Planungssicher

20 11 2014

„… eine vertragliche Bindung an die Telekommunikationsunternehmen für mehrere Jahre fordere. Weiterhin habe Oettinger vorgeschlagen, in der EU eine…“

„… nicht auf die Deutsche Telekom AG zurückzuführen sei. Man habe Oettinger wie bei seinen anderen Redebeiträgen nicht gesagt, was technisch machbar und vernünftig wäre, um ihn nicht in seiner Entscheidung zu…“

„… die Anbieterbindung nicht zu übertreiben. Die Mehrheit des DTAG-Vorstandes sei mit fünf Jahren zufrieden, während sich der Vorsitz sehr skeptisch über alle Fristen unterhalb von…“

„… die Bürger in Bezirken mit ungeraden Postleitzahlen weiter zu drosseln oder ihre Festnetzanschlüsse zu drosseln. Dies entbehre jeder vertraglichen Grundlage, ergebe keinen wirtschaftlichen Nutzen und sei grob kundenunfreundlich, daher eigne es sich in hervorragender Weise, als Werbestrategie der Deutschen Telekom AG auf ein breites…“

„… diene die gesetzlich erzwungene Vertragstreue den Kunden, da so die Unternehmen viel mehr Flexibilität…“

„… den Schadstoffausstoß an deutschen Mobilfunkendgeräten zu begrenzen. Oettinger habe angeregt, allen Bundesbürgern, die solche Geräte nicht nutzten, eine Autobahnmaut…“

„… den Breitbandausbau in Deutschland forcieren wolle. Dies könne nur durch sinnlose Strafverfolgung geschehen, die die Polizei unter großen Ermittlungsdruck setze, so dass ein Zusammenbruch der Netze die Wirtschaft zum technologischen Neuanfang…“

„… auch wieder Sinn mache. Die EU-Kommission verweise auf die Synergieeffekte zwischen Telekommunikationsunternehmen und Geheimdiensten, die zu einer immer langsameren Datenübertragung führen würden, was in Relation zu den nicht signifikant sinkenden Datenmengen der Verbraucher auch eine viel längere Zeit mit…“

„… mehr Mitspracherecht fordere, insbesondere auf der Seite der IT-Konzerne. So wolle Oettinger die Vorstellungen der Deutschen Telekom AG ab sofort als unterste Preisgrenze betrachten, die von anderen Anbietern als Zeichen der Marktentgrenzung selbstverständlich in beliebiger Höhe überboten…“

„… dass die Preise für weltweit einmalige Spitzentechnologien wie ISDN in ländlichen Gebieten linear ansteigen sollten. Dies verschaffe Unternehmen wie der Deutschen Telekom AG Planungssicherheit, um die Höhe ihrer Managergehälter bis 2050…“

„… in ländlichen Gebieten zu verteuern. Da die meisten Getreide und Milch verarbeitenden Unternehmen Postanschriften innerhalb von geschlossenen Ortschaften besäßen, müsse man die meisten Grundnahrungsmittel außerhalb der städtischen Ballungsräume dratisch…“

„… ermitteln solle, welche Automarke sich im ADAC-Test auf dem Spitzenplatz befinde. Oettinger habe keine Bedenken, dem Produzenten für mehr als zwanzig Jahre alle Steuern zu erlassen, da nur so die Entwicklung des Konzerns den Anforderungen an die Marktwirtschaft…“

„… müsse man Mietverträge ab sofort befristen. Die EU-Kommission sehe ein, dass man Hauseigentümern nicht mehr zumuten könne, Wohnraum für mehr als einen Monat zu vermieten, ohne eine drastische Wertminderung der…“

„… eine europäische Urheberrechtsabgabe für geistiges Eigentum einführen wolle. Durch eine schrittweise Absenkung der Internetgeschwindigkeit könne man bei volumenbasierten Verträgen den Erlös fast automatisch nach der Einführung pro Jahr um…“

„… werte er seiner Meinung nach kluge Vorschläge generell als Verbesserung. Oettinger sei sicher, dass eine Abrechnung von SMS per Zeichen für noch mehr Belebung auf dem Telefonmarkt sorgen werde. Er plädiere für Geräte, die jeweils nur 20, 50 oder 65 Buchstaben pro…“

„… nicht nur ländlichen Gegenden das Internet zu verteuern, sondern Landstriche, in denen Übel wie Gottlosigkeit und Demokratie wüteten, einer durchgreifenden Entdigitalisierung…“

„… auch Arbeitsverträge grundsätzlich nur noch befristet abzuschließen. So herrsche auf dem Arbeitsmarkt viel mehr Chancengleichheit, was auch zur Planungssicherheit der Wirtschaft…“

„… Internetverbindungen da verteuern müsse, wo sie bisher zu langsam seien. Dies helfe der deutschen Bevölkerung, sich nicht zu oft mit sozialistischen Vorstellungen wie Netzneutralität…“

„… einen guten Kompromiss gefunden habe. Oettinger schlage vor, die Arbeitsverträge von Seiten der Arbeitgeber unkündbar zu machen, Löhne und Gehälter allerdings dem Wunsch nach mehr Planungssicherheit entsprechend schon ab dem ersten Arbeitstag ganz ins Ermessen des…“

„… sich nicht mit fünfzig oder siebzig Jahren aufhalten wolle. Die Regierungsmehrheit der CDU in Deutschland gesetzlich zu regeln und die Wahlen zum Bundestag faktisch abzuschaffen, gebe der Partei eine Planungssicherheit, die sich zweifellos irgendwann auch wieder auf die EU…“





Bastelstunde

26 10 2011

„Von mir aus können Sie ruhig ein Evangeliker sein. Oder so einer von diesen Achtundsechzigern. Man muss ja nehmen, was man kriegt. Oder wenn Sie vielleicht Ausländer sind, ich meine, einer von den guten. Amerikaner oder Liechtensteiner. Aber wir wissen ja, dass die alle nicht schuld sind an der aktuellen Lage. Wir wissen das hier, wir haben genau aufgepasst. Schuld ist das Internet.

Natürlich müssen wir auch umdenken können. Man wird ja nicht gewählt, wenn man den Leuten fünfzig Jahre lang dieselben Lügen auftischt. Da müssen schon ab und zu neue her. Und wir haben ein völlig neues Feindbild, das hatte es so vorher noch nie gegeben. Der Russe hat das nicht gebracht, der Ossi nicht, aber mit dem Internet, da können wir eigentlich machen, was wir wollen. Das klappt immer. Man muss dem Wähler nur mal ein paar neue Gefährdungslagen hinwerfen – Phishing oder Online-Bankraub oder Facebook – und schon haben alle ganz furchtbare Angst.

Sie müssen die richtigen Statistiken bedienen. Es haben bei der vergangenen Bundestagswahl 11.828.277 Bürger für die CDU gestimmt, aber 800 Millionen Personen sind wenigstens einmal im Monat auf Facebook. Das heißt, pro Monat haben anständige Bundesbürger 68 Schwerverbrecher gegen sich, Mörder, Betrüger und Diebe, die Ihnen im Internet die Online-Dateien rauben. Ist das nicht großartig?

Schauen Sie, das Netz schafft Produktivität, es ermöglicht neue Formen der Kommunikation und Vernetzung, es erleichtert Geschäfte – von unseren rechtstreuen Bürgern, aber auch von Kriminellen. Und wenn man feststellt, dass es Dinge gibt, die den Kriminellen etwas nützen – diesen Linken beispielsweise, oder auch Muslimen oder den Grünen, wenn die nicht mehr mit uns koalieren – dann muss man die doch verbieten dürfen?

Es gibt da schon Gewissenskonflikte. Man muss ja auch mal sehen, wie sich die gesellschaftlichen Prozesse da gestalten. Schauen Sie, nur mal als Beispiel: die Kirche. Also die richtige jetzt, die mit dem Papst. Da mag es ab und zu auch unschöne Vorfälle gegeben haben. Die Baugenehmigung für den Kölner Dom, beispielsweise, die sollten Sie heute mal genauer unter die Lupe nehmen, aber ich frage Sie: wollen wir auf diesem Niveau wirklich diskutieren? Eben, und wenn man jetzt vor dem Hintergrund sieht, dass der Vatikan in dieses Interweb geht! Ich meine, das ist doch nicht gut, oder? Das ist doch ein großes Wagnis, wenn der Papst und seine Leute derart verweltlichte Dinge treiben?

Das hatte ich mir auch schon gedacht: Kontakt mit den sündigen Menschen. Man begibt sich in die konkrete Interaktion mit den Personen, die man aus dem sozialen Abseits holen will. Ein Ausdruck der Verantwortung für den Nächsten. Sie sehen es doch selbst, das passt doch hinten und vorne nicht zur römisch-katholischen Kirche!

Denn dieses Webnetz, das ist schon eine große Versuchung. Wenn Sie sich mal überlegen, was da inzwischen alles versucht wird – es darf nicht den Zugangsanbietern obliegen, zu entscheiden, was im Netz transportiert wird. Der Nutzer muss entscheiden können, was ihn interessiert. Und falls wir der Meinung sind, dass es ihn nicht zu interessieren hat, dann darf man da nicht lange diskutieren, dann muss man da mal etwas machen! Und das dient letztlich auch unserer Wirtschaft. Eine Vorfahrt für Daten bestimmter Betreiber oder Anbieter darf es nicht geben. Es sei denn, Sie zahlen mehr, dann sollten Sie natürlich auch mehr Privilegien genießen. Aber das ist eine Sache der Bürger. Und wenn es schief geht, können wir ja immer noch gesagt, dass wir es eigentlich vorher schon gewusst hätten, wenn wir davon etwas verstehen würden.

Die Gefahr, die ist real: wir haben eine komplette Untergrundwirtschaft im Netz – ein Warenhaus, in dem sich jeder sein Verbrecherwerkzeug zusammenkaufen kann, wo sie PINs oder Schadsoftware bekommen. Früher benötigten Sie tieferes kriminelles Know-how und hohe kriminelle Energie. Heute kann jeder durchschnittlich begabte Kriminelle Baukästen für Schadsoftware kaufen. Das ist so einfach, da kann sogar ich mir einen Trojaner basteln.

Und das ist ja auch das Schöne, durch dieses Webinternetz und diese ganzen Online-Blogs und das Zeugs da können wir zur Selbstversorgung übergehen. Was in Berlin nicht richtig geklappt hat, das kriegen wir jetzt mit eine Internet-Initiative hin: wir machen uns die Terroristen im Internet selbst. Die vom BKA haben ja gesagt, sie kriegen das irgendwie hin. Dann muss das wohl auch stimmen.

Es gibt doch schöne Sachen auch, das wollen wir gar nicht bestreiten. Neulich hat der Dobrindt in einem Internet-Blog ein Werbebild angesurft und einen kostengünstigen Nachdruck gefunden von Mein Kampf – und so günstig, Porto und Verpackung alles inklusive, und man konnte es sich sogar ohne Namensnennung schicken lassen! Ja, ein paar Sachen sind doch ganz in Ordnung in diesem Netz, das ist wohl wahr.

Aber ein bisschen in Sorge sind wir schon. Wegen der Sicherheitsbestimmungen, wissen Sie, und was den Datenschutz angeht. Und Facebook. Und das Twitter da. Und die Suchmaschinen, in denen man auch Überschriften findet. Meinen Sie, dass unser Wissensvorsprung vor den Piraten noch für zwei Jahre ausreicht?“





Rasiergummi

13 01 2011

„Klingt komisch. Sehr komisch sogar.“ „Was klingt komisch?“ „Dieser digitale Radiergummi, den die Landwirtschaftsministerin jetzt überall anpreist.“ „Sie preist ihn nicht an, sie preist ihn ein. Bei zehn Euro pro Monat.“ „Und das soll sich durchsetzen? Ich kann mir das nicht vorstellen.“ „Wichtig ist doch, dass Sie wissen: die tun etwas. Sie kümmern sich zwar um vollkommen nebensächliche Dinge, aber sie tun etwas. Und darauf kommt’s doch bei dieser Regierung an.“

„Ich kann mir aber nicht helfen, es klingt nicht gerade Vertrauen erweckend, wenn Aigner einen digitalen Radiergummi als Allheilmittel zum Datenschutz anpreist.“ „Soll es auch nicht sein. Zumindest nicht für Sie als Verbraucher. Die Botschaft ist doch, dass Sie erst dann aktiv werden, wenn Ihre kompromittierenden Bilder längst jeder gesehen hat. Sie haben nichts gelernt.“ „Sie meinen, jeder kann kompromittierende Bilder herunterladen und unverschlüsselt speichern?“ „Sie haben nichts gelernt, nicht aus Wikileaks, nicht aus Duisburg, als die katastrophale Planung der Loveparade auf dem Tisch lag und sich einmal freigesetzte Daten verbreiteten – man kann es nicht einfach wie einen Verkehrsstrom absperren, wie ein Datenstrom, es ist ein Insektenschwarm, der sich vermehrt und nicht zu greifen ist. Als wolle man mit einem Bagger einzelne Sandkörner aufheben.“ „Man besorgt sich die Daten, man hebt sie auf, das Verfallsdatum ist erreicht und man hat sie immer noch.“ „Richtig, und das ist ganz legal. Es geht doch nicht darum, den Schutz der Bürger vor Missbrauch zu regeln, das hat die Vorgängerregierung schon mit Verve versaubeutelt. Es geht darum, Datenschutz zu definieren – vordergründig. Transparenz. Die Weiterungen des Netzwerks und seine Grenzen. Denn wir haben uns über verpixelte Häuser und den Datenauskunftsbrief erregt, weil diese Ministerin es so wollte, aber wir haben keine Kritik gehört bei der Vorratsdatenspeicherung, keine Kritik beim E-Post-Brief, beim elektronischen Personalausweis, bei ELENA, keine Kritik bei Versicherungskarte und INDECT und SWIFT.“

„Es ist also die falsche Perspektive?“ „Diese Regierung schwafelt von Leitplanken auf einer Datenautobahn, sie wendet Eigentumsbegriffe der Kaiserzeit auf Digitalgüter an, sie versucht, ein Internet in nationalen Grenzen auf legaler Basis zu schaffen.“ „Dass sie es im Iran und in China gerne kritisiert, ist eine Sache, aber selbst dort klappt es nicht.“ „Weil das Denken dieser Internetausdrucker und Kugelschreiberverwender dem Fortschritt mit panischer Angst begegnet und die Konfrontation mit ihm vermeidet. Sie begegnen den Problemen von übermorgen mit Lösungen von vorgestern. Der Steinzeitmensch, der mit Steinen nach dem Mond schmeißt, weil er nachts nicht einschlafen kann. Eine lächerliche Vorstellung, aber auch eine beängstigende – wir werden von ihnen regiert. Und das ist nicht der Idealzustand.“

„Meinen Sie, dass wir überhaupt eine Chance haben?“ „Auf einen vernünftigen Umgang mit Daten?“ „Auf einen vernünftigen Umgang mit neuen technischen Möglichkeiten, das würde doch erst mal reichen.“ „Es wird an der Realitätsresistenz der politischen Klasse scheitern. Sie halten das Internet für einen Rundfunk, den man um 22:00 Uhr anschaltet, als wäre es ein Fernseher – wir haben längst Aufzeichnungsmöglichkeiten und zeitversetztes Senden, wir haben Video on demand und Live-Streams und Spartenkanäle, aber sie haben nicht begriffen, dass es das alles im Netz gibt und mehr, und doch wollen sie es unbedingt nach deutscher Ortszeit kontrollieren. Sie erfinden eine Art Bildverschlüsselung über den Server eines Rechte-Managements, wohl wissend, dass der die Daten ausspähen kann, die man über ein weiteres unnötiges Sicherheitsleck preisgibt. Sie predigen den gläsernen Bürger und empfehlen ihm, sich in die Obhut eines Staates zu begeben, der gerade dies verteufelt. Wie schizophren kann man sein!“ „Und doch ist dieser Radiergummi…“ „Nennen Sie es nicht einen Radiergummi, das ist eine Täuschung. Eine Illusion von Zensur. Eine Wunschvorstellung, das Internet auszuradieren. Darin herumzufummeln, damit man schnell vergisst, was sie für einen Murks unter sich gelassen haben. Sie wollen alle irgendwie etwas mit diesem ominösen Interdingsda machen, von dem sie nicht viel mehr begriffen haben, als dass es irgendwo da ist. Wenn es dieses Ding gäbe, es wäre längst in Gebrauch. Alle Politiker würden es am Wahlabend sofort einsetzen, damit sich niemand mehr erinnert, was sie einen ganzen Wahlkampf lang an Lügen heruntergeleiert haben.“ „Es ist also kein Radiergummi? Was dann?“ „Ein Rasiergummi. Der Bürger wird geschoren – es geht um Geld, um Lobbyismus und um Korruption. Marketing, nicht mehr. Marketing besteht darin, einen Bedarf künstlich zu erzeugen; etwa damit, dass man den Leuten irrationale Ängste einredet, sie mit der Vorstellung verwirrt, dass jetzt jeder in ihren Vorgarten starren kann – falsch, aber durchaus effektiv. Das Internet wird verteufelt, man trennt es von allem anderen ab und baut es zu einer Horrorvision auf, die man eindämmen, zensieren, abschalten muss, bevor sie die öffentliche Ordnung mit so schlimmen Dingen wie Transparenz oder Demokratie verseucht.“ „Und wie sieht die Lösung aus für das Problem?“ „Simsalabim, sie taucht plötzlich auf – zufällig eine, an der schon seit ein paar Jahren gearbeitet wird, zufällig hat man auch selbst die Firma im Wahlkreis sitzen oder hat, zufällig, Aktien gekauft.“ „Man verbindet das politisch Opportune mit der Freundschaftspflege.“ „Und es werden gerne Freundschaften gepflegt. Schröder, Wulff, Rürup, Riester für Maschmeyers Heißluftfonds, Rösler für die Impfstoffhersteller, Westerwelle für die DVAG, de Maizière für Kartenleser und Nacktscanner. So gold kann’s uns gar nicht gehen, dass wir nicht immer noch einen drohenden Weltuntergang in Reserve haben, dem man mit einem alternativlosen Superprodukt gerade noch entrinnen könnte.“ „Und dafür brauchen wir die Aigner?“ „Eine Landwirtschaftsministerin hat sich nun mal darum zu kümmern, dass den Schweinen der Stallgeruch behagt.“





Staats-Sicherheit

10 12 2009

Herchenkötter kam gründlich zu spät. Verzweifelt klopfte er an die Tür des Computerfachgeschäfts. Ich sprach den pensionierten Kriminalbeamten an. „Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“ Er winkte ab. „Das glaube ich kaum. Diesmal haben sie es geschafft. Ich werde das Ding wohl am besten wegschmeißen.“ Und er machte bereits Anstalten, sein so gut wie neues Notebook in den Schlitz des Papiercontainers zu schieben.

„Was haben Sie denn mit dem Gerät gemacht?“ Umgehend brauste Herchenkötter auf. „Gar nichts“, gab er verbittert zurück, „diese Kiste zeigt ständig obskure Fehlermeldungen und weist mich zurecht. Ich lasse mir das nicht mehr länger gefallen!“ Beruhigend fasste ich ihn an der Schulter. „Zeigen Sie mal her. Vielleicht lässt sich das Problem ja mit einfachen Mitteln an Ort und Stelle lösen. Oftmals ist es gar nicht so schlimm, wie…“ „Ihr Computer ist infiziert“, teilte mir der infizierte Computer mit. „Sehen Sie“, jammerte Herchenkötter, es geht schon die ganze Zeit so! Seit gestern! Immer, wenn ich die Fehlermeldungen wegklicke, kommt diese Zurechtweisung.“ Welche Zurechtweisung denn? „Warten Sie einen Augenblick, es geht gleich los.“ In einem kleinen Fensterchen erschien ein bedrohlich aussehendes Gesicht. „Sie gefährden die Sicherheit des Staates“, schnarrte die Stimme, „deshalb werden wir dieses Gerät sperren, wenn Sie nicht unverzüglich die Daten entfernen, die den Fortbestand unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung in der… Scheißendreckterrorarsch, weisstu konkret Bescheid, Du Opfa, isch mach Disch Arbeitslager!“ „Hoppala, da muss ich wohl wieder an die Sprachoptionen gekommen sein.“ Er lächelte säuerlich. „Ja, ich weiß. Aber in der Home-Version wird das Betriebssystem automatisch mit Bad Simple German ausgeliefert.“

„Gut, lassen Sie uns methodisch vorgehen.“ Ich versuchte, den Virenscanner aufzurufen. „Das ist nicht möglich“, informierte mich Herchenkötter, „er hat sich bereits selbst als Schadsoftware geortet.“ „Also ein Autoimmundefekt“, seufzte ich. „Was kann man da noch machen?“ „Eigentlich müsste jeden Augenblick der Anruf des Support-Teams kommen. Sie sagten vor drei Wochen, sie würden heute im Laufe des Abends anrufen.“ Das klingelte auch schon sein Mobiltelefon. „Gehen Sie dran“, bat er mich. „Ich habe schon beim letzten Versuch nichts als Bahnhof verstanden. Vielleicht haben Sie ja mehr Glück.“

„Sie haben Virenbefall auf Ihrem Computer“, teilte mir der Callboy am anderen Ende der Strippe mit. „Haben Sie denn schon die Maßnahmen zur oberflächlichen Schadensbekämpfung aus dem Internet durchgeführt, Herr Herchenkötter?“ „Wie soll das funktionieren, wenn Sie mich vorher vom Netz abklemmen?“ „Woher soll ich das wissen? Ich sitze hier in einem Raum mit neununddreißig anderen Studenten.“ „Sehr professionell“, höhnte ich. „Haben Sie etwa Urheberrechtsverletzungen begangen? Man weiß das ja nie.“ „Was eine Urheberrechtsverletzung ist?“ „Was gerade als Urheberrechtsverletzung gilt. Entschuldigung, ich kenne mich doch nicht aus mit Computern!“

Wir sahen einander entgeistert an. „So ein Vollidiot“, knurrte Herchenkötter. „Wozu zahlt man seine Steuern als gesetzestreuer Bürger, wenn man dann…“ „Soll ich Ihnen vielleicht die Broschüre Sicherheit im Internet – ein praktischer Leitfaden für Virenopfer schicken? Sie müssten mir dann nur noch Ihre Kontonummer nennen, damit ich eine Bankeinzugsermächtigung einrichten kann.“ „Sind Sie noch ganz bei Trost?“ „Jetzt werden Sie mal nicht pampig hier. Sie gefährden die Sicherheit, und zwar in erheblichem Maße! Sie sind ein Risiko für Millionen unbescholtener Staatsbürger, die gegen Sicherheitsrisiken wie Sie sind!“ Langsam wurde ich wütend. „Was schwafeln Sie da eigentlich für einen Unfug?“ „Sie gefährden mit Ihrem Computer die vielen unschuldigen Internet-Benutzer, die sich gegen die Viren von Ihrem Computer gar nicht wehren können, weil Sie mit Ihren Viren deren Sicherheitsmaßnahmen unterlaufen!“ „Hm. Sie behaupten also, ich sei ein Sicherheitsrisiko?“ „Eben. Wie ein Auto, das mit defekten Bremsen auf der Autobahn fährt.“ „Nur mit dem Unterschied, dass andere Nutzer, die den Virenschutz nach den nationalen Sicherheitsrichtlinien installiert haben, sich eigentlich gar nicht infizieren dürften – es sei denn, Ihr Virenschutz wäre durchlässig. Also gefährdet derjenige, der sich ohne Virenschutz im Netz bewegt, nur diejenigen, die sich ebenfalls ohne Virenschutz im Netz bewegen und andere gefährden, die sich ohne Virenschutz im Netz bewegen. Können Sie mir das mit der Fahrlässigkeit noch mal genau erklären?“

Eine Viertelstunde später saß Herchenkötter in meinem Arbeitszimmer. „Wir booten das Ding vom USB-Stick“, verkündete ich. „Und dann?“ „Lassen Sie mich mal machen.“ Endlose Kolonnen von Dateien rasselten herunter. Dann hatten wir plötzlich den Bösewicht. „Herchenkötter, darauf hätten Sie aber auch von selbst kommen können.“ Mit tadelndem Blick zeigte ich auf den Monitor. „Wer bewahrt denn nach der Bundestagswahl auch den Koalitionsvertrag auf?“