Mad Men

13 07 2015

„Sofort eine Million neuer Arbeitsplätze? und dreißig Prozent Mehrwertsteuer?“ „Eben.“ „Das ist doch, entschuldigen Sie mal, das ist doch der größte Blödsinn, den je ein…“ „Ihnen kann das doch völlig egal sein, wir fordern es doch nicht von den Deutschen.“ „Aber von Griechenland, und da macht das doch erst recht keinen Sinn.“ „Deshalb fordern wir es ja.“

„Wie soll man denn eine Million Arbeitsplätze aus dem Boden stampfen?“ „Das ist mir doch egal.“ „Sie fordern also, obwohl Sie überhaupt nicht wissen, wie das realistisch umzusetzen wäre?“ „Das ist schließlich nicht unsere Aufgabe. Wir stellen nur die Forderungen, und die Griechen sind bisher immer so ein kreatives Volk gewesen, die können sich mal überlegen, wie sie mit den deutschen Forderungen zurechtkommen.“ „Und wenn die es gar nicht schaffen?“ „Das dürfte ein Problem sein, zum Glück nicht meins.“ „Sie sind ja komplett wahnsinnig.“ „Ja, warum?“ „Weil ich langsam den Eindruck bekommen, dass Ihr Wahnsinn Methode hat.“ „Nicht ganz, er ist die Methode selbst. Wahnsinn ist unsere Methode.“

„Ein methodisches Vorgehen auf der Basis von Wahnsinn?“ „Was stört Sie daran? Dass es nicht funktioniert?“ „Im Gegenteil, es funktioniert seit Jahren.“ „Dann verstehe ich nicht, warum Sie so aufgebracht sind.“ „Es ist absolut unvernünftig, sich in einer solche Situation so zu verhalten!“ „Ach was, das kommt Ihnen nur so vor. Wir gehen dabei äußerst planvoll vor und ziehen alle möglichen Konsequenzen in Erwägung.“ „Das müssen Sie mir erklären.“ „Ein kleines Kind im Supermarkt will Bonbons, es will sie unbedingt. Was wird es tun?“ „Schreien?“ „Schreien, sich auf den Boden werfen, die Gurkengläser aus den Regalen fegen. Warum?“ „Weil es dann die Bonbons kriegt?“ „Falsch. Die sind ja bloß ein Etappenziel. Wir arbeiten jedoch an einer längerfristigen Strategie und wollen uns ihren immerwährenden Erfolg sichern.“ „Also immer Bonbons?“ „Und jedes Stofftier, Eis, länger Aufbleiben, ins Schwimmbad, und so weiter, und so fort.“ „Dann bedarf es doch nicht unbedingt solcher extremen Aktionen wie die im Supermarkt.“ „Doch. Sie ist der Grundstein unserer Strategie. Wissen Sie, warum das Kind sich auf den Boden wirft und die Gurkengläser zerdeppert?“ „Weil es seinen Willen unbedingt durchsetzen will, ohne Rücksicht auf Verluste?“ „Wieder falsch. Weil es nicht verantwortlich ist.“

„Sie sind gar nicht verantwortlich, wenn Sie von den Griechen die Kürzung ihres Militärbudgets verlangen, gleichzeitig aber darauf bestehen, dass die deutschen U-Boote, die keiner braucht, weiter gekauft und bezahlt werden?“ „Natürlich nicht. Der Vorschlag ist, entschuldigen Sie, der größte…“ „Ich weiß. Wer so etwas öffentlich äußert, ist ein geistig zurückgebliebenes Arschloch.“ „Aber…“ „Doch, das sind wir. Und damit sind wir definitiv nicht mehr zurechnungsfähig.“ „Das kann doch nicht ihr Ziel sein.“ „Warum nicht? Wenn jemand nicht mehr zurechnungsfähig ist, und Sie wissen es, geben Sie ihm dann die Bonbons?“ „Ich weiß es nicht. Vielleicht. Doch, ja.“ „Weil Sie nicht wollen, dass Sie das Kind immer wieder in diese furchtbaren Situationen bringt und immer tiefer reinreitet und Ihren guten Ruf beschädigt. Sie sind verantwortlich für das Kind. Ihr Problem.“

„Also fordern Sie Dinge von Griechenland, die nicht oder nur sehr schwer überhaupt zu realisieren sind.“ „Keiner hält uns mehr für ansatzweise vernünftig – wir sind tobsüchtige, durchgeknallte Irre, denen man besser nicht zu nah kommt.“ „Sie setzen also ganz bewusst darauf, dass verschuldete Nationen Sie für wahnsinnig halten.“ „Richtig, wir streuen das Gerücht, dass ein paar unserer Minister mit Schaum vorm Mund regieren und regelmäßig in die Kabinettstischkante beißen.“ „Und mit welchem Erfolg?“ „Sie nehmen jeden unserer Vorschläge an und tun, was wir ihnen befehlen. Ihnen ist klar, sobald wir noch mehr am Rad drehen, wird es unter Umständen noch schlimmer.“ „Ist das überhaupt noch vorstellbar?“ „Denken Sie immer daran: wir sind unzurechnungsfähig. So viel blühende Fantasie können Sie als vernünftiger Mensch gar nicht haben, wie sich unser Wahnsinn gebärdet.“

„Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ist das denn glaubwürdig?“ „Warum nicht?“ „Wir schaden doch langfristig unseren eigenen Interessen, wenn wir diese Maßnahmen gegen Griechenland durchsetzen – wir sind doch nicht mehr glaubwürdig.“ „Eben. Aber es ist immerhin Verlass darauf, dass wir uns gleich bleiben. Worauf wird man eher vertrauen: darauf, dass ein Vernünftiger immer und überall die Nerven behält, oder darauf, dass ein Verrückter irgendwann eine Bombe schmeißen könnte?“ „Ich weiß nicht.“ „Drücken Sie einem verrückten eine Bombe in die Hand, das gibt Ihnen Sicherheit. Er wird nicht erst überlegen, ob er sich mit dem Ding selbst in die Luft sprengen könnte, und Sie können eine entscheidende Größe in der Rechnung vernachlässigen. Wir sind absolut unberechenbar, und deshalb sind wir ein so zuverlässiger Partner – im Gegensatz zu den anderen.“ „Und wenn die Griechen jetzt noch mal so eine Abstimmung machen und…“ „Geben Sie sich keine Mühe. Die Griechen sind nicht gefährlich.“ „Warum nicht?“ „Raten Sie mal: wer hat die Bombe?“





Stirb langsam

13 06 2013

„… sei das Fernsehprogramm der ARD wie geplant um 20:10 abgeschaltet worden, da man befürchtete, mit den derzeit zur Verfügung stehenden Geldern keine sinnvolle…“

„… müsse die GEZ-Gebühr selbstverständlich weiterhin in vollem Umfang gezahlt werden, da jeder Haushalt theoretisch, wenn es denn ein öffentlich-rechtliches Fernsehen in Deutschland gäbe, in der Lage wäre, dieses auch zu empfangen, woraus sich zwingend…“

„… die Einstellung des Sendebetriebs mit der mangelhaften Führung begründet worden sei. So habe man beispielsweise das Feiertagsprogramm regelmäßig durch die Wiederholung schlechter Actionfilme…“

„… müsse eine deutliche Straffung der Rundfunkanstalten nach sich ziehen. Um eine ausgewogene Parteienbeteiligung zu erreichen, schlage die Kommission die beiden gleichberechtigten Partner Bayern (CDU/CSU) und Restdeutschland (SPD)…“

„… im Bayerischen Rundfunk erst nach drei Tagen zur Kenntnis genommen worden sein soll. Der Sprecher des Münchener Hauses habe dies damit begründet, dass sie sich aus Gewohnheit aus dem laufenden Programm ausklinkten, wenn anarchistischer, unchristlicher oder demokratischer Schmutz und Schund über die…“

„… könne IM Friedrich eine zunehmende Gefährdung der inneren Sicherheit durch vermehrte Demonstrationen ausschließe, solange es noch die ProSiebenSat.1-Gruppe und ihre Comedysendungen…“

„… nun auch das ZDF abgeschaltet worden sei, da sich der Altersdurchschnitt des Publikums langsam dem Median für das Einsetzen von Altersdemenz…“

„… habe sich das vorläufige Ende des Staatsfernsehens nicht vermeiden lassen, da es zu viel Geld gekostet habe. Die Kanzlerin betone, man könne nicht gleichzeitig finanziell ausufernde Wahlgeschenke versprechen und gleichzeitig ein Vollprogramm mit…“

„… müsse man auch Abschied nehmen von Programmbestandteilen, die nicht mehr nötig seien. So könne man beispielsweise den Bildungsauftrag an Super RTL abgeben, da der Sender auch für junge Erwachsene und Senioren…“

„… eine Protestnote abgegeben. Die Sprecherinnen des Bündnisses, Manuela Schwesig und Ursula von der Leyen, hätten darauf bestanden, dass sie weiterhin zu Publikumsveranstaltungen eingeladen würden, auch wenn es keine Talkshows mehr…“

„… dass Sender wie Tele 5 neben kulturell bedeutsamen Persönlichkeiten wie Naddel und Peter Bond nicht auch noch Markus Lanz…“

„… sei eine marktoptimierte Filmwerbung ohne Wetten, dass…? kaum mehr…“

„… prangere Westerwelle die Kostenloskultur der Bevölkerung an, die sich in spätrömischer Dekadenz einfach vor den Fernseher…“

„… als erstes Sparziel vorgeschlagen, an den Weihnachtsfeiertagen die Wiederholungen sämtlicher Teile von Stirb langsam zu…“

„… sich die Zustimmung zur Politik der Bundesregierung schrittweise verringere. Ob dies an den nicht mehr täglich ausgestrahlten Nachrichten liege oder…“

„… sei so nicht kommuniziert worden, da es sich lediglich um ein informelles Gespräch auf dem Flur der Anstalt gehandelt habe. Darum habe die Leitung beschlossen, Stirb langsam in jedem Monat mindestens einmal zu…“

„… das Problem sofort zu lösen. Rösler habe vorgeschlagen, die öffentlich-rechtlichen Sender einfach zu privatisieren, so dass der Markt die…“

„… ob es nicht preiswerter wäre, den Tatort mittelfristig durch eine Wiederholung von Stirb langsam an jedem Sonntag zu…“

„… durch langfristige Verträge gebunden; darüber hinaus fühle man sich moralisch zur Rettung des Regenwaldes verpflichtet. Vermutlich wird eine Verlagerung der Werbung ins Internet nicht alle Forderungen des Publikums…“

„… im Zuge des Länderproporzes alle fünf Teile von Stirb langsam durch die unterschiedlichen Sendeanstalten abwechselnd oder nach dem Losverfahren oder…“

„… bestehe der Kunde darauf, die Werbespots ausschließlich in das durch eine Bezahlschranke abgetrennte Segment von BILD zu legen. Die Konsumenten würden nur hier den Premium-Content wirklich…“

„… werde Rösler als Anschlussverwendung für die entlassenen Fernsehangestellten…“

„… dass nun für die anstehenden Restrukturierungsmaßnahmen die Beiträge der GEZ nicht mehr ausreichten. Es sei von einer langfristigen Verdoppelung auszugehen, da die…“

„… ob von der Leyens Anspruch, alle TV-Redakteure, Techniker, Aufnahmeleiter und Markus Lanz zu Erziehern umzuschulen, nicht etwas…“

„… allerdings davon Abstand genommen habe, die Sanierung von ARD und ZDF durch Hartmut Mehdorn zu…“

„… sei das Budget des griechischen Staatsrundfunks ERT in Höhe von 300 Millionen Euro gelegen. Die Rundfunkkommission der Länder habe inzwischen eine wissenschaftliche Untersuchung eingeleitet, wie es möglich sei, mit diesen Beträgen überhaupt eine…“





Zum Schleuderkurs

28 04 2010

„Die Renten sind sicher! Die Renten sind sicher!“ „Eckmann, was ist denn in Sie gefahren? Haben Sie etwas Unrechtes gegessen?“ „Die Renten sind sicher!“ „Jetzt hören Sie aber auf, das ist nicht mehr lustig! Sie sehen doch, wie unsere Kanzlerin sich einsetzt für einen Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen, da kann man ja wohl von Ihnen auch ein bisschen Solidarität erwarten.“ „Aber die Renten sind doch sicher!“ „Mein Gott, Eckmann, jetzt platzt mir aber gleich der Kragen – wo sehen Sie denn bitte sichere Renten?“ „Na, in Griechenland.“

„Jetzt mal im Ernst, Eckmann: warum sind Sie noch so fröhlich? Das pfeifen doch die Spatzen von den Dächern, dass die Merkel sich da wieder mal richtig in die – was sage ich denn da, uns! uns natürlich, uns alle hat sie in die Scheiße geritten, dieser uckermärkische Betonklops.“ „Ja, das hat sie schon sehr schön übernommen von dem Kohl.“ „Was?“ „Dies Trägheitsmoment.“ „Jetzt lassen Sie doch diese dämlichen Witze, Eckmann – sie hat uns alle bis auf die Knochen blamiert, weil diese ganze Gurkentruppe doch von Volkswirtschaft keinen blassen Schimmer hat. Die Merkel macht es doch immer wieder auf dieselbe Art falsch!“ „Ist doch auch sehr schön, da muss sie sich halt nicht so viele Fehler merken.“ „Eckmann, das…“ „Ich sehe das förmlich vor mir, wie sie sich an Opel erinnert und an die Deutsche Bank und sich dann sagt: ‚Huch, kaputt – naja, hat ja bei der HRE auch schon nicht geklappt.‘“ „Eckmann, das ist nicht mehr lustig! Sie wissen genau, dass die Griechen sich das selbst eingebrockt haben.“ „Hat doch keiner bestritten. Außerdem kriegen die Brüder ihren ganzen Laden nicht unter Kontrolle. Junge, wenn wir so arbeiten würden, wir wären ja auch innerhalb von ein paar Jahren pleite.“ „Das ist aber keine Entschuldigung. Außerdem hätte die Merkel das sehen müssen, ich meine, der hat man doch keine frisierten Bücher vorgelegt, oder?“ „Das hätte sie gesehen, damit kennt sie sich auch aus.“ „Wieso?“ „Was meinen denn Sie, wie die DDR 1983 die Milliarden von Strauß bekam, da wussten doch auch alle: jetzt ist bald zappenduster.“ „Das wusste die Merkel? Ist ja interessant.“ „Und erst 1989 war die DDR bankrott. Da sehen Sie, wie gut die gewirtschaftet haben.“

„Wenn Sie es vorher schon alles wusste, warum hat sie dann gewartet?“ „Damit es teuer wird.“ „Eckmann, Sie haben doch einen Stich! So blöd ist selbst die Merkel nicht, dass sie seelenruhig…“ „Wer hat etwas von ‚seelenruhig‘ behauptet? Sie hat zugeschaut, wie die Investmentbanker immer mehr Spekulationsmasse gegen Griechenland einsetzen konnten.“ „Eben, aber das ist doch der Wahnsinn! Das macht es doch jetzt so kritisch.“ „Kritisch? Wieso das denn, sie hat doch den Preis sehr gut in die Höhe getrieben.“ „Und da freuen Sie sich noch?“ „Warum nicht?“ „Weil das Land doch jetzt schnellstens wieder finanzmarktfähig werden muss.“ „Wer setzt denn diesen Blödsinn in die Welt?“ „Der Koalitionspartner.“ „Ach, und ich dachte schon, jemand, der etwas von Wirtschaft verstünde.“ „Eckmann!“ „Ist doch wahr. Das sind doch diese Hanseln, die ankommen und sagen: ‚Es wurden mehr Aktien verkauft, als gekauft werden konnten.‘“ „Eckmann, Ihnen ist hoffentlich klar, dass das alles in einer Katastrophe münden wird. Die Hedgefonds werden aus der Sache ordentlich ihre Gewinne rausziehen.“ „Um so besser, wenn es die Deutsche Bank ist.“ „Die Risikoaufschläge gehen durch die Decke, Eckmann – das Ding geht in die Luft! Begreifen Sie es doch endlich, die Spekulanten und die Rating-Agenturen, die jetzt genau das machen, was alle ihnen seit der Kreditkrise längst haben verbieten wollen, die nehmen jetzt das Land in die Zange und lassen es ausbluten. Verstehen Sie, was das bedeutet?“ „Ja, und ich denke, nach menschlichem Ermessen sollte es einigermaßen glatt über die Bühne gehen.“

„Eckmann, ich sage es Ihnen jetzt zum letzten Mal. Wir stehen hier mit der Lunte an einem Pulverfass, und Sie machen auch noch Witze, dass die Kanzlerin…“ „Witze? Mir ist doch auch klar, was gespielt wird. Griechenland wird verramscht. Hier ist nichts mehr zu retten. Das ist wie ein Flächenbombardement. Man weiß zwar, dass es zerstört wird, aber man kann vorher immerhin noch abschätzen, bis zu welchem Grad. Nur wird hinterher niemand sagen können, dass er nicht gewusst hat, was hier abgeht.“ „Und was soll das dann werden? Eine Zerstörung?“ „Wozu? Nein, wir machen das, was die Unternehmensberater immer schon getan haben. Wir fusionieren.“ „Fusionieren? Das ist doch Selbstmord! Wer denkt sich denn so einen Schwachsinn aus?“ „Vermutlich dieselben, die der Merkel die Bedingungen diktiert haben, zu denen sie die notleidenden Banken retten durfte.“

„Und was passiert jetzt?“ „Jetzt wird unsere Mikado-Kanzlerin noch ein bissel warten, und dann wird sie sich bewegen. Bloß nicht zu früh.“ „Zu früh? Sie macht’s doch nur schlimmer, kapieren Sie es endlich! Wenn sie jetzt nicht reagiert, dann…“ „… kriegen wir den Club. Spanien, Portugal, Italien und als Dreingabe Irland. Alles zum Schleuderpreis. Dann haben wir nicht nur Renten wie die Griechen. Dann gehört der ganze Krempel uns. Nennen Sie es europäische Wiedervereinigung. Dann gibt es eine stabile D-Mark, wir haben neue Bundesländer mit Mittelmeerinseln, der Vatikan wird ein Vorort von Altötting, Zeitarbeit kostet nichts, Westerwelle wird in Spätrom dekadenter Statthalter, und ich wette mit Ihnen, Österreich will den Anschluss. Machen Sie Ihr Spiel, Kollege. Ich habe mir Korfu gekauft, aber es gibt noch ein paar Optionsscheine. Alles zum Schleuderkurs. Machen Sie Ihr Spiel!“





Lasterausgleich

30 03 2010

„Doch, machen wir jetzt so. Für andere Lösungen bleibt uns ja mittlerweile kein anderer Spielraum mehr, bei diesen Staatsschulden. Und damit müssen Sie jetzt halt leben, wir können es ja auch nicht ändern. Die Zeiten sind schwierig, das Leben ist teuer und ungewiss. Wer weiß schon, wie viel Steuern im nächsten Jahr gezahlt und wie viele hinterzogen werden? Da muss man flexibel bleiben. Nein, nicht Lasten. Laster. Wir haben ja alle über unsere Verhältnisse gelebt, nicht wahr, und deshalb müssen wir uns jetzt alle ein bisschen einschränken. Naschsucht, nicht wahr, die Investitionen, der Sozialstaat. Deshalb Lasterausgleich. Als Ausgleich für die Verfehlungen der Vergangenheit.

Nun, im Grunde genommen ist das alles bloß eine Umwegfinanzierung. Also das ist, warten Sie mal, wie erkläre ich das Ihnen jetzt – also vielleicht so: Sie würden doch Ihrem Nachbarn nicht einen neuen Fernseher kaufen, oder? Sehen Sie, das wollte ich auch gemeint haben. Täte ja auch kein vernünftiger Mensch. Aber wenn Ihr Nachbar nun drei kleine, süße Töchter hätte und die drei kleinen, süßen Töchter würden jeden in der Nachbarschaft jeden Tag um einen Euro bitten – und jetzt sagen Sie nicht, Sie würden das nicht merken, Sie haben doch Augen im Kopf und können Eins und Eins zusammenzählen – na, sehen Sie. Das muss Sie auch nicht kümmern. Hauptsache, er kriegt seinen Fernseher. Irgendwann.

Da sollten wir doch mal froh sein, dass wir eine so unbeugsame Kanzlerin haben, nicht wahr? Sonst hat sie sich doch immer noch weggeduckt und hat erstmal gar nichts getan und abgewartet, ob nicht doch noch ein Wunder passiert. Sie hat doch im Wesentlichen das getan, was man von ihr erwartet hatte: ein bisschen pokern und lamentieren und die harte Tour, und dann ist sie standhaft geblieben wie eine Zinnsoldatin. Wie es sich Frankreich wünscht. Was wollen Sie, es ist doch ein ausgeglichenes Ergebnis? Sie dürfen die griechischen Schulden freiwillig bezahlen. Zwingen wird man Sie erst, wenn es die europäische Wirtschaftsregierung gibt.

Was wollen Sie, das ist doch letztlich gar nicht so viel. Also genau genommen ist das alles, wenn Sie Griechenland jetzt als Störfall mal addieren, also das ist dann alles, warten Sie: ein Viertel BayernLB. Ja, mehr ist das gar nicht. Und wenn wir den einen weiß-blauen Bazis geholfen haben, dann werden wir das diesmal auch wieder hinkriegen, oder? Stabilitätspakt ist out, wir verstehen uns jetzt als eine Schuldengemeinschaft. Alle sitzen im selben Boot, wenn Sie so wollen. Nur, dass die anderen die Küstenlandschaft bewundern und sich beschweren, dass es nicht schneller vorangeht. Und Deutschland rudert.

Na, wie schon? Die Mehrwertsteuer anheben, den Kündigungsschutz aushebeln, notfalls eben die Sparkonten plündern. Also nicht die von Merkel und Westerwelle, damit wir uns da nicht falsch verstehen. Obwohl, ganz im Vertrauen, bei der Kanzlerin wäre da sicherlich nicht so viel zu holen. Ach Gott, der Europäische Währungsfonds… das ist ja ein Ding wie der Außenminister. Jeder redet darüber, aber keiner nimmt das Thema ernst.

Verstehen Sie das als eine verspätete Hommage an das Konzept Multikulti. Jedes Volk in unserer europäischen Weltordnung hat nun mal eben seine ihm gemäße Bestimmung, nicht wahr, das wusste ja schon dieser Arbeiterführer, erinnern Sie sich? Dieser große Mann mit dem schlecht sitzenden Gebiss, wie hieß er doch noch gleich – dieser unerträgliche Sozialdemokrat, na! Rüttgers, richtig, Danke vielmals, also der hat den Rumänen an sich auch korrekt eingeschätzt seinerzeit. Der Rumäne an sich ist ja ein volkswirtschaftlich nicht so relevantes Volk, verstehen Sie, der hat überhaupt nicht richtig zu arbeiten und schon gar nicht in einer Telefonfabrik. Der Rumäne hat sich höchstens als Hütchenspieler in deutschen Fußgängerzonen aufzuhalten, und selbst das nur, wenn er dem freilaufenden Albaner damit nicht ins Gehege kommt. Und was der Grieche ist, der muss ja mit 63 aufhören mit der Arbeit, sonst hat der ja als große Kulturnation gar nichts mehr von seiner Antike und dem ganzen Kram da unten auf der Peloponnes. Außerdem muss der Grieche zu den Schlusslichtern in Europa zählen. Warum? Ja, denken Sie doch mal nach – wenn der Grieche das macht, dann muss es der Deutsche nicht mehr. Logisch, oder?

Schauen Sie, das ist wie mit dem Nachbarn und dem Fernseher: es dauert dann letztlich doch zu lange. Wir könnten ab sofort auch einfach nur noch griechische Waren kaufen, uns ausschließlich von verkohltem Fleisch und Fettfritten ernähren und im Urlaub nach Kreta, Korfu und Kos fahren, aber dann möchte ich nicht hören, was Sie dann meckern würden. Gut, unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten, aber halten Sie das für generationengerecht?

Natürlich war das alles vorher klar. Allen. Sie müssen schon eine ziemliche Nulpe in Wirtschaft sein, wenn Sie diese monetäre Rutschbahn nicht vorhersehen. Aber den Vorwurf dürfen Sie der Kanzlerin nicht machen. Die muss nicht zum Arzt. Die hat keine Visionen. Nie gehabt.

Sozialismus? Hören Sie mal, das ist doch kein Sozialismus! Nein, auf keinen Fall – wissen Sie, wenn das Sozialismus wäre, hätte doch die FDP dem nicht sofort zugestimmt. Musste sie ja auch. Wieso? Na, was meinen denn Sie, wer uns in der nächsten Bankenblase rettet? So, und jetzt machen Sie bitte nicht so einen Zimt – her mit der Kohle, ich muss heute noch den ganzen Wohnblock abarbeiten, sonst schickt man mich zur Strafe ins Villenviertel zurück.“