Frühling. Unklassisch

29 03 2015

Lenz, ach holder! sänge Dir nur Schiller,
Dich mit Marmorworten schön zu preisen,
Deine lauen Lüfte zu enteisen
wie mit Nachtigallenfrohgetriller.

Unsereiner stolpert über Wiesen
im Versuch, mit anmutsvollen Weisen
Dir zu schmeicheln. Weh! es wird entgleisen,
und was bleibt, ist saisonales Niesen.





Im März

25 03 2012

Es spiegeln Farben sich am übersonnten
und heiterlichten Brunnengrund: Türkis
und Blau und Grün, die sich noch scheiden konnten,
wo leiser Wind das Wasser tanzen ließ.

Inmitten der Fontäne stehn Figuren;
ein Triton trägt die Nymphe, stolz und bloß.
Ihr Schattenwurf verlässt sie ohne Spuren,
beginnt im Flug und sagt sich gänzlich los.

Uns ist die Form, die sich verwandelt, heilig,
da sie unfassbar bleibt im reinen Erz.
In Licht und Jahreslauf vergehen eilig
die Bilder. Jeder Schlag rührt einen Schmerz.





Frühlings Erwachen

6 03 2010

Das Kätzchen blüht. Es schwärmt der Schwärmer.
Der Fink, der schlägt. So auch mein Herz.
Es sagt der Jahreslauf nun: März.
Jetzt wird der Schnee gleich merklich wärmer,
nicht länger friert mir das Gebein.
Das wird, ich denk’s, der Frühling sein.

Ein weißer Tupfer – sieh, die Glöckchen,
sie heilten, sagt man, die Demenz;
man muss nur sorgsam kauen, wenn’s
schon blüht zwischen den Restschneeflöckchen.
Und hilft es nicht, so wird man spei’n –
ach ja, das wird der Frühling sein.

Nun will die Meise fröhlich singen,
sie ist zur Mittagszeit schon blau –
tät ich es so, ich faule Sau,
müsst ich von Loch zu Schlagloch springen.
Da freut sich selbst der Gallenstein!
Gewiss wird das der Frühling sein.

Am Bordstein stehen die Gestalten,
die bauchfrei, bunt und nylonprall
als optisch größter Unglücksfall
mit Turnschuh, Arsch- und Nabelfalten
beleidigen mein Äugelein.
Das muss – erraten! Frühling sein.





Osterspaziergang oder Wie es wirklich war

12 04 2009

Spaziergänger aller Art ziehen hinaus. Faust und Wagner.

Faust.

Vom Eis befreit sind Strom und Bäche.
Der Spießer hebt beseelt den Blick.
Sein Hund scheißt auf die Spielplatzfläche.
Das nennt man dann wohl: stilles Glück.

Die Kinder kreischen wegen Eises
in Horden auf der grünen Flur;
sie ziehen auf dem Rasen weißes
Bonbonpapier zur Frühlingsspur.

Es regt sich Bildung, regt sich Streben
nach Farbe, Form und Blech und Bier;
will er zum Trunk die Dose heben,
schon schmeißt sie Vati ins Revier.

Sie quellen all aus den Gemächern,
hinaus aus dumpfer Stadt zu ziehn,
schon sind sie fern von ihren Dächern,
da lärmt ein Moped durch das Grün.

Wagner stopft sich unterdessen die Finger in die Ohren.

Sie feiern Auferstehungsfreuden,
sind selbst erstanden aus dem Rest
von Sessel, Sofa, Blasenleiden
mit Salzgebäck und Osternest.

Den Frühling führen sie im Wappen.
Der Jüngling wie die dicke Maid,
sie schlurfen aus auf Badeschlappen
in muntrem, buntem Trainingskleid.

Sie zwängen ihres Körpers Menge,
die aus der Gier entstand am Fraß,
in eine Polyesterenge
und watscheln darin übers Gras.

Wagner läuft grün an und beginnt hörbar zu würgen.

Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
hier ist des Volkes wahrer Himmel,
zufrieden jauchzet groß und klein:
hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.

Wagner.

Boah ey, kann mal jemand diese ganzen Spacken hier wegmachen? Mephisto! Ich kotz gleich!