„Sicher, wir hätten das auch auf konventionellem Weg wieder machen können. Die Mittel sind bei uns vorhanden, fast jeder hat ja einen Bekannten bei der Bundeswehr oder in der Polizei, und die Strukturen sind schnell gefunden. Aber wir wollen es diesmal professioneller organisieren. Die RAF als Partei zu gründen ist insofern staatspolitisch nur ein logischer Schritt.
Mit der Namensfindung gab es anfänglich noch ein paar Schwierigkeiten, aber das ist jetzt auch beigelegt. Einige wollten das R für ‚Radikal‘, und das ist in gewisser Hinsicht auch nachvollziehbar. Radikal ist ja das neue Normal, wenn man auf die drängenden Probleme unserer Zeit blickt – mit den Denkmustern des 20. Jahrhunderts kriegen Sie das nicht mehr in den Griff. Auf der anderen Seite hat die Mehrheit der Wähler damit immer noch ‚Rot‘ im Hinterkopf, aber da würden wir uns heute nicht mehr unbedingt verorten. Aus dem Lager hat es von Sarrazin über Thierse und Lafontaine bis jüngst zu Wagenknecht so viel genuin faschistisches Personal gegeben, dass wir ideologische Nähe zu erzeugen für nicht zwingend notwendig halten. Dann doch lieber ‚Republikanisch‘, schließlich bekennen wir uns diesmal zur Verfassung und haben auch nicht vor, sie abzuschaffen oder zu beschneiden.
Wobei das ja in der sogenannten Mitte als noch viel schlimmer und radikaler gilt. Kein Feind der Verfassung und nicht ausgesprochen rechtsnational zu sein ist ja heute schon der Nachweis für eine geschlossen linksextremistische Gesinnung. Fragen Sie den Verfassungsschutz, der schmeißt sofort mit Hufeisen nach Ihnen. Wenn man uns also eine Art von Radikalität vorwerfen will, dann entscheiden wir uns für die republikanische.
Sie dürfen das jetzt allerdings nicht mit der AfD verwechseln. Je nach Perspektive ist die der parlamentarische Arm des Rechtsterrorismus oder ein nationalsozialistischer Planungsstab, der die Anschläge aus Haftungsgründen outgesourct hat. Das schreckt dann die sogenannte bürgerliche Mitte etwas weniger ab, die auch zu wählen, aber es führt an gewissen Punkten eben zu Verlusten, wenn die bürgerliche Mitte sich plötzlich klar macht, dass sie eine Partei wählt, die nicht nur faschistische Hetze betreibt, sondern das auch genau so meint. Wir sind da eher für die Versöhnung aus Theorie und Praxis, das heißt, wir entwickeln ein antikapitalistisches Programm, das wir dann in der Aktion auch ganz direkt so umsetzen. Da gibt es dann recht wenig Überraschungen. Vielleicht bei uns selbst, wenn wir dann feststellen, wie viele sich mit unseren Zielen tatsächlich identifizieren können, aber so weit sind wir ja noch gar nicht.
Und natürlich rechnen wir damit, wegen unserer antikapitalistischen Haltung beobachtet zu werden. Für den Verfassungsschutz reicht das aus. Aber im Gegensatz zu anderen linken Gruppen zünden wir nicht einfach Autos an, wir beseitigen Menschen. Das ist im Allgemeinen das, was die Regierung auch tut, also kann es strafrechtlich nicht ganz so böse sein, oder?
Wobei Sie berücksichtigen müssen, dass wir die Bürger diesmal nicht in Mitleidenschaft ziehen möchten. Die Notstandsgesetze von heute sind im Wesentlichen ja das, was die Regierung für die Wirtschaft bereitstellt, damit die Bürger sich auch im Notstand noch so weit bewegen können, dass sie produktiv bleiben. Indem die Regierung von beiden Seiten die Bürger in die Zange nimmt und den berechtigten Protest an den untauglichen Mitteln gegen die Bekämpfung bedrohlicher Gefahren mit Polizeigewalt zu unterbinden versucht, während der unberechtigte und ungesetzliche Protest weiterhin tun darf, was er will, polarisiert sie natürlich jeden weiteren Protest. Mit der Wahl eines rechten Populisten zum Kanzlerkandidaten und drohenden Bundeskanzler sind wir natürlich längst so weit, wie wir bei einem bekennenden Nationalsozialisten im Kanzleramt schon einmal waren. Sie können uns wählen, wir setzen dann Ihren Protest so um, wie er im Programm beschrieben und begründet ist.
Natürlich kann geschossen werden. Das sind wir unseren historischen Vorbildern schuldig. Aber wir bomben nicht einfach irgendwas weg oder schießen auf Leute, deren Meinung uns nicht genehm ist. Das ist Terrorismus, der mit der Angst der Massen operiert, wie ihn beispielsweise die AfD praktiziert. Wir würden ein paar störende Auswüchse des US-Imperialismus aus dem Weg räumen, und dann konzentrieren wir uns auf gesellschaftsfeindliche Personen, die schwere Schuld auf sich geladen haben. Die Nebenkriegsschauplätze wie Bankraub, Autodiebstahl und so weiter, das benötigen wir jetzt nicht mehr, wir werden ja staatlich alimentiert. Das gibt den Wählern auch mehr Planungssicherheit als seinerzeit den Sympathisanten. Es birgt geringere Risiken, als polizeilich gesuchte Personen bei sich in der Wohnung Unterschlupf zu gewähren. Wir haben also keinen Grund, den Rechtsstaat, so wie er jetzt ist, nachhaltig zu schwächen. Im Gegenteil. Wir suchen uns jetzt kein akademisch-komplexes Sinnsystem zur politologischen Legitimation der Aktionen, weil das sowieso irgendwann schiefgeht. Man sieht ja an der AfD, die alle paar Jahre eine neue Stufe der Radikalisierung mit derselben Realität begründet. Dann lassen wir lieber die sogenannte bürgerliche Mitte Erklärungen finden, die können das sowieso viel besser. Eskalieren auch und Gesetze verschärfen ohnehin. Die intellektuelle Linke wird wie immer nichts tun, die nicht ganz so intellektuelle Linke wird noch weiter nach rechts rutschen, und dann sehen wir mal weiter. Wie gesagt, Sie können uns wählen.“
Satzspiegel