“ „Sie meinen, weil er ein Neudeutscher ist?“ „Ich verstehe, das scheint eine Mentalitätsfrage zu sein. Ein ost-westlicher Divan.“ „In diesen Landstrichen kann man nachvollziehen, dass er keine Trauerfeier für getötete Ausländer mag.“ „Macht nichts. Mit der Einstellung haben wir bestimmt bald einen Anlass für eine Festrede.“ „Vermutlich ein Synagogenbrand.“

„Immerhin, er kennt nur Deutsche. Keine Parteien mehr.“ „Das hat ja auch etwas Erhebendes, wenn man begreift, dass es nicht nur im Parteienspektrum keine Opposition mehr gibt.“ „Sie meinen: keine legale Opposition.“ „Und wir haben endlich einen Präsidenten, den man auch aus dem Zusammenhang gerissen falsch verstehen kann.“





Das letzte Würstchen

20 02 2012

„Kalle, ick nehm noch ’ne Körri. Un denn machste ooch noch ’ne Molle. Wejen den Körri, wa. Wat is? Wejen des Kör-ris? Sahrense ma, hamse keen ze Hause? Ach so. Nu seh ick det. Hatta ja ooch nich. Pardong, Herr Bunspräsent. Hack jar nich jesehn, det Sie det sinn. Kommense ma untern Schürm. Is kalt, wenn man so die janze Nacht uff die Beene is.

’türlich is det unschön, a damit war zu rechnen. Ihre Olle is nu ma so’n charakterlich andersartich bejabtet Stick, so heißt det ja wohl polletikkorrekt. Det is ehmt so, wenn Madame nich mehr kricht, wat se sich in’n Kopp jesotzen hat, denn macht se die Dhüre zu, un denn pennste in’n Jarten. Is ja nu ooch keen Ssustand. Ick wer Ihnen ma wat sahren, Herr Bunspräsent, lassense die ma janz ruhig in Bellwüh hockn. Imma lass die olle Zippe da hockn, det merkt die jar nich. Also jroß jenuch wär det Jebäude. Die wird da übasehn, neechsten Tach jeht det Jeseire wieda los, a denn wird die Olle keena mehr vamissn.

Det is scheen, Herr Präsent. Is kleidsam, so’n Schlips. Wie heeßt a? Herpes? Kenn ick nich. Wat meene Olle is, die hat mir een fürs Lichtspielhaus in’n Schrank jehangen, a ick wer den nich umdhun. So’n Kultuastrick hack nich nötich. Det is für inne Polletik oda wenn eena dhot is, oda andersum, a ick brauch det nich. Kalle, ick nehm nochn Kümmaling ßu, det is wejen die Molle nu. Na jib ma jleich ßwee, det die Körri ooch jut rutschen dhut. Mit Verlaub, Herr Präsent, det war ja nu nich so jedacht – wennse ’n Kümmaling trinken wolln, denn jeb ick Ihnen ma ’n juten Tipp: koofense sich een. Selba trinken macht duhn. Ick bin ja keen Unmensch, a mir jehmse ooch nischt ab. Ick muss ooch inne Wüchtschaft jehn, a nich so wie Sie. Meine Jüte, Sie ham a ooch keen Dunst von det würkliche Lehm, wa? Wat ick Ihnen empfehln kann? Nehmense ’n Brühpuller mit Schrippe.

Wat kramense da in die Taschen rum, wollense auspackn? Denn packense ma, imma packense ma aus – könnense jleich wieda einpackn. Det is Ihr Auto? Denn schiehmse det Ding ma aussen Parkvabot. Hamse Tomaten uff die Oogen? Da hat die Vawaltung ’n Schildawald anjepflanzt un kommt alle paar Tahre zum Jießen herjeradelt. Denn wachsen da die Sparjel aus’m Jrün. Un der Wowi pinselt höchstpasönlich ‚Parken vaboten‘ druff, wa? Könnense ma kieken. Det heißt nich Parkvabot, weil se da keen Tierjarten jebrauchen können. Denkense ma vaschärft nach, Herr Präsent. Na, fängt det an zu klüngeln? Füa det Auto von’n Bunspräsenten is det nich vaboten? Det wüsst ick a, Herr Staatsobahaupt. Det wüsst ick.

A morjen – morjen wer det allet wieda jold, wa? Morjen. Un det solln wa nu jloohm. Det hamse ja vorje Woche ooch schon jesacht jehabt. Un davor. Denn parkt a det Auto jarantiert nich falsch. Un denn ßahlt a den Strafßettel ooch. Janz sicha. Morjen, Haupsache: morjen.

Sahrense ma, Männeken – die Fotojrafiererei könnense sich sparen. Nee, da hack keen jesteijertes Intaresse an’n Abzuch. Sonne Fotojrafie von Herrn Bunspräsent mit meene Wenichkeit – nee, det hat ma ja jrade noch jefehlt. Det is nich nötich, lassense det ma sinn. Hallo? Det könnense ohne Ihrn Anwalt rejeln, oda? Mein Jott, Herr Bunspräsent – imma jleich mit die Anwaltskanßlei drohn, det is ooch ’ne Art Heldentum. Könnense det nich rejeln wie jeda andere Bürjer? Muss det imma jleich mit Ihre juristische Flüstatüte sinn? Un hörense ma uff, mir ze duzen. Det kann ick ma so jar nich vaknusen, wenn eener imma wat Besseret sein will, un denn wanzt a sich an un dhut plötzlich wie so’n Sandkastenkumpel. Det kann ick so jar nich ab.

Nehmense sich doch noch ’ne Bock, ick weeß ja nich, wann Se wieda wat zwischen de Kiemen kriejen. Det war die letzte? Denn is dit persönlichet Pech Ihraseits, Herr Bunspräsent. Kommense klar. A wieso soll ick nu ’ne Molle uff den Schreck ausjehm? Abjebrannt? Hamse den Ehrensold unta de Fußmatte liejen lassen? Oda hat die Olle wieda allet füa die Kleedage ausjejehm?

Menschenskind, passense doch uff mit den Mostrich! Dit is meene jute Jacke, da hack lange für jespart! So, Sie sinn nich schuld? Vastehe, det war der Mostrich, Herr Präsent. Det hamse sich so jedacht – wenn det ma in die Botanik jeht, denn sinn die andern schuld, a man bloß nich der Herr Bunspräsent, wa? Dit hamse sich so jedacht. Imma uff die Kleenen. Da wär ick an Ihre Stelle ma ’ne Ecke vorsichtija mit die Marmelade. Det jibt Flecke uff de weiße Weste, Herr Präsent. Richtich Flecke. Un die kriejense nich ma ehmt so rausjeriehm. Jott, nu stehnse doch ma jrade! Is ja nich zum Anlieken, ’ne Flitzpiepe uff Heimaturlaub! Hat Ihre Olle den Stöpsel jezohren? Nu weenta ooch noch. Kalle, jib ma’n Herrn Bunspräsent ’ne Serviette.

Meene Jüte, nu machense sich nich wieda jleich in’t Hemde. ’türlich sinnse ’n Teil von det Land. A ick wer mir frahren, welcha. Det hamse ooch noch nich so janz bejriffen, wa? Sie sinn so’n Mietkaspa wie die Merkelsche. Die Olle kricht ’n paar Jahre, un denn isse wech von’t Fensta. Und Sie sinn bloß Jrüßklops von Bellwüh. Jott, nu winselnse mir nich voll, ßällavieh. Von Ihrn Jeweimer wer det ooch nich bessa sinn.

Wat, ick soll nu füa Ihnen ßahln? Sons jehts a noch danke, wa? Füa Ihnen!? Kalle, haste det jeheert? Ick wer doch füa den Schlawiner nich… Kalle, kiek ma – Kalle, mach hin! Die olle Pottsau wer noch die Sseche prelln! Kalle!

Nehmsen ma gleich mit, Herr Wachtmeesta. Det Aas hat vasehentlich de Tüschkante aufs Maul jekricht. Sswölfmal.“





Die Lümmel von der ersten Bank

13 02 2012

„Bauchweh? Christian, was hast Du denn wieder für Bauchweh? Schreibt Ihr morgen etwa Mathe? Du weißt es nicht? Du kannst Dich nicht erinnern? Christian, das ist doch jetzt schon das zweite – nein, warte: das dritte Mal, dass Du – Christian? Hast Du wieder etwas angestellt?

Ja, die anderen Kinder haben es eben auch nicht leicht. Und die werden nicht ständig übers Wochenende eingeladen. Auch nicht nach Japan. Jetzt hör aber auf, Dich ständig zu beschweren, Christian! Wenn Dir das Taschengeld nicht reicht, dann wirst Du Dir eben einen Job suchen müssen. Andere Kinder in Deinem Alter arbeiten auch.

Ein Auto? Du willst mit dem eigenen Auto in die Schule fahren? Christian, Du bist doch noch gar nicht alt genug für einen Führerschein. Und wenn Du nicht mehr mit den anderen Kindern im Bus fahren willst, dann kann Mutti Dich doch bringen. Aber wozu brauchst Du denn jetzt schon ein eigenes Auto? Weil der Onkel Geerkens auch eins hat? Aber der ist doch auch schon erwachsen, Christian. Der fährt nicht jeden Morgen zur Schule. Und überhaupt, wenn Du von Deinem Taschengeld ein eigenes Auto kaufen willst, das reicht doch nicht einmal für die Anzahlung. Wieso, ich weiß nicht Bescheid? Christian, Du hast doch nicht schon wieder –

Hast Du etwa wieder Geld vom Onkel Maschmeyer genommen? Christian, jetzt sag die Wahrheit! Wenn Du willst, dass Mutti Dir eine Entschuldigung schreibt, dann musst Du mir jetzt aber versprechen, dass Du die Wahrheit sagst. Versprichst Du mir das, Christian? Wie, das werden Deine Anwälte mir schon erzählen – fängst Du schon wieder so an? So spricht man nicht mit Mutti, verstanden? Und jetzt rede Dich nicht wieder raus, dass nicht gelogen hast, sondern die Anwälte. Ich will das nicht, dass Du Dein Taschengeld für diese Anwälte ausgibst, Christian. Schau mal, andere Jungs in Deinem Alter, die sparen schon auf ein eigenes Häuschen.

Nein, das habe ich damit nicht gemeint. Ich sagte: Du sollst mir versprechen, die Wahrheit zu sagen. Und ich will dann nicht hören, dass es wieder nur bei dem Versprechen bleibt!

Christian, Du sollst nicht immer alles auf einmal essen. Meine Güte, woher hat das Kind bloß diese verdammte Gier! Wenn Du immerzu Schokolade und Kuchen und Himbeerbonbons und Eis in Dich hineinstopfst, dann kriegst Du eben Bauchweh. Und dann muss Mutti Dir eine Entschuldigung schreiben und hoffen, dass der Lehrer nicht genau hinguckt.

Ein neues Telefon? Wozu brauchst Du ein Telefon? Und schon wieder ein neues? Christian, Du sollst doch nicht immer mit diesem – Du hast Dir vom Onkel Groenewold einfach das Telefon mitgenommen? Das macht man aber nicht! Wozu brauchst Du denn dieses Telefon, Christian? Du kannst Dir doch selbst eins kaufen, oder gibt Dir Mutti nicht genug Taschengeld? Ach, Du musstest das Geld für die Anwälte ausgeben? Und der Onkel Groenewold hat Dich so oft eingeladen, dass Du mit dem Bezahlen gar nicht mehr nachgekommen bist? Und das soll Mutti Dir so einfach glauben?

Meine Güte, dann spiel doch mal mit den anderen Kindern! Immer musst Du mit dem Onkel Glaeseker herumhängen, das ist doch nicht mehr normal. Guck mal, jetzt ist gerade Berlinale, alle anderen Kinder gehen da zum Karneval – und keiner kommt Dich besuchen. Meinst Du denn, mir macht das Spaß, wenn Du den ganzen Tag lang nur zu Hause sitzt? Und lernen willst Du auch nichts!

Das ist doch klar, dass man sich damit in der Klasse unbeleibt macht, Christian. Wenn man sich so wie Du benimmt, dann will eben keiner neben Dir sitzen. Ja sicher, Christian – Du stiftest die anderen zum Lügen und zum Abschreiben an, und wenn sie vom Lehrer erwischt werden, dann weißt Du wieder von nichts? Wundert Dich das? Weil was? Klassensprecher? Sie haben Dich zum Klassensprecher gewählt, und Du warst nicht darauf vorbereitet, dass Du die Wahl auch gewinnen könntest? Das hat Dich überfordert? Und deshalb kannst Du jetzt keine Mathearbeit schreiben, weil Du wieder so Bauchweh hast?

Sag mal, hast Du etwa wieder Geld aus Muttis Handtasche genommen? Christian! Du sollst nicht immer an meine Sachen gehen! Das ist Diebstahl, Christian, ganz gemeiner Diebstahl! Wie, Du hast nicht gelogen? Du hast doch gesagt, Du wolltest dem Onkel Groenewold einen neuen Briefkasten schenken, oder habe ich da etwas verwechselt? Und Du hast mir doch gesagt, Du hast nicht wieder etwas geklaut? Was? Du sollst Mutti jetzt endlich die Wahrheit sagen, wenn Du gefragt wirst! Wie, Du hast die Wahrheit gesagt? Du hast gesagt, Du bist an die Börse gegangen – und das bezeichnest Du als die Wahrheit sagen? Christian, wie oft habe ich Dir gesagt, Du sollst Mutti nicht anlügen? Was sollen denn die Leute von mir denken?

Gut, einmal noch. Ein einziges Mal schreibt Dir Mutti noch eine Entschuldigung. Wenn Du mir diesmal auch wirklich ganz fest versprichst, dass es das allerletzte Mal gewesen ist. Und dass da nichts mehr rauskommt. Und dass Du ab jetzt brav bist. Und nicht wieder Bauchweh kriegst, wenn Du Mathe schreiben sollst. Und nicht mehr lügst. Und nichts mehr von dem Onkel Groenewold nimmst. Und nicht mehr unartig sein willst zu den anderen Kindern. Und nicht mehr an Muttis Geld gehst. Ein einziges Mal noch. Zum letzten Mal, Christian. Zum allerletzten Mal, hörst Du? Zum allerletzten Mal.

Bobby-Car? Was für ein Bobby-Car, Christian?“