Meine Mitte, Deine Mitte

25 10 2021

„Nein!“ „Meine Güte, man kann sich aber auch anstellen!“ „Wir wollen aber nicht!“ „Vor ein paar Wochen haben Sie noch bei jeder sich bietenden Gelegenheit herausposaunt, dass eine Regierung nur mit Ihrer Partei…“ „Wir wollen aber nicht!“ „Gut, dann eben nicht.“ „Und eine Regierung unter Ihrer Partei wird das Land in eine sozialistische Diktatur verwandeln, in der jeder islamistische Einwanderer ein bedingungsloses Einkommen für den Drogenkonsum kriegt!“ „Sind Sie schizophren oder einfach nur ein dummes Arschloch?“ „Wir sind die Christlich-Demokratische…“ „Das liegt ja ungefähr dazwischen.“

„Deutschland wird vor die Hunde gehen!“ „Dann regieren Sie halt mit.“ „Dieses Land hat uns gar nicht verdient!“ „So ähnlich hat sich Hitler im Führerbunker auch geäußert.“ „Frechheit!“ „Wir machen Ihnen ein letztes Angebot: diese Lackaffen um den Hilfsschulversager Lindner haben sich mit den Grünen in die Haare gekriegt, die Grünen haben weder Lust auf FDP noch auf Ihren Laden, uns bleibt nur noch die nächste Große Koalition.“ „Wir werden den Kanzler stellen!“ „Das klingt nach Arschloch.“ „Sie nutzen es doch nur aus, dass wir gar keinen Kanzler haben!“ „Also doch nur ganz normale Schizophrenie.“ „Was sollen wir denn jetzt machen, wir haben nicht einmal einen Vorsitzenden, den man ernst nehmen kann.“ „Wir haben unsere ja von der Basis wählen lassen.“ „Aber wir sind die CDU!“ „Dann lassen Sie doch Ihre Basis den Wunschkandidaten wählen, Sie wissen ja schon, wer es unbedingt werden will.“ „Das wird unser Untergang.“ „Er wird Ihnen eine Menge Spenden in die Parteikasse spülen.“ „Dieser Drecksack kennt nur zwei Sorten Mensch: sich selbst und den Rest.“ „Mehr Profil braucht die CDU auch nicht.“

„Solange wir das mit den Vorsitzenden und den Kanzlerkandidaten und den Posten nicht geklärt haben, können wir einfach nicht in die Regierung.“ „Wir haben ja seinerzeit der Öffentlichkeit etwas von staatspolitischer Verantwortung erzählt, dann ging’s schon irgendwie.“ „Aber die Leute haben Aufbruch gewählt, Veränderung, wir können uns da nicht einfach in die Regierung setzen und etwas machen, was die Wähler nicht wollen!“ „Wieso, wir machen das doch auch.“ „Aber in der SPD ist das Tradition, und die Partei ist schon ziemlich alt.“ „Wir sind bisher ganz gut gefahren damit, ja.“ „Sie sind in der Regierung immer so konservativ.“ „Sie nicht, die CDU wird ziemlich schnell reaktionär.“ „Eben, und deshalb brauchen wir jetzt erst mal ein paar Jahre, damit wir die Wähler von dem Kurs überzeugen können.“ „Also einen Kurs haben Sie bisher noch nicht entwickelt?“ „Wie denn, ‚Weiter so‘ hat uns Ihr Scholz doch geklaut!“

„Wir könnten es mit dem alten Versuchsaufbau weitermachen.“ „Wie stellen Sie sich das vor?“ „Sie reißen die Klappe auf, die SPD macht die politische Arbeit.“ „Das hat allerdings ganz gut geklappt.“ „Für die CDU.“ „Das heißt doch nicht, dass wir es jetzt nicht noch mal so versuchen könnten.“ „Wenn Sie einen von Ihren Hampelmännern als Kanzler in die Manege stellen wollen, würfeln Sie einen aus.“ „Frechheit!“ „Ihr Vorsitzender soll ja Fachmann für solche Entscheidungsprozesse sein.“ „Das ist eine infame Unterstellung!“ „Und durch eine Kündigung seines Dienstherrn bestätigt.“ „Mit Ihnen teilt die CDU nicht die Regierung!“ „Dann gibt es eben Neuwahlen, und Sie hocken noch tiefer in der Scheiße.“ „Mit Ihnen nicht!“ „Vielleicht sind dann auch die Linken klug geworden und es reicht für Rot-Grün-Rot?“

„Hören Sie mal, man kann doch über alles mit uns reden…“ „Also nehmen Sie jetzt doch langsam mal Vernunft an?“ „… solange wir als Partei der Mitte die linken Kräfte in der SPD…“ „Tut mir leid, das war vermutlich eine optische Täuschung.“ „Aber die Mitte sind doch wir?“ „Ihr Laden kippt nach schräg rechts, vielleicht hält sich da jemand an der Mitte fest, aber das war’s dann auch schon.“ „Es ist unsere Mitte!“ „Nö.“ „Die Mitte sind wir!“ „Dann wird es Ihnen ja nicht schwer fallen, eine bürgerliche Koalition mit politischen Freunden zu organisieren!“ „Wir sind das, nicht die SPD!“ „Also viel Vergnügen noch, und wir werden jetzt mal auf einzelne Abgeordnete zugehen, um die rot-grün-rote Minderheitenregierung für politische Vorhaben der Zukunft parlamentarisch zu…“ „Wir haben es gleich gesagt, Sie wollen den Linksruck!“ „Meine Güte, nehmen Sie endlich Ihre Medikamente.“ „Das wird die Wirtschaft ruinieren!“ „Bestimmt.“ „Wer nicht gendert und nicht Lastenrad fährt, wird von der linksgrünen Stasi verfolgt!“ „Und wer als CDU-Abgeordneter oder Bundesminister an überteuerten Schutzmasken kräftig mitverdient hat, darf die Hacken vor dem Staatsanwalt zusammenhauen.“ „Das ist nicht Ihr Ernst?“ „Mit der linken Mehrheit bekommt man so ein Transparenzgesetz und ein Lobbyregister bestimmt schnell durchs Parlament.“ „Das ist unser Untergang!“ „Dann müssten wir auch mit dem Klimaschutz ernst machen.“ „Nein!“ „So ein Tempolimit wäre Formsache.“ „Hören Sie auf!“ „Und wenn ich mir vorstelle, dass wir die Braunkohle innerhalb von…“ „Aufhören!“ „Wären Sie jetzt eventuell zu Sondierungsgesprächen mit der SPD als der stärksten Fraktion im Deutschen Bundestag bereit?“ „Egal, legen Sie uns einen Koalitionsvertrag hin – wir unterschrieben alles!“ „Sehen Sie, wir wussten immer, dass es Ihnen in Wahrheit nur um die Demokratie geht.“





Seitenverkehrt

23 09 2020

„Aber Sie meinen das doch wohl nicht ernst?“ „Sie etwa?“ „Naja, müsste man dann mal sehen.“ „Den Koalitionsvertrag aber!“ „Wie gesagt, diesmal hat es noch geklappt.“ „Aber wir sollten es nicht mehr unter einen…“ „Wollen Sie jetzt mitregieren oder nicht!?“ „Ja, schon gut.“

„Es ist doch wie beim letzten Mal, wir müssen uns nur darauf einigen, wer die entscheidenden Maßnahmen trifft.“ „Das ist doch das Problem!“ „Wem sagen Sie das.“ „Wir sind so weit in die andere Ecke gerückt…“ „… dass wir Sie jetzt locker überholen können. Tragisch, aber das ist nicht unser Problem.“ „Aber für eine gemeinsame Lösung…“ „Jetzt fangen Sie schon damit an!?“ „Sorry, das ist halt reine Gewohnheit.“ „Eben, wir finden das auch zum Kotzen. Aber darauf wird es wohl hinauslaufen.“ „Und Sie wollen sich wirklich nicht auf eine Links-Rechts-Position in der…“ „Nein.“ „Aber das ist…“ „Würden Sie das denn von sich aus machen?“ „Natürlich nicht!“ „Eben.“

„Dann könnten wir diese ganze soziale Frage auch endlich mal ohne parteipolitische Rücksichten lösen?“ „Hahaha!“ „Ihre Häme ist jetzt wirklich nicht angebracht.“ „Hahaha!“ „Wer hat das denn all die Jahre mit Hinweis auf die…“ „Jetzt Vorsicht in der Kurve, Kollege!“ „… langfristige politische…“ „Das haben wir ja gerade noch mal geschafft.“ „… Ausrichtung zementiert?“ „Sie waren aber auch nicht ganz unschuldig.“ „Man tut, was man kann.“ „Und das war im Sinne des deutschen Volkes?“ „Wen interessiert das deutsche Volk?“ „Bei den Wahlen!?“ „Ach so. Natürlich.“

„Sorry, jetzt werde ich aber langsam mal sauer.“ „Alles gut, machen Sie mal.“ „Wie kann man denn die Meilensteine für das deutsche Volk so…“ „Die wollten im Grunde nur die Deutschmark.“ „Das ist klar, aber kann man nicht…“ „Es ging doch nur um die Symbolik, und das hat doch gereicht?“ „Ja.“ „Dann ist doch dieser Ost-West-Konflikt um die Wirtschaft endlich beseitigt, oder?“ „Sie wollen das nicht kapieren?“ „Meine Güte, wenn Sie unbedingt linke Positionen in der Ostzone…“ „Ich verbitte mir das!“ „Das ist wohl das Problem.“ „Wir haben aber 2020, die Probleme müssen irgendwo anders herkommen.“ „Wo die herkommen, gibt es genug davon.“ „Wir haben doch die letzten beiden Male schon ganz gut…“ „Also das wüsste ich aber.“ „Sie haben doch die Problematik noch gar nicht…“ „Sie sind doch für eine neue Koalition noch gar nicht aufgestellt.“ „Also personell schon.“ „Haben Sie denn noch Altfälle?“ „Wir dachten, wir nehmen die von dieser Fraktion noch mal.“ „Wird bei uns wohl auch darauf hinauslaufen.“ „Okay, dann könnten wir die inhaltlichen Entscheidungen doch vorerst an die Ausschüsse…“ „Und der Wahlkampf?“ „Mist! Ich wusste, dass wir wieder irgendwas vergessen!“

„Sie könnten ja zur Abwechslung mal eine klar linke Politik machen.“ „Ist das nicht Ihr Ressort?“ „Dann könnten wir zum Ausgleich unser rechtes Profil schärfen.“ „Und zum Schluss gibt es dann einen Kompromiss.“ „Wie soll das denn bitte aussehen?“ „Man könnte einfach die linken und die rechten Positionen aufgeben.“ „Klingt gut.“ „Dann hat wenigstens keiner etwas davon.“ „Ich wäre dabei.“ „Aber wenn es sowieso egal ist, können Sie auch mal linke Positionen einnehmen.“ „Das würden uns die Leute nie abnehmen.“ „Wir wären quasi für die Wirtschaft unwählbar.“ „Das muss ja nicht im Wahlkampf sein.“ „Denken Sie mal an die Spenden, die einem verloren gehen.“ „Da ist was dran.“ „Und wenn man es dann trotzdem nicht macht?“ „Kann man denn ausschließen, dass so ein Politiker, den man unter ganz anderen Bedingungen gekauft hat, es noch mal versucht?“

„Vielleicht sollten wir die Themen auch einfach anders besetzen.“ „Wie meinen Sie das denn?“ „Man kann doch auch rechte Lohnpolitik machen oder als Linker gegen Ausländer sein.“ „Das nimmt einem dann aber keiner mehr ab.“ „Aber versuchen kann man es doch wenigstens.“ „Wie gesagt, das ist nicht glaubwürdig.“ „Und Sie bezeichnen sich jetzt als glaubwürdig?“ „Hahaha!“ „Wir versprechen den Leuten wenigstens nichts, was nicht finanzierbar ist.“ „Hahaha!“ „Wobei das funktionieren könnte.“ „Nur nicht mit unseren jetzigen Politikern.“ „Ich habe es doch gesagt, wir haben zu viele Altfälle.“ „Wir könnten mal die Kirche fragen.“ „Gehen Sie lieber zu den Gewerkschaften.“ „Oder wir befragen mal die Basis.“ „Hahaha!“

„Oder wir machen das seitenverkehrt.“ „Wie, seitenverkehrt!?“ „Die, die vorher für linke Politik zuständig waren, machen jetzt rechte.“ „Aha.“ „Und umgekehrt eben.“ „Hm.“ „Aber das mit dem Kompromiss bleibt dann so?“ „Wenn dann beide Seiten wieder zurückrudern, wäre es machbar.“ „Es würde natürlich bedeuten, dass sich beide Seiten dann an die Abmachung halten.“ „Wie meinen Sie das denn nun wieder?“ „Wenn Sie jetzt als linke…“ „Wir sollten doch dann rechte Positionen…“ „… oder meinetwegen auch rechte Politiker plötzlich nicht mehr kompromissbereit wären, dann ist das keine gute Grundlage für eine Zusammenarbeit.“ „Also Sie misstrauen uns?“ „Das habe ich nicht gesagt.“ „Aber gemeint.“ „Das ist doch wieder so eine typisch rechte…“ „Nein, die sind doch links.“ „Aber dann wäre sie…“ „Wir haben doch noch gar nichts abgemacht.“ „Es wird eben nichts.“ „Das haben wir alle vorher gewusst.“ „Meine Güte, ist das nicht vollkommen übertrieben?“ „Also wie nun, wie bisher?“ „Polarisierender Wahlkampf und dann große Koalition?“ „Wie bisher.“ „Okay.“ „Kein Problem.“ „Ich wusste doch, auf Sie kann man sich jederzeit verlassen.“





Hinter dem Neumond

19 06 2018

„Jetzt geben Sie Ihrem Herzen mal einen Stoß!“ „Den verkraftet das nicht mehr.“ „Wir wollen doch nur, dass es wieder politisch vorwärts geht mit Deutschland.“ „Und was vorwärts ist, das bestimmt wer?“ „Dass gerade Sie als Sozialdemokrat so eine Frage stellen, das lässt doch schon tief blicken.“

„Meine Güte, was sollen wir denn machen? Die CSU hat sich verabschiedet aus der Regierung, und die…“ „Mal wieder.“ „Wie, mal wieder?“ „Weil es nicht das erste Mal ist, historisch gesehen schon gleich gar nicht, und sie früher oder später schon zurückgekrochen kommen.“ „Aber dann könnte man doch auch weitermachen, oder?“ „Wenn Ihnen auf lange Sicht fünf Prozent reichen, machen Sie halt so weiter. Alles geht.“ „Was sollen wir denn tun, um die Situation noch…“ „Vor allem: es nicht als Situation sehen, sondern endlich mal merken, dass es sich um einen Trend handelt. Eine länger andauernde Entwicklung mit Gründen und Motiven und Konsequenzen.“ „Und was machen wir dann?“ „Was Sie seit zwölf Jahren schon verpasst haben. Sich erneuern.“

„Sich an der Kanzlerin vorbei zu erneuern, das dürfte aber ziemlich kompliziert sein.“ „Darum brauchen wir jetzt ja auch neue Partner.“ „Damit die Merkel wieder etwas zum Kaputtregieren hat?“ „Dann wären wir aber die CSU los.“ „Die hat sich ja selbst kaputtregiert.“ „Eben, und deshalb müssen wir jetzt eine Truppe pseudoliberaler, bei richtiger Kassenlage in die passende Richtung kippender Turbokapitalisten engagieren, die sich für ein paar Ministerposten jede Kröte ins Maul stopfen lassen.“ „Meinen Sie, Lindner macht das mit?“ „Merken Sie selbst, oder?“

„Falls Sie die Grünen meinen: nein, die machen das nicht.“ „Sie denken, die würden jetzt einfach mit dem Feinstaubgedöns und der Energiewende die europäische Sicherheit gefährden? Nein, dazu sind die viel zu staatstragend.“ „Woran machen Sie das denn fest?“ „Wer hat die Hartz-Gesetze durch den Bundestag gewunken?“ „Stimmt.“ „Außerdem muss so eine Partei sich ja auch zukunftsorientiert entwickeln. Wenn die Grünen jetzt nicht für eine moderate Abschaffung des Asylrechts und die Einstufung aller kriegführenden Nationen als sichere Herkunftsländer sind, können sie später nicht mehr sagen, dass sie dazugelernt haben.“ „Das trauen Sie denen zu?“ „Natürlich, die sind ja nicht die SPD. Die tun was.“

„Mit anderen Worten: Sie verlangen von uns, dass wir uns an der Seite der Grünen unter der Bundeskanzlerin erneuern.“ „Das haben Sie schön formuliert.“ „Geschenkt. Wir können doch mit dieser Partei nur verlieren.“ „Es hat keiner verlangt, dass Sie auch aus der Regierung ausscheiden.“ „Wir wären in dieser rechtsliberalen Koalition doch so gut wie überflüssig.“ „Stimmt.“ „Warum sollten wir dann die Grünen mit offenen Armen empfangen?“ „Als Koalitionspartner. Egal, was die CDU daraus macht.“

„Sie denken, man kann die CSU ersetzen durch diese neoliberalen Besserverdiener?“ „Wozu soll man die ersetzen? Wenn Sie sich den Blinddarm entzünden, setzt man Ihnen auch keinen neuen ein.“ „Und wer führt dann die Koalition?“ „Die SPD. Es darf nur nicht so aussehen.“ „Wie soll das denn bitte funktionieren?“ „Lassen Sie sich halt etwas einfallen. In der ersten Runde hat’s doch auch geklappt.“ „Mit dem Ergebnis, dass wir durch die liberalen Steigbügelhalter ersetzt wurden.“ „Da war Merkel aber auch noch nicht so am Ende wie jetzt.“ „Wir sägen sie zusammen mit den Grünen ab?“ „Noch nicht. Die Frau wird noch gebraucht, weil sie mit ihrer Trümmertruppe erst noch die Reste der Union beseitigen muss. Oder wollen Sie das auch noch übernehmen?“ „Darüber hatte ich mir jetzt noch gar keine Gedanken gemacht.“ „Sollten Sie aber. Der Tag wird kommen, an dem sie weg ist, und dann muss es weitergehen mit diesem Land.“

„So eine ökologisch-soziale Wende wäre einen Versuch wert.“ „Ich sehe, Sie beginnen langsam zu begreifen.“ „Man könnte mit der Mietpreisbremse mal ernst machen, oder die Pflege, da sehe ich noch politischen Bedarf.“ „Exzellent!“ „Natürlich müssten wir dann die Ressorts ganz neu verteilen, oder?“ „Machen Sie nur, ist doch Ihre Regierung.“ „Aber das mit der Umverteilung, wir werden das nicht in einer Legislaturperiode ändern können.“ „Natürlich nicht.“ „Und es ist auch sehr schwierig, die Märkte zu regulieren.“ „Durchaus.“ „Ich sehe sowieso auf dem Arbeitsmarkt gravierende Mängel, die sich nicht einfach so abstellen lassen.“ „Da ist etwas dran.“ „Aber wenn wir gar nichts machen…“ „… macht Merkel auch nichts. Das ist die perfekte Harmonie, schöner könnte so eine Koalition gar nicht laufen.“ „Und die Grünen?“ „Stören nicht, das recht schon aus, um den Laden ruhiger laufen zu lassen als mit den bayerischen Knalltüten.“

„Und das ist wirklich klug, was Sie mir da empfehlen?“ „Aber ja, sonst würden Sie es nicht machen, oder?“ „Also eine richtige Erneuerung der SPD, inhaltlich und…“ „Und?“ „Wenn es nicht nur das Programm betrifft, sondern auch die Richtung, in die wir diese Partei entwickeln wollen, da gibt es noch andere Ideen. Es wurde ja schon oft gesagt, wir sollten zu unseren sozialistischen Wurzeln zurückkehren und wenn wir jetzt zum Beispiel mit den Linken eine…“ „Haben Sie noch alle Latten am Zaun!? Mann, wenn Sie mit dem Scheiß anfangen, meinen Sie echt, die nächste Kanzlerin lässt sich das bieten? Da kennen Sie Nahles aber schlecht!“





Kokolores

14 12 2017

„Alles raus?“ „Alles.“ „Wir können uns darauf verlassen?“ „Freilich.“ „Können wir uns denn dann auch wirklich auf einen…“ „Also jetzt hören Sie mal, wie sollen wir denn Koalitionsverhandlungen führen, wenn Sie uns nicht schon hier vertrauen?“

„Der Punkt ist doch, dass wir Ihnen nicht generell Misstrauen entgegenbringen wollen.“ „Genau das tun Sie doch gerade.“ „Wir wollen doch keine Streitpunkte in eine Verhandlung einbringen.“ „Die letzten Verhandlungen sind gescheitert, obwohl wir gar keine Streitpunkte hatten.“ „Sehen Sie? Müssen wir das provozieren?“ „Die Menschen draußen im Land wollen eine stabile Regierung.“ „Menschenskinder, Sie rufen doch selbst auf jedem Parteitag und bei jedem Streit zur Geschlossenheit auf!“ „Ja, aber parteiintern.“ „Und wenn wir das als Koalition auch versuchen würden?“ „Das nimmt uns am Ende wieder keiner ab.“ „Wieso nicht?“ „Die letzte Koalition hat uns doch auch keiner abgenommen.“

„Dann sagen Sie doch mal, Kohle?“ „Nein.“ „Wir haben aber doch…“ „Nein!“ „Die Wirtschaft ist sich darüber im Klaren, dass…“ „Das ist mit uns nicht zu machen! Wir werden darüber nicht reden!“ „Also ist noch nicht klar, dass Sie die Kohle als Energieträger mittel- bis langfristig weiter fördern wollen?“ „Wir haben uns noch nicht entschieden, das wird ganz demokratisch auf einem Votum der Parteibasis geschehen, und dann legen wir das dem Parteivorstand vor, und dann sehen wir weiter. Aber wir werden darüber vorerst nicht diskutieren.“ „Aus Angst.“ „Weil Deutschland eine stabile Regierung braucht, und wir wollen uns nicht verschließen.“ „Das heißt also, dass Sie den Schwanz einkneifen und die Sache einfach so weiterlaufen lassen, wenn Sie nicht mehr wissen, wie Sie sich entscheiden wollen, ja?“ „Sie können Ihre verdammte Koalition gleich alleine machen.“ „Schon gut, ich habe doch gar nichts gesagt!“

„Wir bieten Ihnen außerdem an, das Thema Grundeinkommen in der kommenden Legislatur nicht zu behandeln.“ „Hatten wir auch nicht vor.“ „Wir aber.“ „Schön, und was heißt das jetzt?“ „Das impliziert natürlich auch, dass Hartz IV erstmal nicht verändert wird.“ „Klar.“ „Als Regierung muss man sich das sehr genau überlegen. Da steckt eine Menge sozialer Sprengstoff drin.“ „Aha.“ „Nicht nur für den sozialen Bereich.“ „Schön.“ „Auch der Arbeitsmarkt wird natürlich in Mitleidenschaft gezogen.“ „Interessant.“ „Die Regierung wird sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass sie einen Großteil der Menschen überhaupt nicht auf dem Schirm hat.“ „Wissen Sie, seit wann wir das hören? Das hat uns noch nie interessiert.“ „Das war mir ja vorher schon klar.“ „Von wem kamen noch mal diese Hartz-Gesetze?“ „Wer hat sie verschärft?“ „Wollen wir wirklich auf diesem Niveau reden?“ „Sie brauchen eine regierungsfähige Mehrheit.“ „Wir können auch ohne Sie regieren.“ „Ja, das merken wir seit Monaten.“ „Können wir wieder vernünftig miteinander umgehen?“ „Das hängt doch ganz von Ihnen ab.“

„Waffenhandel, noch so ein Thema.“ „Aber das bedeutet auch Arbeitsplätze.“ „Diese Kritik an den ethischen Maßstäben unseres wirtschaftlichen Handelns sollten wir aber mal ernst nehmen, finden Sie nicht?“ „Sie können das gerne ausklammern, aber die Fakten sind doch bekannt. Warum soll sich die Wirtschaft in der Bundesrepublik von ihren größten Erfolgen distanzieren?“ „Wir müssen den Wählern schließlich erklären, warum wir wieder einmal so komplett versagt haben.“ „Das kriegen die früher oder später sowieso raus. Dann geht’s ums Ganze, der Wahlkampf läuft schon, und der Rest ist Geschichte.“ „Das finden Sie gut?“ „Lassen Sie uns doch über das Thema Bürgerversicherung reden.“ „Nein, alles gut. Wir brauchen keine öffentliche Debatte über die Rüstungsindustrie, das verstehen die meisten Bundesbürger sowieso nicht.“ „Da sind wir ganz bei Ihnen.“

„Immerhin haben wir noch einen Aktenordner voll.“ „Aber das sind doch Nebenkriegsschauplätze, oder sehe ich das falsch?“ „Türkei?“ „Solange die nicht in der EU sind, sehe ich das als Nebensache.“ „Ehegattensplitting sollte man auch nicht weiter verfolgen.“ „Abgesehen von der Steuerreform.“ „Verbrennungsmotoren?“ „Haben wir die Grünen in der Koalition?“ „Auch wieder richtig.“ „Wozu regen wir uns dann auf?“ „Solange wir uns nicht über ein Einwanderungsgesetz streiten müssen?“ „Mindestlöhne?“ „Rechtsextremistische Gewalt?“ „Haben Sie nicht irgendwann mal einen Ordner mit Kram angelegt, den Sie in der Regierung machen wollen?“ „Ja, Sie etwa auch?“ „Wir haben da ‚Kokolores‘ draufgeschrieben.“ „Lustig!“ „Aber wir sollten uns nicht auf solche Kleinigkeiten…“ „Der Hauptstadtflughafen?“ „Ist Ländersache.“ „Dann sollten wie den Terrorismus nicht zu sehr in den Fokus nehmen.“ „Die Netzneutralität.“ „Überhaupt den Netzausbau.“ „Also Netzpolitik.“ „Ja, das kann man als Gesamtpaket ignorieren.“ „Dann die Sozialpolitik?“ „Arbeitnehmer.“ „Den Wohnungsbau.“ „Und den Umweltschutz.“ „Die Bahn.“ „Aber nur, was den Fahrgast an sich betrifft.“ „Versteht sich.“ „Autobahnmaut?“ „Geht ihren Gang.“ „Dann haben wir die Grenzen…“ „Obergrenze!“ „Stimmt, den CSU-Quatsch.“ „Aber jetzt haben wir’s, oder?“ „Sollten wir, ja.“ „Dann verhandeln wir worüber?“ „Höhere Diäten.“ „Das ist vernünftig.“ „Deshalb nennen wir es ja auch Konsens-Koalition.“ „Ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.“ „Wie wahr…“





Schule der Hausmeister

29 11 2017

„Aber nicht unter Merkel!“ „Was bleibt uns denn anderes übrig?“ „Wir sollten als die ältere Partei den Kanzler stellen, dann wird diese Koalition auch etwas!“ „Das meint der ernst!?“ „Das meint der ernst.“ „Ach du lieber Gott…“

„Meinen Sie nicht auch, dass Schulz direkt nach der Wahl ein bisschen zu impulsiv reagiert hat?“ „Großartig, nicht wahr?“ „Er hätte besser die Schnauze gehalten.“ „Das meint der doch nicht ernst!“ „Ich fürchte, doch.“ „Aber dann wären wir endgültig in der Versenkung verschwunden.“ „Wo, meinen Sie, sind wir jetzt?“ „Jedenfalls ist eine Regierungsbeteiligung in greifbarer Nähe.“ „Wenn Sie damit meinen, dass die Kanzlerin uns am Schlafittchen hat, könnten Sie durchaus recht haben.“ „Sie braucht uns eben, und als Partei der Staatsverantwortung…“ „Ihnen geht’s gut, ja?“ „Er spricht jetzt aber nicht von der SPD, oder?“ „Nicht von der, die ich kennen, und die kenne ich schon seit ein paar Jahren.“

„Wir dürfen uns den Gesprächen jetzt nicht verschließen.“ „Und dann?“ „Er meint, dann wird erstmal gesprochen.“ „Und dann?“ „Kann man ja mal sehen, ob man redet.“ „Die Parteiführung ist da eng beieinander.“ „Das kennt man, die liegen im Schwitzkasten.“ „Jedenfalls halten wir durchaus Kontakt zu Schulz, der könnte ja als Kanzler einer SPD-geführten Minderheitsregierung…“ „Also ich glaube nicht mehr, dass der das ernst meint.“ „Doch, warten Sie es nur ab.“ „Wir stellen den Bundeskanzler, obwohl die Union in der Mehrheit ist?“ „Deshalb ja Minderheitsregierung.“ „Das könnte sich stabilisierend auswirken.“ „Aber nur auf die Union.“

„Wir müssen erstmal sehen, ob wir uns auf die Dinge einigen können, die wir in einer Koalition durchsetzen wollen.“ „Hatten wir nicht etwas vor der Wahl gefordert?“ „Ja, aber das war nur fürs Wahlprogramm.“ „Ich nehme an, das meint der auch ernst?“ „Ja, aber nur programmatisch.“ „Das heißt, wir müssen darüber noch mal reden.“ „Also nach der Sondierung?“ „Brauchen wir die denn?“ „Parteiintern würde das schon Sinn machen.“ „Wer will denn intern? Wir müssen endlich wieder an die Regierung!“ „Und wo waren wir die letzten vier Jahre?“ „In der Minderheit.“

„Warum riskieren wir keine Neuwahlen?“ „Weil wir uns dann ein neues Programm ausdenken müssten.“ „Ist doch prima!“ „Das glauben aber auch nur Sie.“ „Stimmt, dann würden uns die Leute fragen, warum wir diese Forderungen nicht gleich hatten.“ „Weil eine Beteiligung an der Regierung damals nicht realistisch erschien.“ „Hätte man dann nicht noch mehr fordern können?“ „Sie meinen, rein programmatisch?“ „Dann könnten wir doch jetzt mit Maximalforderungen kommen.“ „Wieso das denn?“ „Weil jetzt die Beteiligung an der Regierung wieder realistisch ist.“

„Lassen Sie mal die Kirche im Dorf, wir werden sicher nicht alleine eine Regierung auf die Beine stellen können.“ „Gucken Sie sich doch die letzten Sondierungen an, in die Regierung kommt doch jeder.“ „Ja, aber nur als Hausmeister.“ „Für eine Arbeiterpartei ist das keine Schande.“ „Also jetzt nehme ich ihn nicht mehr ernst.“ „Gut, das mit der Arbeiterpartei war vielleicht nicht so gelungen.“ „Obwohl man programmatisch…“ „Gerade das ist doch der Pferdefuß: gegen die Merkel-Union hat man als Arbeiterpartei doch keine realistische Chance mehr.“ „Als Liberaler aber auch nicht.“ „Da haben wir ja noch mal Glück gehabt.“

„Und jetzt kommen Sie alle mal wieder runter, diese Führungsdebatte schadet uns doch langfristig nur.“ „Wieso langfristig?“ „Und wieso Führungsdebatte?“ „War denn Schulz nicht als Spitzenkandidat gesetzt?“ „Aber gegen Merkel.“ „Die hört ja dann auf, wenn Schulz kommt.“ „Müsste sich Schulz dann nicht selbst entsorgen?“ „Sie haben das mit dem Hausmeister irgendwie auch noch nicht ganz kapiert.“ „Einer muss es ja machen.“ „Die SPD ist sich vollständig ihrer Verantwortung in der momentan schwierigen Lage bewusst.“ „Sagt Schulz.“ „Wer nimmt das denn jetzt noch ernst!?“

„Dass wir mal als Anker der Stabilität und Verlässlichkeit für dieses Land durchgehen könnten, hätte ich mir auch nicht träumen lassen.“ „Bei der Arbeiterpartei weiß man immerhin: die fallen um. Nur wohin, das ist die Frage.“ „Kommen Sie jetzt gleich mit einer Dolchstoßlegende um die Ecke?“ „Programmatisch?“ „Wie gesagt, wir sollten uns jetzt alle mal am Riemen reißen, sonst haben wir ein gewaltiges Problem, Neuwahlen hin oder her.“ „Ich weiß gar nicht, was Sie haben. Deutschland geht es doch gerade fantastisch! Die Wirtschaft boomt, der Arbeitsmarkt läuft regelrecht heiß, die internationalen Entwicklungen, denken Sie nur an den Brexit, das bedeutet natürlich Wachstum, und dann der Euro, stabil wie nie, das sind gewaltige Synergieeffekte, die muss man erst mal nutzen, und dann unsere Vorreiterrolle in Europa, das bedeutet Stabilität, richtige Stabilität bedeutet das!“ „Genau. Und alles ohne Regierung.“





Schwerfigur

1 12 2016

„Das heißt, wir können sie schlagen?“ „Logo.“ „Die ist doch total am Ende.“ „Und wieso haben wir erst einundzwanzig Prozent?“ „Das ist das Übergewicht der Union, diesmal werden sie es nicht verkraften.“ „Und dann kommen wir endlich in die Regierung.“ „Wo sind wir denn jetzt?“

„Nein, wirklich.“ „Sie müssen auch mal sehen, dass die SPD die Rolle der CDU komplett ersetzen kann, wenn sie will.“ „Ich weiß aber noch gar nicht, ob wir das…“ „Egal, im Wahlkampf müssen wir das wenigstens versprechen.“ „Hallo!?“ „Er ist mal wieder auf dem moralischen Trip.“ „Typisch linker Flügel.“ „Aber echt!“ „Nein, ich…“ „Wenn Sie sich die Partei seit gut zwanzig Jahren ansehen, dann wissen Sie auch, dass wir das eigentlich schon fast erreicht haben.“ „Sogar besser!“ „Richtig, die SPD ist die bessere CDU!“ „Eben.“ „Und das kommt, weil die CDU die SPD eben auch komplett ersetzt hat.“ „Entschuldigen Sie mal, das ist doch komplett aus der Luft…“ „Mensch, jetzt begreifen Sie es endlich – wenn die Grünen weiter nach rechts rücken, dann müssen sie irgendwann zwangsläufig wieder bei der SPD landen!“

„Das sind doch alles total verrückte Theorien, das können Sie überhaupt nicht…“ „Auf jeden Fall müssten wir mit den Linken reden, damit wir eine Koalition hinkriegen.“ „Auf der anderen Seite könnten wir auch abwarten, bis sie uns konstruktive Kollisions…“ „Hä!?“ „Koalitionsangebote, wollte ich sagen – bis die Koalitionsangebote machen.“ „Sie sitzen immer noch auf dem hohen Ross. Kommen Sie da runter, dann können wir reden.“ „Er hört sich schon an wie die Linken!“ „Armer Kerl.“ „Das kommt davon, wenn man ständig im Kanzleramt abhängt.“ „Wir müssen den Linken nur sagen, dass sie mitregieren dürfen, dann ist alles in Butter.“ „Und der Koalitionsvertrag?“ „Die werden schon nicht so anders sein als die Grünen. Lass sie an die Regierung, dann haben sie sich erledigt.“ „Hat doch Merkel mit der FDP auch so gemacht.“ „Und mit uns.“ „Jetzt werden Sie mal nicht witzig, das zieht bei uns gar nicht.“ „Also wir sagen den Linken, sie dürfen gerne mitregieren, nur eben unter der Voraussetzung, dass sie alle ihre Versprechen brechen muss?“ „Ja.“ „Alle Vorschläge, alle Ideen, alle Reformansätze?“ „Klar.“ „Wozu frage ich das eigentlich?“ „Eben, das würde ich auch gerne mal wissen. Sie haben es doch offensichtlich kapiert.“

„Und was ist mit unserem Wahlprogramm?“ „Wir wollten eigentlich weitermachen wie bisher.“ „Sonst nichts?“ „Mensch, wenn wir Merkel mit einer Sache schlagen können, dann mit Kontinuität. Die hat bei ihr noch nie versagt.“ „Und bei der SPD wissen die Leute seit zwanzig Jahren auch, was sie erwartet.“ „Ich hatte es schon mal gesagt, ich mag Ihren sarkastischen Unterton so gar nicht.“

„Dann sollten wir wenigstens vorab klären, wer sich als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf gegen die Schwerfigur Merkel begibt.“ „Schulz?“ „Das ist doch ein Bauernopfer!“ „Sagen Sie das nicht, über den ist so gut wie nichts bekannt.“ „Wenigstens nicht aus der Bundespolitik.“ „Und das wird für die Kanzlerin hochgefährlich!“ „Genau, die weiß dann gar nicht, gegen welchen Gegner sie antreten soll.“ „Und schon macht sie entscheidende Fehler.“ „Das klingt ja alles vollkommen schlüssig.“ „Ja, nicht wahr?“ „Ich hatte Ihnen schon mal gesagt: keinen Sarkasmus!“ „Bis jetzt haben wir doch gar nichts in der Hand gegen einen Wahlsieg der Union.“ „Aber das muss doch gar nicht heißen, dass die noch mal gewinnt.“ „Vielleicht hat ja Seehofer auch einfach keine Lust mehr, sich das noch weiter anzutun.“ „Dann kann sie nur mit uns regieren.“ „Wer sagt das?“ „Erwarten Sie etwa, dass die CDU mit den Linken gemeinsame Sache macht!?“ „Gleich will er uns noch erzählen, die Linken würden das nur tun, um endlich an die Macht zu kommen!“ „Hähähä!“ „Er verwechselt die wohl mit den Grünen, wie?“

„Wie haben Sie sich das eigentlich vorgestellt, das mit der CDU?“ „Naja, die verliert, und dann werden wir…“ „Nein, mit der SPD als neue CDU. Wie wollen Sie das machen?“ „Wir könnten noch ein bisschen weiter nach rechts rücken. Also ein Ohr haben für die Sorgen und Nöte der Menschen, die es nicht so haben mit der Demokratie.“ „Weil wir es auch nicht so haben mit der Demokratie. Schon klar.“ „Das eröffnet uns aber langfristig auch neue Spielräume für Koalitionen.“ „Mit der CSU?“ „Das habe ich jetzt nicht sagen wollen, aber es gibt in der SPD ja auch noch andere Kräfte.“ „Leider.“ „Ich hatte Ihnen schon mehrmals…“ „Jaja.“

„Dann lassen Sie uns die Ärmel aufkrempeln und den Wahlsieg vorbereiten.“ „Gute Idee!“ „Welchen Wahlsieg?“ „Die Kanzlerin ist nach Ansicht ihrer Partei die beste Antwort auf die drohende Politik eines rot-rot-grünen Bündnisses, das die CDU unbedingt verhindern muss.“ „Und wann kommt das mit dem Wahlsieg?“ „Sie wird ja auch als Stabilitätsfaktor gesehen in Europa.“ „Als Retterin der freien Welt!“ „Allerdings!“ „Das ist beachtlich!“ „Hallo? Wahlsieg!?“ „Glauben Sie das etwa?“ „Darauf kommt es doch gar nicht an.“ „Das stimmt, und deshalb glaube ich das erst recht nicht. Die Merkel hat fertig!“ „Und deshalb glaube ich zum Beispiel ganz fest daran, dass wir mit der richtigen Idee, dem richtigen Kandidaten, einem guten Wahlprogramm, einen politischen Neustart in Deutschland hinkriegen.“ „Auf jeden Fall!“ „Na logo!“ „Aber wir haben doch nicht einmal ein Jahr bis zur Wahl. Wie wollen Sie das denn schaffen?“ „Hä!?“ „Wie bitte?“ „Entschuldigen Sie mal – wer redet denn von 2017?“





Angie-Fix

17 02 2016

„Doch, unserer Kanzlerin liegt die Koalition sogar sehr am Herzen, deshalb möchte sie sie ja auch auf gar keinen Fall gefährdet wissen. Aber das kann man eben nicht im Alleingang hinkriegen, darum müssen wir alle etwas dafür tun, dass unsere Zusammenarbeit vertrauensvoll und ausgewogen bleibt. Sie müssen da auch mal Ihren Beitrag leisten und den Bürgerinnen und Bürgern… doch, das müssen Sie. Die Kanzlerin erwartet, dass Sie auch mal richtig Randale machen, Herr Gabriel.

Das müssen Sie jetzt falsch verstanden haben. Es geht nicht um den nächsten Parteitag, also wenigstens nicht um den nächsten in der SPD. Da können Sie selbstverständlich auch so viel Rabatz machen, wie Sie wollen, Herr Gabriel, vielleicht kommen Sie damit sogar bis in die Nachrichten, aber das hat unsere Kanzlerin gar nicht gemeint. Sie müssen jetzt einfach nur mal die Koalition etwas stützen, und das tun Sie am besten, wenn Sie gegen die Kanzlerin agitieren. Nein, ich bin nicht vor die Wand gelaufen, und ja, ich bin stocknüchtern. Echt. Machen Sie einfach, was ich Ihnen sage. Sie befinden sich in einer großen Koalition und haben Ihre Aufgaben, Herr Gabriel.

Gucken Sie mal, dass Sie das mit dem Familiennachzug wieder in die Diskussion gebracht haben, das ehrt Sie ja. Ich meine, wenn Sie immer nur jeden Scheißdreck mit durchwinken, weil Sie die Gesetze vorher nicht lesen, dann hätten wir uns auch weiter die FDP halten können. Und wenn Sie jetzt wenigstens so tun, als würde Sie dieses blöde Asylantenpaket – Paket, Herr Gabriel, Paket, das mit dem Pack hatten Sie schon mal gesagt – als würden Sie das wieder neu aufschnüren wollen, das hat doch schon mal viel Schönes. Das wollen doch unsere Wähler auch. Ob Ihre Wähler das wollen? Herr Gabriel, woher soll ich das denn wissen? Fragen Sie sie doch, wenn Sie noch welche finden.

Aber Sie werden doch einsehen, dass wir auch ein wenig auf die innere Harmonie achten müssen. Der Koalitionsfrieden, Herr Gabriel, das ist ein hohes Gut, der muss ausgewogen sein. Ist nicht unbedingt Ihre Paradedisziplin, aber Sie müssen sich damit abfinden. Wir können ja nicht immer mit der Schwesterpartei Streit haben, das ruiniert auf Dauer unsere Glaubwürdigkeit, und auf die Opposition loszugehen, das können wir im Moment einfach nicht machen. Einmal aus wahltaktischen Gründen, und dann müssen wir als Regierung auch kommunizieren, dass wir parteipolitische Spielchen nicht mitmachen.

Ja meine Güte, suchen Sie sich halt irgendwas aus, was zu Ihnen passt. Nicht unbedingt Kohle oder Wirtschaftspolitik, die Leute sollten schon den Eindruck haben, dass es ein Kompetenzstreit sein könnte, und da punkten Sie ja eher nicht. Vielleicht irgendwas mit Atomenergie? Sie könnten ja das Weiterlaufenlassen der deutschen Kernkraftwerke von der Flüchtlingsobergrenze abhängig machen. Oder umgekehrt. Oder was mit dem Strompreis, und den koppeln Sie dann an die maximale Anzahl an neuen Rüstungsgeschäften. Oder die minimale. Jetzt seien Sie halt auch mal ein bisschen kreativ, das kann doch die Kanzlerin nicht immer selbst erfinden. Sehen Sie, das ist eben der Unterschied zwischen dem Seehofer und Ihnen, Herr Gabriel – wenn der Seehofer irgendeinen Müll von sich geben soll, der hat sofort was auf Lager. Schneiden sich von dem mal eine Scheibe ab.

Jetzt denken Sie gefälligst mal national, Herr Gabriel, das kann doch so schwer nicht sein! Wir haben eine Regierungskrise vor uns, die werden wir nur in den Griff kriegen, wenn wir die sehr schwere Regierungskrise in den Griff kriegen werden, die Sie auslösen. Weil wir dann die andere Krise gar nicht mehr lösen, also in den Griff schon, aber das will dann keiner mehr, Sie verstehen schon, Herr Gabriel. Das ist Ihr Job.

Das ist Ihr Job, Herr Gabriel. Die Kanzlerin reicht es Ihnen auch gerne noch mal schriftlich rein. Oder haben Sie mal wieder auf Durchzug geschaltet? Was glauben Sie, was hier gerade kocht? Angie-Fix für große Koalition? Dann seien Sie mal froh, wenn sich das für Sie nicht als Pudelsuppe herausstellt.

Dann machen Sie halt irgendwas mit der Bahn, das funktioniert immer. Was weiß ich, die fahren nicht wirtschaftlich, das Schienennetz ist marode, der Vorstand ist korrupt, suchen Sie sich’s aus. Aber kommen Sie der CSU nicht ins Gehege. Ansonsten dürfen Sie sich nach Herzenslust austoben. Machen Sie einfach, was Sie wollen.

Nein, nicht die Vorratsdatenspeicherung, die ist inzwischen beschlossene Sache, und wenn Sie die jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht angreifen, dann… Sie können doch nicht ein bereits in Kraft getretenes Gesetz torpedieren, Herr Gabriel, das gehört sich doch nicht! Koalitionskrach ja, aber man muss doch die Verhältnismäßigkeit auch… Herr Gabriel, das hatten wir doch mit dem Kollegen aus dem Justizressort so schön erörtert, das können wir jetzt unmöglich alles wieder… Also wenn Sie das machen sollten, Herr Gabriel, dann kann ich nicht garantieren, dass die Kanzlerin Ihnen nicht gewaltig…

Hallo, Kanzleramt? Ja, hat geklappt. Und er wird so richtig Krach machen, das können Sie mir glauben.“





Friendly Fire

27 07 2015

„… dass Merkel einen ausgezeichneten Job als Bundeskanzlerin mache, weshalb man sich langfristig in der Rolle des Juniorpartners in einer Großen Koalition…“

„… sich Gabriel bis mittags nicht geäußert habe. Er sei dann für zwei Stunden vom absoluten Gegenteil überzeugt gewesen, habe ab den frühen Abendstunden exakt Albigs Urteil vertreten und sei dann wieder…“

„… sei Opposition Mist, was insbesondere dann gelte, wenn diese Rolle von der SPD…“

„… auch nach Steinbrücks Überzeugung. Der ehemalige Kanzlerkandidat habe über seine Partei gesagt, momentan erscheine sie ihm kaum präsent, zentrale Zukunftsfragen zu thematisieren, weshalb er selbst nicht mehr gegen Merkel…“

„… nach dem Verfahren der Organspende vorgehen wolle. Jeder, der nicht ausdrücklich einer Kanzlerkandidatur widersprochen habe, müsse in den kommenden 18 Monaten damit rechnen, von der Parteispitze als…“

„… uneingeschränkt der Partei die Schuld gegeben habe, da sie seine Politik den Wählern nur unzureichend erkläre. Gabriel habe versichert, er könne mindestens tausendmal so viele Stimmen einfahren, wenn der Deutsche nicht so ein hysterisches…“

„… da zwischen Union und SPD so gut wie kein programmatischer Unterschied mehr bestehe. Es sei also damit zu rechnen, dass der Wähler 2017 komplett zu den Sozialdemokraten überlaufe und Gabriel mit überwältigender Mehrheit zu…“

„… bei 25 Prozent eine deutliche Dominanz in der Regierungsarbeit vernehme. Oppermann sei davon überzeugt, dass es sich in Wahrheit um eine Minderheitenregierung der Sozialdemokraten handle, die Merkel als Kanzlerin nur dulde und ansonsten ihre eigenen politischen…“

„… vollkommen verzerrt dargestellt habe. Merkel sei keine ausgezeichnete Regierungschefin, Gabriel habe bloß im Vergleich mit ihr keine nennenswerten…“

„… er nicht bekloppt sei. Außerdem sei Schmidt mit Vorträgen und publizistischen Aufgaben bis 2023 ausgebucht und wolle sich nicht mehr in die Tagespolitik der hinterbliebenen Partei…“

„… die These von Oppermann stütze, da sich die SPD inzwischen exakt so positioniere wie die Union während der vergangenen…“

„… wolle sich Schulz einer Herausforderung 2017 nur dann stellen, wenn gesichert sei, dass er trotz eines wie zu erwartenden negativen Ausganges weiterhin seine vollen Bezüge als Präsident des…“

„… dass Merkel die Wähler seit Beginn ihrer Kanzlerschaft fortwährend belogen, betrogen und hinters Licht geführt habe. Die jetzige Parteiführung sei kompetent genug, 2017 nahtlos an diese Erfolge…“

„… auch beim Absinken auf knapp unter 20 Prozent noch nicht Schaden nehmen müsse. Steinmeier prophezeie seiner Partei eine große Zukunft, wenn sie weiterhin die Regierung quasi von unten…“

„… habe Merkel dies Lob nur verdient, da sie seit Anfang an die sozialdemokratische Politik kopiert und perfektioniert habe. Daher sei ein überraschender Sieg der SPD durchaus sehr…“

„… sei die Sozialdemokratie zu sehr auf die soziale Gerechtigkeit fixiert und müsse viel wirtschaftsfreundlicher werden, um auch bei den Arbeitnehmern und in der Mittelschicht eine Ausweitung ihres Wählerpotenzials…“

„… nicht bestätigt, ob die Kanzlerin Gabriel dafür tatsächlich ihr vollstes…“

„… eine Kandidatensuche ohne Denkverbote für starke Verunsicherung an der SPD-Basis gesorgt habe. Oppermann habe bekräftigt, dass jeder, abgesehen von Andrea Nahles, gut genug sei für…“

„… dass auch ein weiterer, erwartbar dramatischer Stimmenverlust keinesfalls Anlass zur Sorge sei. Man wisse beispielsweise von der Homöopathie, dass mit dem Abnehmen der Substanz ein erhebliches Maß an…“

„… eigene Standpunkt setzen müsse. Wenn Merkel an der Sozialdemokratisierung der Union gearbeitet habe, müsse die SPD nun noch viel stärker auf die konservative Mitte der…“

„… dass Albig sich auch dialektisch geäußert haben könne. Er habe mit keinem Wort in seinem Interview einen möglichen Nachfolger für Merkel genannt, schon gar keinen, der ebenfalls einer so ausgezeichneten Kanzlerschaft fähig sei, was klar aussage, dass die SPD mit vielen Politikern der Union mit nur einer einzigen Kanzlerin bei den kommenden Wahlen haushoch…“

„… es vollkommen gleichgültig sei, wer dem Volkswillen mit der Umsetzung von TTIP oder der Vorratsdatenspeicherung…“

„… lobe Schröder seine Partei als absolut authentisch, da sie als einzige die Folgen der Agenda 2010 an sich selbst ausprobiere: wie man durch tapferes Festhalten an einer Ideologie immer schneller und immer tiefer in die Scheiße einer ausweglosen…“

„… könne nur ein Wechsel an der Parteispitze und eine thematische Neuorientierung der SPD sie ihrem Umfragetief holen. Er sei für einen Neuanfang bereit und stelle sich der Herausforderung, so Sarrazin, der mit überwältigender Mehrheit zum…“





Elitepartner

8 06 2015

„Machen Sie sich keine Sorgen, ich habe hier schon ganz andere Probleme beseitigt. Seitensprung mit dem Ex, heimliche Geliebte, uneheliche Kinder aus vorangegangenen Beziehungen, von denen der jetzige Gatte gar nichts wusste. Da werden wir doch so ein bisschen schlechte Stimmung wieder in den Griff kriegen, was? Aber ja doch! Diese Ehe werden wir retten, nicht wahr, sprechen Sie mir nach: diese Ehe werden wir retten!

Es spricht doch auch gar nichts dagegen, dass Sie eine Paarberatung aufsuchen, Frau Merkel. Nur müssen Sie dann auch mitarbeiten. Weil ja die Verhaltensweisen des einen von den Verhaltensweisen des anderen bedingt sind und diese wiederum mit bedingen, und wenn wir die systemische Gesamtwirkung dieser Prozesse… Hören Sie mir eigentlich zu, Herr Gabriel?

Man muss nämlich auch mal ein wenig zurückstecken können, Herr Gabriel. Erinnern Sie sich noch? Das Wir gewinnt? Gut, wenn ich da Ihre Gattin gewesen wäre, ich hätte mich auch gefragt, warum Sie Ihre Integration schon beim Sprachkurs in die Tonne getreten haben, aber sie wusste ja wenigstens, was auf sie zukommt. Das wusste die Partei bei Ihnen nicht.

Andererseits, Frau Merkel, Sie müssen auf den Partner auch ab und zu mal einen Schritt zugehen. Diese, hm, Neigungen, Sie haben ja da immer so ein Bauchgefühl, das muss auch gar nicht schlimm sein, aber könnten Sie sich vielleicht darüber mal ganz in Ruhe unterhalten, wie wir da eine Perspektive reinkriegen für ein vernünftiges, gemeinsames Zusammenleben? Die Ehe ist nun mal unter dem besonderen Schutz des Staates, nur muss man dann auch ein bisschen dafür arbeiten, dass sie modern und zeitgemäß ist und nicht so eine total verstaubte Angelegenheit aus dem neunzehnten Jahrhundert bleibt. Seien Sie doch auch mal offen!

Und, Frau Merkel, es zählen doch vor allem die Gemeinsamkeiten. Dass man eine gemeinsame Lösung findet, genau. Das haben Sie schön gesagt, also: beim ersten Mal klang das noch schön, inzwischen können Sie sich das reinschieben, wo die Sonne nicht scheint. Weil es ja bei Ihnen nicht um die gemeinsame Lösung geht, sondern nur darum, dass andere etwas finden. Damit Sie nichts zu tun brauchen. Das ist für Sie Gemeinsamkeit, wenn man zusammen nichts tut? Lassen Sie es mich so ausdrücken, Frau Merkel: vom Ergebnis her betrachtet muss ich Ihnen da sogar Recht geben. In Bezug auf Ihre Klimapolitik beispielsweise kann ich mir diese Sichtweise sehr gut zu eigen machen.

Denken Sie doch mal lösungsorientiert! Diese Beziehung findet doch nicht im luftleeren Raum statt – Herr Gabriel, lassen Sie jetzt bitte Ihre SPD aus dem Spiel, ja? – sondern in einer Gesellschaft, die wiederum aus Vereinbarungen besteht, aus Konsens und Konflikten und einer individuellen Interpretation der Zweisamkeit, und die konstruiert für Sie eine gemeinsame Wirklichkeit, in der Sie miteinander leben können. Sie haben sich doch für die Zukunft sehr viel vorgenommen, oder? Sie wollen die Hosen anbehalten? Gut, würde ich wohl anders formulieren, Frau Merkel, aber wenn Sie das als Zukunftsvorstellung haben, dann will ich hier auch nicht widersprechen.

Sie sollten aber aufeinander mehr Rücksicht nehmen, das wissen Sie doch? Wissen Sie um die Symmetrie in der Beziehung? Haben Sie denn überhaupt noch Hoffnung, dass Sie schaffen? Wir werden diese Ehe retten, okay?

Womit haben Sie sich denn seit Ihrer Eheschließung so beschäftigt? mit sich selbst? Da steckt ja schon viel Schönes drin, Herr Gabriel, aber ob das für eine feste Beziehung reicht? Sie haben Recht, man sollte in einer Partnerschaft vor allem gemeinsame Interessen entwickeln, aber sich mit sich selbst zu beschäftigen, während der andere auch nur vorm Spiegel steht – finden Sie das nicht ein bisschen unbefriedigend? Ach so, ja. Sie finden sonst überhaupt keine Befriedigung mehr. Ich dachte, das sei den Stones in Ihrer Partei vorbehalten. Offenbar gehören Sie auch schon zu denen.

Frau Merkel, Sie müssen das jetzt nicht tun. Ich bin ja ein unabhängiger Berater, also eine Instanz, die zwar neutrale Erkenntnisse gewinnt, die ich dann aber für Ihre inneren Angelegenheiten – wie kommen Sie gerade jetzt auf die NSA? Das ist vollkommen falsch. Ich gehe hier keine Koalition mit Ihnen ein, nur damit Sie eventuell durch unsere Zusammenarbeit entstehende Interessenkonflikte besser ignorieren können, Frau Merkel. Hören Sie mal, ich lasse mich von Ihnen doch hier nicht instrumentalisieren! Und ich verspreche Ihnen auch kein Abkommen, so war das nicht gemeint! Diese Ehe werden wir retten, aber sonst nichts, klar!?

Sie brauchen eben eine gemeinsame Ebene, verstehen Sie mich? Sie wollen diese Probleme mit genau den Mitteln lösen, die die Probleme haben entstehen lassen? Wie soll das denn funktionieren? Sie müssen sich doch auch mal abstimmen. Das Gemeinsame koordinieren. Die Zukunft in Schritte unterteilen, die sich einzeln leichter gehen lassen. Arbeiten Sie die Ziele ab, die Sie in die Zukunft führen, und gehen Sie diese Schritte gemeinsam.

Okay, Frau Merkel: Sie beseitigen den letzten Rest von Sozialstaat, und Sie, Herr Gabriel, schaffen das Streikrecht ab, und dann zerlegen Sie gemeinsam das Grundgesetz in seine Bestandteile? Sehen Sie, es geht doch! Diese Ehe werden wir retten!“





Der Sozialismus wird ein Stück weit siegen

11 03 2015

„Nein, Frau Merkel. Ausgeschlossen. Ihr Vertrauen in uns als langjährigen Koalitionspartner in allen Ehren, aber das können wir als SPD einfach nicht mittragen. Das geht einfach nicht. Weltrevolution, das ist mit uns nicht drin. Nicht mit der SPD.

Das ist ja nett, dass Sie uns den Schulterschluss anbieten, gerade in diesen Zeiten, in denen unsere Demokratie so sehr vom Rechtspopulismus bedroht ist, aber mal ehrlich: wir wären doch bekloppt, diese Chance verstreichen zu lassen. Ungenutzt. Ohne großes Bundesparteitagpalaver, ohne eine entschlossene Resolution des Vorsitzenden, ohne die zumindest überwiegende Akzeptanz durch den eher konservativen, regierungsnahen Flügel. Aber wir können uns das nicht leisten, verstehen Sie? Wir brauchen dieses Feinbild einfach. Mehr als sie. Und Sie dürfen auch nicht vergessen, die meisten unserer Wähler sind in einem Alter, die kennen es gar nicht anders: wir unterstützen die Revolution nicht, wir tun alles, damit sie nie kommt. Denn wozu bräuchte es sonst die SPD?

Schon klar, Frau Merkel. Ihnen kann man nichts vormachen, Sie kennen unsere Schwachstellen. Natürlich müssen wir alles tun, damit wir nicht irgendwann sozialdemokratische Verhältnisse haben. Was soll man denn dann den Leuten im Wahlkampf noch versprechen? Betreuungsgeld? Freihandelsabkommen? Wir müssen doch diesen Menschheitstraum von der sozialistischen Welt irgendwie am Köcheln halten – uns fehlt da einfach Ihr eiskalter christlicher Pragmatismus, mit dem Sie jedes in Armut geborene Kind aufs Jenseits vertrösten. Der Sozialismus wird siegen, aber wieder nur ein Stück weit. Wir sind schon froh, dass wir Schröder nicht mehr an der Backe haben. Der hätte uns einen Sieg des Sozialismus in einem Drei-Stufen-Plan verkauft.

Und Sie haben sich das auch gut überlegt? Ach so, ja. Seit 1989. Dann verstehen wir jetzt ja auch, dass Sie seitdem eigentlich nicht viel mehr geleistet haben, als diesen Staat in die Scheiße zu reiten. Marktkonforme Demokratie und so. Wenn das die Voraussetzungen der sozialistischen Revolution sein sollten, dann haben wir ja ein paar Jahrzehnte lang alles richtig gemacht. Sie können uns viel nachsagen, Frau Merkel. Vaterlandsverrat, offenen Verfassungsbruch, immer in der Endausscheidung um die landesweiten Filzwettbewerbe gewesen, alles, aber nie haben wir den Kapitalismus verächtlich gemacht.

Dann waren wir eben nie auf Ihrer Seite, Frau Merkel. Der Wähler hat das doch gewusst. Naja, geahnt zumindest ansatzweise. Etwas anders halt. Aber Sie müssen zugeben, Sie haben uns immer davon abgehalten, die soziale Gerechtigkeit in diesem Land zu stärken. Allein das mit dem Mindestlohn – wir können doch nicht einfach das umsetzen, was in unserem Wahlprogramm steht! Das schädigt doch das Ansehen unserer Partei auf Jahre!

Wir wollen nicht ungerecht sein, Frau Merkel. Im Ganzen haben Sie uns als Koalitionspartner durchaus verstanden. Dass wir uns jetzt um ein paar Euro Differenz bei der Anhebung des Kindergeldes streiten, das ist doch ein guter Schritt in die richtige Richtung. Vier Euro mehr oder weniger, wenn es sowieso nur um sechs Euro geht, und das bei der angeblich so gut verdienenden Mittelschicht, die das gar nicht merkt? Da wird man ja regelrecht nostalgisch. Wenn man so ein bisschen zurückblickt und die Erfolge der letzten Jahre Revue passieren lässt, dann fallen einem doch sofort die fünf Euro ein, die schon vor der Berechnung mehr auf die Hartz-IV-Sätze geschlagen werden sollten. Dem Bürger voll eine reinzimmern und dann abwarten, ab wann er sich das nicht mehr gefallen lässt – das nenne ich mal oldschool. Aber das muss Ihnen der Neid lassen, Frau Merkel. Sie wissen, wie man die Revolution hinkriegt.

Außerdem müssen wir an dieser Stelle doch mal dankend zur Kenntnis nehmen, dass durch Ihre Mithilfe der Mindestlohn nicht mehr als solcher zu erkennen ist. Sie haben sich wirklich verdient gemacht um die Sozialdemokratisierung der deutschen Politik, Frau Merkel.

Wenn Sie uns jetzt noch helfen könnten, die Überreste unserer Politik zu marginalisieren, dann dürfte die Gefahr eines unkontrollierten Aufstandes vorerst gebannt sein. Nein, ich rede nicht von Helmut Schmidt. Ich rede von den Linken. Wenn die nämlich plötzlich im Weg stehen sollten, sobald mal wieder ein Ruck durchs Land geht, dann sehe ich Rot. Also auf jeden Fall Schwarz, meine ich. Das hätte uns ja gerade noch gefehlt, dass die Roten im Weg stehen und aus unseren langjährigen Bemühungen um das deutsche Volk politisches Kapital schlagen. So weit sollte der Sieg des Sozialismus denn doch nicht gehen, dass er jetzt plötzlich real zu existieren anfängt.

Wir würden uns dann auch erkenntlich zeigen und Ihnen ab 2017 für ein paar Jahre das Regieren abnehmen, wenn Sie Bundespräsidentin sind. Uns ist zwar noch nicht ganz klar, wie wir das hinkriegen sollen, aber irgendwie muss es klappen. Wir haben ja streckenweise schon wieder zu viel Glaubwürdigkeit im Vorwahlkampf. Das kann böse enden, am Ende wachen Sie auf und es gibt keine Opposition mehr.

Nur eine Frage noch, Frau Merkel: wenn Sie es jetzt machen, kriegen Sie es eventuell auch alleine hin? Sie kennen sich doch mit Sozialismus aus. Jedenfalls besser als wir.“