Kreislaufkollaps

13 09 2022

„Feucht durchwischen geht? Wie man Schubladen auffüllt, war auch klar? Dann steht Ihren neuen Job als Stationspflegerin ja nichts mehr im Weg. Sie kommen als Hilfskraft vom Jobcenter? Erzählen Sie mir einfach irgendwas, was mich interessiert.

Wir müssen dem Pflegenotstand ja irgendwie begegnen, und das geht am besten, indem wir die Kompetenzen neu regeln. Bisher hatten wir viel zu strikte Dienstanweisungen, was Personalschlüssel anging, jetzt können wir die notwendigen Stellen im Dienstplan mit Füllmaterial aufstocken. Also mit Ihnen. Da stehen dann nicht mehr drei statt sechs Pflegefachkräften, da stehen dann drei Fachkräfte und drei andere. Das kriegen Sie doch irgendwie auf die Reihe, irgendwo herumstehen? Auch mal irgendwas arbeiten, wenn es sich ergeben sollte? Die Politiker, die sich das ausgedacht haben, sind der Ansicht, Sie müssten das irgendwie auf die Reihe kriegen. Die können das ja auch. Also in der Gegend herumstehen.

Sie werden sehen, die Einarbeitungsphase ist ein bisschen hart. Sie werden viele neue Eindrücke aus dem Krankenhausalltag mit nach Hause nehmen, das ist nicht einfach. Also stellen Sie sich nicht vor, dass da täglich einer aus dem Bett kippt oder an der Beatmungsmaschine abnippelt, weil einer nicht die richtigen Knöpfe gedrückt hat – da wird auch mal einer vertrocknen, weil die Infusion leergelaufen ist, oder wir haben interessanten Kreislaufkollaps, wenn jemand die Medikamente vertauscht. Die Auswahl an solchen kleinen Erlebnissen, die den Arbeitsalltag unterhaltsam machen, ist relativ groß. Langweilig wird das jedenfalls nicht.

Wir arbeiten an der minutengenauen Pflege, das heißt, Sie haben es selbst in der Hand, wie Sie das Ihnen übertragene Pensum erfolgreich umsetzen. Herzinfarkt sechs Minuten, Schlaganfall sieben, Krebs-OP fünf, das lernen Sie auch ganz schnell – würde ich Ihnen auch raten, denn die Zeit geht ja von der Pflege ab, und Sie wollen doch nicht gleich am Anfang durch Pflichtverletzungen auffallen, die haftungsrechtliche Konsequenzen für Sie haben, oder? Nehmen Sie sich mal ein Beispiel an den Politikern, die dieses Konzept für Ihre berufliche Zukunft ausgearbeitet haben. Ein Minister, der die Idee federführend begleitet hat, konnte neben der Tätigkeit im Bundeskabinett sogar noch einen Deal mit Maskenherstellern einfädeln, den Deutschen Bundestag unter Eid belügen und Insiderhandel an der Börse betreiben. Nehme Sie sich daran mal ein Beispiel. Der hat nicht den ganzen Tag gejammert, dass er keine Zeit für seinen Job hat.

Außerdem lohnt sich das finanziell für alle Beteiligten. Sie waren ja bisher als Reinigungshilfe im Klinikum beschäftigt, jetzt arbeiten Sie als Fachkraft in der Pflege – das muss sich dann auch in der Bezahlung widerspiegeln. Also jetzt nicht in Ihrer, nicht, dass Sie denken, wir würden Ihnen jetzt plötzlich Geld für irgendwas zahlen, was Sie auf Grund mangelnder Ausbildung gar nicht leisten können. Wir werden nur die Gehälter der anderen Pflegekräfte an Ihre Bezüge als Reinigungshilfe anpassen. So viel Gerechtigkeit muss sein, und Sie werden ja sicher nicht dagegen protestieren, oder wollen Sie Ihren neuen Job schnell wieder los sein?

Selbstverständlich werden Sie eingearbeitet, das ist doch Ehrensache. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie sind mit Ihrem Job überfordert, fragen Sie einfach jemanden, der das schon ein paar Tage länger macht. Falls Sie auf Station einen finden, der nicht auch gerade jemanden sucht. Bei manchen Sachen werden Sie sich auch schriftlich äußern müssen. Wenn Ihnen mal ein Patient verstirbt, das heißt: an einer unvorhergesehenen Komplikation, dann füllen Sie ein Formular aus. In Ihren Interesse, sonst haben wir hier wieder Ärger mit Angehörigen oder mit der Ärztekammer, mit dem Staatsanwalt oder dem Aufsichtsrat. Sollte es eine vorhersehbare Komplikation sein, dann natürlich nicht. Das ist nun mal so, alle müssen sterben, die meisten sind dabei im Krankenhaus, und mehr müssen Sie für den Anfang auch gar nicht wissen.

Jetzt fließt ja auch wieder genug Geld in die Kliniken, das heißt: in die Konzerne. Die ermitteln den Bedarf an Pflegekräften, melden dann an, wie viel Geld das kostet, und weil wir ja in einer sehr freien Marktwirtschaft leben, lassen wir den Markt regeln, was davon unten ankommt. Mal ehrlich, es wäre ja ziemlich bescheuert, wenn wir einfach nur die jetzigen Kräfte besser bezahlen würden. Davon kriegen wir die Personallücken auch nicht mehr geschlossen. Da verlassen wir uns lieber auf die üblichen Marktmechanismen, dass von dem Geld schon irgendwann etwas unten ankommt. Sie haben ja auch die Chance, davon zu profitieren. Alles, was Sie tun müssen, ist für ein paar tausend Euro im Monat Anteile an unserem Konzern zu erwerben, dann sind Sie in wenigen Jahrzehnten so weit, dass Sie nie mehr arbeiten müssen. Das hätten es bei einer Verstaatlichung des Gesundheitswesens, wie es diese linken Chaoten ständig fordern, niemals gegeben. Wie man so Idealismus, Stressresistenz und ein bisschen Helfersyndrom züchten soll bei den angehenden Hilfsfachkräften, das möchte ich echt gerne mal wissen.

Kittel sind kostenlos, die werden nach der Schicht in den großen Sack geschmissen, Scheren in den Mülleimer, weil das billiger ist als eine Desinfektion, und wenn Sie sich nicht plötzlich in irgendwelche gewerkschaftlichen Kreise reinziehen lassen, dann haben Sie hier einen verhältnismäßig sicheren Arbeitsplatz. Nur mal theoretisch, könnten Sie sich ab nächsten Monat eine Karriere als Chefärztin vorstellen?“





Lenkungsmaßnahmen

11 08 2022

„… es zu einer Kündigungswelle von kaum zu überblickendem Ausmaß komme. Nachdem etwa jeder dritte Beschäftigte in der Kranken- und Altenpflege seinen sofortigen Ausstieg aus dem Berufsfeld vollzogen habe, werde es voraussichtlich zu einer dramatischen Situation in der…“

„… fordere die Union im Falle der freiwilligen Arbeitslosigkeit harte soziale Einschnitte, um die Attraktivität von Transferleistungen zu beseitigen. Merz habe angeregt, dass man auch Pflegern, die kurzfristig andere Jobs gefunden hätten, durch die Sanktionierung ihres Lebensunterhaltes einen…“

„… unbezahlte Überstunden in unbegrenzter Anzahl oder Mehrarbeit ohne Freizeitausgleich nicht ohne Weiteres möglich seien, da es in Deutschland klare arbeitsrechtliche Regelungen gebe, die auch von den Gerichten durchgesetzt würden. Gabriel habe dies als skandalösen Zustand bezeichnet, dem im Interesse der zahlenden Allgemeinheit sofort ein…“

„… keine substanziellen Veränderungen erwartbar seien. Kubicki lägen Zahlen vor, dass immer noch ausreichend unbelegte Intensivbetten in den deutschen Krankenhäusern vorhanden seien, so dass die medizinische Versorgung auch jenseits der Chefarztbehandlung noch…“

„… zu Notfallmaßnahmen gedrängt habe. In einer konzertierten Aktion würden Klinikkonzerne Verhandlungen mit mehreren Süßwarenherstellern, Kosmetikproduzenten sowie…“

„… sehe dagegen Lindner eine positive Entwicklung. Da sehr viele Beschäftigte nun keine Gehaltsansprüche gegen die Kliniken hätten, könnten insbesondere konzernangehörige Häuser durch die sinkenden Fixkosten ihre Dividenden und Boni in nie geahnter Höhe an die…“

„… dass es durch Rückkoppelungseffekte zu einer Stabilisierung der Pflegequalität kommen könne. Die meisten Klinikleitungen würden einen Teil des Pflegepersonals ohnehin krankheitsbedingt nicht mehr einsetzen können. Sollten diese nicht mehr durch beruflich verursachte Erkrankungen das Gesundheitssystem belasten, so könnten dieselben Leistungen wie bisher auch mit weniger…“

„… die Gesellschaft diese Mehrbelastungen im Gesundheitswesen durch Eigenverantwortung und juristisch verstärkte Lenkungsmaßnahmen auffangen müsse. Söder schlage eine unbefristete Ausgangssperre für vulnerable Personen und ein strafbewehrtes…“

„… durch einen zusätzlichen Urlaubstag pro Jahr ausgleichen könne. Lauterbach wolle den Tarifverhandlungen jedoch nicht vorgreifen und werde sich endgültig erst nach Gesprächen mit dem Koalitionspartner und der Ärztekammer, den Pharmakonzernen, der Pilotenvereinigung Cockpit, dem ADAC sowie den mittelständischen…“

„… leicht zu beschaffen sei. Die Union habe nach eingehenden Konsultationen mit langjährigen Expertinnen wie von der Leyen oder Spahn befunden, dass die Aufgaben im Pflegeberuf auch von ungelernten Helfern vollständig ausgeführt werden könnten, was zudem mit einer starken Kosteneinsparung in den…“

„… Merz das Problem nach eigener Aussage nicht nachvollziehen könne. Er frage sich, was Pfleger mit der plötzlich verfügbaren Freizeit anfangen würden, da sie im Gegensatz zu Ärzten weder Golf spielten noch im Privatjet zu ihrer Finca auf den…“

„… dass Kubicki den Pflegern empfohlen habe, sich als Flughafenpersonal zu verkleiden, um als Streikende in den Medien besser wahrgenommen zu werden. Ihm selbst sei das Thema völlig egal, da er als Privatpatient ohnehin nicht für die Löhne und Gehälter der…“

„… auch mit einer Dienstverpflichtung begegnen könne. Wo sich das Pflegepersonal weigere, in den Berufen zu arbeiten, werde Lindner zu verhindern wissen, dass der Arbeitsmarkt diese Lage durch eigenständiges Regeln ausnutze. Dies sei ein schamloses Ausnutzen von Freiheit, das in diesen Gehaltsklassen überhaupt keine…“

„… an das Berufsethos der Pflegekräfte appelliert habe. Merz verstehe nicht, wie Geld zur einzigen Triebkraft für Menschen werden könne, die sich ursprünglich dazu entschlossen hätten, der Gesellschaft mit ihren uneigennützigen…“

„… nun verfassungsrechtliche Möglichkeiten ausloten müsse, um die ansonsten verbotene Zwangsarbeit in Einzelfällen zu erlauben. Buschmann könne zwar ohne den Bundestag keine Notstandsgesetzgebung in Kraft setzen, er habe aber durch ein handwerklich sehr, sehr gut gemachtes…“

„… rasch eine Anschlussverwendung für die Pflegeaussteiger finden müsse. Eine Abwanderung in fachfremde Berufe dürfe es für Lindner schon deshalb nicht geben, da die Allgemeinheit die Ausbildung der Fachkräfte bezahlt habe, was als Ausnutzen von Gratismentalität auf Kosten der…“

„… sich Scholz sehr enttäuscht zeige, wenn die wichtigsten Akteure der Krise, die hart arbeitenden Menschen Land, sich ihrer Verantwortung entzögen, um nur auf ihren persönlichen Vorteil zu schauen. Er fordere von der Politik mehr und härtere Anstrengungen, um mit Überzeugungsarbeit und einem klaren Bekenntnis zu Solidarität, Respekt und einem nachhaltigen…“

„… ein Gesprächsangebot machen wolle. Steinmeier schlage einen Tag der Pflege vor, der öffentliche Diskussionen, eine Präsidentenrede im Bundestag, verpflichtendem Balkonklatschen und Lavendel für die…“

„… auch in der Altenpflege angekommen sei. Söder sehe hier große Chancen, das Familienbild vergangener Jahrhunderte wieder zum Leben zu erwecken, in dem die Kinder sich um die Versorgung ihrer Vorfahren kümmern würden. Dies eröffne auch Chancen auf dem Arbeitsmarkt, da manche fachfremde Helfer an der Grenze zum Rentenalter, wo ein neuer Job nur im Ausnahmefall gefunden werden könne, nach dem Ableben ihrer Eltern die jüngst erworbenen Kenntnisse durch einen Berufseinstieg in einem…“

„… stärker unter Druck gesetzt werden müssten. Spahn habe vorgeschlagen, bis auf Weiteres kein neues Pflegepersonal mehr auszubilden, damit die jetzt abwandernden Fachkräfte unmittelbar durch Reaktionen aus der Bevölkerung für ihre…“

„… habe Nahles keine Ideen, wie man den Pflegeberuf in den Vermittlungstätigkeiten der Bundesagentur für Arbeit attraktiver darstellen könne. Es sei strittig, ob man als arbeitssuchend gemeldete Personen, die eine Sanktion von dreißig Prozent des Existenzminimums erhielten, als Ersatzstrafe einen Monat in der Pflege beschäftigen solle, wenn dies in Nachgang durch Widersprüche, sozialgerichtliche Verfahren oder eine…“

„… die Anpassung der Gehälter für die meisten Klinikbetreiber ein notwendiges Mittel zur Regulierung der Geschäftsprozesse darstelle. Da sich aktuell die meisten Pflegekräfte nicht mehr mit ihrem Arbeitgeber solidarisieren würden, müsse man auch über Sanktionen wie die Aufhebung des Kündigungsschutzes oder eine allgemeine…“

„… zumindest in systemrelevanten Bereichen des Medizinbetriebs gesichert werden müsse. Lindner wolle durch ein Anreizsystem wie kostenlosen Nahverkehr oder gebührenfreie kirchliche Eheschließungen Fachkräfte ermutigen, sich auf Positionen in Schönheitschirurgie, Haartransplantation oder…“

„… es sich um eine von der linksradikalen Verbotspartei vorgetäuschte Aktion handele, die das Volk durch vorsätzlich ausgelöste Massenpanik zu Veganismus, Gendern und Transsexualität treiben solle. Reichelt habe in BILD-TV verkündet, er habe sich unerkannt in drei deutsche Kliniken eingeschlichen und keinen einzigen nicht anwesenden Pfleger gefunden. Damit seien die Fake News der…“

„… dass sich die Pfleger mitten in der für die Menschen beendeten, für Wirtschaft und Börse aber immer noch extrem gefährlichen Pandemie einen Zeitpunkt ausgesucht hätten, der an asoziale Eigensucht erinnere, wie er sie ansonsten nur bei seinem bevorzugten Koalitionspartner kenne und schätze. Merz verlange eine sofortige Wiederaufnahme der Arbeit in allen Kliniken, damit sich die Umsätze nicht weiter negativ auf die…“





Ringtausch

11 05 2022

„Also alles kriegt man ja mit Schokolade auch nicht hin.“ „Was das kosten würde!“ „Sie sind lustig, so viel Schokolade kann man gar nicht auftreiben.“ „Also Fakt ist doch, viele Pflegekräfte könnten sich durchaus die Rückkehr in den Beruf vorstellen.“ „Und wo ist jetzt das Problem, von dem Sie ständig reden?“ „Es bleibt halt bei der Vorstellung.“

„Wir reden jetzt aber nicht schon wieder über die Teilzeitkräfte, die wieder in Vollzeit arbeiten würden?“ „Doch.“ „Das reicht aber nicht.“ „Bei denen würde etwas Schokolade vielleicht helfen.“ „Jetzt hören Sie doch mal mit der alten Leier auf, wir brauchen hier weder Bestechungsversuche noch Balkonklatscherei!“ „Es könnte ja helfen, wenn die Arbeitszeiten besser gestaltet werden.“ „Wegen der Überstunden?“ „Das heißt, die Pflegekräfte kehren zurück, wenn es mehr Pflegekräfte gibt?“ „Das ist doch total unlogisch!“ „Wenn die mit uns nicht auf vernünftigem Niveau diskutieren wollen, macht das halt keinen Sinn.“ „Außerdem können wir für die jetzt nicht ständig neue Personalschlüssel einführen, das würde viel zu viel kosten!“

„Wo Sie das gerade sagen, mit Gehalt ist nichts in der Planung?“ „Wenn Sie das bezahlen wollen, reden wir gerne über Geld.“ „Psychologisch ist das ja ganz falsch.“ „Sie meinen, dass die intrinsische Motivation darunter leiden würde?“ „Wenn man das nur für Geld macht, kann man ja gar kein guter Pfleger sein.“ „Schauen Sie sich mal die Politiker an, wie die in der Pandemie tagelang um Lösungen gerungen haben.“ „Und die Aufsichtsräte in den Klinikkonzernen!“ „Davon können sich Pfleger ruhig eine Scheibe abschneiden!“ „Gerade in dem Beruf muss man doch begreifen, dass man für die Menschen Verantwortung trägt!“ „Sie meinen die Politiker, richtig?“ „Deshalb werden die ja auch so gut bezahlt, um die Belastung auszuhalten.“

„Und Tarifbindung?“ „Das wäre letztlich nur ein anderer Ausdruck für Gehaltserhöhung.“ „Aber es klingt viel zuverlässiger.“ „Kostet auch zuverlässig mehr.“ „Dann kann man als Pflegekraft ja gleich in die Kita gehen.“ „Oder in die SPD.“ „Also die soll ja ganz gut zahlen, habe ich gehört.“ „Nur für die Vollzeitmitglieder.“ „Ach so.“

„Wertschätzende Führung wäre doch auch mal einen Versuch wert.“ „Psychosoziale Unterstützung ist wichtig!“ „Ich finde, das könnte man denen als selbstorganisierten Prozess mitgeben.“ „Außerhalb der Arbeitszeit?“ „Zahlen Sie das?“ „Wenn Ärzte in ihrer Dienstzeit im Bereitschaftszimmer schlafen dürfen, müssten wir das ja wohl auch…“ „Ich finde, wir müssten sowieso mal über die Stärkung der Pflegeberufe gegenüber den Ärzten diskutieren.“ „Weil die meisten Ärzte von Pflege nicht so viel verstehen wie das Pflegepersonal?“ „Jetzt fangen Sie bitte nicht damit an, das endet doch nur damit, dass Pfleger Arztgehälter haben wollen!“ „Es ist im Pflegeberufegesetz aber so vorgesehen.“ „Und die Regierung wollte im neuen Heilberufegesetz die professionelle Pflege um heilkundliche Tätigkeiten ergänzen.“ „Wenn ich jetzt bald meinen Pfleger mit ‚Herr Doktor‘ anreden muss, hört’s aber auf!“ „Die Politik, die Politik – die haben doch momentan mit dem Krieg und der Energiekrise genug zu tun.“ „Da können die Pflegekräfte ja auch mal dankbar sein, dass sich noch jemand um sie kümmert!“

„Könnte man es nicht mal mit einem Ringtausch versuchen?“ „Also deutsche Pfleger nach Polen und polnische in die Slowakei?“ „Vielleicht hessische nach Berlin und sächsische an die Nordsee.“ „Das wird nichts.“ „Dann polnische nach Sachsen.“ „Ist jetzt schon der Fall.“ „Ich meinte eher, wir könnten die Arbeitskräfte aus der Gastronomie, die nicht in den Einzelhandel gegangen sind, mal in die Pflege schicken.“ „Ursula von der Leyen hat angerufen, sie will ihr Märchenbuch zurück.“ „Aber Pflege kann doch jeder?“ „Sagen zumindest die Politiker.“ „Dann frage ich mich, wo unser Problem liegt.“ „Solange wir noch freie Betten haben, haben wir ja für die Politik auch kein Problem.“

„Und die Einarbeitung?“ „Ich stelle mir das so vor, dass die bereits erfahrenen Kräfte die neuen Pfleger mit schulen, ausbilden und Quereinsteiger in Kompetenzteams einarbeiten.“ „Das wird in den anderen Ländern schon so gemacht.“ „Dann muss man das in Deutschland gar nicht erst versuchen.“ „Wir könnten die Dienstpläne autonom von den Pflegekräften gestalten lassen.“ „Dann haben wir auf Station jeden Tag 1. Mai.“ „Und wenn es nicht funktioniert?“ „Wenn wir riskieren, dass die ganze Sache schiefläuft, sollten wir es vielleicht lieber gar nicht erst versuchen.“ „Das sehe ich auch so.“ „Und das hilft uns jetzt weiter?“ „Ich meine, wir sollten nicht auch noch den Status quo gefährden.“

„Also ich habe langsam keinen Bock mehr auf dieses Zeug, ich rufe jetzt den Bundeskanzler an.“ „Fernsehansprache?“ „Der hat sicher eine Idee, wie man mit einer ganz tollen Werbekampagne für den Wiedereinstieg in die Pflege…“ „Und das bezahlt der Bundeskanzler?“ „Jetzt machen Sie doch nicht immer alles madig, bevor sich die Politik nicht dazu geäußert hat.“ „Richtig, meckern kann man bei der Regierung erst hinterher.“ „Haben wir denn diese Bürgerversicherung schon, mit der die das alles finanzieren wollten?“ „Wir können auch nicht das Seniorenheim an der Ecke dichtmachen, weil der Laden keine Tariflöhne zahlen will.“ „Solange wir einen Finanzminister haben, der Gewerbefreiheit als Menschenrecht versteht, wird das auch nicht passieren.“ „Geben Sie mir mal das Kassenbuch.“ „Sie können doch nicht einfach…“ „Das ist mir egal.“ „Denken Sie an die Folgen!“ „Welche Firma war das noch mal, bei der sie neulich so viel Schokolade weggeschmissen haben?“





Trinkgeld

12 07 2021

„… oft zu ungeklärten Todesfällen gekommen sei. Die Leitung des Klinikums habe allerdings darauf hingewiesen, dass die verdächtige Pflegerin über finanzielle Schwierigkeiten geklagt habe, die durch ihr geringes Entgelt und die…“

„… nicht im Einzelhandel angekommen sei. Die Gehälter der Beschäftigten in den Supermarkt- und Discounterkonzernen seien nicht gestiegen, es habe allerdings auch noch keine Todesfälle beim Kampf um Trockenhefe oder Toilettenpapier in der…“

„… steige allein in Hessen die Zahl der Fehler im OP-Bereich signifikant an. Der Bundesminister für Gesundheit sehe aber keinen Zusammenhang mit den Verhandlungen über einen Tarif für die Pflegerinnen und Pfleger im…“

„… nicht bekannt sei, obwohl die Belastung für Feuerwehrleute gerade durch die zunehmenden Waldbrände und Überschwemmungen ständig ansteige. Keine Wehr habe bisher mitgeteilt, dass sie aus Überlastung nicht zu Unfällen ausgerückt oder sich absichtlich zu einer schlechten…“

„… dass die zunehmende Unzuverlässigkeit in der Anästhesiepflege sich nicht ausschließlich auf den aktuellen Urlaubsstopp im Kreiskrankenhaus zurückführen lasse. Es habe auch im Bereich der Intensivpflege sowie auf der COVID-Station einige strittige Fälle gegeben, die nicht durch den…“

„… auch für Notfallsanitäter nicht zutreffe. Die mangelnde Aufstiegsmöglichkeit habe noch keine Mitarbeiter dazu gebracht, sich absichtlich mit dem Rettungswagen zu verfahren oder einen Einsatz nicht mit der notwendigen…“

„… berichte die Springer-Presse wie immer sehr unsensibel über eine Reihe von Todesfällen durch verunreinigte Folgemilch. Es dürfe jetzt kein Druck auf die Klinikkonzerne aufgebaut werden, da die angestrebte Rendite keine Entgeltsteigerungen mehr zulasse, die für die Sicherheit im…“

„… Busfahrer bisher nicht vermehrt Unfälle provoziert hätten, da sie mit einem zu geringen Trinkgeld bedacht worden wären. Eine Kausalität zwischen Überschreitung der Lenkzeiten, die zum Teil auch durch die Arbeitgeber unter Androhung einer betriebsbedingten Kündigung verursacht worden sei, und der Neigung zu schweren Unfällen bei einer Geschwindigkeit oberhalb von…“

„… es die Krankenkassen ablehnen würden, die Kliniken noch genauer zu kontrollieren. Eine wie bisher stichprobenartig ausgeführte Nachschau nach schriftlicher Anmeldung mit Terminbestätigung sei ausreichend, um die Qualität der Pflege in den meisten Häusern mit einer durchschnittlichen…“

„… dass Paketboten unter den Bedingungen der Pandemie erhöhte Flexibilität und Ausweitung ihrer Arbeitszeiten hätten zugestehen müssen, dies aber oft aus Liebe zu ihrem Beruf nicht hätten aufgeben wollen, um keine volkswirtschaftlichen Schäden zu…“

„… weniger im öffentlichen Fokus stehen solle. Es würden vermutlich weiterhin Unfälle auf der Station geschehen, die man aber nicht durch die Einstellung zusätzlicher Pfleger oder eine bessere Ausstattung mit…“

„… das Taxigewerbe einer Reglementierung im Hygienebereich unterliege. Man erwarte jedoch keine Bluttaten, sofern die Gäste freiwillig auf der Rückbank Platz nähmen, sich nicht durch kritische Nachfragen oder eine…“

„… warne Spahn vor mafiösen Strukturen im Gesundheitswesen. Er meine damit aber nicht seine eigenen Geschäfte mit Masken, sondern Pfleger, die angeblich Bargeld von Patienten nähmen, um diese nicht mit falschen Medikamenten oder einer…“

„… vielen anderen Personen gar nicht klar sei, dass die meisten Küchenbauer mit ihrem Beruf ohnedies schon intellektuell überfordert seien. Man wolle die hoch qualifizierten Fachkräfte daher nicht auch noch mit Gesichtsmasken oder einem…“

„… die Gehälter kürzen wolle. Der Konzern sei bemüht, die Qualitätsstandards aufrecht zu erhalten, habe sich aber dazu entschlossen, die Bezüge schon vor dem Auftreten der ersten gravierenden Fehler zu verringern, um die Drohung gegenüber dem Pflegepersonal so klar wie möglich zu…“

„… ein hohes Risiko tragen würden, das der Öffentlichkeit so gar nicht bewusst sei. Um auf die psychische Gesundheit von Investmentbankern Rücksicht zu nehmen, seien auch ihre Gehälter in der Diskussion, da viele von ihnen immer noch für ihr Geld arbeiten und Steuern zahlen müssten, was sie bei ihren Kunden in einem schlechten…“

„… dass viele an Corona verstorbene Patienten in Wahrheit pflegerischem Fehlverhalten zum Opfer gefallen sein könnten. Streeck habe noch keinen Beweis, aber dies sei für ihn Beweis genug, da er wisse, dass er recht habe, weil er die…“

„… Erzieher schon deshalb nicht besserstellen könne als andere Berufe, da sie keine akademische Ausbildung erhalten hätten. Es widerstrebe einem Großteil der Bevölkerung, dass Kindergärtnerinnen wie Ärzte oder Rechtsanwälte zu…“

„… Pflegerinnen und Pflegern bei einer nicht geplanten gesundheitlichen Verschlechterung die Mehrkosten grundsätzlich vom Gehalt abgezogen werden müssten. Spahn sehe hier einen starken finanziellen Anreiz, eine bestmögliche Versorgung für alle Patienten in den privaten…“

„… die Abgeordnetendiäten in Deutschen Bundestag regelmäßig zu erhöhen seien. Viele der Parlamentarier seien inzwischen so stark durch ihre Beschäftigung belastet, dass sie für bezahlte Nebentätigkeiten überhaupt keine…“





Bundeswehreinsatz im Äußersten

4 02 2021

„Zwanzig Panzergrenadiere übernehmen dann ab etwa zehn Uhr, Oberfeldwebel Schramm verteidigt diese Woche die Stellung. Rückmeldung jeweils hier und in der Kaiser-Wilhelm-Kaserne. Dann werden wir das mal in Angriff nehmen!

Das war jetzt nur für den Außeneinsatz im Seniorenstift St. Wendelin in Oberfriedrichsdorf, das Impfzentrum Bad Gnirbtzschen machen wie bisher unsere Artillerie und die Pioniere. Da läuft die Organisation, die Kameraden sind Anfang des Jahres an der Spritze ausgebildet worden, sämtliche Logistik ist in der Hand des Heeres, es gab bisher weder Zwischenfälle noch einen Grund zur Beschwerde seitens der Impflinge. Die Bundeswehr steht gut da, wir haben unseren Auftrag im Griff und liegen hervorragend in der Zeit. Das ist für uns alle ein hervorragender Einsatz, und das liegt nicht zuletzt daran, dass wir hier mit erstklassigem Fremdmaterial arbeiten. Das mit unserer eigenen Ausrüstung durchzuziehen haben wir Frau Kramp-Karrenbauer nämlich erfolgreich ausreden können.

Das sind natürlich nicht alles Sanitätssoldaten, die da unsere Oldies gegen das Virus schützen, aber wir sind eine flexible und moderne Streitmacht, da muss man auch mal neue Wege gehen. Sie haben doch sicher diese Werbung noch im Gedächtnis:‚Wir dienen Deutschland‘. Das ist doch eine ganz ausgezeichnete Möglichkeit, dass man den Bürgern draußen im Land einmal zeigt, was die Kameraden alles leisten können. Wir können nicht nur Uniform tragen und kostenlos Bahn fahren, wir tragen auch proaktiv zur Sicherheit in Deutschland bei. Unsere Ausbildung ist zwar primär eine militärische, aber das heißt ja nicht, dass wir uns auf das Töten von Menschen anderer Nationen beschränken. Zumal es hier ja größtenteils um unsere Landsleute geht, da scheidet dieses Einsatzziel sowieso aus.

Vor allem ist das eine hervorragende Sache, um diesen alten Schlachtruf von linken Pazifisten in die Schranken zu weisen: ‚Soldaten sind Mörder‘. Das glauben Sie auch nur, wenn Sie denken, wir jagen den Damen und Herren Chips in den Arm, damit sie ferngesteuert eine Marionettenregierung wählen, die amerikanischen Milliardären gehört. Das ist reiner Unfug, und das wissen Sie auch. Hier stellt sich die Bundeswehr einmal mehr in den Dienst der guten Sache, und wir müssen dazu nicht mal zum Hindukusch reisen. Deutschlands Freiheit, und dazu gehört auch die Freiheit der Frisöre und des Einzelhandels, wird im Seniorenheim verteidigt. Und das kann auch noch eine ganze Weile so bleiben, wenn das Virus sich nicht freiwillig ergibt.

Denken Sie doch mal weiter, man könnte die Truppe mit so vielen Aufgaben betrauen, um das Land voran zu bringen. Pandemiebezogen wäre es zum Beispiel denkbar, dass wir mobile Schnelltests in den Betrieben durchführen, in Kitas und Schulen und auch im Wohnbereich, wo es sich auf Grund der Siedlungsstruktur anbietet. Da treten dann die Bürger in Reih und Glied an, Teststäbchen rein, und jeder weiß, was Sache ist. Für die Bürger wäre das ein enormer Gewinn an Planungssicherheit, die Ergebnisse lassen sich viel schneller und besser auswerten als in der öffentlichen Verwaltung, zum Beispiel in den Gesundheitsämtern – das ist auch klar, aber unser Verteidigungshaushalt wird ja in letzter Zeit auch deutlich in Richtung Cyberkrieg gelenkt, da könnte man beispielsweise IT-Technik für medizinische Zwecke nutzbar machen. Dass das viel schneller geht als mit einem Faxgerät pro Amt, das muss ich Ihnen ja nicht erklären.

Oder denken Sie weiter, wir als international agierendes Heer sind ja schließlich auch dafür da, die Transportwege der Wirtschaft zu sichern. Das hat damals dieser Bundespräsident schon gesagt, so verkehrt ist das auch gar nicht, die Öffentlichkeit hört es nur so ungern, wenn wir für fossile Energie in die Luft gejagt werden. Da ist es doch geradezu ein Heimspiel, wenn wir Logistik für Supermärkte bereitstellen, damit der Bürger zu Hause mit dem Nötigsten beliefert werden kann. Das ist der Einsatz im Äußersten, anders als der Bundeswehreinsatz im Innern ist das hier auch noch vollkommen legal! Überlegen Sie mal, was da bei einer Strategie der geeinten Kräfte alles möglich wäre: Zero Covid mit militärischem Flankenschutz, herausragende Idee, finden Sie nicht auch? Die Kameraden liefern die Verpflegung direkt an die Haustür, wir haben die nötige Infrastruktur, um Deutschland zwei oder vier Wochen lang komplett unter Manöverbedingungen zu managen, und wer sich unbefugt auf der Straße herumtreibt, der macht Bekanntschaft mit unseren Feldjägern. Wenn Ihnen etwas Besseres einfällt, sagen Sie einfach Bescheid.

Kontaktverfolgung könnte man notfalls an die Polizei auslagern, die sind da besser aufgestellt. Dafür würden wir überall da aushelfen, wo die im Demobereich eingesetzt werden. Wir würden uns auch strikt an die verfassungsrechtlichen Vorgaben halten und nicht zusammenarbeiten.

Wie gesagt, weiterdenken: was könnte man alles im Umweltbereich planen, wir müssen ja nicht im Oderbruch Sandsäcke schleppen oder Spundwände am Rhein hochziehen, die Bundeswehr ist ja auch in der Lage, für den Klimaschutz zu arbeiten, bevor wir alle von den Folgen überrollt werden. Es ist alles nur eine Frage des politischen Willens, das muss sich die Bundesrepublik überlegen. Und es sollte konsequent sein, also Naturschutz auf der einen Seite und auf der anderen Kirchen für neue Kohlegruben plattmachen, das wäre nicht so gut. Es soll sozial verträglich sein.

Mehr Pflegekräfte? Also entschuldigen Sie mal. Jetzt wird’s aber echt unrealistisch!“





Blindgänger

28 07 2020

„Sonntags durchgängig, aber Sie müssten dann schon in die regionalen Verlautbarungen schauen, ob in Ihrem Bundesland, Regierungsbezirk oder Landkreis eine Sonderregelung installiert wurde. Kann ja gut sein, Sie jubeln da gerade für so ein paar Krankenschwestern im öffentlichen Dienst, und in Wirklichkeit sollten Sie für unsere deutschen Küchenbauer applaudieren, die dann gar nicht mitgemeint sind. Wie ungerecht wäre das denn?

Also wir organisieren hier nur die erste Ebene der Kommunikation. Was wir nicht abwimmeln können, wird an die zweite Ebene durchgestellt, und dann kommt die dritte. Und ab da ist es dann auch schon egal, das interessiert die Öffentlichkeit sowieso nicht mehr. Die Hauptsache ist doch, dass Sie auf dem Balkon stehen, so Sie denn einen haben in Ihrer Wohnung, sonst müssen Sie halt zu den Nachbarn. Ist ja wieder erlaubt. Würde auch der raschen Durchseuchung Vorschub leisten, aber das nur nebenbei. Also der Balkon. Je öfter Sie klatschen, desto besser. Allerdings muss das alles korrekt organisiert werden, und hier kommen wir ins Spiel.

Wir haben das mal ausgedruckt, das ist nicht so einfach. Als Ablaufdiagramm ist das natürlich ein bisschen übersichtlicher, aber auch nur für die jeweiligen Kommunen, sonst passt das wieder nicht auf eine Seite DIN A3. Also hier sehen Sie zum Beispiel Dienstag, 14:00 Uhr und Mittwoch ab halb vier bis spätestens sechs, aber nicht an Feiertagen oder in den Schulferien, wobei die beweglichen Ferientage gehen da ja noch mal extra, aber das ist schon wieder auf Landesebene koordiniert. Also Dienstag von 14:00 Uhr bis 15:30 Uhr. Wer? ach so, da muss ich mal nachsehen. Gelb mit Schraffur ist Brummifahrer. Dienstag und Mittwoch, wenn Sie für die Brummifahrer klatschen wollen. Bis zum Mittag können Sie Erzieherinnen und Erzieher mit Ihrer Geräuschentwicklung erfreuen, dann ist Mittagsruhe. Ab zwölf. Das gilt dann aber wieder nicht für Sonntage, weil da keine Mittagsruhe gilt, da müssen die meisten Bürger nicht zur Arbeit, und da sollte auf Empfehlung der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen auch applaudiert werden. Ist zwar bundeseinheitlich koordiniert, aber einer muss ja sagen, wo es langgeht, nicht wahr?

Verwechseln Sie das nicht mit innerstädtischen Regelungen, die sind dann noch einmal extra. Die kreisfreien Städte beispielsweise können hier aus der geplanten Planung ausbrechen und selbst planen, in Köln beispielweise ist das am Mittwoch für die Autohändler. Da dürfen Sie dann auch bis acht Uhr durchklatschen, aber nicht in den Herbstferien. Da wird das auf Donnerstag verlegt, und am Mittwoch sind die Lehrer dran. Weil die halt zu Hause sind, wir rechnen ja damit, dass in den Herbstferien in der zweiten Welle eh keiner mehr verreist.

Das Problem ist, hier melden sich alle paar Tage Blindgänger. Die verwechseln uns immer mit einer Beschwerdestelle, weil das anscheinend so ist in Deutschland: wenn einer für die Planung zuständig ist, erwartet man auch immer gleich, dass er dafür sorgt, dass der ganze Kram auch klappt. Also ich bin seit dreißig Jahren hier, das wüsste ich dann. Wie gesagt, Blindgänger – neulich hatten wir hier einen Intensivpfleger, der hat sich beschwert wegen der Schokolade. Wir haben es extra so eingerichtet, dass Spahn die nicht selbst übergibt, aber manche müssen anscheinend immer ein Haar in der Suppe finden. Ich möchte es mal so ausdrücken: in der Position sollte man vielleicht dankbarer sein, dass man sich bei überschaubarem Gehalt ausgewogen ernähren kann. Schokolade zählt jedenfalls nicht zu den Lebensmitteln, die man übermäßig zuführen sollte. Aber was verlangt man schon von einem Intensivpfleger.

Montags ab halb zehn können Sie hier, das ist der grüne Bereich mit Sternchen, das ist für den Einzelhandel. Die sind ja immer froh, wenn sie die Kunden zufrieden stellen können, deshalb reicht bei denen überschaubarer Applaus, ab und zu mal ein Pfandbon zum Selbsteinlösen, das wär’s dann aber auch. Nein, ich sehe gerade, das Sternchen ist erst ab 10:00 Uhr. Ist auch irgendwie logisch, so viel muss man da auch nicht klatschen. Das soll ein sehr begehrter Beruf sein, teilweise sind die Leute schon zufrieden, wenn sie da geringfügig beschäftigt sein dürfen. Da muss man der intrinsischen Motivation auch mal ihren Lauf lassen, sonst verwandelt sich das in eine Art emotionales Grundeinkommen. Wenn Sie jeden Tag gelobt werden, dass Sie noch zur Arbeit erscheinen, dann verliert das irgendwann seinen Reiz und Sie kündigen innerlich. Für den Arbeitsmarkt kann das negative Folgen haben, aber die Konsequenzen für die Rendite sind noch viel schlimmer. Das kann doch keiner wollen.

Wir haben hier noch jede Menge Berufe, mit denen Sie sich auseinandersetzen können, immer dann, wenn Sie mal ’ne Ecke Zeit haben, alles gut lesbar aufgelistet. Teilweise haben wir regionale Unterschiede, hier sehen Sie zum Beispiel die Zellstoffindustrie – einer muss das Toilettenpapier ja herstellen, das Sie da so fleißig wegbunkern. Da können Sie freitags gerne klatschen, das ist hellblau mit Schraffur, oder ist das mit Seitenbalken? Naja, Sie können sich das selbst mal abgucken, ich muss mich jetzt wieder um die Koordination der einzelnen Berufsgruppen in den Zulieferbetrieben der Automobilindustrie kümmern. Das macht sich ja nicht von alleine. Wie jetzt, Krankenschwestern? und auch noch im öffentlichen Dienst? Wieso soll man denn da klatschen? Haben die sich ihren Job nicht selbst ausgesucht?“





Schwester Tupfer

20 04 2020

„Also die Lage ist hoffnungslos, aber dafür auch echt beschissen. Und Sie wissen ja, wie das ist: wenn der Deutsche in der Tinte sitzt, wählt er die, die ihm das eingebrockt haben. Denn sehen Sie mal, die, die ihm das eingebrockt haben, die sollen doch auch in der Verantwortung bleiben, das zu beseitigen, oder nicht?

Deshalb hat das Bundesgesundheitsministerium jetzt auch beschlossen, eine gute konservative Idee wieder aus dem Keller zu holen: den Zivildienst. Es ist noch gar nicht lange her, da hatten wir jede Menge junger, engagierter Männer in den Kliniken, die jeden Dreck weggeputzt haben, weil wir sie sonst zum Bund geschickt hätten. Das ist eine argumentative Basis, die Sie nur mit Lohnzahlung gar nicht haben, und in der Zwischenzeit haben die Leute sich sowieso dank der Hartz-Gesetze daran gewöhnt, dass man alles grundlos sanktioniert, was einem nicht in den Kram passt. Vorausgesetzt, Sie sind auf der Arbeitgeberseite.

Und wenn Sie sich die aktuelle Situation in der Pflege anschauen, dann ist da dasselbe. Noch sind wir nicht am Limit, das heißt: noch steht der Feind nicht an der Grenze und fragt, ob er uns eventuell platt machen dürfte, aber das kann sich jederzeit ändern. Da brauchen wir einen Nachschub. Und da die jetzige Schülergeneration auch nicht weiß, ob sie nach dem Abschluss irgendeine Lehrstelle oder einen Studienplatz kriegt, können wir die jungen Leute erst mal für ein Jahr aus dem Verkehr ziehen. Inzwischen ist die Gleichstellung überall in der Gesellschaft angekommen, auch in der Bundeswehr und erst recht in der Pflege, und deshalb kann man jetzt mit vielen jungen weiblichen Menschinnen, also auf Deutsch: Schwester Tupfer ist auch dabei.

Sie können das gerne direkt mit der Wehrpflicht vergleichen. Das waren ja in dem Sinne so richtig keine Streitkräfte, das waren Soldaten, die den Feind an der Grenze so lange beschäftigen sollten, bis richtiges Militär eintraf. Für richtige Aufgaben, die eine richtige Ausbildung erforderten, da gab es dann auch richtiges Militär. Wenn zum Beispiel ein Starfighter auf den Acker musste, das übernahm der richtige Soldat. Die Wehrpflichtigen wurden nur da eingesetzt, wo sie eine gewisse unterstützende Tätigkeit für die Volkswirtschaft ausüben konnten. Wenn es mal Manöverschäden gab, für die dann die Ausgleichszahlungen an Landwirte ausgeschüttet wurden, die sowieso gerade eine neue Zugmaschine bestellt hatten, die mussten dann ja von irgendwem hergestellt werden. Die Schäden natürlich. Und so war allen gedient, der Traktorfabrik, dem Soldaten und der deutschen Landwirtschaft. Und jetzt sehen Sie sich mal ein Krankenhaus an vor zwanzig oder dreißig Jahren, da wurde ganz ähnlich gearbeitet. Also nicht so sehr auf Verschleiß – die Patienten fielen zwar auch an, aber nachbestellen konnte man die ja nicht direkt. Das ging halt nur bei den Zivis, und da haben wir jetzt ja wieder ordentlich viel Humankapital zum sinnlosen Verschleudern, wie man das aus der Marktwirtschaft so kennt.

Sie müssen jetzt nicht denken, dass es uns um die Rettung von Menschenleben geht, das ist in den Klinken nicht vorgesehen, jedenfalls nicht als das vorrangige Geschäftsziel. Zur Sicherung unserer Rendite reichen genügend Fallpauschalen und nicht zu hohe Personalkosten schon aus. So kann man experimentell Geschäfte, Schulen oder Restaurants wieder öffnen, je nachdem, wie viel nachwachsende Ressourcen sich im Dienst infizieren, und dann schauen wir mal, wie wir diese Situation überleben. Also wir im Sinne von: wir, weil auf die kommt es ja nicht so an.

Wenn wir Glück haben, bleibt ja einer von den Zivis bei uns hängen. Nicht in der Pflege, das ist vom Personalschlüssel gar nicht gut, wenn da auf einmal zu viele Leute im Schichtplan herumturnen, da müsste man am Ende die älteren Kräfte noch entlassen, damit man Platz für die jüngeren hat, aber wenn wir den einen oder anderen mit schweren Komplikationen noch als beatmungspflichtigen Fall auf der Intensivstation hätten, das wäre schon sehr cool. Die kennen sich ja bestens aus im Klinikum, sobald die wieder auf den Beinen sind, können sie sich selbst versorgen, dann haben wir wieder ein bisschen mehr Luft. Vielleicht machen wir für die auch eine eigene Station auf, dann können die ein bisschen aneinander herumdoktern, der eine oder andere möchte danach Medizin studieren, das ist doch mal eine Perspektive. Ich meine, zivilen Ungehorsam haben wir doch in der Geschichte oft genug gehabt, warum versuchen wir es nicht mal mit zivilem Gehorsam?

Und Sie müssen sich überlegen, die meisten, die jetzt noch zur Bundeswehr gehen, die wollen das richtige Abenteuer. Der ganze Laden ist voll im Eimer, Sie können froh sein, wenn Ihnen da nicht das Kasernendach überm Kopf zusammenbricht – aber wenn Sie so richtig Action haben wollen, dann machen Sie ein Jahr lang Pflege. Was wir bieten, dagegen ist die Fremdenlegion doch mittlerweile eine Freizeitveranstaltung. Und es spart natürlich doppelt, weil wir mit weniger Militär auch sehr viel geringere Wehrausgaben haben. Wenn dadurch unsere Rüstungskonzerne die übliche Produktion in Krisengebiete verschachern kann, dann haben wir als Exportnation an der Sache sogar noch etwas verdient. Da stellt sich doch für den Standort Deutschland die Frage: müssen wir eigentlich immer so lange warten, bis die Chinesen fertig sind mit einem Virus? Oder kriegen wir das nicht auch alleine hin?“





Liquidatoren

13 04 2020

„Klatschen reicht doch?“ „Eben, das sind nicht mal Ärzte.“ „Und keine von denen wählt uns.“ „Wieso nicht?“ „Seit wann sind denn Krankenschwestern Beamte?“

„Jedenfalls müssen wir jetzt etwas gegen das Personal…“ „Sie haben die Vorlage nicht gelesen.“ „Wieso, hier steht doch…“ „Personalmangel. Wir sollen etwas gegen den Personalmangel tun.“ „Ist das nicht der Job vom Gesundheitsminister?“ „Wir sind für Arbeit zuständig.“ „Und für Soziales.“ „In dieser Angelegenheit nur für Arbeit.“ „Das trifft sich gut, Soziales kann der Heil ja erst recht nicht.“

„Wir können nicht warten, bis Spahn Pfleger aus Ostasien geholt hat.“ „Außerdem kriegt man die momentan eh nicht über die Grenze.“ „Weil die aus Asien kommen?“ „Ich glaube, Spargel geht erst mal vor.“ „Ach so.“ „Ausbilden ist ja auch nichts.“ „Das dauert ewig.“ „Die Krise aber möglicherweise auch.“ „Und dann ist Corona irgendwann plötzlich vorbei, und wir wissen nicht, was wir mit dem ganzen Pflegepersonal anfangen sollen.“ „Die beantragen dann doch bloß Sozialleistungen.“ „Das kommt uns teuer zu stehen!“ „Sie sehen, das ist der vollkommen falsche Ansatz.“ „Allerdings!“ „Also woher nehmen und nicht stehlen?“ „Wie es die Vorlage vorsieht: längere Arbeitszeiten.“

„Und das hilft jetzt gegen höhere Ausfallquoten wegen der Infektionen?“ „Weil wir dann ja auch proportional mehr Schutzvorrichtungen haben.“ „Wieso mehr Schutz, ich dachte…“ „Proportional, meine ich. Normalerweise muss so ein Mundschutz acht Stunden halten.“ „Vorgesehen war er aber für zwei Stunden.“ „Und dann auch nur, wenn keine neuen Patienten kommen.“ „Wir haben aber keinen neuen.“ „Spahn hatte aber doch welchen bestellt?“ „Darum gibt es ja auch keinen.“ „Verstehe.“ „Und jetzt verlängern wir die Schicht auf zwölf Stunden, dann haben wir proportional mehr Arbeitszeit.“ „Das ist ja deshalb schon betriebswirtschaftlich ratsam, weil die Pfleger dann nicht mehr so oft putzen müssen.“ „Wieso das denn nicht?“ „Bisher haben wir die Pfleger einmal nach der Schicht die Station säubern lassen.“ „Macht das nicht das Reinigungspersonal?“ „Dafür gibt man doch heute kein Geld mehr aus.“ „Und so ein Pfleger kennt die Ecken.“ „Wenn schon putzen, dann doch bitte auch kompetent.“ „Wir reden hier von einer Klinik und nicht von einem Ministerbüro!“ „Ja, ich habe es kapiert!“ „Und das geht ja jetzt alles nicht mehr so von der Arbeitszeit ab.“ „Das heißt aber auch, es wird ein Drittel der Raumpflege nicht mehr…“ „Ja, wir sparen ein Drittel ein.“ „Wir werden ja sehen, ob wir dann auch ein Drittel mehr Tote haben.“ „Und wenn nicht, können wir das den Aktionären als Sparmaßnahme verkaufen.“ „Mehr Netto vom Brutto!“ „Super!“

„Gut, das heißt jetzt allerdings auch, dass wir mehr Infektionen beim Pflegepersonal riskieren.“ „Es wurde doch gerade gesagt, die Sterblichkeit sei geringer als angenommen?“ „Außerdem muss auch nicht jeder gleich tot umfallen.“ „Aber dann haben wir wieder mehr Ausfallquoten.“ „Wenn wir gerade die Arbeitnehmerrechte etwas updaten, wir könnten auch gleich für mehr offene Stellen in der Branche sorgen.“ „Das ist attraktiv für Neueinsteiger.“ „Und es werden mehr eingestellt.“ „Wie das denn?“ „Die Lockerung des Kündigungsschutzes ist nun mal ein hervorragendes Instrument für Arbeitgeber, neue Jobs zu schaffen.“ „Sehr richtig!“ „Wer würde denn die vielen neuen Pfleger in der Krise einstellen, wenn er sie nicht hinterher sofort wieder vor die Tür setzen könnte?“ „Man muss ja auch langfristig denken.“ „Und Personalkosten sind schließlich der entscheidende Faktor für eine vernünftige Rendite im Gesundheitssektor.“

„Wobei auch die geringere Ruhezeit eine sehr schädliche Wirkung auf das Immunsystem ausübt.“ „Also wieder mehr Infektionen.“ „Das ist gut, da es die Empathie mit den Erkrankten fördert.“ „Ich sehe da gewisse Synergieeffekte.“ „Aber es bleibt letztlich die Frage, ob eine verlängerte Schicht nicht zu mehr Fehlern in der Behandlung führt.“ „Das hatte ich auch schon erwogen.“ „Bitte!?“ „Je mehr Patienten versterben, desto schneller werden die beatmeten Plätze auf der Intensivstation wieder frei.“ „Das bedeutet mehr freie Betten.“ „Also alles, was der Gesundheitsminister wollte.“ „Und nicht wusste, wie er das nach dem Bettenabbau wieder auf die Reihe kriegen soll.“ „Und natürlich durch mehr Patienten mehr Fallpauschalen.“ „Also mehr Geld für die Aktionäre.“ „Hervorragend!“ „Damit dürfte unsere Wiederwahl gesichert sein!“ „So weit würde ich noch nicht gehen.“ „Aber auf jeden Fall die Rendite.“ „Da dürften Sie eher recht haben.“

„Das heißt virologisch, dass wir damit auch früher den gewünschten Durchseuchungsgrad für die Herdenimmunität erreicht haben.“ „Ja, das ist ein angenehmer Nebeneffekt.“ „Und wir haben die größten Schwierigkeiten auf dem Arbeits- und auf dem Wohnungsmarkt behoben.“ „Sehr gut!“ „Da wäre jetzt allerdings noch das Problem, dass sich die Pfleger krankschreiben lassen, wenn sie krank sind.“ „Daher der gelockerte Kündigungsschutz als flankierende Maßnahme.“ „Damit die Pfleger…“ „… nicht versehentlich Patienten anstecken.“ „Aber dann bräuchten wir ihnen doch nicht zu kündigen?“ „Es geht um die Fahrlässigkeit.“ „Wenn das mit Absicht okay ist, dann sind wir ja wieder in der Gewinnzone.“ „Großartig!“ „Ich hoffe, dass das Pflegepersonal das auch mitmacht.“ „Aber sicher.“ „Als Helden der Krise!“ „Die werden sich darum reißen, für das Volk da zu sein.“ „Bis zuletzt!“ „Na, etwas gruselig hört sich das ja schon an. Fast so wie die Liquidatoren, die man damals in Tschernobyl in die verstrahlte Scheiße geschickt hat, damit sie die Gefahr beseitigen und dann dabei draufgehen.“ „Das ist die richtige Einstellung!“ „Hurra!“ „Ich wusste es, die brauchen wir!“ „Ja, für später.“ „Wie meinen Sie das denn?“ „Die können doch mit der SPD gleich weitermachen, oder?“





Gewachsene Völkerfreundschaft

14 03 2019

„Na, jetzt wollen wir das mal nicht dramatischer sehen, als es ist. Natürlich gibt es in der Pflege viel Schwarzarbeit. Aber die gibt es im Handwerk auch, und Steuern werden auch ständig hinterzogen von Großkonzernen und Milliardären. Und, sind wir alle schon gestorben deswegen?

Auf der anderen Seite ist es doch ein schönes Zeichen von Solidarität, wenn man Pflege zum kleinen Preis bekommt, oder? In einer Gesellschaft, in der alle nur noch ans Geld denken, können wir uns doch glücklich schätzen, wenn solche Bereiche vom Gewinnstreben verschont bleiben, nicht wahr? Sehen Sie, man muss das Positive im Leben entdecken, dann können wir uns auch entwickeln und diese Gesellschaft positiv beeinflussen. Das ist doch großartig, dass wir alle zusammen diese Möglichkeit finden können, meinen Sie nicht auch?

Wir müssen alle mehr miteinander machen, da haben Sie ganz recht. Vor allem mehr mit diesen polnischen Pflegekräften. Die können ja zu einem Preis arbeiten, dafür kriegen Sie keine deutsche Hilfskraft, von den Fachkräften ganz zu schweigen. Das ist aber andererseits auch gut für den Markt, denn Sie wissen ja, Konkurrenz belebt das Geschäft und die Preise bleiben annehmbar. Man muss nur aufpassen, dass die sich nicht gegenseitig die Arbeit wegnehmen, aber da können wir Deutschen ja ein wachsames Auge drauf haben, nicht wahr? Die unsichtbare Hand, so funktioniert unsere soziale Marktwirtschaft. Damit haben wir doch noch alles geregelt bekommen, was?

Als Arbeitgeber haben Sie da natürlich auch Rechte, das ist ja klar. Stellen Sie sich mal vor, jetzt kommen die ganzen Türken auf den Markt, das war bei den Gastarbeitern damals ähnlich, und nehmen den Polen die Jobs weg. Damit der Arbeitsmarkt funktionsfähig bleibt, braucht er auch Lenkung, und da ist es gut, wenn Sie das direkt mit übernehmen. Sie haben das Angebot, da können Sie die Nachfrage auch direkt regeln. Das dient letztlich auch der Qualitätskontrolle. Außerdem leben ja viele Ausländer schon so lange in Deutschland, die gehen ja fast automatisch zum Arbeitsamt, wenn sie einen Job haben, und melden sich da ab. Das kann man natürlich als sozial verantwortlich handelnder Arbeitgeber nicht unterstützen, das werden Sie doch sicher verstehen.

Außerdem wissen wir doch die Arbeit unserer polnischen Freunde zu schätzen. Die sind ehrlich und treu, die klauen nicht, höchstens Autos, aber Sie werden ja ihres vorher verkaufen, sonst können Sie sich ordentliche Pflege sowieso nicht leisten. Vom Schonvermögen müssen wir erst gar nicht reden, nicht wahr? Also finanziell ist das eine prima Sache. Und wenn Sie jetzt auch noch so eine gut qualifizierte Kraft bekommen, die ist vielleicht im früheren Leben Lehrerin gewesen oder Ärztin, das ist eine Win-Win-Situation. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt nützt uns die polnische Lehrerin ja nicht, da können wir sie auch für wichtigere Aufgaben benutzen, nicht wahr?

Natürlich muss man auch gemeinsam dafür Sorge tragen, dass diese Situation nicht plötzlich kippt. Stellen Sie sich mal vor, der Zoll kontrolliert jetzt flächendeckend die Haushalte und spürt die polnischen Hilfskräfte auf. Das wäre in der Tat katastrophal. Stellen Sie sich mal vor, was das für diese gewachsene Völkerfreundschaft bedeuten würde. Wir deutschen würden doch sofort wieder als Nazis dastehen, als die bösen Bürokraten, die sich nicht für den Menschen interessieren, sondern nur für seine Papiere. Kein Wunder, wenn dann alle wieder auf die EU schimpfen, die die Menschen mit Verwaltungskram überzieht und Jobs verhindert.

Außerdem sorgt das ja auch für ein gutes Verhältnis zur Nachbarschaft, nicht nur unter den Völkern. Wenn Sie hier mal eine gute Pflegekraft aus Polen haben, das spricht sich doch herum, gerade in ländlich geprägten Strukturen. Da können Sie immer auf erhöhte Nachfrage hoffen, und am besten ist ja, keiner verpfeift Sie. Wenn da mal jemand gebraucht wird, können Sie Ihre Pflegehilfe einfach mal zum Probearbeiten rüberschicken, das ist ordentlich Reklame, und letztlich entsteht so in der Gesellschaft auch wieder ein Zusammenhalt, den wir uns angesichts dieser politisch doch sehr strapazierten Bedingungen eigentlich nur wünschen können, nicht wahr?

Wir gehen hier von einem riesigen Markt aus, das sind vermutlich zweihunderttausend Haushalte, also ein lukratives Geschäft, und das kann man ja auch erst mal regional aufziehen. Wenn Sie da Ihre polnischen Partner entsprechend vermarkten, dann könnte das sogar Arbeitsplätze für deutsche Fachkräfte bedeuten. Gerade jetzt, wo wir auch nicht mehr auf Waffenexporte als Mittel deutscher Wirtschaftspolitik setzen können, müssen wir uns für die internationalen Verbindungen langsam neue Wege überlegen, denn irgendwann kommt wieder die Rezession, und dann haben wir ein gewaltiges Problem. Da ist es doch ein Segen, dass wir immer schon Sozialministerinnen mit dieser Weisheit hatten, die uns klargemacht haben, was wirklich Phase ist und was unser Land retten kann vor dem ganz großen Absturz: Pflege kann doch echt jeder Volltrottel. Ist das nicht toll?“





Pflegestufe Null

24 09 2018

„Gratuliere, Sie haben den Job! Wobei – ein paar Sachen müssten wir doch noch besprechen. Das soll hier ja auch reibungslos funktionieren, deshalb muss das eine oder andere Zugeständnis von Ihrer Seite schon sein, damit wir Sie erfolgreich einsetzen können.

Also das mit den vier Stunden Mehrarbeit, das ist so nicht ganz richtig, das stimmt. Da hat sich der Minister mal wieder versprochen. Oder er hatte wieder keine Ahnung. Oder aus irgendeinem anderen Grund, ich weiß auch nicht, warum man so einen Schrott erzählt. Die Mehrarbeit muss man nämlich anordnen, und das machen Sie mal in einer Klinik, in der ein Tarifvertrag gilt. Außerdem muss das alles hinterher natürlich wieder durch Freizeit ausgeglichen werden, und die Folge ist, dass nach drei Monaten alles wieder beim Alten ist und der Effekt schlicht verpufft. Gut, das beschreibt die Arbeit des Ministers einigermaßen erschöpfend, aber wir machen das besser. Bei uns dürfen Sie gern ein bisschen mehr arbeiten, aber wir nennen das dann nicht Mehrarbeit. Wir nennen das so, wie man es nennen darf: Überstunden.

Alles arbeitsrechtlich abgesichert, wir verstoßen gegen kein Gesetz, Sie machen einfach ihre drei bis sieben oder zehn, ich weiß nicht, wie viele Sie hier in der Woche schaffen, auf jeden Fall sind die mit dem dann Lohn auch abgegolten. Da müssen Sie sich keine Sorgen machen, egal, wie viel Sie im Endeffekt arbeiten, Sie haben Lohngarantie. Die Summe bleibt nämlich garantiert immer dieselbe. Sie dürfen das auch als ein Zeichen unseren Entgegenkommens betrachten, damit machen wir Ihre Zukunft auch ein Stück weit planbar.

Das heißt natürlich nicht, dass Sie oder die anderen Kollegen auf der Station pünktlich in den Feierabend gehen können, wie es Ihnen gerade passt. Ein gewisses Engagement erwarten wir schon von Ihnen, gerade als neue Arbeitnehmerin in der Probezeit, und Sie wollen ja auch nicht gleich das Team als Aufwieglerin betreten, oder? Wir erwarten eine gewisse Anpassung an die Gegebenheiten, wenn Sie verstehen, was ich meine. Die eine oder andere Stellekürzung müssen wir ins Auge fassen, das ist leider trotz Pflegeschlüssel nicht anders zu bewerkstelligen, aber zum Glück scheidet die eine oder andere Kollegin ja zwischendurch auch aus. Burnout, Rücken, Suizid, vielleicht heiratet ja die eine oder andere auch mal den Chefarzt, wer weiß das schon, aber wir können uns eben nicht auf diese Entwicklungen verlassen und müssen proaktiv die Entscheidung suchen. Wenn wir mehr Stellen kürzen, dann haben wir natürlich auch die Chance auf bessere Rücklagen, falls es der Pflege mal richtig schlecht gehen sollte. Börsentechnisch etwa.

Wir könnten uns aber auch vorstellen, Sie mit einem neuen Arbeitsplatzmodell an unser Haus zu binden. Viele Pflegekräfte machen nach Feierabend zu Hause gleich weiter, ein sehr gutes Zeichen für professionelles Engagement, und das ist für uns der Ansatzpunkt. Überall reden sie von Homeoffice, die Nahles hat das ja jahrelang gefordert, mal sehen, vielleicht hockt sie ja selbst bald wieder zu Hause, aber jedenfalls ist das eine großartige Idee. Wenn Sie sich etwas Arbeit mit nach Hause nehmen und die Dokumentation am Küchentisch erledigen, dann ist allen geholfen. Sie müssen Ihre Überstunden nicht im Betrieb verbringen, die Kollegen sind damit auch ein Stück weit entlastet, und wir können gleich viel besser planen.

Wenn es gut läuft, könnten Sie beispielweise auch den einen oder anderen Patienten bei sich auf der Couch ein bisschen betreuen. Sie kommen nicht mit dem Auto? Na, dann haben Sie jeden Abend eine lustige Fahrt mit der S-Bahn. Omi Möller, die ist etwas tüdelig, aber wenn Sie ihr mit dem Gehwagen ein bisschen helfen, dann schafft sie den Weg bis zu Ihnen nach Hause sicher. Und wenn die Fahrt dann halt länger dauert, ist doch prima – das können Sie dann zur Hälfte auf Ihre Stunden anrechnen.

Wir könnten uns beispielsweise auch vorstellen, Sie in Vollzeit zu beschäftigen. Wollen Sie nicht, weiß ich doch, Sie hatten sich auch extra in Teilzeit beworben. Verstehe ich, mit zwei kleinen Kindern ist das schon mal hart, und wenn es das Angebot gibt, warum nicht. Aber ich würde es halt gerne sehen, wenn wir einen Teil der Teilzeitkräfte wieder an Vollzeitarbeit gewöhnen könnten. Das macht hier im Betrieb natürlich auch ein sehr viel besseres Standing, wenn doch mal wieder der Stellenabbau droht, denn Sie wissen ja, wo man ehesten sparen kann, da spart man auch.

Dann könnten wir natürlich auch die Gehälter mal kritisch überdenken. Also nicht meins, ich bin ja nicht davon betroffen, aber vielleicht haben Sie ja eine Lösung? Ein bisschen Gemeinsinn haben sicher noch niemandem geschadet, aber wenn Sie auf einen gewissen Prozentsatz von Ihrem Lohn verzichten würden, beispielsweise bei einer der nicht erfolgenden Beförderungen, dann könnten wir auch ganz anders kalkulieren. Davon könnten wir neue Kolleginnen einstellen, die dann wiederum durch Lohnverzicht neue Kolleginnen, die dann auch auf einen Teil vom… – Wird jetzt klar, worauf ich hinauswill?

Also Sie könnten dann morgen anfangen? Das ist gut. Ihr Vorgängerin ist heute krank geworden, und das in der Probezeit. Wir geben hier jedem eine Chance, und wenn Sie Ihre ab morgen wahrnehmen wollen, um die Pflege in Deutschland ein bisschen stärker zu machen – nur zu!“