Absichtserklärung

22 03 2023

„Also meines Wissen nach ist das gar nicht, also fällt das aus. Wir haben uns zwar noch nicht darauf geeinigt, aber das liegt auch eher daran, dass dieser Aktionsplan gegen Rechtsextreme bisher noch nicht beschlossen wurde, das heißt: beschlossen schon, aber eben vom Bundesinnenministerium.

Die Bundesinnenministerin hat ja schon deutlich gesagt, dass da etwas passieren muss, also haben wir die Eckpunkte festgezurrt: wir wollen die rechtsextremen Netzwerke zerschlagen, es darf keine illegalen Waffen mehr geben, wir müssen die Finanzierung unterbinden. Die sind so festgezurrt, fester geht’s gar nicht. Ich kann Ihnen aus erster Quelle versichern, es gibt kein rechtsextremes Netzwerk mehr in Deutschland, das die Ministerin nicht zerschlagen will. Dazu haben wir auch eine ressortübergreifende Gesamtstrategie vorgelegt, wir haben mehrere Arbeitsgruppen gegründet – mehrere Arbeitsgruppen! Das ist doch schon mal super!

Natürlich ist es kompliziert, gerade jetzt nach diesem fürchterlichen Attentat, aber immerhin hatte es sich dabei nicht um eine illegale Schusswaffe gehandelt, und nach unseren Ermittlungen war auch kein Rechtsextremist daran beteiligt, also können wir das jetzt mal etwas ruhiger angehen lassen. Und wir müssen auch klar definieren können, was wir eigentlich unter Rechtsextremismus verstehen, weil wir sonst ein Problem mit anderen Tätergruppen bekommen, ich sage nur: Reichsbürger. Die sind ja nicht alle rechts, ein paar wollen einfach nur den gewaltsamen Umsturz, weil sie den Staat ablehnen.

Sie müssen jetzt die Klima-RAF nicht eigens erwähnen, die haben wir auf dem Schirm, weil wir in einer systemischen Strategie selbstverständlich immer auch gegen Linke vorgehen – als SPD-geführtes Ministerium möchten wir uns gar nicht erst dem Verdacht aussetzen, dass wir Linksradikale bevorzugen würden. Wir verschaffen uns lediglich einen Überblick, wer gegen den Staat ist, weil das ja die Aufgabe des Bundesinnenministeriums ist.

Die Beweislage ist ja nicht so einfach, wie man sich das vorstellt. Das Bundesinnenministerium ist zwar fest entschlossen, auch zu untersuchen, ob es in der Polizei rechtsextremistische Tendenzen gibt, obwohl der damalige Bundesinnenminister das als absolut ausgeschlossen bezeichnet hatte, weil er der Bundesinnenminister war – jetzt ist er der damalige Bundesinnenminister, die Sachlage sieht eventuell ganz anders aus, aber wir müssen eben auch damit rechnen, dass die Sachlage damals schon so anders ausgesehen hat, wie sie jetzt aussieht, nachdem der damalige Bundesinnenminister die Existenz einer Sachlage für technisch ausgeschlossen gehalten hat. Wenn sich also jetzt herausstellen würde, dass es diese rechtsextremistischen Tendenzen gibt, und zwar in der Polizei, wäre das sehr kompliziert, diese auch konkret nachzuweisen, weil man ja immer damit rechnen müsste, dass man bei den Tätern auf die Polizei, nein: bei der Polizei auf Täter stoßen würde, die das dann nicht als Polizei untersuchen, sondern als Täter. Das wäre dann eine Verwicklung oder Verstrickung, in die Polizisten verwickelt sind, so dass wir wie beim NPD-Verbotsverfahren nie wissen, ob es sich um Polizisten oder Täter handelt oder vielleicht um beides, und wir können ja bei nicht vorhandenen Beweisen nicht zwingend davon ausgehen, dass es diese früher mal gegeben haben könnte unter dem damaligen Bundesinnenminister.

Außerdem müssen Sie dabei immer auch mit verfassungsrechtlichen Bedenken rechnen – noch sind uns hier keine bekannt, aber rechnen muss man damit bei allem, was im Bundesinnenministerium geschieht, nicht geschieht, oder irgendwas zwischen beiden Zuständen, wobei es Dinge gibt, die nicht geschehen sind, obwohl es Beweise dafür gibt, um umgekehrt, aber da sind wir wieder im Großbereich Verfassungsschutz, da darf es natürlich keinerlei Zusammenarbeit mit der Polizei geben, weshalb die nicht zusammenarbeiten. Alleine auch nicht, wenn es um Rechtsextremismus geht, aber egal.

Wir verstehen ja Ihre Kritik und nehmen Sie zum Teil auch ernst, aber ein paar gute Dinge sind auch schon passiert. Wir dürfen darüber jetzt aus ermittlungstechnischen Gründen leider nicht offen reden, aber glauben Sie uns: dies ist wirklich eine Absichtserklärung – wir machen das diesmal nicht aus Versehen. Wenn wir also tatsächlich Mittel und Wege finden sollten, die Verschärfung des Waffen- und Disziplinarrechts, für die es sehr gute rechtliche Voraussetzungen bereits gibt, auch durchzusetzen, dann werden wir nicht zögern. Wann genau das nun passiert, das können wir Ihnen auch nicht so genau sagen, aber wir sind der festen Absicht, dass die wichtigsten Dinge bereits jetzt im Blickpunkt sind.

Von wem? Wir sind da auch nicht so besonders vernetzt, das lebt eher aus dem Zusammenwirken einzelner Behörden, und die müssen sich auch mit den notwendigen Themen wie Chatkontrolle und Vorratsdatenspeicherung beschäftigen, damit die Opposition nicht auf den Gedanken kommt, wir würden plötzlich sinnvolle Maßnahmen ergreifen, die sie irgendwann weitermachen müssten. Und dann haben wir auch noch Aussteigerprogramme, die müssen auch irgendwie laufen, und was machen wir mit so einem Programm, wenn es irgendwann keine Einsteiger mehr gibt? Dann ist das nicht mehr nachhaltig, und wir müssten ernst machen. Aber da ist ja noch die Frage, womit.

Also schreiben Sie am besten mal, dass wir im Bundesinnenministerium viel zu tun haben, das ist immer ein gutes Zeichen, und in Zukunft werden wir die Reaktionen auf unsere Arbeit ernst nehmen. Wahrscheinlich. Genau kann das aber keiner sagen. Wir warten noch auf die Bundesinnenministerin.“





Schussfest

14 03 2023

„… wolle das Bundesministerium des Innern schnellstmöglich eine Überprüfung der geplanten Änderungen des aktuell geltenden Waffenrechts veranlassen, um die Änderungen durch die geplante Überprüfung zu einer schnellstmöglichen…“

„… dass Privatpersonen gar keine Schusswaffen mehr kaufen dürften. Faeser rechne allerdings mit erheblichem Widerstand, da die meisten der im Zusammenhang mit den Silvesterkrawallen oder mit Angriffen auf Ausländer auffällig gewordenen Personen keine legalen Waffen besessen hätten, so dass sie durch eine Gesetzesänderung gar nicht…“
„…
sich die Vereine kooperativ gezeigt hätten. Zwar wolle man Sportwaffen keinesfalls nur in der Nähe der Schließanlagen aufbewahren, da dies ein hohes Risiko von Einbrüchen oder Raubüberfällen berge, es gebe aber Überlegungen, nur noch eine begrenzte Anzahl von Schusswaffen für die…“

„… und eine psychologische Begutachtung beim Antrag auf Erteilung eines Waffenscheins durchgeführt werden müsse. Um die Wartezeiten zu verkürzen, könne dies allerdings nicht durch die Kontrolleure der Ordnungsbehörden erfolgen, die mit der Beaufsichtigung legaler Sportwaffen im gesamten Bundesgebiet mehr als genug zu…“

„… die Waffenhersteller nicht befriedige. Man müsse bei einem Angriff mit einer der in Zukunft verbotenen halbautomatischen Waffen auf Polizei oder Rettungskräfte nur geltende strafrechtliche Vorschriften durchsetzen, um den Rechtsfrieden in der Bundesrepublik Deutschland wieder zu…“

„… sich auch die Opposition kritisch zu Faesers Plänen äußere. Merz habe klargestellt, dass die CDU das Waffenrecht längst verschärft hätte, wenn sie die seit Jahrzehnten kontinuierlich schlechter werdenden Zustände in den…“

„… ob eine Übertragung der Aufgaben an die Sportvereine nicht rechtlich sinnvoll wäre. Die vom Innenministerium angedachte Lösung wolle die psychologische Tauglichkeit möglicherweise auch durch Heilpraktiker feststellen, die durch eine…“

„… habe der Verband der Sportschützen auch vorgeschlagen, sämtliche Waffen unter Verschluss zu halten, die Schlüssel aber nur den Besitzern auszuhändigen. So könne bei einem Einbruch nicht mehr durch Zugriff auf den Schlüsselschrank eine größere Anzahl von Schusswaffen, die sich jeweils in einem gemeinsamen verschließbaren…“

„… fordere Merz die Bundesinnenministerin auf, den Besitz legaler Schusswaffen an Ausländer, Muslime oder Personen mit gefährlicher Hautfarbe umgehend zu verbieten. Da die Polizei dann ohne vorherige Prüfung näherer Umstände potenzielle Gefährder bei Besitz oder Mitführen einer Waffe unschädlich machen könne, werde es keine Clankriminalität mehr in den…“

„… die Aufbewahrung in separaten Schränken ratsam sei, die jeweils von den Besitzern der Sportwaffen mit einem eigenen Schlüssel herausgeholt werden könnten. Dies sei nach Ansicht der Vereine eine wirksame Maßnahme, um dem Missbrauch schnellstmöglich eine wirksame und einfach umzusetzende…“

„… dass die Kontrollen nach dem Erwerb des Waffenscheins in regelmäßigen Abständen von den psychologischen Fachkräften durchgeführt werden müssten. Die aktuelle Personalstärke erlaube es, die vorher angekündigte Prüfung durch eine schriftliche Selbstauskunft der Waffenbesitzer zu erledigen, da sonst nur Intervalle von etwa neunhundert Jahren, bei einer mehrteiligen mündlichen und praktischen Form höchstens alle…“

„… als nicht zielführend bezeichnet habe, da es eine Mitgliedschaft im Schützenverein unattraktiv mache. Würden alle Sportschützen künftig durch das Waffengesetz gezwungen, ihre Munition zu Hause aufzubewahren, um im Falle eines Einbruchs nur die Schusswaffen, nicht aber die Projektile in die Hände der unbefugten Straftäter zu…“

„… bei psychotischen Erkrankungen oder stark von der Norm abweichenden Ansichten sofort die Erlaubnis zum Führen der Schusswaffe entziehen könne. Das Bundesinnenministerium gehe bei der Definition aber davon aus, dass religiös bedingte Wahnvorstellungen wie eine Auferstehung von den Toten, Personen, die übers Wasser gehen könnten oder die Ansicht, ein Tempolimit verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, von dieser gesetzlichen Regelung nicht…“

„… nicht ganz schussfest sein könne. Wendt sei der festen Überzeugung, dass ein wahrer Polizist zu jeder Zeit in der Lage sein müsse, jedem Kind, das sich wegen rassisch bedingter Minderwertigkeit zu einem Feind des Deutschtums entwickeln könne, durch einen heldenhaft aufgesetzten Genickschuss von seiner für das Vaterland gefährlichen…“

„… sich als technisch nicht sicher herausstellen werde. Müssten Sportschützen auf dem Weg in ihre Vereine jedes Mal eine abgezählte Höchstmenge an Patronen mit sich führen, so erhöhe dies nicht nur die transportbedingten Risiken oder die Gefahr eines Überfalls, sondern schmälere auch das subjektive Freiheitsempfinden der Sportler, die nur noch eine beschränkte Anzahl von…“

„… dass Faeser zunächst nur den Besitz und das Tragen von Wehrmachtsuniformen sowie das Abstellen fahr- und schussbereiter Schützenpanzer auf Privatgrundstücken unterbinden wolle. Die vor allem in Reichsbürgerkreisen beliebte Kleidung könne bei militärisch nicht geschulten Bürgern zu Verwechslungen führen, was zu kritischen Lagen und Polizeieinsätzen, möglicherweise unter Verwendung von Schusswaffen und…“





Gernulf Olzheimer kommentiert (DCLIV): DDR 2.0

10 03 2023
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Wer an diese gründlich gespaltene Nation denkt, die ihren eisernen Vorhang immer noch nicht als historisch langwierig abzubauenden Sondermüll begreift, der sieht auch, wie germanisch-depressiv das Volk durch seine blühenden Landschaften schleicht. Früher, greint der Michel, war eben alles besser – mit Ausnahme der ganzen Grütze, die man früher nicht merkte und heute erst recht nicht bemerken will, beispielsweise den komplett marode gewordenen Arbeiter-und-Bauern-Staat, der sich mit ein paar Westmilliarden als Schwimmhilfe über Wasser hielt, bis der Klassenfeind den Stöpsel zog. Das Volk marschiert gerade auf, kräht renitent vom Pferd und vom Frieden, aber warum?

Kein Gespenst geht da um, staubgrau verpackt, ausgetrocknet vom Desinteresse der Geschichte und mühsam am Leben erhalten mit dem Selbstmitleid der Verknöcherten, die an Ost-Hero-Poröse erkrankt auf ihren eigenen Tränensäcken herumstolpern. Es ist keine Friedensbewegung, denn es genau dieselbe Ausschussware aus der Spulwurmaufzuchtstation, die schon gegen Islamisierung und Flüchtlinge war, gegen Masken, Impfung, Windräder, wie sie gegen die Vereinigung gewesen war, die bedingungslose Kapitulation oder dass Wasser nass ist. Sie haben ein Problem damit, dass diese Wirklichkeit nie das tut, was man von ihr will, und bunkern sich in ihre eigene Gedankenwelt ein, den Kubikkonjunktiv für kontrafaktische Geschichtswürstchen, in dem alles immer so bleibt, wie es nie war.

Der alte Sozialismus, der im Wesentlichen aus keinen Apfelsinen bestand, aus dem Politbüro und den Kadern, die doch welche hatten, er leuchtet auf einmal so mild und märchenhaft, dass der gemeine Knalldepp im Blauhemd sich seinen Wunschtraum aus herumgammelndem Gehirngestrüpp häkelt, die real existierende Zwangsvorstellung, wie sie nicht nur nach 1989 viele zu kurz Gekommenen gerächt hat. Frieden war damals, weil der Große Bruder es befohlen hatte – wer nicht mitsang, kriegte halt die Fresse poliert – Völkerfreundschaft mit den ganzen Kuffnucken, die als Vertragsarbeiter den Deutschen die Jobs wegnahmen, nur die Volksarmee war noch national. Die schönen Sachen aus dem Westen gab es nur heimlich, Antisemitismus, Rassenhass, den guten alten Imperialismus, die Militarisierung von Kita bis Kombinat: eine ganzes Land ballert sich dauernd die Rübe zu, um den Schnaps unschädlich zu machen. Manche wachten gar nicht mehr auf, manche gleich als Reichsbürger.

Weil in der Deuschndemokrahschnrebbeblik der Staatsbürger so systemkritisch war wie die Nazis, die sich danach zu 355% im Widerstand befunden hatten, weiß er jetzt: alle Regierungen dieser Welt inszenieren ein Kasperletheater aus fadenscheinig zusammengeschwiemelten Versatzstücken billiger Lügenpropaganda, der gelernte Dauerdissidenten garantiert nicht auf den Leim gehen. So erwartbar, wie das im Verschwörungsmythos versuppt, so egal ist auch, wer in diesem Hirnplüsch die Hauptrolle spielt. Die Mehrheit war vor und nach 1945 genau so angepasst und lief mit, wie es die Generationen eine Diktatur weiter taten, und da die Deutschen in der Wahl ihrer Führer intellektuelle Ansprüche nur selten geltend machen, latschen sie eben hinter dem Gesindel her, das dieselben filigranen Symptome der Beklopptheit zeigt wie der ganze Brüllmüll. Die Erfahrung einer sich normalisierenden repressiven Ideologie, die einen Großteil der Bevölkerung mit aushaltbaren Einschränkungen am Leben lässt und nicht ständig mit Vernichtung droht, dabei aber die Feindbilder zur existenziellen Bedrohung aufpumpt und dagegen unablässig für den Frieden hetzt, sorgt für einen kollektiven schizoiden Status, der sich auf Dauer nur entzieht, wer das mit dem Selberdenken tatsächlich ausprobiert hat. Wer hat das schon.

Und so stolpern linke Rechte, rechte Linke und sämtliche Koordinationsvollversager hinter den Flüstertütenschwenkern her, wollen die Regierung am Galgen sehen und sie zu Friedensverhandlungen mit dem Endsieger im Hitlerjungenwettbewerb schicken, und wenn sie dann ihr antiamerikanisches Schnappatmungsgeplapper im Chor wegsabbern, ist auch ihr halbwegs verwestes Feindbild wieder so lebendig wie Zombies auf dem Synapsenfriedhof der politischen Bildung. Gleichzeitig suhlt die von linksrechts einsickernde Ariosophie-Esoterik sich in romantischer Russlandverklärung, die den gärenden Haufen aus Angst und Anpassung für Nestwärme hält und ihren rassenbekifften Religionsersatz auf die angeblich aufgeklärten Feuchtbeutel stülpt. Was an Modernismus oder Feminismus, Technik- und Demokratiehass sich in Pillenform pressen lässt, wird vom Gefolge der Unterkomplexität begehrlich geschluckt. Es muss ihnen nicht besser gehen. Geht es anderen schlechter, sind sie schon zufrieden.

Manche fantasieren, ein genügend großes Areal für Braunalgen zu räumen, die ihrem Adolf einen eigenen Staat aufziehen wollen, und manche wollen die Spätstalinisten auf der einsamen Insel abwerfen. Ein ausrechend großer Acker reicht aus, um die Verseiften aus der Zivilisation zu entfernen. Es ist gleich, von welcher Seite die Idioten kommen, Demonstrationen demonstrieren Machtansprüche. Und Idioten bleiben Idioten.





Polizeialltag

8 03 2023

„Und Sie sind sich ganz sicher, dass er nicht schon tot war, bevor er zu dieser Kundgebung gegangen ist? Man hört ja die unglaublichsten Sachen, und ich kann mir vorstellen, dass so ein Demonstrant uns damit noch nachträglich eins auswischen will. Wirklich, als Polizei müssen wir uns eine ganze Menge bieten lassen.

Es passiert immer mal wieder, dass vereinzelte Personen im Polizeigewahrsam versterben. Oder auch durch unmittelbare polizeiliche Maßnahmen wie etwa Beschuss aus mehreren halbautomatischen Waffen. Aber das haben sich diese Leute zum Teil selbst zuzuschreiben, weil wir als Ordnungshüter schließlich die Mehrheit der Bevölkerung vor einzelnen Straftätern schützen müssen. Oder vor denen, die es werden könnten.

Dann dürfen Sie sich mit einer Psychose eben nicht nackt ausziehen und mit einem Küchenmesser bewaffnet in einen Brunnen im Stadtpark stellen. Da sind die Überlebenswahrscheinlichkeiten in einigen Bundesländern nicht gerade hoch. Und als Obdachloser irgendwo auf der Straße randalieren, am besten noch unter Alkoholeinfluss – ziehen Sie sich eine Lederhose an, gehen Sie aufs Oktoberfest, da können Sie sich die Rübe dicht saufen, wie Sie lustig sind, das ist Leitkultur. Aber außerhalb der Saison und ohne festen Wohnsitz stellen Sie eine Gefahr dar, und zwar für die Polizei. Da verstehen wir keinen Spaß.

Möglicherweise hatte der Mann ja auch eine Herzattacke. Das können wir als Polizisten gut nachvollziehen, man ist ja auf so einer Demo immer bis oben hin voll mit Adrenalin, und plötzlich fällt man tot um – uns passiert das eher selten, dazu nehmen wir doch zu oft an Kundgebungen von Rechtsextremisten teil, und dann kennt man ja die Leute, es ist familiär, alles ganz gelassen, und das einzige, was einen auf die Palme bringt, sind diese linken Chaoten, die unbedingt protestieren müssen. So wie Ihr Bekannter. Es ist nicht auszuschließen, dass er mit einem unvorhergesehenen Herzstillstand umgefallen ist. Das hat dann unter Umständen die Beamten vor Ort provoziert.

Wir wissen das auch nicht so genau. Natürlich gibt es für so gut wie alles Statistiken, Falschparker, Geschwindigkeitsüberschreitungen innerhalb der geschlossenen Ortschaft, nächtliche Ruhestörung – aber Tote durch Einwirkung der Polizei? Das kommt bei uns so gut wie nie vor, und es wird auch nur von den einzelnen Ländern statistisch erfasst, ansonsten müssen wir das wegen des Datenschutzes für uns behalten. Wenn das Bundeskriminalamt irgendeine bundesweite Erhebung will, dann sollen sie doch die Bundespolizei fragen. Wir haben hier jedenfalls schon genug zu tun.

Zeugenaussagen, ja. Natürlich werten wir Zeugenaussagen aus, wenn wir die Zeugen erwischen. In dem Fall war das ganz besonders unglaubwürdig, weil sich hier mehrere Zeugen unabhängig voneinander an denselben Tathergang erinnert haben. Es sollen da drei Beamte auf dem Rücken des vorsätzlich Verstorbenen gekniet haben, und dann hatte auch noch einer den Stiefel auf seinem Nacken. Das kann selbstverständlich gar nicht sein, weil es nämlich verboten ist, und Sie wollen mir jetzt doch nicht erzählen, dass man als Polizist gegen das Gesetz handelt, oder? Wir gehen weiterhin davon aus, dass sich diese Zeugen abgesprochen haben, wahrscheinlich auch mit dem späteren Opfer, und da wären wir dann auch schon ganz dicht bei einer Tatbeteiligung. Es ist doch immerhin nicht auszuschließen, dass diese ganze Aktion inszeniert wurde.

Das mit der Gewalt ist nämlich so, dass wir das Gewaltmonopol haben, und deshalb verzichten wir auch nicht so gern auf unsere Rechte. Wir haben ein besonderes Verhältnis zu Gewalt, die als normaler Teil der beruflichen Tätigkeit aufgefasst wird. Das ist ja auch der Grund, warum das für einige der Kollegen so ein attraktiver Job ist. Wir können auch nicht ständig Strichlisten führen, wann wir einem gegenüber Verdächtigen mal etwas lauter geworden sind, weil er nicht sofort gestehen wollte. So eine Statistik würde den Polizeialltag nämlich in keinster Weise widerspiegeln, und deshalb halten wir das für völlig sinnlos. Das sehen Sie hoffentlich ein.

Im Gegenteil sollten wir öfter darauf hinweisen, dass sich die Bürger uns gegenüber gewaltsam verhalten, und daraus ergibt sich die spannende Frage: warum dürfen die das, und wir dürfen das nicht? Bevor Sie mit logischen Spitzfindigkeiten kommen, natürlich wissen wir, dass die das eben nicht dürfen, aber wenn wir als Polizei dem Bürger rechtlich gegenüberstehen, dass ist doch wohl klar, dass wir das dürften, oder?

Also wir gehen weiterhin davon aus, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt haben könnte. Einer der Beamten hat vielleicht gedacht, dass der simuliert – wenn man mit einem Herzinfarkt umfällt, dann schlägt man sich ja meist die Stirn ein, aber bei der Obduktion haben wir mindestens eine Schlagverletzung durch einen stumpfen Gegenstand am Hinterkopf festgestellt. Unter Umständen könnte das für die juristische Bewertung relevant sein, dass es sich hier auch um die Vortäuschung einer schweren Straftat gehandelt haben dürfte. So unschuldig ist Ihr Freund also nicht. Und seien wir mal ehrlich, wer am Rande einer genehmigten Kundgebung so eine Straftat zum Nachteil der Polizei begehrt, der darf sich nicht wundern, wenn er mal ordentlich aufs Maul kriegt.

Warum das jetzt nicht als Todesfall während eines Einsatzes gilt? Immerhin wurde der Tod dieses Beschuldigten ja erst nach der Einlieferung ins Krankenhaus festgestellt. Wir waren viel zu beschäftigt, deshalb haben wir eindeutig aussagen können, dass der Schädelbruch vor dem Transport in die Notaufnahme noch nicht bestanden hat. Und wenn zehn Beamten absolut identisch so aussagen, dann können Sie davon ausgehen, dass das auch den Tatsachen entsprach.

Also wenn Sie ein Problem mit der Realität haben und meinen, Sie könnten das mit einer Statistik beheben, dann kann ich Ihnen auch nicht helfen. Vielleicht haben Sie ja auch so einen psychischen Knacks und hören Stimmen und rufen dann irgendwann die Polizei, und wir sind dann schuld, wenn Sie austicken. Damit das jetzt klar ist, ich habe Sie gewarnt!“





Brownout

2 03 2023

„… es zum Schusswaffeneinsatz gekommen sei, als das SEK die Wohnung des Reserveoffiziers gestürmt habe. Der Selbstverwalter Gunter F. (43) habe zunächst angegeben, dass auf Anweisung des Königreichs Deutschland die Klingel des Provisorischen Reichshauptquartiers abgestellt worden sei, bevor einer der anwesenden Gäste plötzlich eine halbautomatische…“

„… zeitgleich eine Polizeiwache in Amberg überfallen hätten. Die beiden im Eingangsbereich postierten Beamtinnen hätten die Täter jedoch durch Auslösen der automatischen Türverriegelung an der Flucht hindern können, womit diese offensichtlich nicht…“

„… ob hier ein Zusammenhang vorliege. Der polizeibekannte Prepper Reiner Ü. (57), der wenige Wochen zuvor aus der JVA Landsberg entlassen worden sei, wo er eine mehrjährige Freiheitsstrafe wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz abgesessen habe, sei davon ausgegangen, dass die Alarmanlage der Stadtapotheke in dieser Nacht nicht funktioniere. Mitarbeiter des Schließ- und Sicherheitsdienstes Gschwöllhuber & Co. hätten ihn beim Versuch, die verschreibungspflichtigen Schmerzmittel im hinteren Bereich der…“

„… die Beleuchtung in der Häuserzeile beim Eintreffen der Polizei ausgeschaltet gewesen sei. Dies sei den Beamten allerdings nicht verdächtig vorgekommen, da es durch die hohen Energiepreise in Regensburg bereits mehrfach zu Stromsperren gekommen sei, wenn die Mieter ihre Rechnungen nicht…“

„… sich selbst gestellt habe. Tino H. (36), der als Organisator islamfeindlicher Demonstrationen, von Coronamärschen und Friedenskundgebungen für den russischen Staatspräsidenten aufgefallen sei, habe durch Taschenlampensignale vom Scheitern der Reichsgründung erfahren und wolle sich nun nach einem vollumfänglichen Geständnis als Kronzeuge zur Verfügung stellen, um die…“

„… zwei Mitglieder der Reichswehrdivision Süd festgenommen worden seien. Henner S. (48) und Maik M. (51) seien beim Versuch beobachtet worden, eine Straßenlaterne in Weiden mit Hilfe eines elektrischen Trennschleifers umzusägen. Es sei ihr Plan gewesen, durch Herbeiführen eines Kurzschlusses die Stromversorgung für die gesamte Stadt zu unterbrechen. Sie seien aber schon vor dem Eintreffen der Feuerwehr über die Durchführung in Streit geraten, da sie ohne Energieversorgung auch den Trennschleifer nicht mehr…“

„… seien im Schutz der Dunkelheit durch die Terrassentür geflohen. Bei einer Verfolgungsjagd auf dem Weg nach Pettendorf habe das Motorrad des mehrfach vorbestraften Reichsideologen Karl-Theodor O. (58) eine rote Verkehrsampel überquert, wodurch es zu einer Kollision mit einem vorfahrtberechtigten Kraftwagen gekommen sei. Der durch einen Sturz über die Motorhaube des Automobils erheblich verletzte Flüchtige sei darüber verwundert gewesen, dass die Elektrizität im Regierungsbezirk Oberpfalz überhaupt noch…“

„… der irrigen Meinung gewesen seien, dass sich die Stromversorgung sämtlicher Elektroautos durch Entfernen einer Hauptsicherung deaktivieren lasse. Anführer Josef K. (72) habe ebenfalls nicht gewusst, dass Bundesautobahnen nicht über Stromschienen verfügen würden, die sich durch ein Bombenattentat für den Umkreis von…“

„… alle Ampelanlagen habe grün übermalen wollen. Reichssekretär Carlo A. (22), der zuvor für die Kleinstpartei Teutsche Liste für den Bundestag kandidiert habe, habe vermutete, dass mehrere pünktliche Linienbusse hintereinander die Revolution ausgelöst hätten, die sich bis nach…“

„… mit Klingelstreichen aus ihren Wohnungen habe locken wollen. Gundemarie V.-T. (56), Gymnasiallehrerin für Russisch und Geschichte, sei jedoch von mehreren Anwohnern bedroht und in einem Fall aus dem Haus gejagt worden, so dass sie im Treppenhaus gestürzt sei. Die Beleuchtung sei durch einen Kabeldefekt, der dem Hauseigentümer seit dem vergangenen Jahren bekannt gewesen sei, vom zweiten Stockwerk aufwärts und im…“

„… bei der Vernehmung zugegeben habe, dass die Terrorzelle einen weiträumigen Stromausfall geplant hätte. Nach Aussage des designierten Reichskriegsministers Sandro P. (26) habe der im vergangenen Jahr festgenommene Heinrich XIII. Prinz Reuß aus der Untersuchungshaft den Befehl gegeben, durch Beschädigungen an mehreren Verteilern den Staatsstreich gegen die BRD GmbH und ihre…“

„… der ebenfalls in der Wohnung des Anführers festgenommene Energieanlagenelektroniker Werner Z. (60) den Plan offenbart habe, dass die Gruppe durch Sprengung eines Atomkraftwerks für Chaos habe sorgen wollen. Die Vorbereitungen seien wegen des von der Bundesregierung beschlossenen Atomausstiegs zunehmend schwieriger geworden, auch deshalb, weil die Verbindungsleute in der Botschaft der Russischen Föderation keine ausreichende Menge von spaltbarem Material zum Weiterbetrieb eines Reaktors oder zum Bau einer schmutzigen Bombe für den Abwurf über der…“

„… im Umspannwerk die verkohlte Leiche aufgefunden worden sei. Anhand des in der Nähe des Sicherheitszauns geparkten Autos habe die KTU gefolgert, dass es sich dabei um den ehemaligen KSK-Angehörigen Bernward E. (39) handele, der beim Versuch, mit einem mangelhaft isolierten Bolzenschneider die Starkstromleitungen zu durchtrennen, durch die Schrittspannung innerhalb weniger Sekunden…“





Intelligentes Leben

1 03 2023

„Das ist eine Katastrophe, die wird uns hier in Bayern um Jahre zurückwerfen! Die Auswirkungen sind wirtschaftlich und vor allem sozial noch nicht einmal zu überblicken, gerade in dieser Phase des Umbruchs, und alles in allem kann man nur sagen: dem Herrgott sei Dank, dass die Bundesregierung uns das antut! So tief hätte der Söder unser schönes Bayernland nie aus eigener Kraft in die Scheiße reiten können!

Die Voraussetzungen für Fotovoltaik sind hier so gut, dass wir uns damit glatt aus der Windkraft rausreden können. Fünfhundert Kilometer Abstand um jedes Windrad, die hat der Teufel erfunden und die grüne Verbotspartei, und wir sind sowieso ein Sonnenland, darum wollen wir so viel Solar wie möglich – wenigstens auf dem Papier oder wenn der Söder seine Wahlkampfreden hält. Wenn die aber tatsächlich gebaut werden sollen, dann sieht die Sache gleich ganz anders aus.

Schauen Sie, wir machen hier im Freistaat ja grundsätzlich alles anders, weil wir es besser wissen, genauer gesagt: die Menschen im schönsten Bundesland der Welt, die lassen sich grundsätzlich nichts von den Preußen vorschreiben. Wir sind ein Hochtechnologieland, Laptop und Lederhose, so soll das auch bleiben. Also nutzen wir jede Fläche, ohne unsere wunderschöne Alpenlandschaft mit diesem Solarschrott zuzupflastern. Wir erzeugen Strom einfach mit schwimmenden Modulen, weil wir innovativ sind. Das ist ein Riesenerfolg für die CSU und ein erneuter Beweis, dass wir unter dem Söder das intelligenteste Bundesland der Welt sind.

Jetzt kann man aber Solarmodule nicht einfach in den nächsten Alpensee reinbauen, weil das da unsere ökologisch absolut intakte Umwelt belasten würde. Die ist hier im Freistaat so hervorragend naturbelassen, dazu brauchen wir nicht einmal diese verdammten Klimaterroristen. Außerdem stört das, wenn die Großkopfeten Motorboot fahren wollen oder unsere ausländischen Freunde, die gerne mal mit dem Jetski durchs Vogelschutzgebiet ballern, aber das tut ja jetzt nichts zur Sache. Wie gesagt, wir haben ja genug Tagebauseen. Wo man früher Kohle abgebaggert hat, dürfen wir heute ganz legal Sonnenenergie erzeugen, und keiner von diesen veganen Extremisten kann uns das verbieten!

Jetzt hat die Ampel das Erneuerbare-Energien-Gesetz modernisiert. Da denkt jeder intelligente Mensch, der in Bayern lebt, weil es außerhalb von unserem Bayernland bekanntlich kein intelligentes Leben gibt, dass das alles ganz furchtbar ist, weil man das von diesen Sozen ja kennt: die können nur bestehende Gesetze ruinieren, zu mehr sind die gar nicht in der Lage. Aber die haben genau das gemacht, was der Söder von ihnen verlangt hat. Also er hat es nicht von denen verlangt, aber es ist natürlich vernünftig, und wenn etwas vernünftig ist, dann würde der Söder das ja sofort verlangen. Tut er meist nicht, aber egal. Diese schwimmende Fotovoltaik wurde aus den Innovationen komplett in die normalen Ausschreibungen integriert, und für die gibt es ja Fördermittel, und wenn wir hier in unserem schönen Bayernland eins können dann, Fördermittel für die Wirtschaft beantragen, die bei den Amigos landen. Das bleibt in der Familie.

Das ist für den Söder natürlich eine schwierige Situation. Auf der einen Seite will er viele neue Kernkraftwerke, solange nicht nach Endlagerstätten in unserem schönen Bayernland gesucht wird. Auf der anderen Seite muss er absolut alles, was die Grünkernstalinisten machen, sofort bis aufs Messer bekämpfen. Wenn der Habeck behauptet, eins und eins macht zwei, dann muss der Söder sagen, die Grünen wollen uns jedes andere Ergebnis verbieten. Da kann er gar nicht anders. Das ist ein Reflex.

Aber wenn man denkt, jetzt hilft kein Stoßgebet mehr, dann zündet der Herrgott doch ein Lichtlein der Hoffnung an: das Wasserhaushaltsgesetz. Das schreibt nämlich vor, dass jede Solaranlage mindestens vierzig Meter vom Ufer entfernt sein muss – vermutlich soll damit die Wartung erschwert werden oder die Stromleitungen sind sonst zu kurz, keine Ahnung. Und damit sich das auch nicht mehr lohnt, dürfen höchstens fünfzehn Prozent der Wasseroberfläche von Solarmodulen bedeckt sein. Damit sind neun von zehn Anlagen nicht rentabel, werden nicht geplant, es fließen keine Fördergelder, es gibt keinen günstigen Strom, es gibt keine neuen Jobs, regionale Energieunternehmen gehen pleite. Halleluja, Gott ist ein Bayer!

Sie haben richtig verstanden, das will der Söder haben. Dass es für dezentrale Stromversorgung ausreichend Netze gibt, egal. Er macht das, was er immer macht, weil er das nun mal am besten kann: er behauptet das Gegenteil von seiner Meinung und verkündet, dass er das schon immer so gesagt hätte. Die böse Bundesregierung mit dem Gesetzeschaos ist schuld, dass es keine grüne Energieerzeugung im grünsten Bundesland der Welt gibt, und außerdem haben die anderen Bundesländer mit Absicht den Bau einer Stromtrasse verweigert, nur weil wir die in Bayern verhindern wollten. Jetzt können wir gar nicht anders, wir müssen Atomreaktoren bauen, am besten mit russischem Uran, und bis dahin brauchen wir ganz viel Kohle aus Nordrhein-Westfalen und noch mehr Frackinggas aus Niedersachsen.

Wenn der Söder das jetzt geschickt macht, dann erklärt er im Wahlkampf, die von den Grünen in Geiselhaft genommene Bundesregierung habe im schönen Bayernland erneuerbare Energieerzeugung verboten, damit wir keine Windräder mehr bauen. Und damit sollten Sie auch endlich kapiert haben, warum dieser Mann nie im Leben Bundeskanzler werden wollte.“





Frieden

27 02 2023

„Entschuldigung, aber Sie sind doch auch für den Frieden?“ „Was soll denn die Frage?“ „Also sind Sie nicht für den Frieden.“ „Was unterstellen Sie mir da?“ „Sie haben doch eben selbst gesagt, dass Sie nicht für den Frieden sind.“ „Ich habe überhaupt nichts gesagt.“ „Sie geben also zu, dass Sie nicht gesagt haben, für den Frieden zu sein.“

„Weshalb wollen Sie mir überhaupt diese ganze Diskussion aufdrängen?“ „Wenn wir den Frieden unterstützen wollen, müssen wir zu Verhandlungen bereit sein.“ „Und mit wem wollen Sie welchen Frieden verhandeln?“ „Ich hatte Sie einfach nur gefragt, ob Sie auch für den Frieden sind, aber da habe ich Sie offensichtlich schon dabei ertappt, den Frieden abzulehnen.“ „Was wollen Sie eigentlich?“ „Das habe ich doch schon gesagt: Frieden.“ „Dann lassen Sie mich doch endlich in Frieden!“ „Wenn Sie ständig aggressiv werden, dann zeigen Sie mir ja, dass Sie am Frieden gar kein Interesse haben.“ „Und deshalb müssen Sie jetzt trotzdem mit mir verhandeln?“ „Auch wenn es schwer fällt, auch mit Aggressoren wie Ihnen muss man verhandeln.“ „Aggressoren!?“ „Natürlich, Sie sind ja offenbar gar nicht für den Frieden.“ „Weshalb sollte ich mit Ihnen verhandeln?“ „Weil der Weg zum Frieden nur über Verhandlungen erreicht werden kann.“ „Und wenn ich einfach keine Lust habe, mit Ihnen zu verhandeln?“ „Dann werden wir nie Frieden haben, weil es ohne Verhandlungen keinen Frieden gibt.“ „Verdammt noch mal, gehen Sie einfach weiter und lassen Sie mich in Ruhe, dann haben Sie Frieden!“

„Sie machen es sich jetzt aber schon ein wenig einfach.“ „Dann ist das eben so.“ „Dabei muss es doch gar nicht so kompliziert sein.“ „Ja was denn jetzt, einfach oder kompliziert?“ „Es ist natürlich eine Herausforderung, aber wir haben immer die Möglichkeit, damit Frieden zu schaffen.“ „Dann machen Sie das, aber lassen Sie mich endlich mit diesem ganzen Mist in Ruhe!“ „Es kann aber nur Frieden geben, wenn wir alle dafür sind.“ „Ja, ich bin für den Frieden, und jetzt ist Schluss!“ „Sie sind aber ganz schön voreingenommen.“ „Was soll denn das jetzt schon wieder heißen?“ „Sie bilden sich doch wohl nicht ernsthaft ein, dass wir uns auf ein Lippenbekenntnis von Ihnen verlassen?“ „Wer ist ‚wir‘?“ „Die Gesellschaft.“ „Welche Gesellschaft?“ „Die Friedensgesellschaft, von der Sie auch ein Teil sind, ob Sie wollen oder nicht.“ „Was wollen Sie denn jetzt als Gesellschaft von mir?“ „Dass Sie Ihr Bekenntnis zum Frieden auch ernst meinen, sonst ist so eine Verhandlung ja nicht sinnvoll.“ „Und was gedenken Sie zu tun, wenn Sie feststellen, dass die Verhandlungen nicht sinnvoll sind?“ „Weiter verhandeln – Frieden kann ausschließlich durch Verhandlungen entstehen.“

„Warum wollen Sie jetzt eigentlich ständig mit mir verhandeln?“ „Sie haben sich doch eindeutig als Aggressor zu erkennen gegeben.“ „Ich habe Ihnen ausdrücklich gesagt, dass ich für den Frieden bin.“ „Aber das nehme ich Ihnen eben nicht ab.“ „Das können Sie beurteilen?“ „Die Verhandlungen sind ja noch nicht abgeschlossen, aber Sie zeigen jetzt schon, dass Sie an Verhandlungen gar kein Interesse haben.“ „Dann tun Sie doch das, was Sie angekündigt haben, verhandeln Sie sich zu Tode und lassen Sie mich mit Ihrem Geseier in Ruhe!“ „Sie wollen sich ausdrücklich den Verhandlungen entziehen, und da soll ich Ihnen noch glauben, dass Sie für den Frieden sind?“

„Also Ihr Friedensfetischismus erinnert mich an diesen Politsprech aus der DDR – unsere Ernte für den Frieden, gute Schulnoten für den Frieden, mehr Massenaufmärsche für den Frieden.“ „Es ist nichts verkehrt daran, sich im Alltag für den Frieden zu engagieren.“ „Und für den Frieden zu kämpfen.“ „Das zeigt ja schon wieder, dass Sie überhaupt kein Interesse am Frieden haben.“ „Dann definieren Sie mir doch mal Ihren Frieden, Sie Knalltüte!“ „Also zunächst mal im gewaltfreien Umgang miteinander, Sie müssen mich nicht beschimpfen!“ „Sie haben doch angefangen, mich als Aggressor anzupöbeln.“ „Es fällt Ihnen als Aggressor eben nicht leicht, der Wahrheit ins Auge zu blicken.“ „Und deshalb haben Sie vorsichtshalber keine Definition von Frieden auf Lager, richtig?“ „Sie wissen doch selbst, dass das eine gesellschaftliche Abmachung ist, dass das auf dem Völkerrecht basiert, dass wir damit die Freiheit der…“ „Also Worthülsen, danke.“ „Sie wollen der Gesellschaft Ihre Definition von Frieden aufzwingen?“ „Das tun Sie doch gerade.“ „Sie sind ja gar nicht in der Lage, das zu beurteilen!“ „Ich werde es überleben.“ „Dann kann ich Ihnen sagen, Sie werden nie Frieden finden.“ „Sie wollen mir drohen!?“ „Es bleibt mir ja gar nichts anderes übrig, wenn Sie sich hartnäckig den Friedensbemühungen der Gesellschaft widersetzen.“ „Dann sind Ihre Friedensverhandlungen also eine unverhohlene Drohung mit Angriff durch einen Aggressor, mies getarnt als Wortgeklingel?“ „Jetzt zeigen Sie schon wieder, dass Sie am Friedensprozess kein Interesse haben!“ „Weil Sie Ihre hirnverbrannte Ideologie allen anderen aufzwingen wollen.“ „Das ist eine infame Unterstellung!“ „Schön, wenn Sie Ihre Ansicht bestätigt sehen, aber ich habe Besseres zu tun.“ „Es geht hier aber nicht um Sie!“ „Richtig, es geht um Sie, sonst nichts!“ „Das werde ich mir nicht mehr länger gefallen lassen!“ „Falls Sie mir drohen wollen, nur zu.“ „Geben Sie mir jetzt sofort Ihre Brieftasche, sonst… – Was wollen Sie denn mit dem Messer!?“ „Frieden schaffen.“





Individualverkehr

21 02 2023

„… dass Linienmaschinen zu den unsichersten Verkehrsmitteln gehören würden. Gerade die derzeit auftretende Streikwelle beweise, dass der Massenverkehr zu unvorhergesehenen Staus durch Arbeitskämpfe oder technische Pannen führe. Für Wissing sei ein sofortiges Umdenken auf dem…“

„… nicht klar gewesen sei, dass der Vorschlag des Bundesverkehrsministers, zur Abschaffung des Linienflugverkehrs ein 1-Euro-Ticket für alle innerdeutschen Verbindungen zu schaffen, ernst gemeint wäre. Der im Bundeskabinett kontrovers diskutierte Plan könne auf keinen Fall aus dem Bundeshaushalt finanziert werden und werde die Wirtschaft mit Milliarden belasten, die sie als…“

„… zur FDP-Leitlinie passe, dass der deutsche Wähler eine Stärkung des Individualverkehrs auch da benötige, wo er keine persönlichen Vorteile daraus ziehe. Lindner wolle damit das Profil der Liberalen so entscheidend schärfen, dass eine Regierungsübernahme seiner Partei nur noch eine Frage der…“

„… erwiesenermaßen für die meisten Bürger unerschwinglich seien. Selbst ein außergewöhnlich hart arbeitender Angestellter könne sich keinen Airbus kaufen, der wahrscheinlich nach einem einzigen Ferienflug wegen der versteckten Folgekosten nur noch in der heimischen Garage…“

„… die Politik ihr Versprechen einlösen wolle, dass Wohlstand für alle möglich sei. Zunächst werde die FDP durch die dringend notwendigen Steuersenkungen für Spitzenverdiener den Kauf von Privatmaschinen so weit erleichtern, dass in fünfzig bis sechzig Jahren auch normale Menschen mit einem Gebrauchtflugzeug den…“

„… der Betrieb von Großflugzeugen eine Menge an Boden- und Bordpersonal in Rechnung stelle, die in keinem Verhältnis mehr mit der tatsächlichen Leistung stehe. Dies sei ein Luxus, den sich der durchschnittliche Fluggast durch horrende Kosten erkaufe, obwohl er überhaupt keine…“

„… auf lange Zeit geplant sei. Da bei einer voraussichtlichen Marktsättigung in 20.000 Jahren die fossilen Antriebe durch die staatsgetriebene Inflation sich stark verteuern würden, wolle Stark-Watzinger bereits jetzt zur Erforschung kleiner Fusionskraftwerke eine Besteuerung der bisherigen Verkehrsmittel mit 30 Milliarden Euro pro…“

„… habe Wissing die Sicherheitsaspekte des Linienflugverkehrs für eine wissenschaftliche Untersuchung in Augenschein genommen. So gut wie alle Katastrophen der modernen Luftfahrt, die hundert oder mehr Todesopfer gefordert hätten, seien durch normale Passagierflieger verursacht oder wenigstens in einem kausalen Zusammenhang mit einem größeren…“

„… nicht mit der drohenden Mangellage auf dem Treibstoffmarkt zu vereinbaren sei. Wissing habe seiner Partei zu verstehen gegeben, dass sich das moralische Empfinden von Passagieren, deren Maschine Kerosin für viele tausend Euro verbrauche, durch Umweltkampagnen und CO2 nicht mehr so einfach…“

„… im Freistaat Bayern die Innovationslösung für die Mobilitätszukunft liege. Söder schlage eine Kooperation vor, die mit dem Bau von Flugtaxis ab 2035 und einer staatlichen Förderung des…“

„… und für erheblich mehr Flexibilität sorge. Während man in eine durchschnittliche Maschine im Linienflugbetrieb mehrere hundert Passagiere finden müsse, die sich zum vereinbarten Zeitpunkt an einem Flughafen versammeln würden, wobei sie das Reiseziel nicht beeinflussen könnten, sei mit der Benutzung eines Privatflugzeugs eine viel…“

„… technische Innovationen besser möglich seien, wenn sie in kleinem Maßstab projektiert würden. Wissing rechne damit, kleine Flugzeuge mit Wasserstoff oder Biomasse bis nach Mallorca zu bringen, einschließlich einem Kilo Handgepäck pro Person bei einer Reisedauer von wenigen…“

„… eine Geschäftsstelle der Freistaatlichen Flugtaxi-Gesellschaft eröffnen werde. Als jährliches Gehalt stelle sich Scheuer eine Summe von 20 Millionen Euro vor, die vor allem durch eine…“

„… mit einer Studie beweisen wolle, dass die Geschwindigkeit der kleinen Maschinen sogar über der von Passagierjets liege, weil sie viel leichter seien und so weniger Luftwiderstand überwinden müssten. Stark-Watzinger habe sich mit der…“

„… dem Klimaschutz diene. Es sei zwar auch möglich, große Düsenflugzeuge mit viel weniger Emissionen zu betreiben, durch die Verteilung auf viele kleine private Flieger könnten sich schädliche Treibhausgase viel schneller in der Atmosphäre und in den…“

„… auch mehr Eigenverantwortung erfordern würden. Mit der privaten Kleinmaschine eigene Luftfahrtwege zu benutzen stelle für den Bundesverkehrsminister eine Art von Freiheit dar, die unbedingt im Grundgesetz verankert werden müsse, da sich sonst die…“

„… die Benutzung kleiner Flugzeuge eine vielfach höhere Personaldichte erfordere, was ab einem gewissen Level die Arbeitslosigkeit beseitigen werde. Wenn jeder Einzelfluggast nur einen eigenen Piloten und eine Flugbegleiterin benötige, so ließe sich dieses Verhältnis auf die großen Transportmaschinen nicht im geringsten…“

„… ein strenges Gesetzgebungsverfahren nötig sei, damit nicht jeder beliebige Bürger sich ein privates Propellerflugzeug kaufe, nur weil er es sich leisten könne. Merz verlange eine von der…“





Gernulf Olzheimer kommentiert (DCLI): Ineptokratie

17 02 2023
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Ganz am Anfang hatte der Hominide es leicht. Uga war natürlich auch wegen seines vorgerückten Alters mit knapp dreißig Jahren das Oberhaupt der Höhlensippe geworden, dennoch erwartete man von ihm, dass er wie seine Ahnen den Eindringlingen in das Jagdrevier ordentlich die Kiemen schuppte. Dafür ließ man ihm die besten Eiweißteile vom Grill, die große Keule sowie eine standesgemäße Endlagerstätte, sollte die Säbelzahnziege einmal stärker sein als er. Nur wenige Jahrtausende später zählten taktische und strategische Fähigkeiten zur Jobbeschreibung eines Stammesfürsten, der seinen Stadtstaat und die Armee, die kleiner war als die heutige Bereitschaftspolizei von Bad Gnirbtzschen, durch die ruhmreiche Eroberung eines Dorfs im Gebirgskessel unsterblich machte und damit seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher hatte – oder auf den Richtblock. Mit der Verbindung von Herrschaft und Land, die allmählich zu Volk und Staat verklumpten, blieb zwar die Notwendigkeit des Regierungskunst, doch je mehr diese Führung ein organisiertes System wurde, das bald Elemente von Mitbestimmung, Ämter- und Gewaltenteilung entwickelte, desto weniger fixiert wurde die Macht auf die eine an Weisheit und Entschlusskraft alles überstrahlende Person, die den ganzen Bums zusammenhielt. Was wir heute haben, ist die Ineptokratie.

Wie das Wort schon sagt, ist der Hochadel der Unfähigkeit an die Spitze des politischen Systems gerückt und unterhält eine Struktur, die vor allem den Tiefstbegabten Amt und Einfluss sichert. Was dort an Schnackbratzen empor gespült wird, ist der grindige Auswuchs des vollständig dysfunktionalen Apparates, der nur noch aus sich selbst besteht, bar jeder Verantwortung, fern jeder Ethik, bestenfalls eine rudimentär funktionstüchtige Maschinerie, die ihr eigenes Versagen verwaltet und sich nur noch marginal darum schert, welches Hampelmännchen gerade die fachliche Leitung markiert. Als Beweis für die Perfektionsfähigkeit des Peter-Prinzips, nach dem jeder in einer Hierachie dazu neigt, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen, werden die am wenigsten geeigneten Aluhütchenspieler ganz nach oben durchgereicht, wo sie außer ein bisschen Heißluft nicht mehr viel produzieren. Folgerichtig ist auch ihr Einsichtsvermögen so gut wie nicht mehr empirisch nachweisbar, wenn es um das von ihnen angerichtete Unheil geht, und gibt es keine Haftung für ihr sorgloses Schlawinern, wird sich auch keiner mehr für die Resultate dieses kostspieligen Unfugs interessieren.

Meist besteht diese mit wenig herausragenden Qualitäten gesegnete Schicht aus mittelmäßig begabten Querkämmern, die in Berufsbildern wie Eckensteher oder Schiffschaukelbremser reüssieren könnten, würden sie dabei nicht ständig dem Lauf der Dinge im Weg stehen. So schwiemelt sich das nach erfolgreich ausgesessenem Bausparerabitur ein Studium zurecht, dessen Früchte nicht für sinnvolle Tätigkeiten im öffentlichen Dienst reichen – ein attraktives Daseinsmodell für derlei Hohlpfosten, da es scheinbar wenig Arbeit verheißt, oft aber ein Dach über dem Kopf und eine gesicherte Altersvorsorge – und wird normalerweise zum F-Juristen, einem Blödföhn ohne Ahnung der rechtswissenschaftlichen Materie, billiges Futter für jede Art von Beraterfirmen, die in seinem Auftrag seinen Job erledigen, da er selbst damit überfordert wäre. Ab und an weist ein Weichstapler nach, dass er zweihundert Seiten Geraffel absondern kann, die ihm einen zweckfreien akademischen Grad und das damit verbundene Türschild einbringen.

Die Idioten und eine gründlich zerschranzte Demokratie gehen eine liebevolle Zwangssymbiose ein, wie die Frage nach Henne und Ei bleibt auch hier der Kausalkonnex zu untersuchen: ist die Herrschaft der Dummbeutel unausweichlich, weil sie von einer kernverdeppten Bevölkerung gewählt werden, oder schaffen sich die Knalltüten in weiser Voraussicht eine leicht von der eigenen Dämlichkeit zu überwältigende Trottelrotte, die ihre Macht nicht durch unvorhersehbares Denken gefährdet? Ist beides nur eine Korrelation, da ein tieferer Irrtum diese Gesellschaft in irgendetwas verwandelt hat, das nicht mehr zum Gebrauch bestimmt war? Oder ist es das Ergebnis einer zielgerichteten Zerstörung der Zivilisation, die sich vernünftigerweise nur durch eine wirre Verschwörungstheorie erklären lässt? Mit etwas Menschenliebe könnte man es als gelungenen Versuch der Inklusion verstehen, in dem vor allem die Beklopptesten es schaffen, ohne ständige Anleitung zu überleben, wenngleich nur auf Kosten der Gemeinschaft, während der ganze Rest dieses Beispiel doch wieder für das verheißene Aufstiegsversprechen nimmt, nach dem noch der letzte Honk es zu etwas bringen kann. Leider sind sie es, die den Lebenstraum dieser Trümmertruppe finanzieren, denn sie haben die gewählt, die sich an ihren Leistungen bereichern und sie zu Dank auch vollkommen rechtens zur Kasse bitten dürfen, denn sie haben das System so zurechtgedengelt. Und es steht zu fragen, ob diese aus Gier und Anmaßung gewachsene Grobheit nicht auch ein Zeichen von Intelligenz ist. Wenngleich nicht von menschlicher.





Babylon Berlin

15 02 2023

„Also you can say you to me, oder irgendwie so. Wir sind ja erst in the very beginning, und wenn wir irgendwann up to date sein wollen, müssen wir noch jede Menge lernen. Das ist in der Verwaltung sowieso nicht ganz einfach, aber wem sage ich das.

Wir dürfen nämlich demnächst als zweite Verwaltungssprache Englisch können, sagt die FDP. Das ist ungefähr so realistisch wie Fusionsreaktoren im Kartoffelkeller oder Mehreinnahmen durch Steuersenkungen für Reiche, aber danach hat ja keiner gefragt. Wir sollen jetzt alle Englisch sprechen, weil dann nämlich die demnächst aus dem Ausland einwandernden Fachkräfte sich besser verstanden fühlen. Für eine Partei, in der die meisten Politiker schon Probleme haben, wenn sie auf Deutsch denken sollen, ist das sportlich.

Nein, mal im Ernst: es sollen bis zum nächsten Jahr sämtliche Verwaltungsdienstleistungen online auf Englisch angeboten werden. Vielleicht habe ich da irgendwas nicht mitgekriegt, aber bis jetzt sind die ja nicht mal auf Deutsch vorhanden. Und was machen wir dann bitte mit dem Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz? Nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, das gibt es daneben ja auch noch, ist in Deutschland die Amtssprache Deutsch, und da Englisch nicht als Sprache einer regionalen Minderheit anerkannt ist, können wir uns einen fremdsprachigen Verwaltungsakt in die Haare schmieren. Das ist mal wieder typisch FDP. Heißluft absondern first, Schwanz einkneifen second.

Es fängt damit an, dass die meisten Kollegen vor zwanzig Jahren mal Schulenglisch hatten, und dann sitzt Ihnen eine indische Ärztin mit Princeton-Abschluss gegenüber, und Sie fragen sie, ob sie vielleicht ein bisschen langsamer sprechen könnte, weil sie nicht mitkommen. Die fühlt sich doch sofort wie zu Hause und holt ihre ganze Familie nach, oder wie hatten Sie sich das vorgestellt? Vielleicht könnten wir auch erst mal ein paar Fachkräfte anwerben, die fließend Englisch sprechen – die stellen sich dann gegenseitig ein und übernehmen den ganzen Kram für uns, bis wir genug Verwaltungsbeamten ausgebildet haben, die zweisprachige Bescheide erlassen können. Vermutlich gründen sie dazu auch noch eine Bundesbehörde, die den Prozess zweisprachig begleitet, wobei die Behördenmitarbeiter natürlich am besten englische Muttersprachler sind, die sich auch gegenseitig ausbilden, damit sie dann die Deutschsprecher fortbilden, die sie zu Behördenmitarbeitern ausbilden. Klingt wie Babylon Berlin, also durchaus realistisch.

Ich habe so den unbestimmten Eindruck, die Bundeshalbbildungsministerin schickt uns den einen oder anderen BWL-Hansel aus ihrem Verein vorbei, lauter gescheiterte Unternehmensberater, die uns asap zum Commitment briefen, damit wir die Candidate Experience der Zuwanderer mit unseren Skills maximisen. Es dürfen Wetten angenommen werden, ob sie selbst mal so einen Kurs mitgemacht hat. Ich tippe auf vorzeitige Flucht.

Laut Gerichtsverfassungsgesetz ist übrigens auch Deutsch die einzige Gerichtssprache, und wenn irgendwelche Verwaltungsakte auf Urteilen deutscher Gerichte beruhen, dann viel Vergnügen bei der Übersetzung. Macht bestimmt der Bundesjustizminister. Und was tut eigentlich Lindner, wenn da plötzlich nicht mehr vor ihm in der Schlange beim Bäcker Englisch gesprochen wird, sondern hinter dem Ladentisch? Weint er dann, weil die ganzen Fachkräfte aus dem Ausland Sachen können, von denen er keinen blassen Schimmer hat? Naja, mit der vollen Hose kann man in Deutschland immerhin Außenminister werden.

Das Lustige ist ja, dass diese Flitzpiepe dafür gesorgt hat, dass alle Verlautbarungen der EU nicht nur auf Englisch herausgegeben wurden, sondern auch auf Deutsch. Jeder denkt halt an sich, selbst zuletzt.

Und ich möchte gar nicht wissen, was das für ein Geheule mit der Integration gibt. Am Ende reicht dann gutes Englisch aus, um in Deutschland eine Bleibeperspektive zu erhalten, und die Hälfte der Politik heult herum, dass jeder dahergelaufene Asylant dafür den deutschen Pass nachgeschmissen kriegt, dass er erfolgreich den Deutschunterricht verweigert hat. Gut, wenn man Oettinger damit nachträglich irgendwohin abschieben könnte, das wäre okay. Aber sonst? Was mache ich denn mit dem Arbeitsschutz, wenn die Leute auf dem Bau nicht kapieren, was auf den Warnschildern steht? Soll ihnen das der Polier vortanzen? Und wenn die indische Ärztin versehentlich einen deutschen Patienten hat, braucht sie dann einen Dolmetscher, wenn sie fragen will, wo es wehtut, oder machen wir das dann mit künstlicher Intelligenz?

Und dann kommt natürlich der Kulturschock. Da hat man endlich seinen Aufenthaltstitel und die Arbeitserlaubnis bekommen, man geht fröhlich zum Vorstellungsgespräch, vermutlich vorher erst mal zum Jobcenter, und dann stellt man fest: die finden Ausländer immer noch scheiße. Und zwar größtenteils auf Deutsch. Aber was erwarten Sie von so einer Trümmertruppe, die uns jedes neue Problem als Lösung verkauft, solange man damit genug Geld verbrennen kann, bevor es noch in sinnvolle Verwendung gerät. Keine Ahnung, ob der Unsinn irgendwann tatsächlich mal eingeführt wird, aber das kann ich Ihnen schon mal verraten: I see black.“