07:03 – Fluchend verlässt Rentner Ernst K. (85) die Kaufhalle Malschwitz (Landkreis Bautzen), da es am Tag nach der Bundestagswahl keine Bananen mehr gibt. Empört klingelt der ehemalige Schreiner und jetzige AfD-Funktionär die Anwohner am Dorfplatz aus dem Bett, um die Wiederkehr des verhassten Sozialismus zu verkünden.
07: 19 – Ein Anruf in der Hauptstadtredaktion von BILD versetzt den Springer-Konzern in Aufruhr. Die Chefredaktion versendet per SMS die Botschaft „Sozialismus Start“ an dreißig Reporter, deren Aufgabe es nun ist, Beweise für den jähen Umbruch in Deutschland zu finden. Eine zweite Nachricht aus der Konzernspitze lautet: „Wir schaffen das!“
07:26 – Im benachbarten Kubschütz sind sämtliche Telefonketten heiß gelaufen. Kaufmann Ronny T. (38) holt eine halbe Stunde vor Geschäftsöffnung die verbliebenen Südfrüchte der Freitagslieferung aus dem Kühlraum und bereitet sich auf die Kunden vor, die erfahrungsgemäß schon gegen zehn Uhr die Filiale betreten. Es gibt Bananen, auch wenn diese eher selten gekauft werden.
07:31 – Die hastig zusammengezogene NPD-Kampfgruppe Doitsche Ehre wartet auf Verstärkung aus der Kreisstadt. Bisher sind noch keine Mitglieder der Kameradschaft Bautzen Ausländerfrei auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt eingetroffen. Die jungen Neofaschisten vertreiben sich die Zeit mit Rauchen.
07:58 – Einzelhandelskauffrau Melinda Z. (27) will für die Geburtstagsfeier ihres Gatten Bananenbrot backen und bietet Filialleiter Ronny T. für die verbliebenen Schlauchfrüchte zehn Euro an. Nach kurzer Qualitätskontrolle einigen sie sich auf sechs Euro für das Gebinde, das während des Tages im Kühlraum verbleiben soll.
08:04 – Das nationale Kommando betritt den Laden und verlangt in herrischem Ton Südfrüchte. Da sie verständlicherweise nur noch deutsches Obst in der Auslage vorfinden, reißen sie mehrere Regale in der Frischeabteilung zu Boden. Ronny T., der in seiner Jugend ebenfalls Mitglied in einer völkischen Bewegung war, holt den Baseballschläger aus der Kassenbox. Einer der Besucher erleidet einen Schädelbasisbruch, zwei weitere verlieren den überwiegenden Teil ihrer Frontzähne.
08:32 – In einer Reportage auf BILD TV besucht eine investigative Journalistin, gespielt von einer Mitarbeiterin des Springer-Konzern, zehn Einzelhandelsgeschäfte in Berlin, in denen sie keine Bananen findet. Die Aussagen der Ladeninhaber, sie hätten am betreffenden Tag kein Frischobst im Angebot, werden von einer mobilen Einheit so geschnitten, dass sie den Tenor der als sozialismuskritisch angekündigten Sendung klar wiedergeben.
08:35 – Im Konrad-Adenauer-Haus herrscht wachsende Anspannung. Nachdem der Hausmeister versehentlich ein Paar rote Socken hatte mitgehen lassen, kann der unterlegene Kanzlerkandidat nun nicht mehr für einen Pressetermin posieren. Die von der Wahlkampfmanagerin geleitete Kommission zieht sich zu einer Klausurtagung zurück, um die Strategie für eine CDU-geführte Große Koalition zu erarbeiten.
08:43 – Das Team von BILD TV wird tätlich angegriffen. Sie hatten nach einem Floristen und einem Fahrradladen ein Schuhgeschäft und ein Brautmoden-Center besucht, in denen sie gar nicht erst nach Bananen gefragt hatten. Der Inhaber des Obst- und Gemüseladens, der wie immer frische Bananen auf den Bürgersteig gestellt hatte, will seine Ware zurück.
09:01 – Der ADAC ist in der Bautzener Ostvorstadt angekommen. Der auf der Löbauer Straße mit einem Achsbruch liegen gebliebene Laster verfügt über ein Kühlaggregat, so dass vierzig Kisten mit Frischobst, davon zehn mit Bananen, sich noch immer in gutem Zustand befinden und im Laufe des Tages von einem Ersatzfahrzeug ausgeliefert werden können. Die umliegenden Geschäft im Osten der Kreisstadt entlang der Bundesstraße 6 werden telefonisch informiert.
09:26 – Mehrere rechtsgerichtete Medien melden, durch den von Wahlsieger Scholz blitzkriegartig eingeführten Sozialismus gebe es in Deutschland keine einzige Banane mehr. Der Handelsverband Deutschland, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband sowie die Pilotenvereinigung Cockpit erheben schwere Vorwürfe gegen den designierten Wirtschaftsminister Merz, dass es keine präventive Einlagerung strategisch wichtiger Güter für den Fall einer nationalen Katastrophe gegeben habe. Der Sauerländer gibt auf einer improvisieren Pressekonferenz zu erkennen, dass er nicht weiß, worüber geredet wird, da seine Berater es ihm noch nicht erklärt haben.
09:32 – Nach einer kurzen Unterhaltung mit der Polizei, die die Verletzten bereits kennt und aus der Kontroverse unter ehemaligen Bekannten keine große Sache machen möchte, da keine fremdrassige Störkraft an der Aktion beteiligt war, räumt Ronny T. die Frischeabteilung auf. Sein Auszubildender Enrico F. (19) nimmt die Benachrichtigung des Spediteurs entgegen und beschließt, die Lücke im Sortiment mit einer Kiste Tafelbirnen großzügig zu kaschieren.
09:49 – Ein als Che Guevara verkleideter Springer-Mitarbeiter zerkratzt in der Tiefgarage einer Unternehmensberatung die Luxuslimousinen der Vorstände. Da sämtliche Stellplätze per Videoüberwachung gesichert sind, die an eine Gesichtserkennungssoftware angeschlossen ist, wissen die Polizisten beim Anrücken bereits, um wen es sich handelt. Er protestiert nicht gegen seine Festnahme, kann aber nicht verhindern, dass ihm vor laufender Kamera die Maske abgenommen wird und die Polizisten ihn mit Namen ansprechen.
10:04 – Ein Kurierdienst liefert zehn Flaschen Weißwein an Franz Josef Wagner. Er lässt sich den Empfang der Flaschen quittieren.
10:25 – Im Konrad-Adenauer-Haus wird erörtert, ob die Botschaft, Scholz habe auf Anordnung von Putin einen Nerobefehl erlassen, um das deutsche Volk innerhalb weniger Tage verhungern zu lassen, in der Wählerschaft noch verfängt und ob es noch zu einer Meinungsänderung in der SPD führen wird. Die stellvertretenden Vorsitzenden sind einhellig der Meinung, nur ein geistig minderbemitteltes Arschloch würde derartigen Scheißdreck öffentlich äußern.
10:30 – Vor den bereits seit einer Stunde wartenden Pressevertretern äußert der unterlegene Kandidat der Bundestagswahl, Scholz habe auf Anordnung von Putin einen Nerobefehl erlassen, um das deutsche Volk innerhalb weniger Tage verhungern zu lassen. Die SPD habe immer auf der falschen Seite gestanden, deshalb könne auch nur er als der legitime Nachfahre aller deutschen Kaiser seit Karl dem Großen aus Wasserstoff Bio-Bananen machen.
10:41 – Söder lässt sich in der Frühstückspause vor der Bayerischen Staatskanzlei ablichten. In letzter Minute haben die Hilfskräfte aus dem Obstkorb, der unscharf im Hintergrund zu sehen sein soll, eine Staude Bananen entfernt. Der CSU-Chef lässt dem gescheiterten CDU-Kollegen für seine Suche nach Koalitionspartnern ausrichten, wenn keine Bananen mehr in Reichweite seien, solle es er doch mit Kiwi versuchen.
11:07 – In den Redaktionen deutscher TV-Sender herrscht pure Verzweiflung. Dreierteams mit Reporter, Kamera und Ton sind in Hamburg, Köln, Stuttgart und Frankfurt unterwegs, um O-Töne von besorgten Bürgern für die Mittagsmagazine zu erhalten. In keiner der Städte lässt sich ein Geschäft ohne ausreichenden Vorrat an Bananen filmen.
11:17 – Studio Dresden meldet einen Gemüseladen in Kötzschenbroda, der angeblich keine einzige Banane im Sortiment haben soll. Das Filmteam rast auf direktem Weg nach Radebeul, um exklusive Bilder für das ZDF-Mittagsmagazin zu erhalten.
11:34 – Auf Nachfrage der Reporter, ob Laschet aus Bio-Bananen auch Stahl erzeugen könne, gibt der CDU-Chef zu erkennen, dass er über diese wirtschaftspolitisch sehr wichtige Frage erst lange nachdenken müsse. Er könne aber jetzt schon ganz klar sagen, dass dies kein sozialistischer Stahl sei, sondern ein deutsches Qualitätsprodukt, mit dem er ganz allein das Klima retten und jeden weiteren Lockdown verhindern werde.
11:57 – Das ZDF-Team erreicht gerade noch vor der Mittagspause das Geschäft am Lößnitzbad. Wie ihnen Inhaber Tino G. (59) ungehalten zu erkennen gibt, bedeute das Ladenschild Gemüsekiste genau das, nämlich ein Fachgeschäft für Gemüse, in dem es noch nie eine einzige Banane zu kaufen gab. Auf den Vorschlag von Reporter Simon E. (34), für den Filmbeitrag das Schild zu verhängen und eine nicht ganz so realitätsnahe Geschichte zu erzählen, reagiert der Händler ungehalten. Er bezeichnet die Mitarbeiter als Abgesandte der Lügenpresse und droht ihnen an, sie mit frischem Staudensellerie zu verprügeln.
12:06 – In der BILD-Redaktion geht per SMS die Botschaft „Die Sau ist voll“ ein. Das lyrische Thinkpiece der Nation ist jetzt nur noch eine Frage der Zeit.
12:25 – Eine Pressemitteilung der CSU wird an die Redaktionen großer deutscher Tageszeitungen gefaxt. Unabhängig von der Bananensituation gebe Söder sein Wort als führender Konservativer in der Bundesrepublik Deutschland, dass seine Partei ein Gendergesetz der Stalinistischen Volkspartei und der Öko-Gaga-Verbotsdiktaturvolksfront namens Die Grünen bis vor das Europäische Gericht für Menschenrechte bringen werde. Allein im Freistaat Bayern werde man die internationalsozialistische Linksruck-Zerstörung schnell bemerken, wenn die Gelder für Verkehrsprojekte um bis zu 600% niedriger ausfallen würden.
12:48 – In einem Radiointerview wird Tino Chrupalla gefragt, was sein deutsches Lieblingsobst sei. Er nennt ohne zu zögern die Banane.
13:14 – Die Pressestelle im Willy-Brandt-Haus bekräftigt die Absicht der Sozialdemokraten, den Mindestlohn so schnell wie möglich auf zwölf Euro anzuheben. Die Kunde wird kritisch aufgenommen. Während die Freidemokraten monieren, dass eine zu hohe Kaufkraft im Prekariat die Bananen für Leistungsträger unerschwinglich machen könnte, verlangt Alice Weidel, dass die Erhöhung nur für Deutsche gilt, da sonst orientalische Vergewaltiger und nordafrikanische Messerstecher völkischen Arbeitern das Obst wegfressen.
13:33 – Ein Rettungswagen wird zum Konrad-Adenauer-Haus gerufen. Es handelt sich um einen Notfall, bei dem einem designierten Bundesminister von einem engen Mitarbeiter eine Banane so tief in den Darmausgang geschoben wurde, dass das Objekt nicht ohne medizinische Hilfe wieder entfernt werden kann. Der Vorfall muss unbedingt vertuscht werden. Noch kurz zuvor hatte Merz den nationalen Notstand ausgerufen, da es im ganzen Bundesgebiet keine einzige Banane mehr gebe.
13:40 – Nathanael Liminski befindet sich auf dem Weg der Besserung.
13:49 – Das sächsische Filmteam hat in Pirna ein Lebensmittelgeschäft entdeckt. Durch das Fenster ist die leere Bananenkiste im Obstsortiment klar zu erkennen. Die drei Mitarbeiter treten ein, um in einer Blitzreportage auf den eklatanten Mangel an Südfrüchten aufmerksam zu machen. Nach einer kurzen Ton- und Lichtprobe werden sie von Mandy K. (22) rüde zur Seite geschubst. Die Verkäuferin räumt eine neue Kisten Dessertbananen der Sorte Cavendish ein. Simon E. erleidet einen Nervenzusammenbruch.
14:04 – Söder betont nochmals, dass die von Pol Pot, Mao und Hitler inspirierten Grünen das Benzin mit einer Strafsteuer zur Finanzierung riesiger Windkraftanlagen verteuern wollen, um alle Kirchen in Deutschland abzureißen und durch die lebensgefährlichen Propeller zu ersetzen. Zugleich werde der Preisanstieg beim Kraftstoff Bananen so teuer machen, dass die durchschnittliche deutsche Familie im Jahr bis zu hunderttausend Milliarden Euro mehr ausgeben müsse. Sofort nach dem Verbot des Genderzwanggesetzes werde die CSU diese Regelung durch den Einmarsch von NATO-Truppen und einen förmlichen Protest beim DGB unterbinden.
14:36 – Erstmals meldet sich auch Wahlsieger Olaf Scholz zu Wort. In einem kurzen Pressestatement betont er, dass nicht nur jede vierte Banane aus indischem Anbau stamme, so dass Deutschland und die EU nicht von China abhängig seien. Außerdem sei es eine Legende, dass Konrad Adenauer seine Zustimmung zur Gründung der EWG nur gegeben hätte, wenn der jungen BRD nicht zollfreie Bananenimporte garantiert worden seien. Vielmehr habe ein Zusatzprotokoll zu den Römischen Verträgen besondere Bedürfnisse bei der Einfuhr von Bananen nach Deutschland festgestellt. Man wisse, dass Kalium und Magnesium gut für die Hirntätigkeit von CDU-Führern seien, bei Laschet würde ein Doppelzentner Bananen täglich wohl knapp ausreichen.
14:50 – Im Konrad-Adenauer-Haus wird unterdessen heftig diskutiert, ob das Bananenverbot nicht eigentlich eine Idee der Linken gewesen sei, um die Deutschen frühzeitig auf DDR-Verhältnisse in einer Mangelversorgung einzustimmen, bevor einzelne Waren und Dienstleistungen von den Grünen mit einzelnen Verbotsgesetzen abgeschafft werden. Die These, Annalena Baerbock sei in Wahrheit der Antichrist, kann sich nur knapp im Vorstand der Christdemokraten durchsetzen. Ein unangenehmer Geruch hängt im Raum, da Paul Ziemiak eine leicht zerdrückte Banane verzehrt.
15:03 – Die Deutsche Polizeigewerkschaft beklagt in einer Videobotschaft, dass es überall in der Republik große No-Go-Areas gebe, in denen man auf der Straße jede Art von Drogen oder Waffen, nicht aber Bananen kaufen könne. Der Vorsitzende Wendt kündigt an, nach der Machtergreifung von Laschet Berlin mit der Panzerfaust zu säubern.
15:05 – Merz kündigt den Schulterschluss zwischen AfD und CDU an. Sofort nach der Vereidigung als Bundeskanzler werde er Landwirtschaftsminister Maaßen anweisen, in Mitteldeutschland die Zucht der rasserein deutschen Banane zu starten, die bis zum Jahr 2059 zum Kilopreis von etwa 150 Euro in den Kolonialwarenläden angeboten werde. Die zur Bewerkstelligung des Projekts notwendigen Kräfte werde man aus der Zwangsarbeit für Erwerbslose rekrutieren, wobei Merz sozialromantischen Ideen wie einem Mitarbeiterrabatt für Erntehelfer gleich eine Absage erteile.
15:15 – Die Gewerkschaft der Polizei widerspricht den Ausführungen der rechtsgerichteten Beamten. Es gebe in Deutschland keine rechtsfreien Räume, die Sicherheit der Bevölkerung sei Ländersache, und die größten Probleme würde seit Jahrzehnten in Nordrhein-Westfalen auftreten. Einer der führenden Kriminellen im Ruhrgebiet besitze mehrere Obst- und Gemüsegeschäfte, in denen auch Bananen verkauft werden.
15:21 – Die von der sächsischen CDU eilends für den Nachmittag geplante Demo Deutsche Bananen für Deutschland in der Dresdner City findet kaum Beachtung. Bis auf Michael Kretschmer und wenige andere Nationalsozialisten bleibt der Theaterplatz leer.
15:59 – Gerade noch rechtzeitig zur Konferenz trifft Wagners Artikloid über die deutsche Banane ein, in welcher der Kolumnist das endgültige Ende der jüdisch-christlichen Tradition beschwört, weil die Verräterpartei, die auch norwegische Kommunisten als Bundeskanzler nach Deutschland eingeschleppt hat, die Frucht ausrottet, die bereits Jesus in der Krippe von vorüberziehenden Hirten aus dem Morgenland zum Geschenk erhielt. Der Text geht ohne weitere Korrekturen in den Satz.
16:05 – Die Börse Frankfurt gibt bekannt, dass durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in Brasilien die diesjährige Orangenernte schwerer treffen könnten als bisher befürchtet. Der Mangel an Pflückern und Transportarbeitern lasse gerade die Kurse der Groß- und Außenhandelskonzerne einbrechen, die mit dem Import von Südfrüchten aus Übersee Gewinne machen. Der DAX sei fest, da neue Hoffnungen auf eine stabile EU durch den SPD-Wahlsieg und pragmatische Investitionen in Deutschland den Einzelhandel bei Laune halten würden. Ein erstes Anzeichen sei die ungebrochene Kauflaune der Deutschen nach der Wahl, die vor allem der Banane gilt.
Satzspiegel