„Fiebersaft 2018, Fiebersaft, Fiebersaft, höre ich zehn Ibu 600, zehn Stück, zwanzig, zwanzig zum erstem, zum zweiten und zum… dreißig Ibu 600, dreißig, vierzig, vierzig zum erstem, zum zweiten und zum… dritten! Glückwunsch an die Dame mit dem Kleinkind!
Das ist ja nur eine Möglichkeit, aber ich finde das super. Sie sehen ja, mit welcher Begeisterung die Menschen diese Auktionen annehmen, zum Teil haben wir mehr Angebote als Versteigerungen, aber bei bestimmten Arzneimitteln müssen wir nehmen, was man kriegt. Vier Jahre drüber, da kann man den Fiebersaft noch verwenden, wenn die Flasche gut verschlossen ist und das Zeug noch nicht ausflockt. Die Leute dürfen ruhig ein bisschen mehr Vertrauen haben, an der Imbissbude kratzt sie das auch nicht.
Nun ist der private Handel mit apotheken- oder verschreibungspflichtigen Medikamenten untersagt, eigentlich – aber schauen Sie, wir haben nun mal den Trend zur Erlebnisgesellschaft, wir haben die Eventgastronomie, Sie können überall Gutscheine kaufen für Bergklettern und Bungee, ob die dann auch eingelöst werden, ist ja nicht mein Problem. Wenn man nun Schmerzmittel im emotionalen Ausnahmezustand kauft, setzt das gleich positive Gefühle frei. Man kann sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, ob man das jetzt überlebt, ist wieder eine andere Frage, aber wenn Sie hinterher noch in der Lage sind, sich an irgendwas zu erinnern, dann haben Sie wenigstens etwas, an das Sie sich noch lange erinnern werden.
Und jetzt das ganze Paket Parkinson Plus für tausend Euro, ich pack da noch Neuroleptika drauf, verdienen tu ich da nix mehr, und hundert ASS und hundert Halstabletten von Opa noch, und ich muss verrückt sein, diese Krankenhauspackung Binden, originalverschweißt, tausend Euro!
Das mit den Flohmärkten war ja eine nette Idee, aber der Typ war halt ziemlich weltfremd. Es soll ja Ärzte geben, die nicht ständig auf dem Golfplatz abhängen, dann fallen die da über die Stände her und kaufen den weihnachtlich gestimmten Leuten die Vorräte weg – die haben ja das Geld, unsereins eben nicht, und damit ist der Gedanke der Hilfe zur Selbsthilfe, der die Eigenverantwortlichkeit so nett mit der gesunden Geldgier verbindet, wie man das in der Politik nicht anders kennt, damit ist das alles auf einmal futsch und die Sache ist nur noch ein ganz normaler Markt, der ganz normal versagt.
Wenn wir immer nur nach Vernunftgründen handeln würden, was würden wir dann nicht alles machen – Maskenpflicht, Isolationspflicht, Pflege besser bezahlen, Distanzunterricht, Luftfilter, und dann kann man beispielsweise Medikamente oder überhaupt Güter für den Gesundheitsbedarf mal in Deutschland oder zumindest in der EU herstellen und in ausreichender Menge lagern. Aber wo bliebe da bitte der Nervenkitzel? So eine Blinddarm-OP ist heutzutage ein Routineeingriff, da macht man sich keine großen Gedanken mehr. Aber wenn man nicht sicher sein kann, ob die Anästhesie auch genügend Narkosemittel vorrätig hat, dann ist da Musik drin!
Alles verstaatlichen? Ja, hört sich vernünftig an. Das wird aber auch an irgendwelchen Sachzwängen scheitern, weil es sich kurzfristig nicht rechnet. Sie müssen ja bei Börsenbewegungen, und das löst ja immer irgendwelche Börsenbewegungen aus, ganz schnell vorher kaufen und dann noch schneller alles wieder abstoßen. Das ist bei Klima und Energie vermutlich nicht anders bei Corona.
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Ihnen macht das keinen Spaß, aber man muss die nötige Neigung für solche Sachen mitbringen. Neulich hatten wir eine Kandidatin, die hatte schon seit einer Woche kein Asthmaspray mehr. Die erste Hälfte war ganz okay, dann wurde sie ein bisschen kurzatmig, und dann war hier richtig Action. Ich sage Ihnen, dagegen ist so ein Flohmarkt gar nichts. Wir müssen ja das Gesundheitssystem auch etwas interessant gestalten, sonst haben wir alle Angst vor der Krise und bewegen uns gar nicht mehr. Mit dem Mindset haben wir mehrere Kriege durchgestanden, da laufen wir doch jetzt nicht weg, oder?
Frau Mickeleit hat noch zwei ganze Packungen Blutdrucksenker im Nachttisch gefunden – ihr Mann ist ja nun nicht mehr, und jetzt wollen wir mal sehen. Schade, als Erwerbsminderungsrentner hat Herr Krechler da leider das Nachsehen, aber das Ehepaar Carla und Hans-Peter Wenzkaus nimmt dieselben Tabletten. Wie gut, dass Sie beide noch den Bausparkredit… – Können Sie mich verstehen? Sie waren für das Hörgerät hier? Ja, hätte mir auch auffallen können. Mein Fehler.
So, dann gucken Sie mal, ob Sie irgendwas von den Rückläufern gebrauchen können. Die sind zum Beispiel sehr gut bei Durchfallerkrankungen, die sind eigentlich für Malaria und so ein Zeugs, aber wenn man nichts anderes hat, gehen die auch. Bis 03/1999 waren die auch noch okay, vorher waren die rot, aber das ist nur der Überzug, also greifen Sie zu. Was das hier werden soll? Na, Sie stellen ja Fragen. Haben Sie noch nie Lotterie gespielt?“
Satzspiegel