Junge, komm bald wieder

11 03 2014

„… auch nach seiner Emeritierung nicht in den Ruhestand gehen wolle. Joachim Kardinal Meisner plane auch in den kommenden Jahren noch zahlreiche…“

„… wolle der ehemalige Bischof von Köln sich der multireligiösen Verständigung zuwenden. Diese könne seines Erachtens nach nur dann funktionieren, wenn zuvor alle Beteiligten zum Katholizismus…“

„… sich als falsch herausgestellt habe. Nicht die NPD wolle in die Römisch-Katholische Kirche eintreten, Meisner habe beschlossen, die Kirche solle vollständig in…“

„… irgendwas mit Medien zu machen. Er habe noch keine Ahnung von diesem Internet, wolle aber als erstes Projekt die Fortführung von kreuz.net im…“

„… als Berater für die Bundesregierung zu fungieren. Sein Anliegen, die Ökumenische Bewegung auch gesetzlich zu…“

„… einen standesgemäßes Alterssitz zu bauen. Reiner Zufall sei allerdings, dass Meisner dazu die Originalpläne des Limburger…“

„… müsse die Ausbildung der islamischen Geistlichen in Deutschland stärker reglementiert werden, um einheitliche Standards zu schaffen und ein gemeinsames Bezugssystem auf Werte zu erarbeiten. Er wolle gerne seine Erfahrungen im Praxisseminar für angehende Hassprediger…“

„… auch eine Karriere als Schlagerstar denkbar. Meisner habe bereit erste Gesangsproben mit kölschem…“

„… für einen Job als Dachdecker qualifiziert. Der ehemalige Bischof von Berlin freue sich schon darauf, auf möglichst viele Menschen herabblicken zu…“

„… kein Gehör bei der Bundeskanzlerin finde, die nichtkatholische Religionsausübung in Deutschland unter strenge Strafe zu…“

„… die Ratgebersendung des WDR zu boykottieren. Meisner lehne es kategorisch ab, sich mit Laien auseinanderzusetzen, die weder…“

„… zu einem jähen Rückschlag gekommen. Die musikalische Karriere des Altbischofs könne nicht wie geplant starten, da die Namensrechte an Unheilig bereits…“

„… nichts mit Meisner zu tun haben wolle. PI-News habe betont, einen derart intoleranten, rabulistischen Kommentator unter keinen Umständen auf den…“

„… einen Werbevertrag zur Gebissreiniger nicht annehmen könne, da er noch Originalzähne…“

„… ernsthafte Verhandlungen. Ob Meisner und Lewitscharoff neben dem geplanten Buch auch eine Talkshow…“

„… kaum eine Chance auf dem Kochbuchmarkt haben dürfte, zumal die Beschränkung auf Brot und Wein wenig Entfaltungsmöglichkeiten…“

„… zu Kommunikationsschwierigkeiten gekommen sei. Lewitscharoff habe nochmals betont, es gehe in ihrem gemeinsamen Projekt nicht um eine Auseinandersetzung mit dem deutschen Ungeist, sondern mit dem undeutschen Geist, was zu Schwierigkeiten mit den Sponsoren…“

„… sei es bei einer Berufsberatung völlig normal, dass Meisner empfohlen worden sei, als selbstständiger Nageldesigner zu arbeiten. Die Bundesagentur für Arbeit führe stets passgenaue…“

„… statt der Talkshow lieber eine Kultursendung zu moderieren, die Meisner gemeinsam mit Matussek in der…“

„… Verhütungsmittel generell zu verbieten, stattdessen jedoch muslimische Familien medizinisch zu…“

„… seine Beratertätigkeit auch in Moskau auszuüben. Er teile zahlreiche Interessen, unter anderem Homophobie und Gas, mit dem russischen Präsidenten und könne daher…“

„… als eigene Marke auf den Markt zu bringen. Das als Meisner Porzellan bekannte Geschirr sei besonders für Elefanten eine hervorragende…“

„… könne noch nicht sagen, ob er Papst werden wolle anstelle des…“

„… habe stets Freude an der Auseinandersetzung gezeigt. Der Deutsche Boxsport-Verband rate jedoch angesichts des geringen Körpergewichts von einer Teilnahme an Wettkämpfen eher…“

„… werde die Talkshow vom Road-Format Durch Köln mit… ersetzt, das auf einer Doppelmoderation mit Henryk M. Broder…“

„… die Schlageraufnahmen neu zu produzieren. Bushido habe sich dafür einen…“

„… habe sich Eva Herman gegen eine Kooperation entschieden. Die ehemalige NDR-Mitarbeiterin halte Meisners Frauenbild für unerträglich antiquiert und nahezu…“

„… nicht zu einer Zusammenarbeit bereit. Der Kinderschutzbund habe Meisners Angebot vehement…“

„… sei an Guido Maria Kretschmers Kollektion durchaus interessiert, da er unter der Soutane schon immer gerne Damenunterwäsche…“





Pardon wird nicht gegeben

30 03 2009

Die Argumentation des rheinischen Klerikers war außergewöhnlich schlüssig. Die Bundeskanzlerin, so Joachim Kardinal Meisner, habe sich schleunigst beim Papst zu entschuldigen. Ihre Kritik an der Praxis, Holocaust-Leugner wieder in den Schoß des Katholizismus zu führen, sei völlig unangemessen gewesen. Schließlich sei Merkel Protestantin. Zudem solle sie sich als CDU-Vorsitzende nicht in theologische Fragestellungen einmischen; seine Organisation, so der Hardliner, schere sich ja auch nicht um politische Randbegriffe wie Christentum.

Eine ganze Nation stand sehr betroffen vor dem moralischen Spiegel. Nichts Gutes blickte heraus, als sie hereinblickte. Sünden und Laster, Missetat, Ruchlosigkeit und Frevel standen in solchem Maß zur Disposition, dass ein einzelner Bußtag gar nicht würde gutmachen können, was sie sich geleistet hatten. Sie krochen kollektiv zu Kreuze, ihre Verfehlungen öffentlich zu bekennen und Gnade zu erflehen im Bewusstsein ihrer Verantwortung.

Geständnisse auf Pressekonferenzen leiteten die Reise in den Sündenpfuhl ein. Hartmut Mehdorn und Klaus Zumwinkel erschütterten das Empfinden der Deutschen; sie hätten gelogen, getäuscht, beschissen und betrogen – noch beim Auspacken vor dem Volk kannten sie kein Maß.

In langen Schlangen kroch alle Welt zu Kai Pflaumes Beichstuhl Bitte verzeih mir, der hastig aus dem Boden gestampften Weinshow für moralresistente Wiederholungstäter. Während Karl Moik und Stefan Mross sich die Haare rauften und Barbara Salesch sich auf die Brust schlug, bettelten Sonja Zietlow, Dieter Bohlen und Margarethe Schreinemakers mit Angelika Kallwass und Oliver Geissen um die Wette und um Vergebung. Auch Eva Herman und Jürgen Fliege schlossen sich dem allgemeinen Mea culpa an; diese allerdings mit dem Hinweis, es sei ja nicht alles schlecht gewesen, jener mit dem ausdrücklichen Hinweis, er sei außerordentlich dankbar, dass er nicht so ein Sünder sei wie die anderen alle. Es war ein Riesenerfolg.

Das Feuer schien schon zu verglimmen, da legte der Kölner Erzbischof nach. Er bedauerte öffentlich, dass viele Katholiken deshalb aus der CDU ausgetreten waren – eine so nicht erwünschte Wendung der Sache. Dass etliche Mitglieder der CDU der Katholischen Kirche den Rücken gekehrt hatten, entzog sich allerdings seiner Kenntnis, wie man ja stets nur weiß, dass man nichts wisse.

Einem Erdrutsch kam die Botschaft gleich, Helmut Kohl sei zur öffentlichen Abbitte bereit. Es erwies sich als Ente; der Einheitsarchitekt ließ hernach verlautbaren, er habe offensichtlich einen Blackout gehabt.

Denn auch der deutsche Qualitätsjournalismus erwachte und bekannte Farbe. Man habe seinerzeit falsch gehandelt, ja, man sei möglicherweise zu leichtgläubig gewesen, durchaus, und es habe auch die eine oder andere vielleicht unverantwortliche Art der Berichterstattung gegeben, dochdoch. Sie suhlten sich in ihren eigenen Bekennerschreiben. Die Öffentlich-Rechtlichen veranstalteten schnell noch ein paar Sondersendungen – Quotenrenner unter ihnen wurde Brennpunkt Sünde: Müssen wir die Gesellschaft verbieten? – und n-tv twitterte die Selbstgeißelungen aus den deutschen Redaktionsstuben in alle Welt, was den SPIEGEL veranlasste, das aktuelle Heft mit dem Titel Killer-Journalisten zu schmücken. Es zeigte Kai Diekmann und Franz Josef Wagner, die einander die Stachelpeitschen um die Ohren knallten, was ihnen ein erhebendes Gefühl von Anstand verschaffte – eine gänzlich neue Erfahrung für die beiden.

Die BILD-Schlagzeilen waren ungünstigerweise schon besetzt, da Dieter Althaus in einer mehrteiligen Serie über den Begriff der Schuld meditierte. Exklusives Fotomaterial, das ihn in Gedanken versunken zeigte, durfte nicht fehlen.

Öffentliches Grübeln vollzogen auch Jan Ullrich und seine Mannen. Dabei blieb es auch. Insgesamt zeigte sich die Sportwelt wenig kooperativ. Die Inkompetenz-Damennationalmannschaft mit ihren Spielführerinnen Ulla Schmidt, Ursula von der Leyen und Brigitte Zypries schoss noch schnell ein paar Eigentore und verwies auf den kommenden Meisterschaftserfolg. Auf eine Stellungnahme des sattsam bekannten Zahlenspielers und Demagogen Christian Pfeiffer wartete die politische Nation vergebens. Er hatte die Irrtumswahrscheinlichkeit noch nicht in die richtige Richtung gebogen.

Lippenbekenntnisse aus dem Finanzwesen führten die Debatte jedoch schnell wieder ins Gesittete zurück. Zaghaft gestanden die Manager ein, es habe möglicherweise Pannen gegeben, die zu nicht vorhersehbaren Folgen geführt hätten. Man einigte sich im Qualm der Friedenspfeifen, die Sache auf die höhere Gewalt abzuschieben. Das Schicksal, so der allgemeine Tenor, müsse nun um Pardon bitten. Und so sitzen sie noch heute und schieben sich die Verantwortung zu.

Als der Kirchenvorsteher aus der Stadt der Jecken in einem seiner doch seltenen Momente als Staatsbürger bekannte, die Deutschen würden sich mit ihrer Papstmäkelei lächerlich machen, war der allgemeine Friede wieder hergestellt. Meisner hatte die Lächerlichkeit seiner Nation, die Staat und Kirche trennt, vor Gott und den Menschen geteilt und bekam Absolution.

Der Vatikan äußerte sich dazu allerdings nicht. Man blieb dort dem Vorsatz treu, sich nicht in politische Fragen einzumischen.