„Wir sind da ganz Ihrer Meinung. Frau Nahles hat das auch ganz klar irgendwie so verstanden, worum es ging. Deshalb wollten wir jetzt mal sehen, ob wir nicht eine gemeinsame Linie unserer Ministerien finden könnten.
Wenn wir schon in einer Koalition sind, dann sollten wir doch auch zusammenarbeiten, nicht wahr? Das erspart uns viel – Arbeit, wollte ich sagen, aber Sie verstehen schon. Ja, wir haben verstanden, und gerade wir als SPD-geführtes Ressort sind uns dieser besonderen Verantwortung sehr wohl bewusst. Wir müssen uns um die Gewerkschaften kümmern. Sonst tanzen uns diese Schmarotzer ständig auf der Nase herum.
Der Genosse Sarrazin hat ja schon gute Dienste geleistet, das muss man ihm lassen. Das sozialdemokratische Profil für die kommenden Jahrzehnte derart zu schärfen, auch mit der ganzen dazugehörigen Einbettung in die deutsche Geschichte, das war eine echte Pionierarbeit. Wirklich eine großartige Leistung. Was meinen Sie, was das für uns für ein Schock war, als es hieß, er würde zur AfD gehen – jahrelange Aufbauarbeit zunichte, eine Protestpartei kassiert den Lohn und schlachtet ihn für die eigenen Stimmenanteile aus! Gut, nach unserem Leitbild muss halt jeder selbst sehen, wie er aus dem Quark kommt, und wer es nicht schafft, ist halt irgendwie auch ein Stück weit schuld. Aber das gilt doch nicht für uns selbst!
Es war ja auch nicht alles schlecht damals. Den Brüdern und Schwestern, die gerne republikflüchtig geworden wären, denen konnte man sagen: wartet noch ein Weilchen, bald kommt der Kapitalismus auch zu Euch, und den Sozialistenschweinen, die für jeden Scheißdreck streiken wollten, den hat man gesagt: geht doch nach drüben, wenn’s Euch in der Demokratie nicht passt. Deshalb ist das ja auch so verlogen, wenn die sich heute hinstellen und ganz einfach behaupten, die DDR sei ein Unrechtsstaat gewesen. Das gilt doch aber nur für eine Seite der Mauer, haben die das denn immer noch nicht kapiert?
Was ist denn so schlimm an einer einheitlichen Gewerkschaft? Wenn die alle Glück haben, handeln die auch einen schönen Einheitstarif für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus. Na gut, zwei. Einen Ost und einen West. Aber das kann doch nicht so tragisch sein, die Angela Merkel war auch mal im FDGB. Und heute ist sie Kanzlerin.
Einheitsgewerkschaft, wenn ich das schon höre. Unsinn ist das. Eine Einheitsgewerkschaft ist in diesem Land vollkommen unmöglich. Und genau deshalb brauchen wir eben auch ein Gesetz, das die Tarifeinheit erlaubt. Das ist viel effizienter, das ist endlich mal eine Reform, die sich auch auf die Lebensbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konkret auswirken wird.
Also wenn Sie zu einer interdisziplinierenden… disziplinären, wollte ich sagen, interdisziplinären Maßnahme über die Ministeriumsgrenzen hinweg bereit wären, würden wir uns bemühen, auch mal ein Gesetz mit juristischem Sachverstand zu liefern. Das kennt man ja von uns. Also dass wir das bisher auch schon immer versprochen hatten.
Im Grundgesetz steht erstmal nur das mit der Koalitionsfreiheit. Wir nehmen das als SPD auch hin, weil wir davon ja profitieren – wir haben die Freiheit, eine Koalition einzugehen, die die Opposition hier und da einschränkt, und wir nehmen das hin, ohne dagegen zu protestieren. Ich finde, die Lokführer könnten sich von unserer demokratischen Grundhaltung ruhig mal eine Scheibe abschneiden.
Schließlich leben wir in einer Demokratie, das müssen die Gewerkschaften zur Kenntnis nehmen, ob sie nun wollen oder nicht. Und die ist nun mal marktkonform. Das beruht auf der Entscheidung der Kanzlerin, die wurde von der Mehrheit des Bundestages gewählt, und der wurde gewählt von einer – Nichtwähler? weiß ich nicht, aber auf jeden Fall war das nach dem alten Wahlrecht, oder nach dem neuen, also auf jeden Fall demokratisch, und deshalb ist auch unser Parlament ein Rechtsstaat, und den kann keine Gewerkschaft beseitigen.
Umgekehrt kann das nämlich schon ganz anders aussehen. Wir sind uns doch wohl einig, dass der Aufschwung das Wichtigste für Deutschland ist, oder? Meinetwegen, dann eben das Wachstum, ich habe keine Ahnung davon. Ich sitze hier im Arbeitsministerium, wir beschäftigen uns mit Wirtschaft nur ganz am Rande. Wenn überhaupt. Und sozialdemokratisch ist, was Arbeit schafft.
Mit uns bleibt dieser Staat form- und lenkbar. Und wir werden auch nichts unversucht lassen, dass dieser Zustand so bleibt, Herr Kollege. Dafür haben wir lange genug darauf hingearbeitet, wir als Sozialdemokraten. Unsere Bildungsreform: Chaos in Schulen und Hochschulen, das massiven Bildungsabbau zur Folge hat. Unsere Reform des Arbeitsmarktes: Hartz IV. Finanzmarktreform: ein paar korrupte Zocker lachen sich tot, weil wir ihnen hinter vorgehaltener Hand den Mittelfinger zeigen. Fragen Sie doch mal Ihren Chef, den Innenminister, ob er sich eine Zusammenarbeit vorstellen könnte. So eine Grundrechtsreform braucht viele gute Ideen.“
Satzspiegel