Der große Flauschangriff

10 05 2012

„… sei das Wahlergebnis für die SPD ein enormer Erfolg gewesen. Man habe zwar die Marke von 40 Prozent um mehr als ein Viertel unterboten, sei nicht stärkste Kraft geworden und könne mit der gewünschten Koalition nicht regieren, dennoch sei dies als wichtiger Fortschritt zu…“

„… wolle sich die Partei nun jünger und dynamischer geben, um das Durchschnittsalter der Parteimitglieder auf 55 Jahre zu senken. Langfristig rechne man sogar damit, nicht nur den Verlust von Wählerstimmen abbremsen zu können, sondern auch neue Wählerschichten in die…“

„… könne man durch mehr Bürgernähe und mehr Transparenz einen besseren Stand bei den Wählern erreichen. Olaf Scholz schlug vor, die Postanschrift der Landesgeschäftsstellen jeweils in Fettschrift oder in Rot im Internet zu…“

„… sei es laut Steinmeier nicht das Problem, dass die Wähler mit den Sozialdemokraten keine Wertvorstellungen mehr verbinden könnten. Das große Problem sei es mittlerweile, dass die Wähler mit der SPD sehr wohl Wertvorstellungen verbänden und diese keinesfalls als…“

„… sich mit vielen Forderungen aus der Wählerschaft auseinanderzusetzen verspreche. Hubertus Heil kündigte an, die Sozialdemokraten würden sich vermehrt mit den Belangen der Bürger beschäftigen. Im Augenblick sei dies jedoch nicht möglich, da das E-Mail-Fach der Partei noch mit Sendungen aus dem Jahr 2010…“

„… der Einführung einer Sozialsprechstunde aufgeschlossen gegenüber. Schwesig unterstützte die bürgernahe Aktion, mit der die SPD…“

„… müsse man auch von den Piraten lernen. Wowereit kündigte an, man wolle vorwiegend im Internet Lösungen für die drängenden Fragen der demokratischen Gesellschaft finden. Bisher sei es ihm aber noch nicht gelungen, sie in eine Suchmaschine zu…“

„… habe Nahles vorgeschlagen, in Nordrhein-Westfalen gezielt Nichtwähler anzusprechen, um sie für die Sozialdemokraten zu gewinnen. Am besten könne man dies beim Verlassen der Wahllokale nach der anstehenden…“

„… die Sozialdemokratie wieder ins Bewusstsein der jüngeren Generation zu bringen. Wowereit habe als erster das Konzept eines großen Flauschangriffs zur Sprache gebracht, um mit den Mitteln der politischen Mitbewerber strategische Vorteile für einen bundesweiten…“

„… müsse die Partei insgesamt empathischer wirken. Gabriel nutzte die Gelegenheit, um vor der Bundespressekonferenz über einen grippalen Infekt zu berichten, der ihn seit drei Tagen…“

„… sehr transparent zu gestalten. Allerdings habe es kein Interesse gegeben, dass Nahles ihr Frühstück mit Instagram fotografiert und über Twitter in das…“

„… wolle man zwar auch die Kernwähler der Arbeitsgemeinschaft SPD 60 plus berücksichtigen, müsse aber erst in einer internen Arbeitsgruppe klären, wie man den Begriff ‚Flausch‘ in den parteipolitischen Diskurs…“

„… die Idee eines Sozialdemokraten-Stammtisches generell begrüßenswert. Um Bürokratie abzubauen wolle man diesen jedoch auf die Landesverbände beschränken und zu den einmal pro Quartal abgehaltenen Veranstaltungen nur Deligierte der Ortsgruppen…“

„… sei eine Änderung der Hartz-Gesetze derzeit kontraproduktiv. Man habe die Sozialsprechstunde schließlich nicht eingerichtet, wenn man den Bedarf an ihr gleich wieder…“

„… einer eigenen Facebook-Party generell aufgeschlossen gegenüberstünden. Aus Gründen der besseren Planbarkeit schlug Schily vor, nur mit einem polizeilichen Führungszeugnis eine Einladung zu…“

„… bei der Abfassung der Agenda 2030 zur Regulierung der Leiharbeit und zum Abbau des Sozialstaates, zur Finanzierung moderner Überwachungsmaßnahmen und zur Absenkung der Spitzensteuersätze auch auf Liquid Feedback zu setzen. Das Urteil der Bevölkerung sei zwar nicht bindend, im Zuge einer umfangreicher werdenden Diskussion um soziale Unruhen wolle man aber…“

„… eine Sonderrolle hinsichtlich der Haltung gegenüber dem bedingungslosen Grundeinkommen spiele. Man sei sich der Herausforderung der Gesellschaft im Zeitalter der schwindenden Erwerbsarbeit durchaus bewusst und wolle sich mit einem eigenen Modell durchsetzen, einem Grundeinkommen, das unter der Bedingung von Erwerbsarbeit gezahlt werde und in Höhe des…“

„… wolle man das Procedere vereinfachen. Die Einladungen zur Facebook-Party seien nun nicht nur per Post, sondern auch via kostenpflichtigem Faxabruf zu bestellen. Allerdings setze das Formblatt weiterhin voraus, dass eine durch Postident-Verfahren…“

„… für starkes Befremden, dass Kurt Beck im rheinland-pfälzischen Landtag als Rapper auftrete. Offenbar habe er die Rolle des Beauftragten für Popdiskurs der SPD völlig falsch…“

„… bisher noch uneins. Duisburg stehe jedoch als Veranstaltungsort der Facebook-Party nicht zur Verfügung, da…“

„… eine eigenwillige Vorstellung. Gabriel habe im orangefarbenen Pullover mit schwarzer Bandana auf der LAN-Party verkündet, er wolle sich da jetzt mal so voll easy reinsozialisieren und seine Vibes auf Transparenz schalten. Augenzeugenberichten zufolge hätten die Gäste bereits mit spontanem Brechreiz gekämpft, als der SPD-Vorsitzende sich für Abschaffung von…“

„… die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens allerdings auch nicht generell anzulehnen. Die SPD wolle es jedoch vorerst nur in Form von Diäten, Boni und…“

„… habe sich Steinmeier dafür entschieden, das im Internet geplante Fest aus Organisationsgründen gleich mit dem nächsten Bundesparteitag zusammen zu…“

„… sich auch ein klares Profil zu geben. So habe Steinbrück einigen Vorschlägen von der Basis eine harsche Absage erteilt. Der Ex-Finanzminister teilte mit, er werde auf keinen Fall Steuern senken, sozialdemokratische Politik betrieben oder dem…“





Kielgeholt

7 05 2012

„Und sonst so?“ „Och, muss ja.“ „Bleibt dabei?“ „Amtliches Endergebnis ist schon durch?“ „Weiß nicht. Aber soll wohl.“ „Dann können wir doch.“ „Könnten wir eigentlich.“ „Große Koalition?“ „Kann man machen.“ „Na denn.“

„Aber mal wirklich, wir sollten das hier doch auf die Reihe kriegen.“ „Finde ich aber auch.“ „Wir sind schließlich vernünftige Politiker.“ „Ganz meine Meinung. Und unabhängig.“ „Von Berlin.“ „Und von den Wählern.“ „Ja, erst recht von denen.“ „So weit kommt’s ja noch!“ „Kommt’s ja gar nicht, da passen wir schon auf.“ „Meine ich aber auch.“ „Lassen Sie uns das hier mal gemütlich alleine durchziehen.“ „Also zu zweit.“ „Gemeinsam.“ „Eben.“ „Da können wir eben alles das machen, was wir schon immer machen wollten.“ „Und wir können alles das nicht machen, was wir schon immer nicht machen wollten.“ „Mein Reden.“ „Ganz meine Meinung.“ „Und das klappt.“ „Diesmal klappt das.“

„Meinen Sie, dass man die Grünen ohne großes Theater wegkriegt?“ „Wenn wir das machen? Klar.“ „Wir können das ja auch.“ „Weiß ich doch.“ „Aber Sie wollen wohl mit denen koalieren?“ „Wenn die mit uns koalieren wollen?“ „Wollen die?“ „Weiß nicht.“ „Die haben doch was gesagt.“ „Ja, aber das sind nun mal die Grünen.“ „Stimmt. Und wenn wir uns ein bisschen am Riemen reißen, dann könnte rein theoretisch ein Koalition mit denen unmöglich sein.“ „Wollen wir das Beste hoffen.“ „Mit etwas Glück reißen alle Stricke.“ „Da sagen Sie was.“

„Hat der Maas eigentlich gerade was vor?“ „Der müsste frei sein.“ „Gut, ich frage nur.“ „Wegen Wowereit?“ „Der wollte ja eh kommen.“ „Dann kann ja nichts mehr schiefgehen.“ „Das wird auf jeden Fall klappen.“ „Und wer führt nun die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen?“ „Na, Sie.“ „Oder Sie. Wir hatten da zwar beide eine Aussage, aber Sie kennen doch die Grünen.“ „Ist auch wieder wahr.“ „Können wir uns die nicht teilen?“ „Wie meinen Sie das? jeder darf einmal mit denen koalieren?“ „Nein, ich dachte: Sie führen die Verhandlungen mit denen, dann bieten wir denen Koalitionsverhandlungen an – und dann lassen wir sie umkippen.“ „Sie verwechseln das schon wieder mit der FDP.“ „Ach was, gar nicht.“ „Aber die Idee ist nicht schlecht. Wir könnten auch mit denen koalieren…“ „Sie meinen: verhandeln.“ „… oder verhandeln, und dann kippen die um, oder wir kippen um, und Sie verhandeln, und dann kippen wir um…“ „Sie verwechseln das doch mit den Liberalen.“

„À propos FDP, muss man die ernst nehmen?“ „War das als rhetorische Frage gedacht oder ist das eher allgemeiner Natur?“ „Eher so auf Schleswig-Holstein bezogen.“ „Dann können Sie das knicken. Kubicki wird sicher noch gebraucht, aber nur in der Geisterbahn.“ „Er wollte doch das mit der Ampel.“ „So oder so. Mit uns oder mit Ihnen.“ „Oder mit Ihnen oder mit uns.“ „Also völlig egal, was und wie, aber Hauptsache Kubicki.“ „Weil er so scharf auf die Grünen ist?“ „Ist er nicht. Die sind doch genau so eine inhaltlose Umfallerpartei, die für jede Mehrheit die Röcke hebt.“ „Also Eifersucht.“ „Er will halt dabei sein.“ „Schade für ihn, dass er keine Mehrheiten mehr beschafft.“ „Und dass keiner von uns die Grünen braucht.“ „Oder will.“ „Und darum ist es ja auch völlig wurst, ob Kubicki nun drinnen ist oder draußen.“

„Könnte sein, dass der Dicke sich querlegt.“ „Gabriel? Was hat denn der noch zu melden?“ „Er hält sich für den nächsten Kanzler.“ „Sein Problem, wenn die Krankenkasse die Pillen nicht zahlt.“ „Jedenfalls ist er strikt gegen große Koalitionen.“ „Er wird noch dankbar sein, überhaupt in einer mitspielen zu dürfen.“ „Als Hofnarr?“ „Höchstens. Er meint ja, Politik müsse Alternativen definieren, sonst könne sie abdanken.“ „Das nenne ich Stil.“ „Durchaus, man kann seinen Suizid kaum eleganter ankündigen.“ „Was will der Trauerkloß eigentlich?“ „Ist wohl ziemlich sauer, dass ihm das mit dem Einheitsprofil nicht selbst eingefallen war.“ „Er will jetzt eben mehr CDU sein als Merkel.“ „Und die will mehr SPD sein als die SPD.“ „Wobei die ja auch nicht mehr weiß, wie sich gegen den rechten Rand abgrenzen soll.“ „Deshalb grenzt sie sich ja auch nur noch gegen den linken ab.“

„Müssen wir diese Piraten jetzt noch in die Rechnung einbeziehen?“ „Wozu, es ist doch alles gesagt.“ „Wegen der Mehrheit.“ „Wir haben doch eine.“ „Aber die Piraten könnten ja sagen, dass sie die zustande gebracht hätten.“ „Das würden die doch nie machen.“ „Wieso denn nicht?“ „Bringt denen doch nichts.“ „Dann könnten wir doch sagen, dass die das gesagt haben.“ „Und das glaubt dann einer?“ „Was erwartet man schon von einer Partei, die ein vernünftiges Regierungsbündnis unmöglich macht.“ „So dass wir einspringen müssen, um eine vernünftiges Regierungsbündnis zu schließen.“ „Eben. Die sind doch nur an Macht interessiert.“ „Sehe ich auch so. Keine Inhalte.“

„Also, dann lassen Sie uns mal kurz sondieren für die Koalitionsverhandlungen: Wir wollen mehr Investitionen in Bildung und Forschung.“ „Wir werden das verhindern. Dafür fordern wir eine neue Verkehrs- und Infrastrukturpolitik.“ „Die Sie leider dank unserer Weigerung nicht bekommen. Und wir wollen den Mittelstand entlasten.“ „Und wir wollen, dass Sie das nicht schaffen.“ „Und wir werden den Mindestlohn – oder wollten Sie?“ „Einer fordert.“ „Und der andere macht nicht mit. Hölzchen?“ „Ach, verloren.“ „Dann fordert Sie mal schön.“ „Nichts überstürzen. Erstmal zur Presse und den Durchbruch verkünden.“ „Und wir gehen erst zu den Grünen.“ „Einverstanden, wir kommen dann morgen nach.“ „Dann haben Sie mich schon informell informiert, dass Sie sich mit mir über die Dinge unterhalten wollen, die wir heute besprochen haben.“ „So machen wir das.“ „Na denn.“





Windstärke zehn

3 05 2012

„Ich lasse das nicht zu! Nur über meine Leiche!“ „Jetzt beruhigen Sie sich doch, das ist nun mal Demokratie.“ „Demokratie, Demokratie – das hat nichts mit Demokratie zu tun, das sind einfach ein paar ungewaschene Arschlöcher, die in der Politik nichts zu suchen haben!“ „Na, na, na!“ „Die werde ich nicht dulden, wenn die sich etwa breitmachen sollten im Bundestag. Die dulde ich nicht! das sind keine Demokraten!“ „Sie meinen: in Ihren Augen sind das keine…“ „Ich werde dieses Dreckspack nichts dulden, diese Schweine wollen doch nur ihre Gegner diffamieren!“

„Möglicherweise haben Sie nur nicht rechtzeitig genug auf die politischen Signale gehört.“ „Signale, Signale – Ihre verdammte Internationale können Sie sich…“ „Sie sind doch Sozialdemokrat?“ „Eben! Und da lasse ich mir meine Errungenschaften hier nicht einfach durch wirre Ideen von irgendwelchen Stalinisten demolieren, klar!?“ „Man hätte doch beizeiten mal ein bisschen sensibler sein können für die Belange der…“ „Das ist es eben, die erwarten von uns immerzu, dass wir uns nach dem Volk richten. Und wer richtet sich dann mal nach uns!?“

„Haben Sie eigentlich schon einmal darüber nachgedacht, dass wir uns selbst schon durch diese neue Politik beeinflussen lassen?“ „Ach was, das ist doch Geschwätz – wer lässt sich denn da von denen beeinflussen?“ „Wir sind doch für die gesittete Debatte…“ „Mit diesem Schmarotzerpack kann man doch gar keine Debatte führen, die wollen doch immer gleich recht haben!“ „… mit einem politischen Mitbewerber immer offen. Wenn Sie sich beispielsweise die Überlegungen zur Bürgerbeteiligung ansehen, dann werden Sie…“ „Gar nichts werde ich, weil ich mir das nicht ansehe! Das ist doch alles radikales Geschwätz, das sind doch vollkommen unhaltbare Positionen!“ „Verzeihung, aber wir haben schon öfters feststellen müssen, dass sich diese Positionen mit dem Grundgesetz vereinbaren ließen.“ „Das wäre ja wohl auch noch schöner. Deutsche Politik ohne das Grundgesetz!“ „Und wir haben auch die eine oder andere Anregung von ihnen annehmen müssen, wohl oder übel.“ „Anregung?“ „Sie haben teilweise einige gute Ideen gehabt.“ „Ach was, Ideen – Politik besteht nicht aus Idee, Politik besteht aus politischen Inhalten! Daraus besteht die, und aus sonst nichts! Merken Sie sich das gefälligst!“ „Das mag ja sein, aber…“ „Nichts aber, Politik ist zu wichtig, als dass man damit irgendwie etwas so politisieren könnte, solche politischen Ideen haben in der Politik nichts zu suchen, klar!?“ „Aber wer bestimmt denn, was die politischen Inhalte sind?“ „Die Politik natürlich.“ „Und die Politiker?“ „Wir als Politiker sind ja nur die Vertreter – in unserer Demokratie, die uns – ich möchte das betonen – weil wir hier eine – ich sage das hier in aller Deutlichkeit, die ich, und das möchte ich…“ „Sie haben also verstanden, dass Sie als Politiker nur das Mandat tragen, das Ihnen vom Wähler verliehen wird?“ „Was hat sich denn der Wähler hier einzumischen? Sind wir hier im Kommunismus!?“

„Es geht Ihnen also nur um die Regierung?“ „Ach Quatsch! das saugen Sie sich aus den Fingern, Sie und Ihre Kampfpresse!“ „Na, dann bin ich ja…“ „Es geht uns um die Macht, ja!? Es geht uns darum, dass wir nicht die Verhältnisse in Deutschland einem Haufen von Chaoten überlassen dürfen! Das ist doch glatter Selbstmord, wenn wir diesen Weltverbesserern mit ihren Gutmenschenideen die Hand reichen würden – das bringt doch die Wirtschaft und deren ganzes Einflussgebiet völlig durcheinander!“

„Könnten Sie sich denn zu Zugeständnissen bereiterklären?“ „Was tut denn der ungewaschene Haufen da für uns!? Lächerlich, Zugeständnisse – sind die denn je einen Schritt auf uns zugegangen?“ „Vielleicht lässt man sie nicht?“ „Dann müssen die sich eben fragen, warum es ihnen als die bessere Alternative scheint, sich aus unserer Politik auszugrenzen. Wir lieben doch alle Menschen.“ „Sie haben ein anderes Verständnis von Demokratie.“ „Was man von Radikalinskis eben so erwarten kann.“ „Sie engagieren sich für Bürgerrechte.“ „Noch so eine Modeerscheinung.“ „Sie sind für Freiheit.“ „Dann soll die sich Arbeit suchen, verdammt noch mal! Was erwarten die denn vom Staat noch alles!?“ „Pardon, aber sind der Staat nicht wir?“ „Jetzt fangen Sie auch schon mit diesen linken Parolen an?“ „Das sind doch keine linken Parolen, das ist das Grundgesetz.“ „Meine Güte, das sage ich doch die ganze Zeit!“

„Zugeständnisse sind für Sie ausgeschlossen?“ „Das kommt gar nicht in die Tüte!“ „Und Sie würden bei einer gerechteren Sozialpolitik, bei einer besseren Regelung des Datenschutzes, bei mehr…“ „Wozu sollen wir diesen Hirngespinsten denn nachgeben? Die wissen doch sowieso nicht, was sie wollen, die haben kein Programm, die haben keine professionellen Politiker, die sind ganz einfach nur störend!“ „Ich meine, Sie würden sich nichts vergeben, in Hinblick auf spätere politische Bündnisse.“ „Haben Sie noch alle Tassen im Schrank? mit diesen Chaoten in eine gemeinsame Regierung?“ „Sie wären sonst langfristig nicht mehr mehrheitsfähig.“ „Das wollen wir dann doch noch mal sehen.“ „Und Sie wären auf lange Sicht auf die Große Koalition abonniert.“ „Das wollen wir dann doch noch mal sehen!“ „Und zwar als Junior.“ „Also das wollen wir dann doch wohl erst noch mal sehen, ja!?“ „Was ist, wenn das andere politische Lager sich offener zeigt und keine Berührungsängste hat?“ „Das glauben Sie doch wohl selbst nicht.“ „Bitte, wenn Sie trotz aller Machtfragen nicht zu eine Koalition zu bewegen sind, dann können es die anderen doch wohl auch, und sei es aus Machtinteresse?“ „Ach was, so ein Quatsch! Die werden wir rausschmeißen, zur Not nämlich alle zusammen. Als gute Demokraten. Jetzt hier in Nordrhein-Westfalen, und dann auch im Bundestag. Von denen werden wir uns nichts bieten lassen, damit das klar ist!“ „Gut, Sie müssen es ja wissen.“ „Sie werden schon sehen: zehn Jahre, dann wird von denen kein Schwein mehr sprechen. Dann haben die sich überholt, dann ist Schluss mit dieser Chaotentruppe. Nehmen Sie mich beim Wort. Zehn Jahre, dann sind diese Grünen Geschichte!“





Kinderspiel

17 04 2012

„… dass in der Presse Berichte über die Piraten mit Fotografien von Playmobilfiguren bebildert worden seien. Für unvorschriftsmäßig beklebte Teile sei keine rechtliche Einwilligung der…“

„… es für Pressefotografen nicht ersichtlich sei, welche Bestandteile von Parteitagen abgelichtet werden dürften. Aus markenrechtlichen Gründen weigerten sich inzwischen die Berichterstatter, die Veranstaltung der Sozialdemokraten zu besichtigen – eine Reihe von Geschmacksmustern zwischen Rot, Lila, Violett, Pink und…“

„… sich der Hersteller des koffeinhaltigen Erfrischungsgetränks nicht negativ über die Partei äußere. Die Berichterstattung sei lediglich Teil der popkulturellen…“

„… monierte Alice Schwarzer, dass das Spielfigurensortiment per se sexistisch sei, da sich keinerlei Piratinnen in der…“

„… sich die SpVgg Greuther Fürth dazu entschlossen, das ehemalige Playmobil-Stadion ab sofort als Troll Arena…“

„… habe RTL II im letzten Moment reagieren können. Stephanie zu Guttenberg wolle in ihrer täglichen Crime-Show zur Warnung unschuldiger Kinder vorführen, wie leicht man sich in den Fallstricken des Urheberrechts strafbar…“

„… nach Auskunft des Familienanwalts noch mit Holzfiguren erzogen worden sein soll. Bis heute lege Brandstätter großen Wert darauf, dass der deutsche Staat nicht durch Plastikköpfe, sondern…“

„… sich die Zuschauer über den Dauereinsatz alberner, steifer Plastikpüppchen beschwerten, deren Standardposen lediglich die sinnlose und an jeder Wirklichkeit vorbeigehende Propaganda der Politikerkaste widerspiegelten. Insbesondere zeigte sich Rösler empört, dass man die FDP mit derart unbarmherzigen Vergleichen zur…“

„… seien die Hersteller von Play-BIG bereit, als offizieller Ausstatter der Piraten-Parteitage die Produktion schnell wieder…“

„… meldete die Polizei in Freiburg im Breisgau, dass das Holbeinpferd mehrmals im FDP-, Grünen- und Pippi-Langstrumpf-Look fotografiert und…“

„… sich die Brandstätter zwar ausgesprochen habe, diskriminierende Inhalte abzulehnen, dennoch die eindeutig klischeebehaftete Figur ‚Neger mit Ohrring‘ aus historischen Gründen weiterhin zu…“

„… auch zu Verwirrungen, als die 8. Klasse der Dem-Ernst-Kuzorra-seine-Frau-ihre-Gesamtschule im Deutschunterricht ein Gedicht von Günter Grass nachgespielt hätten. Das Brandstätter-Management beharrte auf der Auffassung, Inhalte zur politischen Meinungsäußerung seien mit den Figuren gemäß Kaufvertrag nicht…“

„… wolle sich eine Gruppierung deutscher Optiker an die Piraten wenden, ihre Produkte nicht mehr unter der Bezeichnung ‚Nerdbrille‘ zu tragen, da dies eine parteipolitische Implikation ohne finanzielle Gegenleistung…“

„… da die Brandstätter GmbH extremistische Inhalte nicht gestattet habe. Eine Hundertschaft der sächsischen Bereitschaftspolizei habe Adolf (4) und Wigalagundis (3) aus dem Kinderzimmer geholt und ihre individualisierten Spielwaren aus dem…“

„… an der Wand festgenagelt, mit Farbbeuteln beworfen und mit einer Lötlampe in Brand gesetzt worden. Die Strafanzeige des Spielwarenherstellers sei noch am selben Tag erfolgt. Der Beuys-Schüler verteidigte seine dynamische Installation temporäre systemverteidigung (Filz, Fett, schwarzer Kunstlederkoffer und Stützgerüst) mit der Freiheit der…“

„… laut Angaben der Brandstätter GmbH nicht kinderfreie Inhalte rechtlich nicht zulässig seien. Die meisten Spielfigurenverpackungen jedoch seien weder mit Kinderfiguren versehen, noch seien die gängigen Betätigungen (Rassendiskriminierung, Krieg, Wirtschaftspolitik, Tod) der westlichen Zivilisation ohne Einfluss auf minderjährige…“

„… habe eine Erweiterung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgeschlagen, dass der 1. FC Glumpertsbach die Schuhe nur noch in Spielen tragen dürfe, die er siegreich für sich entscheide, da andernfalls eine empfindliche Vertragsstrafe…“

„… werde seitens der Hersteller die eigenmächtige Veränderung von Playmobil-Figuren durch Harald Schmidt nicht deswegen toleriert, weil dessen Rechtsabteilung sich den Umständen entsprechend geäußert habe. Der Produzent betrachte Schmidt als einen der bedeutendsten Kulturträger der abendländischen…“

„… lehne der Figurenproduzent kriegerische und aggressive Inhalte der Darstellung kategorisch ab. Ziercke betonte, aus Umweltschutzgründen könne man die strategischen Planungen der Polizeieinsätze in Stuttgart nicht mehr mit den traditionellen Zinnsoldaten durchführen, sondern müsse auf die…“

„… sei das Video der Kunstaktion bereits vor der documenta ins Internet gestellt worden. Die Brandstätter GmbH strenge derweil ein Verbot an, da das klappernde Geräusch der Kunststoffpüppchen eindeutig eine Verletzung des Urheberrechts…“

„… da Schmidts Fernsehsendungen nicht mit Schwerpunkt auf Kinder gerichtet seien. Im Gegensatz dazu zielten die Piraten vorwiegend auf Nichtwähler, die potenziell minderjährig und bis vor wenigen Jahrzehnten noch Kinder gewesen sein könnten, so dass eine Veröffentlichung der Fotos in Zeitschriften und Zeitungen nur vormittags…“

„… werde Dr. Harry Martin aus Solidarität solange nicht mehr mit Lego spielen, bis die Piraten sich…“

„… forderte Bundesinnenminister Friedrich ein sofortiges Verbot von Killerspielen, wozu auch die in NATO-fremden Uniformen gekleideten Soldaten der Playmobil-Armee und die…“





Aufbauhilfe

3 04 2012

Es dauerte kaum länger als eine Stunde, dann wurde ich aufgerufen. „Wenn Sie bitte noch einen Moment Platz nehmen würden?“ „Ich hatte den Termin um zehn“, ließ ich die Sekretärin wissen, „und wir haben es halb zwölf.“ „Ach was“, wiegelte sie ab, „gegen drei sind Sie wieder raus. Es dauert keine fünf Minuten.“

Oberamtsrat Knörbler spitzte umständlich den Bleistift. „Das muss ja nun seine Ordnung haben“, verkündete er, „haben. Sie wollten dieses Gespräch, weil wir das Schwimmbad in einen Blumengarten umbauen wollen. Wenn ich mir die Frage erlauben darf, was haben Sie gegen Blumengärten?“ „Das ist reichlich suggestiv.“ Er lächelte, spielte ein wenig mit dem Bleistift und zupfte an der Ecke des Fragebogens. „Das ist keine Fragestellung, mit der wir uns der Intention des neuen Baugesetzes nähern werden. Erstens wird der Blumengarten nur zu hohen Eintrittspreisen…“ „Sie haben vergessen“, fiel Knörbler mir ins Wort, „vergessen, dass auch das städtische Schwimmbad ein kostenpflichtiges Vergnügen darstellt – darstellt. Jetzt sagen Sie mir doch, warum ein Blumengarten eine weniger sozial eingerichtete Maßnahme ist? Ist?“ „Da man für den Gang in einen Blumengarten normalerweise keinen Eintritt bezahlt“, wandte ich ein. „ist ein städtisches Schwimmbad nun mal erheblich mehr Leistung fürs Geld.“ „Ich nehme das zur Kenntnis. Kenntnis.“ Er wandte sich wieder dem Bleistiftspitzer zu. „Aber es geht ja in diesem Fall auch weniger um Nutzung oder soziale Verträglichkeit des Blumengartens im Vergleich mit einem städtischen Schwimmbad als vielmehr um die Eingliederung des geplanten Blumengartens ins architektonische Umfeld der Innenstadt. Innenstadt!“

Der Hintergrund war, dass die Stadtverwaltung in vorauseilendem Gehorsam bereits die gesetzliche Regelung umgesetzt hatte, die der Bundesregierung vorschwebte. Jedes Bauverfahren sollte vom Bürger kritisch begleitet werden können. „Das hätten Sie auch ohne Gesetz haben können“, sagte ich mit bissigem Unterton. Knörbler spitzte. „Ich weiß“, antwortete er abwesend, „weiß. Aber jetzt haben Sie wenigstens einen, der sich Ihrer Klagen annimmt, annimmt.“ „Transparenz und Bürgerbeteiligung versprechen Sie uns.“ Knörbler nickte. „Müssen wir. Das Gesetz verpflichtet uns, dass wir die Bürger an sämtlichen Bauvorhaben im öffentlichen Raum freiwillig beteiligen-beteiligen.“ „Eine Verpflichtung zur Freiwilligkeit. Großartig.“ Er schien gekränkt. „Sie müssen das gar nicht so belächelnbelächeln“, murrte Knörbler, „wir haben uns im Gegensatz zur Vergangenheit ja um 180 Grad gewandelt – gewandelt – jetzt werden wir gesetzlich dazu verpflichtet, Ihnen freiwillig Rede und Antwort zu stehen, stehen, und früher war das alles generell aus freien Stücken, Stücken, und wir haben Ihnen trotzdem nie etwas davon verraten. Verraten.“

Knörbler hatte inzwischen einen Bebauungsplan auf dem Schreibtisch ausgebreitet; der Riss des neuen Blumengartens verlief erheblich jenseits der bestehenden Grundstücksgrenze. Er winkte ab. „Das ist nun nicht der Punkt unserer Unterhaltung“, rief er, „Unterhaltung, dass wirwir über einzelne Baudetails diskutieren – diskutieren, das ist ja eher als basisdemokratische Maßnahme zu verstehen.“ Ich runzelte die Stirn. „Verstehen.“ Der Karte nach lag das Wärterhaus mitten auf dem Adenauerdamm und die Wasserleitungen zweigten von den Rohren der Anwohner ab. „Ihre Kritik ist kränkend“, seufzte Knörbler, gekränkt von der Kritik, „kränkend – wir haben dieses Bauvorhaben mit den führenden – mit den führenden! – Experten, Experten geplant und vorbereitet, vorbereitet. Aus diesem Grunde sind wir auch fest davon überzeugt, dass dieses Vorhaben, das wir vorhaben, völlig fehlerfrei, fehlerfrei ist und in seiner Bausubstanz von den Bürgerinnen und Bürgern auch überhaupt nicht mehr konstruktiv kritisiert werden kannkann.“ „Warum“, fragte ich scharf, „haben Sie mich hier ins Bauamt vorgeladen, um eine Kritik Ihres verdammten Stadtgartens vorzunehmen!?“ „Weil wir den Bürgerinnen und Bürgern nach dem Gesetz eine Kritik unserer geplanten und vorbereiteten Bauvorhaben garantieren. Garantieren! Und im Gegensatz zum Garten werden wir bei der Planung der Hubert-Schmalzlock-Brücke auch garantiert dem Gesetz entsprechen.“

„Sie haben also nicht dem Gesetz entsprochen?“ Knörbler winkte ab. „Natürlich haben wir dem Gesetz entsprochen. Entsprochen. Bis auf die Teile des Verfahrens, wo wir nicht dem Gesetz entsprochen haben-haben. Und die, wo wir nicht wissen, ob wir dem Gesetz entsprochen haben, weil wir nicht wussten, ob die Bauherren wollten, dass wir wissen, ob wir wussten, dass wir dem Gesetz entsprechen, wenn wir wissen, dass wir dem – wie war Ihre Frage?“ „Sie bezeichnen das also als Bürgerbeteiligung und Transparenz?“ Knörbler nickte. „Wir haben Sie vorgeladen, und Sie sind jetzt in der Lage, sich ein eigenes Bild zu machen von der Leistungsfähigkeit Ihrer Stadtverwaltung. Stadtverwaltung. Stadtverwaltung.“ Er schloss kurz die Augen. „Stadtverwaltung. Aber was meinten Sie, dass wir nicht dem Gesetz entsprochen haben? Wir holen das nach.“ Schwer atmend hielt ich mich an der Tischkante. „Warum haben Sie nicht dem Gesetz entsprochen“, keuchte ich, „warum? Warum?“ Knörbler prüfte die Spitze des Bleistiftes. „Normalerweise läuft das Verfahren, bevor der Bau vollendete Tatsachen schafft. Aber beim nächsten Mal werden wir versuchen, das alles zu ändern. Zu ändern.“





Schlimmer mit Aussicht

2 04 2012

„Das interessiert uns nicht. Als Wertkonservative bestehen wir darauf, dass diese Hochzeit stattfindet. Wer vorher mit der Braut rummacht, muss sie auch zum Altar führen. Die Grünen? Machen Sie sich nicht lächerlich. Wir haben keine Zeit mehr für eine Liebesheirat. Jetzt wird eben eine Vernunftehe mit der SPD geschlossen.

Weil das mit der FDP auch irgendwie so eine Art Liebesbeziehung war. Fernbeziehung, okay. Wir konnten ja vorher nicht wissen, ob das klappt. Wir hatten uns füreinander aufgespart, weil wir fest davon überzeugt waren, dass wir dieselben Vorstellungen von der Ehe haben. Bürgerliche Romantik halt. Und es hat auch insofern geklappt, dass wir immer noch dieselben Vorstellungen von der Ehe haben. Allerdings nicht mehr von unserer.

Diese Organzabonbons, wozu braucht man die? Die sehen einfach nett aus? Gut, dann nehmen wir die. Und Herzluftballons. Und Kerzen. Nein, keine Blumenkinder. Das dürfen die Jusos machen. Damit die sich auch mal wichtig vorkommen.

Einladen werden wir sie schon zur Hochzeit. Also nicht die Linken. Die sind ja überhaupt erst schuld, dass die SPD heiraten muss – das ist direkt hinterhältig, finde ich. Als ob das hier eine Zwangsehe sei. Die FDP kommt vermutlich gar nicht erst, die müssen sich erst mal selbst finden. Den Schleckerfrauen soll’s genau so beschissen gehen wie denen. Mitfühlender Liberalismus halt. Die Grünen sind verschnupft. Die Piraten haben ganz andere Vorstellungen von der Ehe, wenn überhaupt. Aber wir laden die alle ein. Die anderen. Wenn es da noch jemanden gibt. An Bewerbern herrscht ja momentan kein Mangel. Das kommt daher, dass die SPD sich im Laufe der Zeit in ihre Einzelteile zerlegt hat. Der emanzipatorische Flügel ist weg, der nennt sich jetzt Grüne. Die Sozialisten sind raus, die sind ja jetzt die Linken. Die Sozialliberalen sind auch verloren, das sind die Piraten. Alle weg. Noch jemanden vergessen? Den sozialdemokratischen Flügel. Das sind jetzt wir.

Dekostoffe. Bitte viel Dekostoffe. Und dann bräuchten wir vor allem Teppich. Zur Entsorgung. Und Tüll. Und Papierfächer. Und Girlanden. Und Seifenblasen, das ist hübsch. Haben Sie die auch in groß? Noch größer? Ihnen muss schon klar sein, für den nächsten Koalitionsvertrag brauchen wir wirklich eine Menge Platz. Da muss diesmal mehr rein als Steuersenkung, Laufzeitverlängerung und ein klares Bekenntnis zur einer Bundeswehr als Wehrpflichtarmee. Sehr viel mehr.

Natürlich wollen die Sozialdemokraten in den Hafen der Ehe. Aber auch wieder nicht so richtig. Also mal wieder etwas mitregieren, nur mit dem Regieren muss das nichts zu tun haben. Aber jetzt alles zugeben, was sie falsch gemacht haben? Arbeits- und Finanzmarkt dereguliert, die Steuern für Konzerne gesenkt, Überwachungswahnsinn und Afghanistan, alles zugeben? und dann am Ende auch noch Konsequenzen ziehen aus dem Fiasko? Das wäre nicht die SPD. Die will sich nicht wählen lassen, und wenn, dann nur so ein kleines bisschen. Zurückrudern gibt’s nicht. Dann zerstören sie lieber endgültig ihre Glaubwürdigkeit beim Wähler, als Fehler zuzugeben. Die kriechen lieber Merkel hinterher, statt eine richtige Reform zur Demokratie zu wagen. Denn das würde Arbeit bedeuten. Und wir sind doch gerade so gut dabei, auch zusammen. Seit über sechs Jahren machen wir immer genau das Gegenteil dessen, was wir vorher angekündigt hatten. Um die Märkte zu beruhigen. Sollen wir das etwa zerstören?

Tortenzubehör – ja, zeigen Sie mal. Was ist das denn? Sprühsahne? Heißluft können wir alleine. Windbeutel auch. Maßkonfektion können Sie aber streichen. Stilberatung? Brauchen wir nicht. Weißer Hosenanzug und irgendein Sack in Übergröße. Ist doch egal, wer Bräutigam wird. Fett sind sie alle.

Die verstehen sich eigentlich ganz gut, Merkel und die SPD. Die haben beide Schwierigkeiten mit der Wirklichkeit. Vermutlich nicht dieselben, aber das muss ja auch gar nicht. Das Wichtigste ist, dass sie sich über ihre Gemeinsamkeiten definieren können. In dem Fall war das die Agenda 2010, die großartige konservative Umverteilungsmaßnahme, die aus organisatorischen Gründen von der SPD verfasst werden musste, weil die gerade an der Regierung war. Das dient auch der langfristigen Stabilisierung der Ehe auf Zeit. Weil das nämlich gut ist, wenn in so einem Bündnis alle an einem Strang ziehen. Dann tanzt einer auch nicht immer aus der Reihe. Nein, anders: dann tanzt nicht immer einer aus der Reihe. Und dann hat man auch eine Perspektive für die gemeinsame Lösung. Für die SPD heißt das: schlimmer. Mit Aussicht.

Dreiecksbeziehung? mit den Piraten? Kann ich mir nicht vorstellen. Da müssten die sich ja auch am Riemen reißen und endlich mal Substanz und ein an den Erfordernissen der gesellschaftlichen Wirklichkeit ausgerichtetes Programm unter Beweis stellen. Also die Sozialdemokraten.

Sie verschicken dann rechtzeitig die Einladungen? Gut. Und passen Sie auf, dass Sie nicht versehentlich Karten mit Trauerrand nehmen. Rechnung wie immer. Die alte Adresse.“





Notstand

14 09 2009

„Jedenfalls sollte man das aus dem Verkehr ziehen. Und zwar so schnell wie möglich. Irgendwas wird Ihnen da doch wohl einfallen, Kleinschmidt!“ „Es tut mir Leid, aber wie wollen Sie das anstellen? Das Video ist da, es ist etliche Male heruntergeladen worden, es haben sich inzwischen so viele Leute…“ „Lässt sich feststellen, wie viele? und wer?“ „Wie soll das denn gehen?“ „Ich dachte, wir zeichnen das alles auf?“ „Aber dann wissen wir doch noch nicht, wer hinter einer IP steckt. So einfach ist das nun auch wieder nicht.“ „Nicht? Komisch. Die Zypries hat mir das letzte Woche ganz genau erklärt, warten Sie mal… da, auf dem Schreibtisch. Ich habe es mir ausdrucken lassen.“

„Jedenfalls ist das ein Schlag ins Wasser. Wir können doch jetzt mitten im Wahlkampf nicht auch noch solche Demonstranten gebrauchen, die unser Sicherheitskonzept in Frage stellen.“ „Es wird keine Entschuldigung geben!“ „Aber wir müssen irgendwie darauf reagieren.“ „Warum eigentlich?“ „Meine Güte, die Bilder sind doch längst weltweit…“ „Wie, weltweit? Ich dachte, die seien nur im deutschen Internet?“ „Herr Minister, jetzt ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für alberne Witze! Wir stehen hier vor einer folgenschweren Entscheidung!“ „Wie ich bereits sagte, eine Entschuldigung kommt für uns überhaupt nicht in Frage. Wir können jetzt keine Schwäche zeigen. Unsere Sicherheitspolitik wird sonst unglaubwürdig und das kostet uns mindestens fünf Prozentpunkte an diese linken Spinner.“ „Wenn wir uns nicht entschuldigen, verlieren wir die fünf Prozent an die NPD – halten Sie das für besser?“ „Kleinschmidt, Sie Blindschleiche! Wir brauchen die Nazis! Wir brauchen sie, wir brauchen jeden einzelnen Mann! Ohne Nazis kriegen wir doch den Sicherheitsplan nie durch! Herrgott, so kapieren Sie es doch!“

„Wir könnten vielleicht so hindrehen, dass der Gegner den Polizeibeamten irgendwie beleidigt haben könnte. Vielleicht hat er ja ‚Bullenschwein‘ gesagt. Das müsste doch einer von den Kameraden gehört haben. Dann steht Aussage gegen Aussage und wir sind fein raus.“ „Unfug! Das sind doch alles Feinde der Demokratie!“ „Wer?“ „Diese ganzen Piraten! Dieses Pack, das da…“ „Herr Minister, Frank Bsirske war auf der Demo.“ „Alles dasselbe Gesocks!“ „Claudia Roth war da. Thilo Weichert.“ „Was ist das denn für ein Vogel?“ „Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein. Ehemaliges Landtagsmitglied in Baden-Württemberg.“ „Sicher so ein dahergelaufener Spinner.“ „Herr Minister, er ist promovierter Jurist.“ „Ich weiß selbst am besten, dass das nichts zu bedeuten hat! Gar nichts!“

„Wenn Sie jetzt überreagieren, dann haben wir nicht nur eine Katastrophe mit den Rechten, sondern auch noch einen Erdrutsch zu den Piraten zu befürchten. Das können Sie doch nicht wollen!“ „Was haben Sie immer mit Ihren Piraten, das Gesindel ist doch nur ein Haufen von konservativen Besitzstandswahrern.“ „Dann müssten Sie ja Oberpirat sein, Herr Minister.“ „Werden Sie nicht frech!“ „Entschuldigung, aber…“ „Diese Chaoten wollen angeblich Bürgerrechte verteidigen. Das Grundgesetz! Kleinschmidt, das lasse ich mir nicht bieten! Diese Halbstarken sollen gefälligst das Maul nicht so weit aufreißen. Haben die das Grundgesetz gemacht? Na also. Dann haben die hier auch nicht reinzureden. Hier bestimme ich!“

„Wir müssen aber doch irgendwie die Situation jetzt…“ „Ha! Ich hab’s! Kleinschmidt, die haben das Video doch über das Internet weitergegeben. Wo sind die Daten jetzt?“ „Auf vielen Servern und auf sehr vielen Computern.“ „Gut. Sagen Sie der Abteilung ZV2, dass ich den Einsatz eines Trojaners genehmige. Wir müssen diese Daten so schnell wie möglich auf allen Computern löschen.“ „Also bitte, das ist doch jetzt Unfug! Es gibt gar keinen Bundestrojaner.“ „Nicht? Ich hatte aber doch befohlen, dass…“ „Selbst, wenn es ihn gäbe, dürfen wir ihn gar nicht einsetzen.“ „Warum?“ „Weil das verfassungswidrig wäre.“ „Ach was, um solche Kleinigkeiten mache ich mir jetzt keinen Kopf. Außerdem, wozu habe ich Sie, Kleinschmidt?“ „Herr Minister, das ist Unsinn. Selbst wenn es den Trojaner gäbe und wir ihn benutzen dürften, wir würden doch in die Rechner gar nicht eindringen können.“ „Wieso?“ „Wegen der Datensicherheit.“ „Welche Datensicherheit?“ „Die meisten Benutzer haben aufwändige Vorkehrungen getroffen, um sich gegen Schadsoftware zu wappnen. Jeder, der die Maßnahmen von Deutschland sicher im Netz ergreift, ist gegen solche Angriffe immun.“ „Was ist das für ein Verein? Die Verantwortlichen sofort verhaften! Kleinschmidt, holen sie mir die her! Ich will sofort wissen, welche Schweine das…“ „Herr Minister, das ist eine Initiative des Bundesministeriums des Innern.“

„Wir müssen es schaffen! Irgendwie müssen wir es schaffen! Halt, Kleinschmidt, diese Daten wurden doch über das Internet kopiert?“ „Ja.“ „Die haben sich das alles heruntergeladen und dann ausgedruckt und…“ „Ausgedruckt nicht, aber sonst: ja.“ „Jetzt haben wir sie! Jetzt sind sie einen Schritt zu weit gegangen! Das sind alles Raubkopien! Kleinschmidt, machen Sie sofort das Internet zu! Wir stoppen die Kopien über das Internet und dann lassen wir das Video verschwinden! Wenn wir das bis zur Wahl schaffen, dann…“ „Ich halte mich da raus. Tun Sie, was Sie nicht lassen können, aber ich möchte damit nichts mehr zu tun haben.“ „Was ist denn nun wieder in Sie gefahren? Kleinschmidt, lassen Sie mich nicht allein! Wir müssen das doch stoppen!“ „Suchen Sie sich einen anderen Idioten. Ich habe die Nase voll. Ich will mit dem, was jetzt passiert, nichts mehr zu tun haben. Und ich hätte Ihnen gleich davon abraten sollen, dieses Strategiepapier zu entwickeln. Bundeswehreinsätze zur Sicherung von Demonstrationen – was für eine Schnapsidee!“