Multifunktionaler Zugriff

5 11 2019

„… dass sämtliche Gesundheitsdaten künftig an Drittnutzer weitergegeben würden. Spahn erhoffe sich von einer Nutzung durch andere Interessenten eine Transparenz, die zum Wohl der gesamten…“

„… das Ministerium die Entscheidung damit verteidigt habe, dass die pharmazeutische Industrie genauere Daten über den Bedarf an Medikamenten brauche, da sie bisher nur durch Bestellungen und Umsätze ihren…“

„… in pseudonymisierter Form vorlägen. Es müsse eine Rechenleistung aufgewendet werden, die nur 300.000 Versicherte pro Sekunde wieder entschlüsseln könne, was für die Käufer der Daten in manchen Fällen gar nicht…“

„… verstehe Spahn die Aufregung nicht. Da die Bürger sich per E-Mail und in den sozialen Medien viel häufiger über gesundheitliche Beschwerden unterhielten, was er aus dienstlichen Unterredungen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz wissen, könne man nicht den…“

„… die Daten zwar verkauft würden, die Versicherten daraus allerdings nicht zwangsläufig einen Anspruch auf finanzielle Erstattung ableiten könnten, da es kein rechtlich einwandfreies…“

„… die gesetzlichen Krankenversicherungen im Verkauf der Daten keinen Bruch der europäischen Datenschutzgrundverordnung sehen würden, da es sich nur um eine nationale Sammlung von…“

„… dass das deutsche Gesundheitssystem mehr Planungssicherheit brauche. Die Datenhändler seien technisch wesentlich besser ausgestattet als die nationalen Behörden und könnten daher wesentlich bessere Analysen mit dem…“

„… brauche Spahn keine Zustimmung der Versicherten zur Datenweitergabe. Die Bürger seien im Regelfall nicht freiwillig erkrankt und müssten daher sämtliche Leistungen der Krankenkasse ohne eigenes…“

„… die Forschungsabteilung der Konzerne beruhigen könne. Sollte zum Beispiel der Verlauf einer medikamentösen Therapie nicht klar aus einem Datensatz abzuleiten sei, so helfe das Ministerium natürlich schnell und unbürokratisch mit dem Entschlüsseln der…“

„… habe Spahn den Vorwurf eines Betruges empört zurückgewiesen. Das geplante Vorhaben heiße absichtlich Digitale-Versorgungs-Gesetz, da es die Versorgung der Wirtschaft mit Daten für eine möglichst…“

„… nochmals auf die Transparenz der Daten hingewiesen hätten. Die Krankenkassen würden jeweils am Ende einer mehrjährigen Periode den Versicherten mitteilen, an welche Unternehmen ihre Datensätze verkauft worden seien. Es werde jedoch nicht übermittelt, welcher Gewinn mit den Daten erzielt worden sei, da dies mit der DS-GVO nicht in Einklang zu…“

„… festgeschrieben sei, dass die Daten nur zu Forschungszwecken verwendet werden dürften. Die schließe für das Gesundheitsministerium nicht aus, dass beispielsweise geforscht werde, ob sich bei einer bestimmten Diagnose der Verkauf einer Versicherung oder eines Mobilfunktarifs noch…“

„… sichere der Datenbestand die deutsche Wirtschaft auch generationsübergreifend. So könne man anhand von psychischen Erkrankungen oder Tumorleiden in der Verwandtschaft schon heute die berufliche Zukunft von Kindern sehr viel genauer steuern und durch Verzicht auf unnötige…“

„… und je nach Morbiditätsmuster bessere Berechnungen anstellen könne, welche Leistungen noch sinnvoll seien. Dies könne im Einzelfall zu einer Verkürzung schwerer Leiden beitragen, die Spahn als Christdemokrat ausdrücklich…“

„… dass eine Löschung der Daten nicht vorgesehen sei. Dies sei zwar rechtlich zwingend notwendig, man verleite dadurch aber den Bürger, von seinem Recht Gebrauch zu machen, was sich abschreckend auf die Kunden des…“

„… die Erfassungssoftware weitaus weniger kostspielig als veranschlagt gewesen sei. Die mit der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs beauftragte Kanzlei habe einen Kontakt nach China genutzt, um ein bereits erprobtes Datenbankprodukt an den europäischen Markt anzupassen und durch diverse Schnittstellen für den multifunktionalen Zugriff in eine viel bessere und…“

„… die Zusammenführung von Gesundheits- und Sozialdaten mit anderen Quellen zunächst noch nicht geplant sei. Laut Ministeriumssprecher habe Spahn bisher erst von einem Ressort keine Ahnung und werde dieses Projekt im Laufe der nächsten…“

„… der Bundesdatenschutzbeauftragte nicht mit dem Gesetz befasst worden sei. Das Ministerium habe ihn nicht informiert, da die Industrievertreter bereits in ausreichendem Maße ihre Zufriedenheit mit dem…“

„… die Empfehlung ausgesprochen habe, nur verschlüsselte Datensätze zu speichern. Spahn wolle sich gleich im kommenden Jahr ein Fachbuch besorgen, um auf der geplanten Anhörung mitreden zu können über die…“

„… nur für gesetzlich Versicherte gelte. Die Einführung eines zwar teureren, aber dafür nicht betroffnen Basistarifs mit Abhörschutz in einer Privatversicherung könne beispielsweise durch den Verkauf einer Eigentumswohnung, durch die Verpfändung aktueller und zukünftiger Gehälter, den Verkauf von Organen oder eine problemlose…“





Gernulf Olzheimer kommentiert (CDLXXV): Personalisierte Werbung

2 08 2019

Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer


Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Geben, so säuselt das Über-Ich, ist seliger denn Nehmen, und nicht zuletzt die sozialen Events wie Potlatch und Weihnachten sind schuld daran, dass alles in die Brüche geht, was mit der Übereignung von Gütern zu tun hat. Wer ahnt schon, dass der für die Hälfte des Jahres komplett egale Onkel schon zwanzig blaurote Schlipse im Schrank hat, bevor man ihm den nächsten andreht. Es soll tief aus der Persönlichkeit des Schenkenden stammen und zugleich eine wirkliche und wahrhafte Lücke im Besitz des Beschenkten schließen. Nicht so die Industrie, sie erfüllt uns zwangsweise die Wünsche, die wir gar nicht hatten. Einmal versehentlich vor den Socken stehen geblieben, zack: personalisierte Werbung für die nächsten Wochen.

Dabei ist es dem Algorithmus wumpe, ob der Angebotsbesucher die Fußbekleidung für sich selbst, die Nachbarin oder seine Schwagerschaft erwerben wollte, hinfort nervt ihn im Netz jede noch so verfügbare Socke in Blaurot, dann auch in Schwarz, bio oder Zehnerpack, weil: das Monster weiß, dass Erwerb und Nutzung von Socken nicht kategorisch ausgeschlossen werden können, also reibt es dem Opfer sein Angebot noch und nöcher unter die Nase. Schlösse man von vornherein aus, dass es sich um einen Abstinenzler handelte, dem man folglich an jeder Straßen Ecke Schnaps ins Gesicht hielte, die Chancen stünden weniger schlecht, ihn in kürzester Zeit in den Vollrauch zu befördern. Die Socke verliert.

Kunden, die Schnaps gekauft haben, kauften auch eine Axt. Der Algorithmus ist blind, er setzt folglich auf Cross Selling und wedelt mit allerlei Schneidwerkzeug, Hackinstrumentarium und Objekten, die dauerhaft milden Frieden zaubern. Nicht, dass es einen irgendwie interessieren würde, was die Black Box der Marketingabteilung dort in die Hirne der Konsumenten schwiemeln will, im Zweifel verstärkt sie lediglich den Wunsch nach mehr Schnaps. Doch nicht einmal das interessiert das Programm; lässt sich der Kunde vom ewigen Geweimer der in die Netzhaut gefrästen Bilder so weit bringen, dass er endlich zuschlägt – mit Axt oder ohne – bleibt die Intelligenzsimulation in der Kiste lernunfähig. Nach dem Kauf von Schnaps kommt Schnaps, Schnaps und Schnaps. In einer wirren Welt wäre dies sinnvoll, aber nach dem Erwerb einer Waschmaschine gleich noch eine anzupreisen, die billiger, besser und sofort lieferbar wäre, hätte ungefähr die Durchschlagskraft von Socken. Genau diese ungezielte Penetranz ist es, die den Zweifel an der Intelligenz jeder Künstlichkeit nähren.

Dazu wird der Überbringer der klebrigen Botschaft gleich in Sippenhaft genommen. Ob es sich um eine Primatenpostille oder aber um linksintellektuelle Wirtschaftsnachrichten handelt, das Medium ist auch hier die überflüssige Botschaft. Längst wird der von der Seitenlinie plärrende Troll wahrgenommen als Bestandteil der Publikation und zieht deren Sympathiewerte in den Keller, zumal da, wo die ökofundamentalistischen Klima- und Friedensapostel ihr Geschäftsmodell offensichtlich mit Nötigung für Konsumschrott aufpumpen. Schnell und gründlich den eigenen Ruf kompostierbar zu machen geht damit blitzschnell und porentief.

Weil personalisierte Werbung mitnichten das ist, was als reine Mitschnackerei dem Nutzer auf die Plomben geht, sondern eine erhebliche Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs darstellt. Je mehr ein Individuum seine Existenz in wolkige Bereiche nicht greifbarer Datenspeicher ausweitet, desto mehr wird es auf Gedeih und Verderb vertrauen müssen, dass etwas da bleibt, wo es gesprochen wurde. Einmal nach Socken zu suchen oder gar eine Axt zu kaufen ist ein Akt, der Privatautonomie voraussetzt und fordert – nach der Tat aber in jedem anderen Raum und zu anderen Zeiten, auf jedem Gerät und in jedem Kontext verfolgt zu werden mit dem immergleichen Schmodder, der aus jeder Ritze quillt und die Privatsphäre zu einem Ort der Unmöglichkeit macht. Es ist nicht personalisiert, was sich der Vertrieb ausdenkt, sie nehmen es persönlich; wir werden sie kennen lernen, so wie sie uns kennen gelernt haben, trotz offenbarer kognitiver Schwächen bei der Unterscheidung von Oberfläche und Realität. Selbst ihr Geschäftsmodell, dem Nutzer gegen einen mittelgroß permanenten Obolus das zwanghafte Wiederholen der Gewalttaten zu ersparen, zeigt nur, dass der Kunde in diesem Fall, wo er nicht zahlt, lediglich das Produkt ist, Opfer einer solipsistischen Werbeindustrie, die aus reinem Selbstzweck ihre Kunden verschreckt, um besser zu sein als die Konkurrenz. Doch gibt es Mittel, dem Müll zu entgehen? noch nie hat auf dem Wochenmarkt ein Händler realiter Axt und Socke nebeneinander gelegt. Höchstens Äpfel und Birnen. Was ja auch irgendwie logisch erscheint und daher kundenfreundlich.





Crossposting

4 04 2018

„Sie können unbegrenzt Fotos hochladen, auch von Leuten, die Sie nicht kennen. Wir kennen die für Sie, schließlich haben wir mit den Leuten jeden Tag zu tun. Das bietet Ihnen Facebook nicht. Das kann nur die Deutsche Post.

Also das war jetzt kein Ausrutscher, verstehen Sie das nicht falsch. Das war auch kein Testballon. Wir haben nur ein sehr spezielles Produkt im B2B-Bereich verkauft, ging ja auch ganz gut, und dann haben Sie in der Zeitung gelesen, dass wir dabei gegen kein Gesetz verstoßen haben. Kann ja mal vorkommen. Dass wir unser Adressmaterial jetzt gerade an die CDU geliefert haben, das war eine marktwirtschaftliche Entscheidung. Die haben am meisten dafür gezahlt, und wir tun damit auch etwas für die Umwelt. Wenn man nur da Werbung hinschickt, wo sie auch gelesen wird, spart das eine Menge Papier und Rohstoffe.

Aber das ist ja auch erst der Anfang, wir dehnen unseren Service natürlich für sämtliche Kunden in Deutschland und Europa aus, optimal auf die Bedürfnisse der modernen Nutzer zugeschnitten, und das Beste ist: Sie zahlen nichts. Alles absolut kostenneutral. Natürlich nur für Sie.

Sie müssen die Debatte im Kontext der letzten Jahre betrachten. Da haben Politiker immer wieder eine deutsche Alternative zu Facebook gefordert. Hohe Datenschutzstandards, bessere Technik, alles im Rahmen der geltenden Gesetze. Also der Gesetze, die die Politik dafür macht – wenn Sie sich nicht gerade ein Jahresabo vom Neuen Deutschland nach Niederbayern liefern lassen, wird sich kein Schwein für Ihre Anschrift interessieren. Für Sie ist das vollkommen kostenfrei und wird ständig weiterentwickelt. Das verspricht Facebook auch, aber das ist ein Riesenkonzern, der gehört sich quasi selbst, und wir haben nicht einmal Server in Amerika stehen. Unsere Daten werden noch regional produziert. Das ist doch was!

Jetzt stellen Sie sich mal vor, Sie sehen ein paar Klamotten und bestellen die im Internet, die werden Ihnen geliefert, wir haben zwar die Lieferadresse, aber Sie wissen ja: Datenschutz, daraus lässt sich für uns kein Rückschluss ziehen, dass Sie die auch bestellt haben. Alles absolut sicher. Wenn Sie jetzt aber den speziellen Service kostenlos dazubuchen, dann teilen wir Ihnen schon vorher mit, die Hose ist ein bisschen eng, Rabatt beim Fitnessstudio wird gleich klargemacht, wir stellen das auf Ihre Seite ein, gleich in Ihr Profil, wird am Liefertag ergänzt, wir wissen ja, wann geliefert wird, beziehungsweise wann Sie üblicherweise zu Hause sind, und zack! Influencer. Neue Hose. Hundert Profilbesuche garantiert. Macht Ihnen Facebook nicht.

Ja, die haben Fernsehserien. Wir müssten mit der Telekom reden, dass wir für die Rechnungen die Anschriften abgleichen können, aber das dürfte nicht schwierig sein. Sie bekommen das ja auch kostenlos, einmal anklicken, wir pflegen das in unser Programm ein. Das Gute ist, Sie brauchen keine zusätzlichen Geräte, zumindest nicht von uns, und da Sie nichts dafür bezahlen, brauchen wir auch keine Kontodaten. Clever, oder?

Grundsätzlich ist es so, dass wir Ihnen nur maßgeschneiderte Angebote machen. Das, wofür Sie die nötige Kaufkraft haben und das passende Bankverhalten, je nach Ihrer mutmaßlichen Bildung und Familienstruktur. Vielleicht sind Sie eher der Typ für Fantasy-Serien, dann bieten wir Ihnen halt keine Musicalfilme an. Oder Western. Wir verschicken Ihre Briefe ja auch nicht ungefragt per Luftpost, nur weil es uns ein bisschen mehr Umsatz bringen würde. So gut sollten Sie Ihren Anbieter schon kennen.

Das könnte Ihr gesamtes Leben revolutionieren, endlich haben Sie mal soziale Medien, die diesen Namen auch verdienen. Sie schließen eine nette Urlaubsbekanntschaft, dann fällt Ihnen plötzlich auf, dass Sie ganz vergessen haben, nach der Adresse zu fragen, zack! Treffer auf Ihre Post-Seite, die Postbenachrichtigung machen wir sogar schriftlich für Sie, wenn Sie das nicht online erledigen wollen, und Sie brauchen sich um nichts mehr zu kümmern. Wir stellen Kontakte her.

Das haben Sie jetzt falsch verstanden. Die Aktion mit den CDU-Anschriften war ganz anders gemeint, außerdem haben Sie davon ja gar nichts mitgekriegt. Das ist ein Beitrag zur Demokratie in Deutschland, denn wir wollen die Mitwirkung der demokratisch gewählten Parteien an der politischen Willensbildung unserer Kunden unterstützen. Und wir haben die CDU damit nicht finanziell gefördert. Ganz im Gegenteil. Und wir haben auch unsere Reserven dadurch aufgefüllt. Das heißt, eine Portoerhöhung ist damit erst mal vom Tisch. Davon profitieren Sie sogar, wenn Sie nicht CDU wählen.

Wissen Sie, was das Beste an unserer Arbeit ist? dass bei uns grundsätzlich alle Daten anonymisiert werden. Verlassen Sie sich darauf. Oder glauben Sie, die Deutsche Post interessiert sich für ihre Kunden?“





Abstellgleis

19 03 2013

„… habe die Deutsche Bahn nie beabsichtigt, die Reisedaten ihrer Kunden zu…“

„… seien die Kundendaten sowieso nur für Kaffeebestellungen in Folgezügen…“

„…werde der Preis der Fahrkarte, der Abfahrt- und Zielbahnhof gespeichert. So ergebe sich bei in Stuttgart begonnenen Fahrten ein Sicherheitsprofil, das in jedem Falle für den Bau des unterirdischen…“

„… dass nach mehr als einer Beschwerde über ausgefallene Klimaanlagen keine Sitzplätze mehr reserviert werden könnten. Dies sei eindeutig ein Softwarefehler, der innerhalb der nächsten Tage…“

„… individualisierte Werbung nur auf dem Postwege geschickt würde. Die Kunden könnten dem entgehen, wenn sie vorab mit Name und Anschrift, Geburtsdatum, Haushaltseinkommen und Blutgruppe, Konfession, Schuhgröße sowie…“

„… umfasse die individualisierte Werbung für Versicherungen, wobei eine spezielle Reiserücktrittsversicherung vorgesehen sei, die nur dann die Kosten erstatte, wenn die Reise vertragsgemäß angetreten und…“

„…als technisch unbedenklich. Da die DDR-Reichsbahn anteilig die meisten inoffiziellen Stasimitarbeiter gehabt habe, wolle man…“

„… zwar korrekt, dass die neuen in die Sitze eingelassenen Personenwaagen Gewicht und Körperfettanteil der Fahrgäste mäßen, speicherten und per WLAN an die Kontrollpunkte übertrügen, doch seien dieses weder Reisedaten noch…“

„… weil Fahrgäste ihren Kaffee bei der Rückreise vom Urlaubsort auch mehrere Wochen später noch auf Grund der…“

„… derzeit nicht gesichert. IM Friedrich habe berichtet, er sei davon ausgegangen, dass sämtliche in Deutschland anfallenden Datenbestände ohne Prüfung des Anlasses automatisch in die USA…“

„… werde der Preis der Fahrkarte, der Abfahrt- und Zielbahnhof gespeichert. Sollten die Kosten für Bahnfahrten zu niedrig sein, sinke der Score für Baukredite, da in diesen Fall nicht mehr von ausreichenden Rücklagen für eine…“

„… der Fahrgastverband einen einwöchigen Bahnstreik angekündigt habe. Grube habe dies gekontert mit der Absicht, eine Stunde lang alle Züge pünktlich…“

„…Verständnis gefordert, die Bahnreisenden in die sicherheitsrelevanten Körperöffnungskontrollen zu integrieren. Eine routinemäßige Zielfahndung nach Terrorverdächtigen, falls Flugzeugentführer mit den günstigen Rail&Fly-Tickets…“

„… dass nach mehr als einer Beschwerde über Zugverspätungen keine Sitzplätze mehr reserviert werden könnten. Dies sei eindeutig ein Softwarefehler, der innerhalb der nächsten Wochen…“

„… sei mit individualisierter Werbung auch per E-Mail und auf dem Mobiltelefon zu rechnen, falls sich zufällig durch Verknüpfung mit Datensätzen aus Russland eine…“

„… werde der Preis der Fahrkarte, der Abfahrt- und Zielbahnhof gespeichert. Sollten die Kosten für Bahnfahrten zu hoch sein, sinke der Score für Baukredite, da in diesem Fall zu viel Geld für andere Konsumgüter…“

„… gebe die Deutsche Bahn AG zu Marketingzwecken keine Kundendaten an Dritte weiter. Dies sei sichergestellt, da die Marketingfirma eine hundertprozentige Tochter der…“

„… der gelungenen Feierstunde. Die Deutsche Bahn AG habe erstmals bewiesen, dass Hartmut Mehdorn verzichtbar sei, da man auch ohne seine Mitarbeit eine katastrophale…“

„… dass Sitzreservierungen im Raucherbereich zur Weitervermittlung der Anschrift an die Krebshilfe sowie Jehovas Zeugen führten. Grube habe diese 784.030 Einzelfälle als kaum repräsentativ für die markentechnische…“

„… die Zuordnung von Kaffeebechern zu eindeutigen Vornamen der Fahrgäste sicher nur ein ganz zufälliges…“

„… bezeichne IM Friedrich es als terroristischen Akt, unter dem Deckmantel feiger Anonymität am Fahrkartenschalter mit Bargeld ein Ticket zu kaufen. Der deutsche Bahnhof dürfe kein rechtsfreier Raum…“

„… werde der Preis der Fahrkarte, der Abfahrt- und Zielbahnhof gespeichert. Wer in ungünstig gelegene Gebiete mit erwartbar steigender Arbeitslosigkeit fahre, müsse mit einer Meldung bei den Sicherheitsbehörden an…“

„… die Beraterfirma empfohlen habe, den Handel mit Kundendaten auszuweiten, da er als Geschäftsmodell mehr als die erwartbare Rendite verspreche. Dazu müsse die Gesellschaft allerdings Bereiche wie den Personenverkehr langfristig…“

„… sich Karl-Thomas Neumann lobend über die Deutsche Bahn AG geäußert. Keine andere Aktion, so der Opel-Vorstandsvorsitzende, sichere dem Individualverkehr auf Jahre hinaus die…“

„… dass nach mehr als einer Beschwerde über liegen gebliebene Triebköpfe, stundenlangen Aufenthalt auf freier Strecke und einen kostenpflichtigen Schienenersatzverkehr keine Sitzplätze mehr reserviert werden könnten. Dies sei eindeutig ein Softwarefehler, der vermutlich bis 2015…“

„… ob gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Bahn AG das Tragen eines Aluminiumhutes in den…“





Unbekannt verzogen

9 07 2012

„So hören Sie doch, wir brauchen Ihre Kataloge nicht! Die Kanzlerin hat genug Hosenanzüge. Wir schmeißen das sowieso in den Papiercontainer, Sie können das lassen. Und bitte hören Sie endlich auf, Ihre Werbepost an die Kanzlerin hier ins Amt zu schicken! So war das neue Meldegesetz nämlich nicht gedacht!

Gestern zwei Säcke, vorgestern zwei Säcke, alles voller alter Säcke. Gut, ist im Kanzleramt jetzt nicht so ungewöhnlich, aber auf die Dauer stört es doch. Die schicken Briefdrucksachen und Infopost und Prospekte und Preislisten. Seitdem sie die Privatanschrift der Kanzlerin rausbekommen haben. Wird jetzt natürlich alles nachgeschickt. Und dabei waren wir uns so sicher, dass das nur diese – wie heißt das da noch gleich? Nee, diese Leute, die da immer so… also dieses Zeugs halt – Volk! Volk, ich kam nicht drauf, Volk natürlich. Dass das Volk davon betroffen ist. Leider auch die Kanzlerin.

Diese Musterbücher sind zwar ganz hübsch, aber könnten Sie die vielleicht trotzdem vom Tisch nehmen? Einerseits brauchen wir gerade keine neuen Tapeten, und andererseits haben wir die doppelt. Und hier ist bloß ein einziger Schreibtisch. Vermutlich haben die das zweite Exemplar aus lauter Dankbarkeit den Jungen Liberalen schicken wollen und hatten die Adresse nicht. Unbekannt und verzogen, das soll auf die ja beides zutreffen.

Am Anfang dachten wir ja, die Aigner hätte sich einen Scherz erlaubt, von wegen: wenn Ihr meine schöne Symbolpolitik gegen Facebook kaputt macht, dann räche ich mich eben auf die Art. War dann aber gar nicht von ihr. Weil, dann hätte sie ja vorher Facebook verstehen müssen.

Was haben Sie denn da, Kundenzeitschriften? Das Häkelkränzchen? Nationale Blätter? Du und Dein Gebiss? Wer liest denn so einen Dreck? Ach, als Hinweis der deutschen Presseverleger? Wenn sie nicht ihr Leistungsschutzrecht bekommen, liefern sie den ganzen Schmadder weiterhin frei Haus? Das nenne ich mal Service.

Vor allem diese Zusatzgeschäfte – Querverkäufe und der ganze Kram. Kauft sie sich einen neuen Hosenanzug, schon kommt ein Prospekt mit Pumps, legt sie sich eine Matratze zu, liefern sie den Bettwäsche-Katalog, bucht sie ein Hotelzimmer für den Euro-Krisengipfel, hat sie ein Angebot über eine Risikolebensversicherung – Rotwein? Braucht sie nicht. In diesem Laden wird nur noch Schnaps gesoffen, das merken Sie doch.

Man munkelt ja, dass das ein paar Aktivisten waren. Weil die Kanzlerin nicht alleine damit dasteht. Schäuble kriegt pro Tag einen Zentner Post, Seehofer auch. Wir haben allerdings noch nicht in Erfahrung bringen können, wer sich die Adressen vom Einwohnermeldeamt besorgt hat. Datenschutz, Sie verstehen schon.

Produktproben? Stellen Sie’s zu den anderen da auf den Tisch. Da ist noch Platz neben den Keksen und der Pflege für die vollreife Haut. Unsichtbar? Stellen Sie’s halt unter den Tisch, wenn Ihnen das peinlich ist. Wobei, das muss ja Ihnen nicht peinlich sein, schließlich hat die Kanzlerin selbst diesen ganzen – kein neutraler Karton? Viagra? Haben die schon wieder Viagra geschickt? Was fällt denen ein, wir haben doch dreimal gesagt, dass wir keinen Bedarf haben. Eine Großpackung? Schicken Sie’s zu Pofalla rüber, der hat’s nötig.

Schon probiert. Ummelden bringt nichts. Das wäre auch außenpolitisch etwas kompliziert. Wir müssten dann sagen: die Kanzlerin hat zwei Standpunkte, kann sich aber für keinen entscheiden. Zwei Standpunkte. Dabei hat sie doch sonst nicht mal einen.

Immerhin verdienen dabei die Kommunen. Sie müssen als Bürger bezahlen, dass Sie Ihre Daten ins Melderegister reinbekommen, und dafür kassiert die Gemeinde dann Geld, wenn sie es verkauft – finanzieller Lastenausgleich, sozusagen. Diese schwarz-gelbe Koalition ist gar nicht so ungerecht, wie viele denken. Und, wie gesagt, die Kommunen verdienen noch daran. Das ist doch wirklich echt ungewöhnlich: Die Kanzlerin beschließt etwas, aber es wird trotzdem nicht teurer als geplant.

Das größte Problem hatten wir ja mit Friedrich. Der hat vielleicht geschäumt – gut, der schäumt immer, das ist nicht der Rede wert, aber diesmal hat er gedacht, er hätte ausnahmsweise einmal etwas richtig gemacht. Der ist hier eine Woche lang durch den Bundestag stolziert und hat behauptet, er hätte endlich eine eigene Vorratsdatenspeicherung. Da hat er sich selbst mit der Wirtschaft verwechselt. Komisch, das passiert doch sonst nur der FDP?

Schuld ist doch letztlich Jogi Löw und die DFB-Mannschaft. Wer rechnet denn damit? Finale, dann eine Woche Freudentaumel, alle Schlagzeilen in Schwarz-Rot-Gold, hätten Sie denn gedacht, dass sich da jemand für Politik interessiert? Das ist doch Vaterlandsverrat! Perfide! Also von den Fußballern.

Dass wir der Datenweitergabe nicht mehr widersprechen konnten, hatte regierungsamtliche Gründe. Doch, diesmal wirklich. Die Regierung wollte einmal in vier Jahren ein widerspruchsfreies Gesetz hinkriegen. Außerdem ist das ein enormer justizpolitischer Fortschritt – diese Chaotenpartei will Downloaden und Kiffen entkriminalisieren, wir legalisieren den verbotenen Adresshandel. Das nenne ich mal gelebte Demokratie!

Und jetzt nehmen Sie bitte diese verdammte Dauerwurst hier weg. Ich kann das Zeug nicht mehr riechen!“





Jagdszenen

7 10 2009

„Sie kommen auf Empfehlung? Ja, das freut mich natürlich, wenn unsere Kunden zufrieden sind. Und hatten Sie schon einige Maßnahmen ins Auge gefasst oder möchten Sie sich vorab einmal unser ganzes Leistungsspektrum anschauen? Katalog? Freilich haben wir einen Katalog, warten Sie einen Moment.

Also das klassische Sortiment beginnt mit der üblichen Verfolgung. Ihre Zielperson hat ganz einfach immer einen Schatten hinter sich, Tag und Nacht. Klar, das merken Sie! Wenn Ihnen einer unserer Profis nachschleicht, das merken Sie garantiert. Und das lässt sich ja beliebig mit den anderen Posten kombinieren. Wir besuchen Ihre Zielperson am Arbeitsplatz, in der Freizeit, wir sind vor der Wohnung präsent. Immer zur Stelle, immer am Platz – Verfügbarkeit ist unser Motto. Aber ja, das ist überhaupt kein Problem. Wenn Sie da jemanden im Auge haben, fragen wir auch Kollegen aus. Oder Nachbarn. Oder wen Sie möchten.

Gerüchte? Da sind wir sehr flexibel. Na, Sie werden doch einem alleinstehenden, älteren Herrn nicht in die Schuhe schieben wollen, dass er auf den Strich geht. Da operieren wir ganz individuell. Kommt eben darauf an, wer die Zielperson ist. Bei einen konservativen Stadtrat würde ich etwa zu wilden Drogenpartys mit kleinen Jungs raten; wenn Sie dem nachsagen, er sei bestechlich oder ginge fremd, interessiert das doch kein Schwein mehr.

Aber sicher, das ist nur eine Frage des Preises. Wir haben da Kooperationspartner. Wenn Sie zum Beispiel für die Dame jeden Tag einen Strauß Rosen ordern, dann erhalten Sie bereits ab der zweiten Woche zehn Prozent Rabatt. Eben, man muss das rein marktwirtschaftlich sehen, da haben Sie vollkommen Recht. Und unsere Partner werden immer mehr, seit gestern bekommen Sie sogar Nachlass, wenn Sie mehr als zwanzig Mal den Pizzaservice ordern oder dreißig Mietwagen bestellen. Versandhandel? Daran arbeiten wir noch. Uns schwebt eine Interessengemeinschaft mit den Paketlieferdiensten vor. Die müssen ja schließlich ausliefern, was Sie da im Namen Ihrer ehemaligen Lebensgefährtin so alles bestellen.

Das mit den Liebesbriefen geht natürlich nur, wenn Sie uns ein paar Informationen liefern. Urlaub auf Korsika, ja, habe ich. 2005 war die Affäre mit der Kollegin? Und sie hat Fichtennadelschaumbad besonders gerne? Alles notiert. Unser Textbüro wird dann aktiv, sobald Sie den Startschuss gegeben haben. Aber natürlich handgeschrieben, was denken Sie denn? Ihre Handschrift nachmachen? Na, das dürfte für unsere Spezialisten doch ein Klacks sein!

Rund um die Uhr! Vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche – bei uns bekommen Sie lückenlose Abdeckung. Nein, wir besorgen uns die Daten selbst. Geheimnummer? Kein Problem für uns, das kriegen wir raus. Wir haben da sehr gute Kontakte. Handynummer, Mailadresse, einfach alles. Auf allen Kanälen. Selbstredend nach Ihren Vorschlägen. SMS, bis der Speicher platzt. Alles, was Sie wollen. Datenschutz? Wieso Datenschutz? Ich will Ihnen mal was sagen: das Wort existiert für uns überhaupt nicht. Na, jetzt werden Sie mal nicht päpstlicher als der Papst. Schließlich wollen Sie Ihrer Ex doch mal so richtig…

Auch mit Video, ja. Das gehört zwar eher ins Spektrum der Privatermittler, aber wir bieten alles an, was unsere Kunden wünschen, und sei es noch so sinnlos. Was wollen Sie denn mit den ganzen Videos anfangen? Na eben.

Hm, das ist eine heikle Frage. Grundsätzlich natürlich nicht. Also sagen wir mal so: es ist ja auch juristisch nicht unumstritten. Und wenn Sie mal überlegen, eine Erpressung würde natürlich enorme logistische Kräfte binden. Sie müssen da eine Geldübergabe vorbereiten, Sie brauchen viel Sicherheitspersonal, und am Ende werden Sie doch geschnappt. Nein, das rechnet sich nicht. Nehmen Sie doch lieber eine Sachbeschädigung. Kosten gehen natürlich extra. Wenn Sie mal die Referenzen anschauen möchten, hier haben wir sogar ein Loch in eine Außenmauer gesprengt. Ja, das bekommen Sie mit unserem Personal hin. Nur beste Qualität.

Ja, für den kleinen Geldbeutel haben wir auch etwas im Programm. Autolack zerkratzen wird gerne von betrogenen Ehefrauen geordert.

Das Persönlichkeitsprofil können Sie natürlich einsehen. Unser psychologisches Ressort analysiert Ihre Zielperson ganz genau, um möglichst effektiv zuzugreifen. Und ob das wirkt! Nehmen Sie zum Beispiel an, Ihre Verflossene hat im Supermarkt eingekauft und wir haben dank der Scannerkasse ihren Kassenzettel. Jetzt kommt Ihre tägliche Blumenlieferung mit einem kleinen Kärtchen: ‚Die Rosen passend zum Rotwein‘. Wenn Sie dann sekundengenau noch eine SMS senden, an der Tür klingeln und im Auto die Alarmanlage losgeht, was meinen Sie, was das für einen durchschlagenden Erfolg hat!

Ach, da machen Sie sich mal keine Sorgen. Die halten das schon aus. Wissen Sie, der Vorteil ist, dass unsere Kräfte keinerlei Beziehung zum Opfer haben, da entwickelt sich auch kein unangenehmer Nebeneffekt wie beispielsweise Mitleid. Wir sehen das ganz nüchtern als handwerkliche Aufgabe an, die wir stets zu Ihrer vollsten Zufriedenheit erledigen werden. Vertrauen Sie uns. Wir kennen das Geschäft. Und ich würde sagen, wir gehören zu den Besten, die Sie für Geld bekommen.

Na also! Ich wusste doch gleich, dass Sie uns den Auftrag geben würden. Und ich verspreche Ihnen, Sie werden sehr zufrieden sein mit Ihrem Bundesministerium des Innern.“





Jubelperser

10 09 2009

Am Empfang saß eine sehr diskrete Dame, die mich über den Rand ihrer Brille musterte wie ein Stück Vieh. „Sie sind möglicherweise nicht unser Typ“, teilte sie mir mit gezwungener Freundlichkeit mit, „aber wenn Sie durchaus darauf bestehen, werde ich sehen, was sich machen lässt.“ „Lassen Sie nur, Frau Blümlein“, beeilte sich der Mann im korrekten Anzug, der plötzlich hinter ihr wie aus dem Parkettboden gewachsen stand, „der Herr ist nicht wegen einer Bewerbung gekommen.“ Das betretene Blümlein inspizierte gewissenhaft ihren Nagellack, während er mir die Hand gab. „Philipp Brausekopf, sehr angenehm. Sie kommen auf Empfehlung von Seyboldt, nehme ich an?“ Das entsprach den Tatsachen; Seyboldt ist rechthaberisch, ein notorischer Besserwisser, von stinkender Arroganz, ungebildet, penetrant wie ein Staubsaugervertreter und vor allem charakterlos, kurz: ich hatte nie einen besseren PR-Berater kennen gelernt.

„Möchten Sie schon etwas fest buchen“, fragte Brausekopf mich im Aufzug, „oder wollen Sie sich lieber vorab einen Überblick über unseren Vorrat verschaffen?“ Ich wollte erst einmal sehen, denn so ganz klar war mir nicht, was in diesem Laden so getrieben würde. „Wir haben ein ausgeklügeltes Suchraster, das wir ganz genau an Ihre Bedürfnisse anpassen können. Jederzeit das richtige Personal, ist das nicht wundervoll?“ „Also sind Sie eine Agentur für Zeitarbeit?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, wir haben hier nur freie Mitarbeiter, die jeweils für einen Event gebucht werden können. Sie versorgen uns mit Ihren jeweiligen Vorgaben, der Computer erledigt den Rest – Sie sind mit dem Personal People Pool allzeit gut beraten. Darf ich Ihnen einmal unsere Datenbank zeigen?“ Und er führte mich in einen Büroraum, in dem ein Rechner stand. „Nehmen Sie Platz.“

Endlose Reihen von Namen, Daten, Auswahl- und Eingabeboxen scrollten den Bildschirm herab. „Nehmen wir einmal an, Sie wollen einen Betrieb besichtigen. Die Presse soll natürlich dabei sein, das Fernsehen, es wird fotografiert, möglicherweise filmt jemand das und stellt es hinterher ins Internet. Sie sehen, es gibt einige Dinge zu bedenken. Was brauchen Sie nun?“ „Einen PR-Manager?“, fragte ich unsicher. „Viel einfacher“, lächelte Brausekopf, „zunächst einmal brauchen Sie die richtige Staffage und das perfekte Personal. Sie wählen aus, wer für Ihr PR-Ereignis gebraucht wird, Sie inszenieren die ganze Sache, und wir schicken Ihnen die Leute.“ „Ich komme also als Politiker zu Ihnen und ordere dann ein paar Arbeitergesichter? Wäre es nicht viel einfacher, gleich die Belegschaft der Firma zu nehmen?“ „Sie missverstehen. Es geht hier nicht einfach nur um Gesichter – schauen Sie sich die Suchmaske an. Wir sortieren nicht nur nach Alter, Geschlecht, Haarfarbe, wir haben eine Fülle von Kriterien.“ Er gab ein paar Zahlen ein, drückte eine Taste, und die Datenbank spuckte eine Reihe von Kandidaten aus. „Kleinwüchsige. Keiner größer als einen Meter dreißig. Hätte Sarkozy uns damit beauftragt, er hätte lauter Hutzelzwerge um sich herum gehabt. Auch die Hausfrauen, die das Unterrichtsministerium zum Lügen in den Supermarkt geschickt hatte, hätten wir liefern können: ein Dutzend Damen mit Dyskalkulie hätten sofort und glaubwürdig bestätigt, dass bei einer Preissteigerung von hundert Prozent alles billiger wird. Voilà!“ Und der Rechner ließ eine Liste sehr kleiner Französinnen mit Rechenschwäche vom Stapel.

„Sie lehren also die Bilder lügen“, sagte ich trocken. „Aber woher denn? Schauen Sie, wenn diese Frauen das sagen, ist es doch vollkommen korrekt. Wenn ich einen Blinden befrage und er mir sagt, er könne keinen Unterschied sehen, ist das dann gelogen? Na?“

„Machen wir es kurz, Brausekopf“, antwortete ich, „Sie vermieten Jubelperser. Sie organisieren das Hintergrundrauschen, das die Manipulation erst ermöglicht.“ „Das müssen Sie doch verstehen!“ Er war offensichtlich gekränkt. „Man braucht doch Publikum, um eine Öffentlichkeit darzustellen – soll denn der Bürger glauben, dass sich alles nur hinter verschlossenen Türen abspielt? Sehen Sie mal.“ Wieder tippte er an der Suchmaske herum. „Rentner, politische Orientierung, so, und jetzt noch den beglaubigten Intelligenzquotienten… na? Frau von der Leyen ist immer sehr zufrieden, wenn wir ihren Wahlkampf beschicken.“ Ich schwieg. „Na, wir drehen mal da noch ein bisschen am IQ, dann nehmen wir mal das Alter raus… so, hier können wir vielleicht noch ein bisschen Vorstrafenregister reinnehmen…“ Er geriet regelrecht ins Schwärmen. „Jede Menge Vollidioten. Die ideale Kulisse für einen NPD-Parteitag.“

„Fassen wir es zusammen, Herr Brausekopf: Sie basteln hier etwas zusammen, das für die Realität gehalten wird und nicht ist.“ „Papperlapapp“, fiel er mir ins Wort, „was glauben Sie eigentlich, warum sich der Kohl damals immer zwischen Blüm und den Grafen Lambsdorff gestellt hat, wenn die Fotografen kamen? Denken Sie, das ist neu?“ „Und woher haben Sie die ganzen Daten? Das muss ja ein enormer logistischer Aufwand sein, Tausende in diese Datenbank aufzunehmen und die Daten dann zu pflegen?“ „Nun ja“, druckste er, „wir arbeiten ja eng mit der Wirtschaft zusammen.“ Mit der Wirtschaft? „Schauen Sie, wenn die Deutsche Bahn AG jemanden schon mal zufällig ins Visier genommen haben sollte…“