Gernulf Olzheimer kommentiert (DLXXVIII): Postdemokratie

20 08 2021
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Mit etwas Glück landen die Aliens bald in einer Gartenanlage in Bad Gnirbtzschen – es ist nicht auszuschließen, dass sie bereits hier sind in Gestalt eines permanent zugesoffenen Soziopathen mit Kurzlunte, der unbedingt Kanzler einer sozial total unterbelichteten Nation werden will, weil ein Job als Chefabschmecker im Klärwerk ihn intellektuell überfordern würde – und verlangen, zu unserem Anführer gebracht zu werden. Je nach evolutionärer Bauart stecken sie sich Finger in Austrittsöffnungen ihres Stoffwechselsystems, implodieren, vernichten aus spontan entwickeltem Ekel die Zivilisation oder stellen fest, dass die Unterwerfung von ein paar Milliarden Torfschädeln durch eine Kleinstkaste moralfreier Arschgeigen reibungslos geklappt hat. Letzteres dürfte zu erwarten sein, wenn die grünen Gestalten noch auf dem Stand der Antike sind, die als Demokratie ein Staatswesen verkaufte, das nicht gerade Gleichheit und Menschenrechte versprach, aber zumindest mehr als die niederen Instinkte von ein paar Dumpfdüsen befriedigte. Aber das Modell hat seinen Zenit überschritten. Die Postdemokratie hat wesentliche Merkmale kaputtgespielt, die nicht zu retten sind, gewaltsame Versuche ausgenommen.

Die widerliche Inhaltlosigkeit jeglicher Art von politischer Auseinandersetzung, die den Wahlkampf zum Brechmitteltest degenerieren lässt, hat in den vergangenen Jahrzehnten den Zenit erklommen, auf dem die Niveaulosigkeit nun steht, von dem aus sie auf den Souverän herunterseicht. Ein kleiner Schritt vom Gemeinwesen zum Unwesen der Gemeinen, den die Parteien als Akteure eines Staates zunächst alleine gingen, um sich den Laden unter den Nagel zu reißen – natürlich nicht ganz alleine, denn was da nach oben gespült wurde, waren Dummklumpen, Parteisoldaten, geistig minderbemitteltes Pack, das Noten würfelt und über Gräber tanzt, und sie hatten immer einen dienstbaren Schmierlappen zur Hand, der als Berater Gesetze zusammenschwiemelte, die Profite als Branchenvertreter klein rechnete und als Interessenvertretung des Kapitals den Sozialstaat an die Wand stellte. Parteien und Konzerne filetieren die Gesellschaft und schmeißen den Abfall dem Volk vor, damit die gierigen Armen etwas fressen können und das Vorurteil der Emporkömmlinge ein bisschen besser bestätigt wird.

Zwar wird in diesem Gequassel gewählt, aber wozu? Wechselnde Koalitionen beliebiger Ichlinge ändern weder Richtung noch Geschwindigkeit der Talfahrt in den globalen Untergang, der der Plebs als Exekution des eigenen Willens vorgespielt wird. Während Wissenschaft und Bürgertum aus dem Bedeutungsnirwana fiepen, läuft die Verheerung der Heuschrecken planmäßig ab: erst das Aushebeln der Regierungen, dann der Parlamente, irgendwann werden Verfassungen überflüssig, Menschenrechte obsolet, und eine globalisierte Elite feiert die Wiederaufrichtung der Klassengesellschaft, wie sie sich Marx nicht besser hätte ausdenken können.

Die politische Kommunikation ist zum Füllsel in den Ritzen der Aufmerksamkeit zerkrümelt, das angebliche Staatsgeschäft wird zum Business der Sockenpuppen, die inhaltsentkernte Kasperade liefern. Der Diskurs findet in Talksendungen statt, in denen Entscheider ihre billigen Marionetten tanzen lassen, während sich das Deppensortiment mit talentlosem Gehampel zu erkennen gibt. Was als diskussionswürdige Problemfälle vorgegeben wird, das ewige Hochrülpsen und Nachkauen des Empörbreis, lenkt die verseifte Menge von den tatsächlichen Skandalen ab, die nur ja nicht öffentlich angesprochen werden dürfen – wehe, eins beschwert sich und pocht dann auch noch auf den Amtseid der Koordinationstrottel, die nicht einmal unfallfrei eine Kartoffel schälen könnten, wenn sie eine schriftliche Anleitung dazu bekämen. Hier und da steckt man einem Quotenhonk Kohle zu, damit er als Experte Milchmädchendurchblick antäuscht, aber wozu? Die Show wird davon nicht besser.

Aber das muss sie auch nicht, das Publikum hat längst verstanden, dass es Klatschvieh ist in einer realitätsallergischen Inszenierung des Weltendes, in der es sich die Privilegierten noch einmal gut gehen lassen wollen, bis der ganze Kulissenkrempel an die Wand klatscht und der Kaiser, die lallende Pottsau, nackt vor der Unterschicht steht und sie für ihren Hunger verhöhnt. Es wird in der Glotze kommen, präsentiert von einem elektrischen Garagentor, und die Märkte werden sich freuen, dass wir mit einer schwarzen Null absaufen, während gleichzeitig die Bilder vom Volk, das sich niederknüppeln lässt für eine sponsorenfreie Demokratie, wegen mangelnder Reichweite ausfallen, sich versenden und leider als gefährlich gelöscht werden müssen.

Das Problem am Status quo ist, dass er sich jetzt nicht mehr beliebig verlängern lässt. Schon hängt Angstgeruch in der Luft, weil den Hampelmännern die Düse geht, dass es eben doch Ausnahmen geben könnte, die sich gewaltsamer Mittel bedienen. Die sind als revolutionärer Akt reaktionärer Ratten nicht ganz unerwünscht, solange es die richtigen trifft. Vielleicht kolonialisieren totalitäre Staaten ohne das übliche Demokratiedefizitgejammer den westlichen Saftladen und sorgen für Ruhe. Mehr kann doch der Kapitalismus nicht verlangen, so kurz vor Schluss.





Brandschutzkontrolle

20 03 2017

„… vorerst nur in der Spätphase des Wahlkampfs untersagen wolle. Es sei aber auch denkbar, die Auftritte bayerischer Politiker im Bundesgebiet vollständig zu…“

„… mit dem typischen Faschismus der linksgrünen Stalinistenschweine vorgehe, die die geistig normalen Menschen in einem veganen KZ zu Pädophilie und dem Niederreißen von Kirchen für mehr Windkraftanlagen umerziehen wolle. Scheuer werde jeden dieser undemokratischen Vergewaltigungsversuche der…“

„… einfach mal die Fresse halten solle. Solange die CSU außerhalb des Freistaates nicht antrete, werde Altmaier ihr keinerlei…“

„… bis zur letzten Patrone verteidigen werde. Seehofer plane eine Propagandatour entlang der bayerischen Nordgrenze, die Lautsprecherwagen und weitere wahlkampftechnisch erprobte…“

„… nicht nur wegen der permanenten Attacken auf Merkel ablehne. Das Bundeskanzleramt sei auch davon überzeugt, dass die …“

„… viele Exilbayern in der BRD lebten, die wegen des sozialistischen FDJ-Maulwurfs IM Erika gezwungen seien, eine Chaotentruppe aus der kubanischen Irrenanstalt zu…“

„… dass immer noch das Überflugsrecht über andere Bundesländer bestehe. Dobrindt habe eine Handzettelaktion ins Gespräch gebracht, die mit Hilfe mehrerer Tonnen von Papier pro Tag gegen die Zerstörung des deutschen…“

„… sich Petry gegen eine garantiert auf allen Plakaten und in sämtlichen TV-Spots präsente Zweitstimmenkampagne für die AfD bereiterklärt habe, ihre Termine in den Maritim-Hotels kostenfrei auf die bayerische Schwester zu…“

„… seien verhältnismäßig schnell vom Verfassungsschutz enttarnt worden. Söder habe vor laufender Kamera bereitwillig Autogramme gegeben, während seine Begleiter sich als libanesische Touristen in einer Kölner…“

„… die Polizei Aigner an der deutsch-bayerischen Grenze zurückgeschickt habe. Die Ministerin sei mit der Absicht, einen Zehn-Punkte-Plan zu entwerfen, wieder nach…“

„… einen eigenen Botschafter oder eine ständige Vertretung in Deutschland zu etablieren, da der Freistaat ihn dann nach Belieben zurückrufen oder sogar…“

„… im Straßenwahlkampf agitierten. Den V-Leuten des Inlandsgeheimdienstes sei aufgefallen, dass am Wahlstand in Bad Bramstedt CSU-Fähnchen für einen…“

„… sich in zwischen 69% der Deutschen für ein Einreiseverbot bayerischer Politiker ausgesprochen hätten, bei CDU-Wählern seien dies sogar…“

„… zumindest nicht in diesem Wahlkampf, da die Regierung keinen Unterschied zu machen gedenke. Seehofer habe harte Sanktionen für die Zerstörung der internationalen Reputation Bayerns angekündigt, er werde die Niederlande nie mehr…“

„… von den blutschänderischen Verrätern der Deutschheit, die die Zernichtung der arischen Volksseele durch die Weisen von Zion vor tausend Jahren bereits beschlossen habe, der qualvolle Niedergang des bajuwarischen Gaus und seines männlichsten Willens zur Härte nur durch die brutalste Entscheidungsschlacht zurückgeschlagen werden könne. Höcke werde sofort nach dem…“

„… bereits ersichtlich sei, dass die Prognose auch in Zukunft sehr unsicher ausfallen werde. Eine Integration der bayerischen Minderheit in den anderen Bundesländern sei so gut wie gar nicht…“

„… keine offiziellen Auftrittsverbote gebe. Die Bundesregierung wolle angesichts der Zündeleien nur zu einer verstärkten Brandschutzkontrolle…“

„… alle Nazi-Überbleibsel aus Deutschland zu beseitigen wünsche. Seehofer habe dabei nicht bedacht, dass auch er selbst mit dem…“

„… die Regierung eine Abspaltung in Aussicht stelle, wenn bereits vorher ein Doppelpass für Bayern und die Bundesrepublik…“

„… die Bundesregierung von Bayern eine Obergrenze für Entgleisungen der CSU fordere, da auch Kinder und Jugendliche im…“

„… die Austrittsverhandlungen aus der EU noch beschleunigen könne. Eine weitere Konfrontation der deutschen Bevölkerung mit dem bayerischen Kabinett sei nicht mehr zumutbar und könne zu schweren diplomatischen…“

„… bräuchte die Bundeskanzlerin Bayern gar nicht, um die Anzahl der Flüchtlinge zu reduzieren, was jedoch Seehofer bisher nicht…“

„… vor der UNO aufgefordert worden sei, die Unterdrückung der fränkischen Volksgruppe sofort zu…“

„… einen als Folkloreabend getarnten Auftritt von Christine Haderthauer und Beate Merk mit einem Polizeieinsatz aufgelöst habe. Das LKA Niedersachsen habe den Verkaufsstand mit Modellautos zugunsten der Christsozialen als Devisenvergehen…“

„… als Hirnverlauster Alpensepp / Jodelbazi, Bierschissdepp tituliert worden sei. Seehofer habe die Klage gegen Böhmermann sofort vor dem Hamburger…“





Marschlöcher

27 06 2016

„Hatten Sie an ein konkretes Projekt gedacht oder sind Sie eher an einer generellen Umkehrung von gewissen Verhältnissen in diesem gesellschaftlichen Kontext interessiert? Ich frage das nur wegen der Dauer des Einsatzes. Sie müssen ja auch wissen, was Sie sich das kosten lassen wollen.

Ja, das stimmt. Wir haben damals mit Bürgerinitiativen begonnen. Hier mal eine 30-Kilometer-Zone verhindern, eine Verkehrsinsel, das waren noch Zeiten! Dass man eventuell damit die Startbahn West durchkriegt, ein Kernkraftwerk, oder – ja, Sie haben recht, das ist absolut crazy! – einen Bahnhof, wobei: da muss ich jetzt leider den Mund halten. Wir haben auch Betriebsgeheimnisse, und Sie möchten sicher nicht in Gewissenskonflikte kommen, oder?

Wobei: Gewissen, das ist so eine Sache. Viel davon dürfen Sie hier nicht haben, auch nicht so eine intermittierende Solidarität mit dem Volk, das sich irgendwo leider so stark mit seiner Heimat identifiziert, dass es da Häuser bauen und wohnen will. Da gehen die Interessen des Kapitals nun mal ganz eindeutig vor. Einflugschneise zum Beispiel, oder Nachtflugverbote, wobei: wenn so eins dann durchkommt, dann steigen auch die Grundstücke wieder im Wert, und dann müssen Sie schon überlegen, ob Sie vorher eins kaufen und es dann hinterher abstoßen, aber gut, so eine Frage des Gewissens ist das jetzt nicht. Wir sind inkognito unterwegs und in vielen Vereinen und Verbänden tätig und in Bürgerinitiativen. Keine Lobbyisten, das hat in Deutschland immer so einen negativen Touch. Eher eine stimmbildende Maßnahme. Für die Stimme des Volkes halt.

Diese Sache mit dem Saatgut, Sie haben sicher davon gelesen, da haben wir gerne mal eine ganze Mannschaft losgeschickt. Natürlich nur gut erprobte Spezialisten, die müssen sich ja mit ihrem Umfeld auch auskennen. Parlamente, Kommissionen, die Industrie, Banken, die Kontaktbereichsfachkräfte, die den Landwirten mal ein paar Fragen stellen, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen, auch gerne mal mit leicht existenziellem Unterton, wobei: wir sind ja im Vorfeld immer an den finanziellen Bedürfnissen unserer Zielgruppen interessiert, das dürfen Sie nicht falsch verstehen. Verwechseln Sie uns nicht mit der Mafia. Oder mit dem Verfassungsschutz. Damit wollen wir nichts zu tun haben.

Aber beispielsweise die vielen besorgten Bürger, die gegen Flüchtlingsheime in ihrem Viertel sind. Gut, die sind nicht direkt neben ihrer Haustür, und manchmal sind die auch nicht in ihrem Viertel, aber dafür sind es größtenteils gar keine besorgten Bürger. Wir springen da gerne ein, damit die schweigende Mehrheit sich äußern kann. Das ist ja manchmal gar nicht so einfach, wobei: die haben zwar eine Stimme, aber manchmal sagen die nicht das, was wir uns vorgestellt hatten. Oder unsere Auftraggeber. Aber dafür gibt es uns ja.

Doch, Sie dürfen uns ruhig als gesellschaftlich relevant begreifen. Wir betrachten uns auf einem Marsch. Auf einem Marsch durch die Institutionen sozusagen, durch die Politik, damit der Bürger sich vertreten fühlt, und durch die Bevölkerung, damit die Politik weiß, worum es eigentlich geht. So eine gesamtgesellschaftliche Einheit würden Sie mit etwas Bestechung nie hinkriegen.

Natürlich haben Sie dann immer noch das Problem mit der Presse. Die wollen Ihnen ja nie glauben, dass das alles ganz basisdemokratisch, wobei: Basis stimmt, aber über Demokratie würde ich mich an Ihrer Stelle mit denen nicht streiten, da haben die sowieso ihre eigenen Ansprüche. Und da ist es ja auch kein Wunder, dass keiner mehr die Presse mag.

Also für Sie jetzt erstmal nur das mit den Fahrradwegen? Ach, Sie haben da Baugrund, dann ist das klar. Wir machen das zum Einheitspreis, wenn Sie später beispielsweise eine Erweiterung auf drei Fahrspuren wollen, wobei: da man auch da den Fußgängerüberweg wegnehmen würde, müssten wir unsere Kommunikationsstrategie nochmals überarbeiten. Oder gleich ganz andere Leute einsetzen. Das ist Ihre Entscheidung. Aber jetzt erstmal nur den Radweg. Wir würden da vielleicht eine praktische Überprüfung machen, in etwa mit einem halben Dutzend Kraftfahrern pro Tag, die sich durch Radfahrer massiv in ihrer Verkehrssicherheit bedroht fühlen. Wenn Sie uns die Adresse vom zuständigen Bauamtsleiter geben, wobei: den kenne ich sogar, der hat nebenbei ein Autohaus. Ich würde sagen, läuft bei Ihnen.

Man kann ja für spätere Projekte immer offen bleiben, nicht wahr? Falls Sie auch mal einen Bahnhof bauen sollten. Oder bei akut drohender Errichtung einer Moschee, wobei: wir sind ja doch bemüht, die Grenzen des geltenden Rechts nicht zu sehr überzuinterpretieren. Das schaffen manche besser, manche nicht so gut, dann gibt es noch die Hamburger Polizei, und wir haben einen sehr individuellen Weg, uns mit der Materie zu befassen. Falls Sie Fragen haben, stellen Sie die lieber vorher. Ein Teil der Antworten könnte Sie verunsichern.

Sie müssten nur noch ein paar Formulare ausfüllen, dann können wir auch schon beginnen. Gucken Sie sich das lieber noch mal auf dem Stadtplan an, möglicherweise eignet sich da ein Grundstück auch für einen Kindergarten. Oder ein Pflegeheim. Oder ein Hospiz, wobei: Schulen kriegen Sie schwieriger weg. Und noch eine kurze Frage, bevor Sie unterschreiben: aus der EU wollen Sie nicht zufällig raus?“





Mit rechten Dingen

24 03 2016

„… wolle sich Lammert dafür einsetzen, die Immunität der Abgeordneten des Deutschen Bundestages abzuschaffen, um leichter eine…“

„… ohne das Zutun des Parlaments erfolgen könne, da es sich um ein Verfahren zur Sicherung der rechtsstaatlichen…“

„… schade eine Aufhebung der Immunität zum Zwecke der Strafverfolgung regelmäßig den Abgeordneten. Gebe es keiner parlamentarische Immunität, so Lammert, könnten die Ermittler ohne die Aufmerksamkeit der öffentlichen…“

„… sich die Ermittlungen der Steuerfahndung nicht auf einzelne Abgeordnete beschränkten, sondern gleich die gesamte Unionsfraktion…“

„… könne die Strafverfolgung wesentlich schneller einsetzen, was dazu führe, dass nur ein Bruchteil des Beweismaterials die Wasserqualität in der Berliner Kanalisation…“

„… sowie je zwölfmal in BILD, Focus und Junge Freiheit erschienen sei. Die Ermittlungen seien teilweise zwar ohne einen hinreichenden Anfangsverdacht eingeleitet worden, es handle sich in allen 348 Verfahren auch um bedauerliche Einzelfälle, die nur zufällig in der Fraktion der Linken…“

„… die AfD-Spitze inzwischen Strafanzeigen im Minutentakt erstatte. Die Staatsanwaltschaft habe bestätigt, dass Höcke gegen die Kanzlerin wegen Völkermordes an der deutschen Ehre zur gezielter Umvolkung der Deutschen durch Invasion mit rassisch minderwertigem…“

„… eine Verfassungsänderung nur damit durchsetzen könne, dass die Kritiker des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen zum Artikel 26 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland am Vormittag alle eine vorläufige Festnahme wegen des hinreichenden Tatverdachts der Entziehung elektrischer Energie in einem minderschweren…“

„… es für eine Beschränkung der Redefreiheit halte, wenn die Opposition trotz ihrer zahlenmäßigen Minderheit dieselben Rederechte wie die Regierungskoalition für sich beanspruche. Die Grünen-Fraktion müsse nun mit einem Strafverfahren wegen…“

„… auch die NPD im ansteigendem Maße von der Möglichkeit einer gezielten Strafverfolgung Gebrauch mache. Der Bundesvorstand bekräftige in einer Pressemitteilung, die Abschaffung der unrechtmäßigen Demokratie werde diesmal jedoch ausschließlich mit rechten Dingen…“

„… sich inzwischen erhärtet habe. Da die Waffenlieferungen in Krisengebiete grundsätzlich unmittelbar vor dem Ausbruch bewaffneter Konflikte erfolgt seien, sei die gesamte Regierung sowie Teile der Opposition…“

„… habe der Bundestagspräsident jedoch betont, dass die Ermittlungen ausdrücklich nicht wegen des Verdachts der Abgeordnetenbestechung geführt werden könnten, da diese zum Glück strafrechtlich nicht…“

„… und aus Gründen der erleichterten Ermittlungsarbeit eine eigene Außenstelle im Deutschen Bundestag unterhalten wolle. Die tatverdächtigen Abgeordneten könnten so direkt im Reichstagsgebäude…“

„… Grenzen aufgezeigt werden müssten. Die Verteidigungsministerin habe energischen Protest angemeldet, akademische Arbeiten von Abgeordneten künftig ohne strafrechtlich angezeigte Notwendigkeit prüfen zu lassen. Dies grenze an eine ungerechtfertigte…“

„… nicht gegen Abgeordnete genutzt werden dürfe. De Maizière sehe eine sinnvolle Möglichkeit zur anlasslosen Vorverurteilung unbescholtener Bürger durch die Vorratsdatenspeicherung, wolle die Mitglieder des Bundestags jedoch nicht mit unfairen Mitteln…“

„… selbst ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten zu sein. Lammert reklamiere für sich als Bundestagspräsidenten eine Immunität, die auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt weiterhin…“

„… nur gegen aktive Parlamentarier einsetzen könne. Jetzt erst einsetzende Ermittlungen der Drogen- und Steuerfahndung könnten die FDP nicht mehr…“

„… bekräftige de Maizière, dass auch das Kirchenasyl für Bundestagsabgeordnete nicht in Frage komme. Er selbst habe nichts zu befürchten, da es bei ihm keine Hinweise auf…“

„… die parlamentarische Arbeit inzwischen fast vollständig zum Erliegen gekommen sei, da die meisten Abgeordneten im Untersuchungsgefängnis oder in einer der zahlreichen…“

„… die Nebenverdienste der Abgeordneten in einem solchen Maße zugenommen hätten, dass eine Zahlung regulärer Diäten und Aufwandsentschädigungen vollkommen hinfällig…“

„… zwar bestätige, dass de Maizière am Abend aus dem Kanzleramt abgeführt worden sein solle, aber zu den Tatvorwürfen nichts äußern wolle, da ein Teil der ihm zur Last gelegten Straftaten die Bevölkerung nur…“

„… zuletzt auf der Herrentoilette des Reichstags gesehen worden sei. Nach dem Ausbruch des Feuers habe man Lammert dann nicht mehr…“





Eigenanteil

4 11 2015

„Vorerst also nur die Verkehrsinsel im Breselfelder Auwäldchen? Soll mir recht sein, unser Unternehmen konzentriert sich immer ganz auf die Bedürfnisse der Kunden. Wenn Sie hier ein demokratisches Recht sehen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Man hat’s ja schon schwer genug im Leben, gell?

Man kann alles erreichen in einer offenen und medial vernetzten Demokratie, man muss es nur professionell aufziehen. Und genau dafür haben Sie uns. Medien, Psychologie, die juristische Beratung, wenn es wie erwartet doch schief geht, und dazu ein Team aus sehr erfolgreichen Analytikern aus Wirtschafts- und Finanzanalytikern. Mehr brauchen Sie nicht.

Doch, die Finanzanalytiker brauchen Sie schon. Wenn da im Umkreis von zehn Kilometern von Ihrem Krötentunnel – Verkehrsinsel? Mir geht das an der Sitzfläche vorbei, Bürgerinitiative ist halt Bürgerinitiative, und wenn Sie damit Bund, Länder und Gemeinden beeindrucken wollen, dann müssen Sie harte Fakten auf den Tisch legen. Am besten Zahlen. Wenn sich Ihre Verkehrsinsel lohnt, haben Sie Glück gehabt. Wenn Ihre Verkehrsinsel nicht unbedingt sehr viel mehr Schaden anrichtet als erwartet, dann war der Plan auch nicht schlecht. Es sei denn, Sie sind selbst die öffentliche Hand, aber das trifft ja auf Ihre Krötentunnel nicht zu. Die Hauptsache ist, Sie verursachen keine Kosten.

Und dann kommt der eigentliche Teil unserer Aufgabe. Sie müssen ja für Ihr Vorhaben auch werben und die richtigen Kreise mobilisieren. Da wäre es schon schön, wenn wir da einen gewissen Rahmen abstecken könnten, innerhalb dessen sich unsere Aktionen bewegen, damit wir genügend Sensibilisierung der Bevölkerung für Ihr Anliegen erreichen, okay?

Doch, das ist schon messbar, und wir arbeiten auch erfolgsorientiert. Sie haben sich nicht verlesen in unserer Werbebroschüre. Allerdings definieren wir den Erfolg gerne selbst, verstehen Sie, und wir nehmen uns die Freiheit, ihn vor Vertragsschluss als tragendes Element in unserem Leistungskatalog zu führen. Sie zahlen also nur das, wofür Sie zahlen müssen. Ist das ein Deal?

Erfolg misst sich nun mal in Zahlen, und dass das unsere Rechnungen sind, wer würde das je in Zweifel ziehen? Betrachten Sie uns einfach mal ganz entspannt wie einen Arzt. Ob Sie hinterher gesund sind oder mit einer schweren Komplikation ins Krankenhaus eingeliefert werden, das ist Ihrer Krankenkasse völlig schnurz. Die zahlt, solange sie muss. Nur dann, wenn Sie tatsächlich keine Chance mehr haben, dann schmeißen die Sie raus. Aber das kann Ihnen bei uns nicht passieren, denn hier basiert schließlich viel auf Ihrem Eigenanteil.

Flexible Pakete, klar. Wenn Sie für Ihre Verkehrsinsel gut hundert Demonstrantinnen benötigen sollten, die sich der monopolistischen Infrastrukturpolitik in Ihrem Regierungsbezirk vehement entgegenstellen, das lässt sich ja alles machen. Für einen kleinen Aufpreis liefern wir Ihnen auch die Polizisten, die sich Ihren berechtigten Interessen so strikt in den Weg stellen. Das gibt unter Umständen richtig aufs Maul, aber das ist im Preis inbegriffen.

Wenn Sie sich zu einer kleinen Spende für unsere Geschäftsleitung entschließen sollten, sorgen wir auch gerne dafür, dass man den Entscheidern der oberen Landschaftsbehörde das Auto abfackelt. Professionelles Vorgehen erfordert nun mal eine gewisse Zielorientiertheit, ohne die wir als Unternehmen nicht dort wären, wo wir uns heute befinden. Wir sind immer da, wo uns die Bürgerinnen und Bürger brauchen, als eine Art subsidiäre Hilfe. Wir helfen zur Selbsthilfe, nicht wahr, und das auf ganz unkomplizierte Art. Die Basisdemokratie setzt nun mal ganz entscheidend an der Basis an, und da sehen wir unsere Basis. Man muss sich direkt mit den Wortführern unterhalten, um eine ganz unverfälschte und direkte Aktion starten zu können. Natürlich im Lichte der jeweiligen Verfassung, das ist ja klar.

Und wenn wir schon gerade von den Gerüchten reden, die Sie in den Medien mitgekriegt haben, wir beraten selbstredend ohne Ansehen der Person. Wenn uns beispielsweise eine Initiative von Bürgerinnen und Bürgern beauftragt, weil sie sich beruflich mit Tiefbahnhöfen oder Olympischen Spielen befasst, meine Güte – man ist ja auch nur Mensch, meinen Sie nicht auch? Das ist schon ein wenig ungewohnt am Anfang, aber Basisdemokratie heißt nun mal, dass wir allen die gleichen Rechte zugestehen, und da ist es dann auch egal, ob Sie ein Anwohner am Froschteich sind oder ein Bundesminister mit guten bis sehr guten Verbindungen in den Aufsichtsrat eines börsennotierten Unternehmens mit dreistelligen Milliardenumsätzen. Nee, das war andersrum, aber Sie wissen, wie ich das meine, ja?

Also ein Komplettpaket Umweltschutz mit Brandanschlag auf den Landrat und gelenkter Pressekampagne gegen die regionalen Medien, weil sie sich weigern, unsere vorgefertigten Materialien zu verwenden? Das dürfte machbar sein, auch zu Ihrem Preis. Und jetzt unterschreiben Sie bitte ein bisschen zügig. Wir müssen nach Dresden, nächsten Montag muss unser Konzept stehen.“





Bundesgrenzschutz

20 10 2014

„Aber natürlich nicht, Herr Altmaier. Sie sind ein Staatsfeind. Und als solcher werden Sie nicht die Bundesrepublik Deutschland verlassen. Es sei denn, Sie möchten gerne spektakulär ableben. Kann man ja nicht wissen.

Aber wie gesagt, auch das nur diesseits unserer Grenzen. Sie müssen also nicht erst nach Syrien, um eine Kugel in den Kopf zu kriegen. Unsere Grenzen sind ab jetzt sicher, so sicher war nicht einmal die Rente. Und gleich als freundlichen Hinweis an Sie und Ihre Kollegen, das mit der Fußfessel können Sie knicken. Noch mal machen wir den Fehler nicht.

Behinderung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, Herr Altmaier. Nötigung. Sie sollten vielleicht ab und an mal die Urteile des Bundesverfassungsgerichts lesen. Im Gegensatz zu Ermittlungsbehörden besitzen Sie keine Narrenfreiheit. Noch nicht. Aber so ist das halt mit dem Terrorismus, Herr Altmaier. Einmal in der Staatsrechtsvorlesung nicht aufgepasst, und schwupps! ist man ein Feind der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Aber Sie haben Glück. Im Gegensatz zu anderen, die der Staat für Verfassungsfeinde hält, teilen wir es Ihnen wenigstens vorher mit.

Doch, Herr Altmaier, das ist wohl die richtige Reihenfolge. Erst denken wir uns eine Strafe aus, egal, ob sie verfassungskonform ist, und dann definieren wir uns irgendeinen Straftatbestand. Wehrkraftzersetzung, Rassenschande, wen kümmert das. Sie kennen die Reihenfolge doch zur Genüge. Seien Sie froh, wenn Sie niemand aus dem Amt kegeln will und Ihre Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung entdeckt.

Ich bitte Sie, Herr Altmaier. Was wollen Sie denn im Ausland? Wollen Sie bei der Regierung der Vereinigten Staaten nachfragen, ob einer Ihrer zahlreichen Innenminister etwas bei der NSA hat liegen lassen? Das ist doch gar nicht Ihr Zuständigkeitsbereich, Herr Altmaier. Ihrer zeichnet sich doch gerade dadurch aus, dass er gar nicht existiert. Natürlich bleibt es nicht bei Ihnen. Was glauben sie denn, wer sie sind? dass wir für jeden Idioten ein eigenes Gesetz machen? Der Rest der ganzen Blase bleibt jetzt eben auch hübsch zu Hause. Wird etwas unangenehm für den Kollegen Steinmeier, aber da muss er durch. Mitgefangen, mitgehangen.

Das ist doch das Schöne an der Prävention. Wir wissen nicht, was kommt, jeder darf irgendeine dümmliche Horrorvorstellung entwickeln, irgendein Minister sondert in der Presse Sachen ab, die gar nicht realisierbar sind – nehmen Sie das persönlich? gut, dann nehmen Sie das gerne persönlich – und dann werden für teuer Geld sinnlose symbolische Aktionen getätigt. Lebensmittelampel, Netzsperren, Glühlampenverbot, im Flugzeug darf man nur noch in Beton gegossene Zahnpasta mitführen, und dann stellen wir plötzlich fest, dass sich irgendwelche westafrikanischen Viren nicht ans Haustürwiderrufsgesetz halten. Aber daran sind dann ja die Arbeitslosen schuld oder Frauen in Führungspositionen.

Wir machen das rein präventiv, Herr Altmaier. Da wir nicht wissen, was Sie im Ausland alles so anstellen würden, und da wir andererseits auch eine ungefähre Vorstellung davon haben, wozu Sie in der Lage sind – meckern Sie nicht, Sie sind Teil der Bundesregierung und haben sich von dieser noch nicht ein einziges Mal distanziert, und was für muslimische Staatsbürger recht ist, wird doch für Sie auch nur billig sein, oder? – lassen wir Sie einfach nicht mehr ins Ausland. Wir haben das einfach so gemacht wie sie: irgendein Depp mit den Resten eines juristischen Staatsexamens zählt sich an den Knöpfen seiner Strickweste die Begründung ab, und dann beschließen wir etwas, was sich als Schlagzeile gut macht am Stammtisch. Lagerhaft für Flüchtlinge, Fußfessel für Muslime, Asylanten in Privathaushalten. Wir tun doch etwas gegen die Politikverdrossenheit, Herr Altmaier. Wenn wir damit die Bevölkerung erreichen, dann haben wir endlich wieder ein echtes Interesse an der Politik in diesem Land. Gut, nicht unbedingt für Ihre Partei. Aber das werden Sie als lupenreiner Demokrat sicher verschmerzen.

Es könnte natürlich passieren, dass Sie leichte Schwierigkeiten bekommen. Sagen wir mal so: den Alltagsrassismus, den die Bundesregierung, so entschieden bestreitet, den kriegen Sie jetzt ein bisschen stärker ab. Falls Sie mal ein Päckchen auf der Post abholen und nur Ihr Ersatzdokument zur Hand haben, kann es natürlich passieren, dass Sie von einem verfassungstreuen Mitbürger richtig eins aufs Maul kriegen.

Da wir grundrechtsbeschränkende Maßnahmen ab sofort auch im Verdachtsfall anwenden, werden Sie selbstverständlich schon jetzt Ihren Ausweis abgeben, Herr Altmaier. Das ist eben so in diesem Staat, daran sollten Sie sich doch längst gewöhnt haben – was der Richter nicht weiß, macht den Richter nicht heiß, nicht wahr? Das wird jetzt einfach mal so beschlossen, die Justiz hat genug zu tun, und was meinen Sie, wie sich so ein einfacher Polizist freut, wenn er mal Richter spielen darf. Der freut sich ein Asylbewerberheim in den Vorgarten, dass er mit so einer Machtfülle ausgestattet wird. Bei dem Gehalt. Wie gesagt, schon beim Verdacht ist Ihr Personalausweis weg. Wir lassen einfach nicht zu, dass deutscher Staatsterrorismus in andere Länder exportiert wird.

Repression und Prävention, so funktioniert eine vernünftige Doppelstrategie. Wir rechnen ganz fest damit, dass Sie einsichtsfähig sind. Oder haben Sie etwa irgendwas zu verbergen? Ach nichts, ich frage aus Routine. Aber wenn, dann wäre es doch ganz gut, wenn diese Informationen nicht die Grenze überschreiten würden.

Stellen Sie sich locker, Herr Altmaier. Sie bekommen so ein Papierding aus der Steinzeit, nicht mal maschinenlesbar. Und durchaus nicht fälschungssicher. Sie sollen doch bis zur Grenze immer merken: das ist Deutschland hier.“





Kanakland

13 08 2014

„Und vor allem dieses Theater! Soll ein ganzes Land auf diese Schmierenposse hereinfallen, die da inszeniert wird?“ „Richtig, das hat doch nichts mehr mit Demokratie zu tun.“ „In der Mitte von Europa – ein komplettes Volk lässt sich am Nasenring durch die Manege ziehen! Das ist unwürdig!“ „Naja, nicht alle.“ „Aber offensichtlich ist ja eine Mehrheit dazu bereit!“ „Dafür sind wird auch Exportweltmeister.“ „Moment, wovon reden Sie eigentlich? Haben Sie das aus Ankara gar nicht mitgekriegt?“ „Glauben Sie, Berlin wäre besser?“

„Sie wollen Deutschland allen Ernstes mit dieser Bananenrepublik vergleichen? Wie kommen Sie dazu?“ „Gerade richtig. Das Klima mag hier ein bisschen gemäßigter sein, aber sonst? Ich sehe keinen Unterschied.“ „Sie halten einen religiösen Fundamentalisten wie Erdoğan ernsthaft für vergleichbar mit dem, was die Bundesregierung tut?“ „Abgesehen davon, dass Fundamentalismus Religion immer nur als Mittel zum Zweck nutzt: ja. Eine Kanzlerin, die ihren Vulgärprotestantismus als billige Entschuldigung nutzt, um ihre Homophobie gegen die Verfassung zu verteidigen, löst bei mir den gleichen Brechreiz aus.“ „Moment, sie sprach von ihrem Bauchgefühl.“ „Dass ihre Argumentation sowieso wenig mit dem Kopf zu tun hat, war Ihnen hoffentlich vorher klar.“

„Immerhin haben wir in Deutschland keine staatstragend organisierten Kräfte, die den Islam abschaffen wollen.“ „Falls Sie die AfD und Joachim Kardinal Meisner meinen, nein, die sind nicht staatstragend.“ „Ich meine regierungsnahe Kräfte, die zum Hass auf fremde Religionen aufrufen.“ „Ist Ihnen Springer regierungsnah genug?“ „Wie?“ „Fragen Sie die bloß nicht, ob sie sich staatstragend genug verhalten. Sonst wissen Sie, wie sich Katharina Blum gefühlt hat.“ „Versuchen Sie in der Türkei mal eine Kirche zu bauen!“ „Gerne, wenn Sie versuchen, hier unbehelligt eine Moschee zu betreten.“

„Was soll dieser ganze religiöse Mist, die Türkei funktioniert einfach nicht nach europäischen Standards.“ „Aber nach deutschen.“ „Ein Wirtschaftswachstum, das komplett auf Blasen aufgebaut ist?“ „Wie gesagt, wir sind Exportweltmeister und haben unser Kapital immer hübsch in Krisenstaaten gebunkert.“ „Haben Sie sich mal die Sicherheitsstandards in türkischen Kohlegruben angesehen?“ „Falls Sie die Sicherheitsstandards des Schienennetzes der Deutschen Bahn AG kennen, wissen Sie zufällig, wie genau das Staatsunternehmen sie einhält?“ „Sie wollen mir nicht erzählen, dass die deutsche Regierung Twitter abschalten lässt, wenn die Bevölkerung sich kritisch äußert?“ „Hier klinkt sich nur der Bayerische Rundfunk aus, wenn ein paar linke Künstler im Fernsehen auftreten, und ein Bundesinnenminister, der Guantanamo für so lange vertretbar hält, bis es menschenrechtskonforme Konzentrationslager gibt, schwadroniert von einem Notausknopf für das deutsche Internet. Möglich, dass sie Erdoğan beneiden, aber sie haben es technisch noch nicht geschafft, ihn nachzumachen. Weil wir von Bekloppten regiert werden.“ „Entschuldigung, das ist Deutschland hier.“ „Das ist Kanakland. Hier. Dort. Überall.“ „Gezi-Park?“ „Schlosspark.“

„Aber Sie müssen doch zugeben, diese ganze nationalistische Hetze – Türkentum! – das ist doch alles indiskutabel.“ „Richtig, da machen wir lieber mal zwei Dutzend erwerbslose Bulgaren für ein Milliardendefizit verantwortlich, anstatt deutsche Steuerhinterzieher vor Gericht zu stellen.“ „Sie lenken schon wieder ab! Dieser völlig übersteigerte Nationalismus…“ „… der ja damals schon zu Adülf Hütlür geführt hat, weiß man doch.“ „… ist doch in Deutschland genau so da. Diese Leute werden hier angestachelt!“ „Neukölln ist nicht überall. Mitte ist überall, und das ist schlimm genug.“

„Dann frage ich mich, warum so viele Idioten diesen Mann wählen. Der hat doch jetzt schon gedroht, dass er als Präsident den Premierminister bestimmen will.“ „Merkel ist ja auch egal, wer unter ihr als Bundespräsident herumhampelt.“ „Und trotzdem werden solche Leute gewählt.“ „Weil sie die Stimmen kaufen.“ „Aber in der Türkei sind es nur die bildungsfernen Schichten, denen man Versprechen macht.“ „Die Anträge für die Herdprämie bekommen Sie auch hier nur als Besserverdiener fertig ausgefüllt in den Briefkasten. Wenn Sie Fabrikarbeiter sind, hat Ihr Bezirksamt keine Ahnung, ob Ihnen das Geld überhaupt zusteht. Sie dürfen es nur finanzieren.“ „Wer kein Geld hat, wird beschissen.“ „Und mit einer Version von paternalistischem Polizeistaat eingelullt, wie ihn diese uckermärkische Kippfigur bereits im Stalinismus zu schätzen gelernt hat.“ „Ich glaube langsam, Sie könnten Recht haben.“ „Vielleicht sind wir doch noch nicht ganz so weit. In der Türkei gibt es bei den Wahlen ja immer Stromausfälle, weil landesweit Katzen in die Transformatorenhäuschen einbrechen.“ „Dafür haben wir eine Regierung, die sich beharrlich weigert, das Wahlgesetz an die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts anzupassen. Ich frage Sie, ist das gemerkelt?“ „Nö. Das ist getürkt.“





Trullala

13 01 2014

„Dann sagen wir jetzt noch etwas für die Maut.“ „Wir dann auch.“ „Nee, wir haben ja schon.“ „Aber dann können wir doch trotzdem…“ „Wollt Ihr denn überhaupt? Ich meine, Ihr müsst ja nicht.“ „Also wollen würden wir schon, aber wir sollen ja nicht so unbedingt.“ „Ist schon schwierig.“ „Stimmt, diese Koalition ist anstrengend. Man weiß nie, wer wofür ist.“

„Nächster Tagesordnungspunkt könnte dann die Energiewende sein.“ „Also jetzt unsere?“ „Ja sicher, wir sind jetzt schließlich eine Regierung.“ „Nein, unsere. Wir. Nicht Ihr.“ „Ach so. Hm. Ist denn da noch ein Unterschied?“ „Ich dachte, weil bis vor der Wahl Opposition und Regierung noch nicht derselben Meinung waren.“ „Und jetzt?“ „Auch nicht, aber jetzt ist die Regierung ja die frühere Opposition.“ „Mann, das ist echt total anstrengend. Man weiß gar nicht mehr, was man noch denken soll.“ „Oder ob überhaupt.“ „Seit wir eine Koalition sind, müssten wir ja eigentlich gar nicht mehr.“ „Stimmt, jetzt ist es irgendwie auch egal.“

„Aber wir sollten uns besser abstimmen.“ „Findet Ihr?“ „Neulich haben zwei von uns geredet, und dann habt Ihr hinterher dasselbe gesagt.“ „Echt?“ „Haargenau dasselbe.“ „Das könnte vermutlich daran liegen, dass wir jetzt eine Koalition sind und gemeinsam in der Regierung.“ „Aber haargenau dasselbe!“ „Sollen wir uns jetzt immer abstimmen, wer da was sagt?“ „Müssten wir wohl.“ „Aber warum eigentlich? Wir sind doch beide Regierung, da kann’s doch nicht schaden, wenn man auch mal geschlossen auftritt.“ „Aber Ihr müsst doch nicht immer haargenau dasselbe sagen wie wir. Sagt doch einfach mal, was Ihr denkt.“ „Tun wir doch. Wir denken eben dasselbe, seitdem wir mit Euch eine Koalition sind.“

„Was mich noch stört, da hört überhaupt keiner mehr zu.“ „Findet Ihr?“ „Klar, von Euch ist doch so gut wie keiner mehr da.“ „Wir könnt Ihr das überhaupt beurteilen, wenn von Euch auch keiner mehr da ist?“ „Müssen wir doch auch gar nicht. Wir wissen doch sowieso, dass Ihr wieder nur dasselbe sagt wie wir.“ „Eben, und weil wir das wissen, müssen wir ja auch nicht mehr ständig da sein.“ „Wieso redet Ihr denn dann überhaupt noch?“ „Ist doch klar, für die Opposition.“ „Die gibt’s doch gar nicht mehr.“ „Wieso?“ „Weil wir jetzt beide in der…“ „Habt Ihr vergessen, dass da noch die beiden anderen sind?“ „Wer? Ach, die. Stimmt.“ „Das ist die Opposition.“ „Richtig, hatte ich total vergessen. Aber muss man für die reden?“ „Finde ich schon. Weil die nämlich nicht so denken wie wir.“ „Wieso nicht?“ „Weil sie ja sonst nicht Opposition wären, oder?“ „Und deshalb müssen wir reden?“ „Weil die zuhören. Einer muss das ja machen, wenn von Euch schon keiner mehr da ist.“

„Was steht denn für nächste Woche auf dem Programm?“ „Haben wir schon Zuwanderung?“ „Muss ich mal nachfragen. Wer sagt denn da was?“ „Wollt Ihr das vorher abklären? Nicht, dass wir da nicht einer Meinung sind.“ „Wieso, vorhin hat’s Euch doch noch gestört?“ „Aber wir müssen bei den wichtigen Themen auch Geschlossenheit zeigen und das machen, was im Koalitionsvertrag steht.“ „Da steht doch aber gar nichts.“ „Dann kann man da eben auch nichts machen.“ „Aber wir haben da klare Positionen in den Parteien.“ „Richtig, aber es geht hier nun mal nicht um Parteipolitik. Wir sind in einer Koalition und…“ „Man muss sich doch auch mal streiten können.“ „… sollten aus der Kontroverse handlungsfähig herauskommen.“ „Und dann als Regierung eine gemeinsame Linie finden?“ „Bloß nicht, sonst kommt gleich wieder das Bundesverfassungsgericht und wir können wieder ganz von vorne anfangen.“

„Und was machen wir, wenn die Themen wirklich kontrovers werden?“ „Was schwebt Euch vor?“ „Naja, Vorratsdatenspeicherung, Drohnen, Bundestrojaner, so Sachen halt.“ „Dann diskutieren wir halt kontrovers.“ „Wir sind doch beide dafür?“ „Das muss doch aber keiner wissen, oder? Zumindest nicht vor der Abstimmung.“ „Also dann überzeugt einer der anderen?“ „So war das gedacht. Kann man ja mal probieren.“ „Aber wenn doch keiner im Bundestag sitzt?“ „Mist, das hatte ich jetzt vollkommen vergessen.“ „Dann machen das doch für die Opposition.“ „Was machen wir für die Opposition?“ „Reden halt. Irgendwas müssen wir da doch machen. Kann sich doch keiner hinstellen und Tri-Tra-Trullalla sagen.“ „Wieso denn nicht?“ „Das kommt international nicht so gut an.“ „Meint Ihr?“ „Und wenn das mal einer entdeckt, wenn wir in die Wirtschaft wechseln wollen, dann haben wir auch ein Problem.“ „Au weia!“

„Also dann nächste Woche irgendwas über Europa und die Maut, und dann Rente mit 63.“ „Macht mal lieber nichts Schwieriges, sonst muss sich unsere Fraktion wieder in alles einlesen.“ „Gut, dann erst noch mal eine Regierungserklärung, und Ihr könnt ja irgendwas zur Lage der Nation erzählen.“ „Und was?“ „Keine Ahnung.“ „Worüber sollen wir denn überhaupt reden? Was passiert denn momentan politisch in Deutschland?“ „Hm, dann macht es doch wie wir. Wir erfahren das jeden Morgen aus der Zeitung.“





Präsenspflicht

8 08 2013

Sie strich nicht in den Texten herum, sie redigierte. Ilse Förtner kringelte mit dem Rotstift ein Wort nach dem anderen an und verbesserte. Das also war das Institut für Gegenwartskunde.

Genau genommen war dies ein gemietetes Zimmerchen in der Volkshochschule, in dem die ehemalige Geschichtslehrerin – sie hatte ihren Beruf an den Nagel gehängt, und man berichtet, sie sei an ihrem letzten Tag mitten in eine rauschende Party hineingeraten, zu der sie keiner eingeladen hatte, ein komischer Zufall – die Kommunikation ihres Landesverbandes unter die Lupe nahm. „Die Auseinandersetzung mit den Themen unserer Gegenwart ist eine Gegenwärtige“, verkündete sie. „Wir werden uns auf die Dinge konzentrieren, die sind. Damit schaffen wir zugleich Sicherheit.“ Der Rotstift kritzelte unvermittelt weiter. Dabei fiel mir auf, dass sie sich nur mit den Verben aufhielt, genauer gesagt: mit den Zeitformen. „Sie streichen jede Vergangenheitsform als Fehler an?“ Energisch schüttelte sie den Kopf. „Jede Form, die nicht der Gegenwart entspricht. Etwas anderes hat in unserer Wirklichkeit keinen Platz mehr. Wir müssen die Menschen zu mehr Gegenwärtigkeit erziehen.“ Tatsächlich strich Fräulein Förtner, und auf die Anrede legte sie immer noch größten Wert, auch alles Zukünftige. Ich verdrehte die Augen.

„Alle wollen heute Aussagen über die Zukunft treffen“, beklagte die ehemalige Pädagogin. „Aber wozu denn? Können wir jetzt schon sagen, was morgen ist?“ „Sein wird“, rügte ich. „Was morgen sein wird.“ „Ist“, zischte sie dazwischen. „In diesem Land verändert sich nichts, weil sich auch nichts verändern muss. Dies ist die beste aller möglichen Welten, deshalb sorgen wir auch dafür, dass sie im Bewusstsein unserer Bürger genau so erhalten bleibt.“ „Durch das Präsens?“ Sie funkelte mich böse an. „Wie denn sonst?“

Ich sah ihr über die Schulter. Die deutsche Wirtschaft wächst in den kommenden vier Jahren stärker als erwartet. „Lassen Sie sich nicht stören“, begann ich, „aber woher wissen Sie, was ich erwartet hatte?“ „Was Sie erwarten“, fiel mir Förtner ins Wort. „Hier zählt die Gegenwart, nichts als das Gegenwärtige, verstehen Sie?“ „Durchaus“, antwortete ich, „nur: wenn das Gegenwärtige zählt, warum stellen Sie dann Mutmaßungen über die Zukunft an?“ „Das ist eine Aussage“, schrie sie. Ganz erschrocken über den plötzlichen Ausbruch strich sie unkonzentriert auf dem Papier herum. „Das ist eine Aussage, und Sie wissen, dass sie nicht zu widerlegen ist.“ „Sie ist sehr wohl zu widerlegen“, insistierte ich, „denn alle Erwartung ist ja erst erfüllt oder nicht erfüllt durch die Zukunft – oder habe ich das falsch verstanden?“ „Sie verstehen das falsch“, antwortete sie, bereits mit dem deutlichen Unterton der Erschöpfung.

Doch ich merkte, dass es gar nicht an diesem einen Sätzchen hing; mehr stand dahinter. Etwa ein allumfassender Determinismus, die Ergebung in ein göttliches Schicksal, das keiner weiteren Analyse mehr bedurfte? „Die Zukunft ist so, wie wir sie uns heute errechnen.“ Hektisch ordnete sie ihre Knöpfe; keiner war zu beanstanden gewesen. „Dann geht es Ihnen wohl nur darum, die Zeit anzuhalten?“ Sie biss sofort an. „Ihr Hass auf alles Konservative ist ja krankhaft!“ Vermutlich würde sie im nächsten Augenblick den Stift auswringen. „Es geht Ihnen also nicht nur um Besitzstandswahrung?“

Offenbar hatte Ilse Förtner hier schon das politische Vermächtnis eines halben Jahrhunderts in die Gegenwart gerettet. Die Papierstapel an der Rückseite des Schreibtisches sprachen Bände. „Es wird alles immer schlechter, aber wir verhindern es, indem wir die Gegenwart festhalten.“ „Es wird?“ Sie sah mich irritiert an. „Nein, Sie jagen mich nicht ins Bockshorn – Sie nicht! Das ist ein Vorgang, der im Gegenwärtigen stattfindet, ein Werden, und das ist immer im Jetzt. Sie werden…“ Sie verstummte. Offenbar hatte die Zukunft sie eingeholt.

„Wie können Sie eigentlich so sicher sein“, begann ich, „dass kein unvorhergesehenes Ereignis Ihre Zukunftsplanung zerstört?“ „Es gibt keine unvorhersehbaren Ereignisse“, zischte sie zurück. „Wenn man einen guten Kompass hat, ein klares Wertesystem, dann kann man jede Richtung…“ „Und Naturereignisse?“ Sie glotzte mich an. „Uns passiert kein Naturereignis“, stammelte sie, „das ist hier nicht möglich.“ „Weil sie sich noch nicht angekündigt haben?“ Sie brachte kein Wort heraus. „Ich vergaß, Erdbeben haben ja jetzt Präsenspflicht in Deutschland.“ „Es wird nichts schlechter“, biss sie sich mühsam heraus, sichtlich verzweifelter als zuvor, „es kann nicht schlechter werden.“ „Das könnte sogar stimmen“, antwortete ich, überrascht von meiner eigenen Härte. „Sehr viel schlechter kann das alles ja nicht mehr werden.“ „Sicherheit“, sprudelte sie hervor, „die Sicherheit, dass es so ist, wir sind uns völlig sicher, die Gegenwart ist…“ „Ja, die Gegenwart. Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hole ich der Königin ihr Kind. Dass daraus nichts wurde, sollte sich bis zu Ihnen herumgesprochen haben.“ „Ich verstehe etwas davon.“ Sie drehte den Stift in den Händen wie ein Messer. „Früher, also vor dem hier, bin ich Lehrerin gewesen.“ Sie stutzte. Und verlor die Nerven. „Bin ich! Ich bin!“ Sie fiel auf die Tischplatte. „Bin jetzt, dass ich die Gewesene, das bin ich jetzt! heute!“ Ich stand auf. „Nur im freien Fall ist die Richtung mit einiger Sicherheit vorauszusagen.“ Und ich schloss die Tür hinter mir.





Systemrelevant

24 07 2013

„Ja, mit Ihren Noten würde ich auch studieren. Aber nur mit einer guten Perspektive – ganz recht, man sollte immer den Arbeitsmarkt im Auge haben. Entscheiden Sie sich nicht für irgendeinen Beruf. Entscheiden Sie sich für eine Lebensaufgabe. Werden Sie Terrorist.

Ich würde es jetzt nicht unbedingt als staatlich geförderte Ausbildung bezeichnen, dafür ist das Berufsbild noch viel zu durchlässig. Die Branche ist offen für Quereinsteiger. Wenn Sie beispielsweise vorher Militärerfahrung gesammelt haben oder bei einer Sicherheitsbehörde waren, stehen Ihre Chancen genauso gut wie mit dem klassischen Maschinenbaustudium oder als Elektrotechniker. IT-Kenntnisse werden in letzter Zeit auch zunehmend geschätzt, man macht sich fit für eine integrierte Kriegführung. Am Internet kommt man heute nicht mehr vorbei, ganz recht. Hier in Deutschland haben Sie außerdem den Vorteil der dualen Ausbildung, Sie können eine Universität besuchen und sich zugleich in ideologischen Kursen radikalisieren. Gerne auch im Internet. Wir haben grundgesetzlich verankerte Religionsfreiheit. Wenn Sie die Demokratie als katholischer Fundamentalist hassen, das steht Ihnen frei.

Das Berufsbild ist vielschichtig, ganz recht. Sie können sich frühzeitig spezialisieren, Sie können nach der Ausbildung auch erstmal in die zivile Wirtschaft gehen oder in die Verwaltung – wie gesagt, das Berufsbild ist vielschichtig – oder sich selbstständig machen. In wenigen anderen Berufen ist man so flexibel. Selbstverständlich lassen sich Beruf und Familie sehr gut in Einklang bringen. Die meisten Arbeitgeber ermöglichen Ihnen schon frühzeitig eine Elternzeit, die Sie als Schläfer im Home Office verbringen können.

Auch unter bildungspolitischem Aspekt kann ich Ihnen das nur empfehlen. Stellen Sie sich mal vor, Sie studieren Verfahrenstechnik, und dann landen Sie nach zwei bis drei Jahren Praktikum in einem mittelständischen Unternehmen, wo Sie bis zum Burnout für einen Lohn arbeiten, für den vor zwanzig Jahren kein Klempner den Arsch bewegt hätte. Da bleibt nicht viel Zeit für Weiterbildung. Das ist nichts. Nicht, wenn man wirklich einen erfüllenden Beruf haben will. Werden Sie Terrorist, da haben Sie was Eigenes, etwas fürs Leben.

Gerade Auslandserfahrung wird sehr geschätzt. Ein paar Gastsemester im Nahen Osten, dann haben Sie gleich eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Oder Sie erwerben ein paar Zusatzqualifikationen in der Berufspraxis bei international tätigen Anbietern. Alles auf höchstem technischem Niveau, alles sehr gut organisiert. Sie werden sofort in einem Netzwerk aus Fachkräften sein, wo man Ihre Spezialkenntnisse sehr zu schätzen weiß. Mehr jedenfalls als hier in der Industrie.

Natürlich ist das volkswirtschaftlich auch eine Branche, die schon lange im Fokus steht. Vom Auto hängt ja heute auch eine Menge ab, ganz recht. Aber haben Sie eine Ahnung, was vom Terrorismus alles abhängt? Sicherheitsdienste, Geheimdienste, Rüstungskonzerne, Trojanerprogrammierer, die ganze Telekommunikationsbranche, Briefträger, der Innenminister, meine Güte – eigentlich alles! Wenn da einer einen Nacktscanner hinstellt, der hat doch auch Spulen und Transistoren drin und Zahnräder, und wissen Sie, wer die herstellt? Sie sind eine Schlüsselindustrie, ganz recht, das hat Zukunft! Sie sind systemrelevant, und Sie leben nicht einmal mit dem Makel, Investmentbanker zu sein!

Arbeitsschutz steht an erster Stelle. Das dürfen Sie glauben, ganz recht. Zeitweise werden wir so tun, als würden wir Sie suchen und jagen, aber das werden Sie schnell merken, dass das nur eine Art Ritual ist wie die Terrorwarnungen vor den Wahlen. Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Aufgespürt? aber von wem denn? Von der Polizei? Vom Verfassungsschutz? Sie haben ja einen goldigen Humor. Ach was. Sie werden nicht aufgespürt. Schauen Sie mal, diese Schnüffelprogramme sind doch nur für Falschparker und Regierungskritiker. Wir brauchen ein bisschen Propaganda, PR meine ich, damit man uns den Rechtsstaat abnimmt, aber nach Verbrechern googeln? Das würde unseren gesamten Beamtenapparat intellektuell vollkommen überfordern. Außerdem machen wir das schon so lange – 11. September, Madrid, London, Boston, Bali, Oslo, der NSU, merken Sie was? Na also.

Werden Sie Terrorist. Das ist ein Beruf, auf dem die gesamte Sicherheitsarchitektur der westlichen Staaten ruht. Werden Sie Terrorist, denn dies Land braucht Sie. Tun Sie es für Deutschland. Oder wenigstens für diese Regierung. Oder den Bundesnachrichtendienst. Oder die Qualitätsmedien und das Staatsfernsehen. Die wissen doch sonst gar nicht, wem sie Angst einjagen sollten. Tun Sie es für die Hersteller von Videokameraattrappen. Je größer die Gefahr ist, die theoretisch von Ihnen ausgehen könnte, desto höher wird der Aufwand, den wir zu Verteidigung vor der Gefahr treiben können, und je höher der Aufwand, desto größer die dadurch erzeugte Sicherheit. Sie machen Deutschland sicher. Wirklich sicher. Todsicher.

Werden Sie Terrorist, dann sind Sie auf unserer Seite. Machen Sie mit. Entscheiden Sie sich für die gute Sache. Ihre Rüstung dient dem Frieden. Wenn Sie bitte hier unterschreiben wollen?“