„Machen Sie sich mal locker, die Pandemie ist doch längst vorbei. Und ob wir auf Masken ein Jahr mehr oder weniger warten, das macht jetzt auch keinen großen Unterschied mehr.
Nationale Reserve Gesundheitsschutz, das hört sich jetzt erst mal großartig an, das ist es aber auch. Und da fängt das Problem der Bundesregierung an, beziehungsweise das Problem aller Regierungen bisher: die kriegen es nicht gebacken, weil sie es sich vornehmen. Das ist kein höheres Level von Prokrastination, das ist kein Projektmanagement von Idioten für Idioten, wie das momentan die FDP vormacht, das ist einfach nur eine große Aufgabe, die sich ja bekanntlich nicht lösen lässt, weil es sich ja um eine große Aufgabe handelt. Sie kennen das sicher beim Klimaschutz, bei der Energiewende, bei der Verkehrswende, wir hatten das auch schon im Gesundheitswesen, Fachkräftemangel, Bildung – wenn man fürchtet, dass man es nicht zu hundert Prozent hinkriegt, fängt man gar nicht erst an.
Schutzausrüstung und Medikamente für alle in Deutschland, das ist doch mal eine Ansage, und Sie werden mir zustimmen, wenn ich Ihnen versichere, dass die Regierung alles in ihrer Macht Stehende tut, um die Versorgung mit medizinischen Gütern besser zu machen als bisher. Das lief zum Beispiel bei den Medikamenten jetzt gerade nur so semi, da gab es einige Probleme mit den Lieferketten, Sie erinnern sich wahrscheinlich an den Fiebersaft für Kinder und die Asthmamittel, und das müssen wir als Entschuldigung einfach mal so akzeptieren. Zum Teil waren es noch Corona-Folgen, wenn im Ausland nicht rechtzeitig produziert und geliefert werden konnte, aber wer konnte das vorher wissen? Und dass wir in so einer Notlage, das muss man ja zugeben, von überteuerten Lieferungen aus dem Ausland abhängig ist, konnte auch keiner ahnen. Das war einer der unvorhersehbaren Fälle, in denen der Markt tatsächlich mal geregelt hat, und auch noch so, wie man sich das in der Theorie vorstellt, und dass die Praxis so funktioniert wie die Theorie, das übersteigt den Horizont der meisten Politiker. Den von Wirtschaftspolitikern zumindest.
Natürlich sind wir in die globalisierte Wirtschaft eingebunden, das versteht sich von selbst, da kann man langfristige Verträge nicht einfach mal kippen. Sie sehen das ja jetzt auf dem Energiesektor, da ist es sehr kompliziert, einen Ersatz für russisches Gas zu finden, weil uns ja klar ist, dass das Erdgas nicht ewig hält und das Klima zerstört, und da man das auf die Schnelle nicht vollständig ersetzen kann, lassen wir es halt gleich. Außerdem muss man die Alternativen durchrechnen, und das macht gerade der Bundesfinanzminister: entweder eine nationale Produktionslinie für Medikamente und Masken aufbauen, das kostet Geld und löst das Problem, oder weiter die Wucherpreise der ausländischen Konzerne bezahlen und die Sicherheit endgültig an die Wand fahren. Wenn der Bundesfinanzminister die Volkswirtschaft und die nationale Sicherheit gleichzeitig kaputtmachen kann, dann sollte sich die Frage ja geklärt haben.
Außerdem waren für die Materialbeschaffung Spahn und Scheuer zuständig – Spahn und Scheuer, die beiden größten Knalltüten, die sich in Merkels Kabinett festgeklebt haben. Wenn die tatsächlich Masken für Deutschland gekauft hätten, dann wäre der Preis weit über zehn Euro für eine gewesen, die Bundesregierung hätte das Doppelte dafür bezahlt, Spahn hätte die Kohle von irgendeinem Strohmann waschen lassen für einen Immobiliendeal, und für die Vermittlung hätte Scheuer CSU-Freunden ein paar Millionen versehentlich auf das richtige Konto geschoben. Die hätten kein Haltbarkeitsdatum mehr gehabt – die Masken, Scheuer und Spahn hatten nie eins – und wären dann von einem findigen Händler von Spahn an ihn selbst vertickt worden, damit er sie zum Selbstkostenpreis an Erwerbslose hätte verteilen können. Meinen Sie echt, das wäre besser gewesen, als einfach nichts zu tun?
Wir wollten eigentlich alle relevanten Güter für den Gesundheitsschutz nach und nach ersetzen, um den ganzen Gesundheitssektor einen Monat lang zu versorgen. Das ist etwas blauäugig, weil so eine richtige Krise nicht nach einem Monat vorbei ist. Für gewöhnlich stellt die Politik nach einem Monat fest, dass eine Krise besteht, wenn es im jeweiligen Sektor schon mehrere Jahre lang Beschwerden gab, dass die Krise längst zugeschlagen hat. Erinnern Sie sich an die Bundeswehr, dann ersparen Sie uns eine mehrstündige Erläuterung zum Thema Geld. Jetzt ist diese Krise also augenscheinlich da, obwohl wir sie vor lauter anderen Krisen überhaupt nicht mehr auf dem Schirm haben, und die Bundesregierung tut das, was sie immer tut, nämlich nichts. Für dieses Jahr war der Dauerbetrieb mit gefüllten Lagern geplant, laut Bundesgesundheitsministerium sind wir allerdings erst in der Aufbauphase, heißt: der alte Krempel aus der Pandemie liegt immer noch in den Regalen und müsste entsorgt werden, aber da die beiden Deppen aus Merkels Puppentheater nicht mehr im Amt sind, passiert nichts. Und es würde ja auch Geld kosten.
Wenn ich Ihre Nachfrage richtig verstehe, dann wollten Sie wissen, warum dieses Problem nicht mit marktwirtschaftlichen Mitteln gelöst wird, wie es der Bundesfinanzminister für die Energiewende vorhat. Es könnte ja jede Menge deutsche Firmen geben, die Masken herstellen, Medikamente, alles marktwirtschaftlich, Angebot und Nachfrage, aber die Bundesregierung fragt halt nicht nach. Den Rest regelt der Markt, und wir kaufen weiterhin zu Schweinepreisen ein. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Die nächste Pandemie kommt bestimmt.“
Satzspiegel