Sündenbock

22 09 2021

„… es in der Union derzeit keinen Konsens gebe. Sicher sei nur, dass das schlechte Abschneiden der CDU ausschließlich von Merkel verursacht worden sei, da sie nicht mehr als Kanzlerin und Vorsitzende der Partei in den…“

„… eine Reaktion aus dem Kanzleramt nicht zu erwarten sei. Die Vorwürfe seien weder neu noch zutreffend, so dass eine Auseinandersetzung in der jetzigen Situation nicht mehr zielführend und…“

„… die Schuld nicht nur bei der Kanzlerin liege, sondern in der Art, wie sie ihn als größten Politiker der Nachkriegszeit davon abgehalten habe, das Land wieder an die Weltspitze zu bringen. Merz sehe sich ganz klar in der Pflicht, als Kanzler und CDU-Vorsitzender die nächsten…“

„… sich aber nicht auf einzelne Politikfelder beschränke, sondern im Gesamtergebnis gesehen werden müsse. Spahn sehe in Merkel immer noch die beste Bundeskanzlerin der letzten 16 Jahre und werde für den nächsten Bundeskanzler, der seiner Ansicht nach der beste Bundeskanzler der nächsten Jahre sein werde, einer der besten Minister sein, der dann später einmal als der…“

„… liege der Fehler nach Schäubles Ansicht darin, dass Merkel zwar noch Kanzlerin sei, durch ihren Rücktritt als CDU-Vorsitzende aber den für die letzten Wahlen typischen Amtsbonus nicht mehr in die…“

„… nicht bestätigt werden könne. Es gebe für Mitglieder der Parteispitze keine therapeutischen Angebote, diese seien auch nicht angefragt worden, da man sich entschlossen habe, durch weitere zum Teil konstruktive Diskussionen in der…“

„… dass sich die Union insgesamt sehr stark verändern müsse, personell und inhaltlich, um die vergangenen Jahre hinter sich zu lassen und mit modernen Impulsen die Gesellschaft zu gestalten. Merz sei überzeugt, dass nur er dies leisten könne, und werde daher unmittelbar nach der Wahl als neuer Vorsitzender der…“

„… habe Schäuble zu Bedenken gegeben, dass eine Vorsitzende Merkel durch ihre Möglichkeiten im Wahlkampf auch nach einem Rücktritt als Kanzlerin in der Mitte der Legislatur eine viel bessere Basis für einen erfolgreichen…“

„… auch Kräfte in der Union stärken müsse, die bisher bundespolitisch noch nicht in Spitzenämtern gewesen und daher unbelastet seien. Amthor sei für diese Erfahrung noch zu jung, deshalb wolle man ihn erst in einigen Jahrzehnten mit der…“

„… aber nicht für die Fehler von Ministern verantwortlich gemacht werden dürfe. Außerdem sei für Söder die traditionelle Besetzung des Verkehrsressorts mit einem Christsozialen absolut unproblematisch gewesen, was auch an der starken Zustimmung innerhalb Bayerns und den…“

„… durchaus Erfahrung in wichtigen Bereichen wie Korruption und Veruntreuung vorweise und mit vielen gewaltbereiten Rechtsextremisten vernetzt sei. Spahn sehe in Amthor einen ausreichend qualifizierte Kandidaten für den Parteivorsitz, den er durch loyale Unterstützung fördern werde, um in einigen Jahren eventuell selbst als…“

„… eine gemeinsame Kandidatensuche nicht parteiintern geklärt werden könne, da man dazu auch die Basis befragen müsse. Sollte es dennoch auf eine Kür des Sündenbocks hinauslaufen, werde Merz sich der Wahl nicht stellen, da er genügend Zeit brauche, um eine Übernahme von Regierung und Vorsitz der…“

„… sei es ein Versäumnis der Bundeskanzlerin, dass sie in den letzten Jahren Umweltministerinnen der SPD ins Kabinett berufen habe. Da das Klima nicht durch eigene Parteipolitik bekämpft worden sei, habe sich die Opposition nun mit…“

„… von allen Parteiämtern entbinden werde. Merkel habe auf diesen Vorstoß ihrer Kritiker nicht reagiert, da sie nach der Amtsübergabe ohnehin in den Ruhestand gehe und keine weiteren…“

„… müsse sich die Kanzlerin anrechnen lassen, dass sie nicht genügend auf die Expertise zweier SPD-Umweltministerinnen vertraut habe, sondern durch parteiinterne Politik Versäumnisse in der…“

„… dem Bundesvorstand negative Energien verleihe. Die öffentliche Diskussion zwischen Merz und Schäuble, wer mehr unter Merkel gelitten habe, sei nicht mehr produktiv für den…“

„… dass in den letzten Legislaturen ein viel zu christliches Profil die Politik bestimmt habe. So sei die wirtschaftliche Kompetenz wichtiger Fachleute in den Bereichen Rente, Pflege oder Wohnen stark in Misskredit geraten, was sich nun auf die…“

„… sich der rechte Parteiflügel offen für einen Ausschluss von Merkel ausgesprochen habe. Zwar habe man sich in den vergangenen Jahren in vielen außerparlamentarischen Beschäftigungen schnell bereichern können, doch werde die Nachhaltigkeit dieser Geschäftsmodelle durch den Verlust der Kanzlerschaft viel zu plötzlich unterbrochen, um neue Geldquellen jenseits einer…“

„… beispielsweise bei der FDP zur Entwicklung eines mitfühlenden Liberalismus geführt habe, der mehrere Tage lang in den Medien präsent gewesen sei. Laschet müsse bis zum Vorabend der Wahl eine deutliche Distanzierung von der Bundeskanzlerin zeigen, indem er ein Ohne-Mutti-Weiter-so als neue Brückenlösung bis zu einer…“

„… mit der parteiinternen Aufarbeitung der aktuellen Lage durchaus zufrieden sei. Immerhin spare sich die CDU komplizierte Wahlanalysen und könne gleich in den Prozess der Selbstzerstörung übergehen. Merkel sehe dies mit tiefer Befriedigung und einer gewissen…“





Fossile Brennstoffe

21 09 2017

„… damit gerechnet habe, dass Schäuble sein Amt als Bundesfinanzminister nach Vollendung seines 75. Lebensjahres nicht mehr…“

„… damit rechnen müsse, dass sich jüngere Wähler von der Union abwenden würden. Die Altersgruppe der 60-Jährigen würde Ströbele und Gysi als wesentlich vitaler im Vergleich zu…“

„… sich nicht sicher sei, ob er nochmals den Parteivorsitz übernehmen wolle. Die CDU habe nach eigenen Aussagen zeitnah alle Spuren einer Beteiligung an den Spenden in den…“

„… einen Werbevertrag angeboten habe. Dass Schäuble den Zementhersteller in einer dreijährigen Dauerkampagne als Graue Eminenz verkörpern wolle, sei allgemein auf große…“

„… eine Zweitkarriere als Altersvorsitzender des Deutschen Bundestages ins Auge fasse. Sollte die AfD ab 2021 noch dem Parlament angehören, werde er durch kontinuierlichen Rechtsrutsch auch in den Bereich des…“

„… die Stiftung Deutsches Mittelalter nicht über die Antwort sprechen wolle, die ihnen der ehemalige Bundesinnenminister auf die Anfrage einer…“

„… nicht geklärt worden sei, ob er sich als Bundesvorsitzender der Stiftung Demenz und Politik zur Verfügung stellen wolle. Die Institution habe er zwar mehrmals mit größeren Beträgen unterstützen wollen, es sei aber fast immer…“

„… aus verschiedenen Gründen für die fossilen Brennstoffe einsetzen könne, die er während ihrer Entstehung selbst noch…“

„… Rabatte der Bundestagsverwaltung nicht nach Erreichen einer jeweiligen Altersgrenze, sondern kumulativ gewährt würden. So würde der Geschäftsbereich bei Taxifahrten keine Gebühren erheben, sondern pro Kilometer noch drei Euro…“

„… Werbung für einen Hersteller von Büromöbeln machen könne. Die Produktserie mit einer extra großen Schreibtischschublade könne sich in den…“

„… zum Altersvorsitz im EU-Parlament machen wolle, da Geißler nun nicht mehr als…“

„… das deutsche Abhörwesen um eine Person erweitern könne, die damals noch die Ausläufer des Kalten Krieges…“

„… ursprünglich habe warten wollen, bis alle Urenkel sich durch ein Landtagsmandat in die…“

„… fühle sich Schäuble für das Amt des Bundespräsidenten nicht reif genug und wolle erst nach weiteren zehn Jahren Bedenkzeit in die…“

„… als politisches Lebenswerk die Rente mit 90 fertigstellen wolle, die er jedoch aus eigener Anschauung für mindestens…“

„… angesichts der starken Überalterung eine Fusionierung von SPD, CDU, CSU und Grünen für eine lohnenswerte Aufgabe halte, wenn dadurch die endgültige Entmachtung Seehofers…“

„… dass die schwarze Null in Gestalt von Spahn eine ganz andere Bedeutung erhalte als die bisher…“

„… sich zum Geburtstag gewünscht habe, noch einmal offiziell als Vizekanzler der…“

„… auch nach seinem Ableben im Bundestag aufbewahrt werden wolle, da sich seine Frau sonst beschwere, dass er ihr im Haushalt auf die…“

„… die FDP auf das Finanzministerium hoffe. Schäuble indes habe mehrere Aspiranten auf die Stellung des Parlamentarischen Staatssekretärs vor Jahrzehnten als geistig nicht besonders…“

„… das Wirtschaftswachstum in der Eurozone, das die CDU herbeirede, obwohl es der deutschen Politik nachhaltig schade, nachhaltig bekämpfen müsse. Es sei dem lang gedienten Unionisten bisher noch nicht gelungen, einen ebenso vehementen Verfechter des…“

„… die Transaktionssteuer verhindern müsse, die sonst Deutschland sofort an den Rand einer sozialistischen…“

„… öfter als jeder andere die Abschaffung der Verfassungsorgane, gerne auch unter Zuhilfenahme von Polizei, Bundeswehr und Volkssturm, gefordert habe. Höcke habe zur Zernichtung des verjudeten Merkelpacks, das die Deutschheit arischer Helden in die Blutschlacht gegen ein…“

„… mehrere Waffenhändler übereinstimmend ausgesagt hätten, dass sie seine Beschäftigung im Rahmen eines Beratervertrages nicht oder nicht wissentlich beauftragt oder durch vertraglich festgelegtes Entgelt, das in Deutschland versteuert oder steuerlich angegeben oder im Sinne des…“

„… im Falle einer Regierungsbeteiligung der Grünen einen Betrag von umgerechnet zehntausend Mark für den…“

„… eine zurückgehende Arbeitslosigkeit nicht dulde, da sie die Kapazitäten der Industrie nur in Hinblick auf das zu bekämpfende Allgemeinwohl in den…“

„… habe das Präsidium die Jubiläumsausgabe des Rechenschaftsberichts der Christdemokraten mit einer besonderen Widmung an den ehemaligen Vorsitzenden der…“

„… noch kein Einverständnis gegeben habe. Die Partei habe beschlossen, Schäuble als Vorsitzenden der Jungen Union mit einem besonderen…“





Mad Men

13 07 2015

„Sofort eine Million neuer Arbeitsplätze? und dreißig Prozent Mehrwertsteuer?“ „Eben.“ „Das ist doch, entschuldigen Sie mal, das ist doch der größte Blödsinn, den je ein…“ „Ihnen kann das doch völlig egal sein, wir fordern es doch nicht von den Deutschen.“ „Aber von Griechenland, und da macht das doch erst recht keinen Sinn.“ „Deshalb fordern wir es ja.“

„Wie soll man denn eine Million Arbeitsplätze aus dem Boden stampfen?“ „Das ist mir doch egal.“ „Sie fordern also, obwohl Sie überhaupt nicht wissen, wie das realistisch umzusetzen wäre?“ „Das ist schließlich nicht unsere Aufgabe. Wir stellen nur die Forderungen, und die Griechen sind bisher immer so ein kreatives Volk gewesen, die können sich mal überlegen, wie sie mit den deutschen Forderungen zurechtkommen.“ „Und wenn die es gar nicht schaffen?“ „Das dürfte ein Problem sein, zum Glück nicht meins.“ „Sie sind ja komplett wahnsinnig.“ „Ja, warum?“ „Weil ich langsam den Eindruck bekommen, dass Ihr Wahnsinn Methode hat.“ „Nicht ganz, er ist die Methode selbst. Wahnsinn ist unsere Methode.“

„Ein methodisches Vorgehen auf der Basis von Wahnsinn?“ „Was stört Sie daran? Dass es nicht funktioniert?“ „Im Gegenteil, es funktioniert seit Jahren.“ „Dann verstehe ich nicht, warum Sie so aufgebracht sind.“ „Es ist absolut unvernünftig, sich in einer solche Situation so zu verhalten!“ „Ach was, das kommt Ihnen nur so vor. Wir gehen dabei äußerst planvoll vor und ziehen alle möglichen Konsequenzen in Erwägung.“ „Das müssen Sie mir erklären.“ „Ein kleines Kind im Supermarkt will Bonbons, es will sie unbedingt. Was wird es tun?“ „Schreien?“ „Schreien, sich auf den Boden werfen, die Gurkengläser aus den Regalen fegen. Warum?“ „Weil es dann die Bonbons kriegt?“ „Falsch. Die sind ja bloß ein Etappenziel. Wir arbeiten jedoch an einer längerfristigen Strategie und wollen uns ihren immerwährenden Erfolg sichern.“ „Also immer Bonbons?“ „Und jedes Stofftier, Eis, länger Aufbleiben, ins Schwimmbad, und so weiter, und so fort.“ „Dann bedarf es doch nicht unbedingt solcher extremen Aktionen wie die im Supermarkt.“ „Doch. Sie ist der Grundstein unserer Strategie. Wissen Sie, warum das Kind sich auf den Boden wirft und die Gurkengläser zerdeppert?“ „Weil es seinen Willen unbedingt durchsetzen will, ohne Rücksicht auf Verluste?“ „Wieder falsch. Weil es nicht verantwortlich ist.“

„Sie sind gar nicht verantwortlich, wenn Sie von den Griechen die Kürzung ihres Militärbudgets verlangen, gleichzeitig aber darauf bestehen, dass die deutschen U-Boote, die keiner braucht, weiter gekauft und bezahlt werden?“ „Natürlich nicht. Der Vorschlag ist, entschuldigen Sie, der größte…“ „Ich weiß. Wer so etwas öffentlich äußert, ist ein geistig zurückgebliebenes Arschloch.“ „Aber…“ „Doch, das sind wir. Und damit sind wir definitiv nicht mehr zurechnungsfähig.“ „Das kann doch nicht ihr Ziel sein.“ „Warum nicht? Wenn jemand nicht mehr zurechnungsfähig ist, und Sie wissen es, geben Sie ihm dann die Bonbons?“ „Ich weiß es nicht. Vielleicht. Doch, ja.“ „Weil Sie nicht wollen, dass Sie das Kind immer wieder in diese furchtbaren Situationen bringt und immer tiefer reinreitet und Ihren guten Ruf beschädigt. Sie sind verantwortlich für das Kind. Ihr Problem.“

„Also fordern Sie Dinge von Griechenland, die nicht oder nur sehr schwer überhaupt zu realisieren sind.“ „Keiner hält uns mehr für ansatzweise vernünftig – wir sind tobsüchtige, durchgeknallte Irre, denen man besser nicht zu nah kommt.“ „Sie setzen also ganz bewusst darauf, dass verschuldete Nationen Sie für wahnsinnig halten.“ „Richtig, wir streuen das Gerücht, dass ein paar unserer Minister mit Schaum vorm Mund regieren und regelmäßig in die Kabinettstischkante beißen.“ „Und mit welchem Erfolg?“ „Sie nehmen jeden unserer Vorschläge an und tun, was wir ihnen befehlen. Ihnen ist klar, sobald wir noch mehr am Rad drehen, wird es unter Umständen noch schlimmer.“ „Ist das überhaupt noch vorstellbar?“ „Denken Sie immer daran: wir sind unzurechnungsfähig. So viel blühende Fantasie können Sie als vernünftiger Mensch gar nicht haben, wie sich unser Wahnsinn gebärdet.“

„Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ist das denn glaubwürdig?“ „Warum nicht?“ „Wir schaden doch langfristig unseren eigenen Interessen, wenn wir diese Maßnahmen gegen Griechenland durchsetzen – wir sind doch nicht mehr glaubwürdig.“ „Eben. Aber es ist immerhin Verlass darauf, dass wir uns gleich bleiben. Worauf wird man eher vertrauen: darauf, dass ein Vernünftiger immer und überall die Nerven behält, oder darauf, dass ein Verrückter irgendwann eine Bombe schmeißen könnte?“ „Ich weiß nicht.“ „Drücken Sie einem verrückten eine Bombe in die Hand, das gibt Ihnen Sicherheit. Er wird nicht erst überlegen, ob er sich mit dem Ding selbst in die Luft sprengen könnte, und Sie können eine entscheidende Größe in der Rechnung vernachlässigen. Wir sind absolut unberechenbar, und deshalb sind wir ein so zuverlässiger Partner – im Gegensatz zu den anderen.“ „Und wenn die Griechen jetzt noch mal so eine Abstimmung machen und…“ „Geben Sie sich keine Mühe. Die Griechen sind nicht gefährlich.“ „Warum nicht?“ „Raten Sie mal: wer hat die Bombe?“





Wahlverwandtschaft

28 01 2015

„Und bitte nicht wieder diese Bayernpartei, Frau Merkel. Wir sind ja echt tolerant, wir haben Texaner und wir haben Palin, aber bitte nicht wieder diese Bayern. Bilden Sie einfach eine Regierung aus ganz normalen Menschen, die auch zurechnungsfähig sind. Mehr verlangen wir ja schon gar nicht mehr.

Natürlich können Sie diesen Horst wieder ins Kabinett berufen, oder Sie schauen einfach weg, wenn er doch wieder Vorsitzender der Bayernpartei wird. Aber wir würden uns sehr viel mehr freuen, dass die Wirtschaft wieder gute deutsche Produkte importiert, weil Frau Merkel eine verlässliche und jederzeit vorhersehbare Regierung gebildet hat, wie man es von ihr erwarten konnte. Können wir doch, oder? Lassen Sie uns nicht im Stich! Wir müssten sonst doch noch mal nachdenken, ob wir den Euro wirklich so gut finden.

Sie haben hier in Deutschland doch auch so ein Parteiensystem wie wir. Bei uns sind das zwei sehr konservative Parteien, bei Ihnen sind das zweimal die SPD, und die eine SPD heißt CDU und ist ein bisschen weniger konservativ. Warum machen Sie das nicht einfach so wie wir: mal gewinnen die einen, mal verlieren die anderen? Wir sind doch letztlich beide an einer guten Zusammenarbeit mit den USA interessiert, nicht wahr?

Eigentlich fanden wir diese FDP gar nicht schlecht, Frau Merkel. Ein bisschen farblos, auf der anderen Seite viel zu laut – okay, wir haben wie gesagt Palin, wir haben zweimal Bush durchgestanden und die Tea Party, aber derart wenig Substanz, das ist schon komisch. Und das war erst Westerwelle, der Rest von dieser Partei ist ja noch lächerlicher. Können Sie die nicht irgendwie zurückholen, Frau Merkel? Damit wir sehen, die Deutschen, das sind die Spaßmacher, von denen geht keine ernsthafte Gefahr aus? Sie müssen schon zugeben, ein Außenminister, der sich überall lächerlich macht, das nimmt der Welt schon ein bisschen die Angst vor einem deutschen Angriff.

Unsere Sicherheitsdienste haben gerade in Erfahrung gebracht, dass Sie es demnächst mit den Grünen versuchen wollen. Machen Sie das bitte nicht, Frau Merkel. Das könnte zu Verwerfungen in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit führen, und am Ende wäre davon auch die Politik betroffen. Das ist eine Partei, die wir aus europäischer Sicht gut nachvollziehen können, aber wir sind eben keine Europäer. Und wir wollen eben auch nichts verstehen. Wir sind Amerika. Das reicht uns. Sonst müssten wir uns vielleicht außenpolitisch auch ein bisschen zugeknöpfter verhalten.

Jetzt regen Sie sich nicht so auf. Hat der Typ von den Grünen eine Hanfpflanze auf dem Balkon gehabt, ja oder nein? Also. Und wir können das den Stützen unserer Gesellschaft nicht verkaufen, auch nicht dann, wenn bei uns Marihuana gerade entkriminalisiert wird. Unsere Wähler verfolgen die Nachrichten nicht, die wollen uninformiert bleiben, weil sie sich dann besser aufregen können.

Gut, Sie haben inzwischen eine ganze Partei, die das so macht. Aber noch regieren die nicht.

Sie sollten mal über einen informellen Zusammenschluss von CDU und SPD nachdenken, Frau Merkel. Ganz unverbindlich. Politik aus einem Guss. Wir sind ja, ich hatte das wohl schon erwähnt, immer an einer verlässlichen deutschen Regierung interessiert. Wir planen gerne langfristig, und wenn auch Sie uns versichern können, dass die Deutschen über eine Legislaturperiode hinaus an der Seite ihrer amerikanischen Partner stehen möchten, dann ist das für beide Seiten ein Gewinn. Jedenfalls für Sie, Frau Merkel. Sie müssten sich Ihre Freunde wieder selbst aussuchen, und das in Europa. Keine angenehme Vorstellung, oder?

Beispielsweise dieser Vizekanzler. Im einen Augenblick will er das Freihandelsabkommen um jeden Preis, dann muss er plötzlich auf seine Partei hören. Dann ist er gegen Fremdenfeindlichkeit und pro Islam, und auf einmal redet er mit dieser Partei, die sich als Demonstrationszug verkleidet hat. Dabei ist er schon Vizekanzler geworden, was will der Mann noch sein? der liebe Gott? Sorgen Sie da für Ordnung, Frau Merkel, oder schmeißen Sie den Fisch zurück in die See. Er stinkt.

Überhaupt sollten Sie an die Vorstellung einer absoluten Mehrheit viel entspannter herangehen. Wir schaffen das doch auch. Sie kriegen damit die Grünenweg und den linken Flügel der SPD und die Linke und diese Alternativen und die richtigen Nazis und die Liberalen und den Rest. Sie sind doch so gerne mal konservativ und mal sozial und mal demokratisch. Dann müssen Sie sich auch nicht jedes Mal überlegen, wem Sie auf die Füße treten. Machen Sie es einfach, Frau Merkel. Es ist auch in unserem Interesse.

Sonst müssten wir nämlich der NSA wieder genauer zuhören. Und wir würden uns dafür interessieren, warum wir Ihr Telefon in der Zwischenzeit nicht abhören konnten. Und warum Sie jetzt erst der Verschlüsselung den Kampf ansagen. Das kann doch keiner wollen.

Wie, Probleme? mit uns? Frau Merkel, jetzt überraschen Sie mich aber. Sie haben doch als großer Bruder selbst den Griechen geraten, was sie wählen sollen. Warum sollen denn wir das nicht? Wir, Ihre amerikanischen Freunde. Das sind wir doch, oder?“





Bandenwerbung

9 04 2014

„Das kann doch so nicht weitergehen. Das kann doch so einfach nicht weitergehen! Wenn das einfach so weitergeht, dann haben wir hier bald wieder demokratische Verhältnisse in Deutschland – das kann doch keiner wollen. Es wird Zeit, dass wir da mal rangehen.

Soweit ich mich erinnere, ist das Bundesverfassungsgericht kein Organ der politischen Willensbildung. Warum sollten wir denen ständig Dinge zur Entscheidung vorlegen, die es gar nichts angehen? Sind diese Verfassungsrichter etwas gewählt worden? Eben. Das ist doch keine demokratische Kontrolle. Wir sind hier doch der Willkür von ein paar Juristen ausgesetzt, die überhaupt nicht wissen, was sie anrichten. Beziehungsweise, wenn hier jemand etwas anrichten darf, dann sind das doch wohl wir.

Eine Drei-Prozent-Hürde! Vorratsdatenspeicherung und Luftsicherheit und Rettungsschirm, was glauben denn diese paar Richter, wer sie sind? Die haben doch nicht die Politik zu schützen, sondern die Verfassung, und selbst für die Verfassung haben wir doch auch schon den Verfassungsschutz. Die sind doch einfach nur überflüssig!

Natürlich müsste man auch die Amtszeiten wesentlich verkürzen. Zwölf Jahre, das geht vielleicht für eine Bundeskanzlerin – gut, einen Kanzler hätten wir lieber, aber wir sind da mal nicht so. Das geht ja. Aber für einen Richter? Woanders haben solche Typen eine Probezeit! Sind wir hier in Disneyland?

Klar, es ist jetzt ein bisschen überraschend, dass wir das in der großen Koalition machen, aber wir haben nun mal erst in dieser Konstellation eine vernünftige Mehrheit, die Trottel da haben ja auch so gewählt, weil sie dachten, es gäbe noch inhaltliche Unterschiede zwischen SPD und Union, und wenn wir das nicht jetzt machen, wer macht es denn dann? Die nächste schwarz-grüne Bundesregierung unter Claudia Roth?

Wir hatten auch schon so eine Proporzlösung diskutiert. Vorwiegend für die Franken. Weil die Franken das so wollten. Aus Proporzgründen. Also grundsätzlich könnte man das so machen, nach den einzelnen Regionen, mit konservativem Flügel, Arbeitgeberflügel, Wirtschaftsflügel, wenn die Frauen ansonsten die Fresse halten, können sie auch eine Quotentrulla entsenden, und so kriegen wir das schon hin. Gut, nicht immer. Es gibt so gewisse Kombinationen – nein, ich will nicht darüber reden. Sie kennen das. Hessen, unter dreißig, Frau, kompetenzfrei. Das wird immer noch besser im Kabinett entsorgt als im Bundesverfassungsgericht.

Aber vielleicht könnte man bei solchen Leuten auch mal etwas weniger wählerisch sein. Wir sollten uns flexibler aufstellen, die Durchlässigkeit zur Wirtschaft könnte größer sein, die Synergieeffekte. Wir schieben denen schon solche Nulpen wie Pofalla unter, da können wir doch wenigstens mit personeller Unterstützung aus dem Wirtschaftslager rechnen, oder? Das ist schließlich das Land, in dem die Wirtschaft machen wollen. Da müssen die sich auch mal ein bisschen an der Aufbauarbeit beteiligen. Sonst heißt das am Ende wieder, de Weg war richtig, aber die Umsetzung nicht so wie erwartet. Wir haben das gerade durch mit der Energiewende, ständig dasselbe Theater – wollen Sie sich so etwas geben?

Ehrlich, es ist doch wie mit dem Doping: alle nehmen irgendwas, jeder weiß, wo man das Zeug kriegt, die Trainer reichen untereinander schon mal die Visitenkarten der Dealer weiter, aber wenn einer erwischt wird, dann waren alle unschuldig. Alle! Wir haben das alle vier Jahre im Wahlkampf, das reicht auch schon. Grauenhaft. Aber wenn Sie mich fragen, das ist doch kein Geheimnis mehr. Die einen senken die Steuern für die Hotelbesitzer, die anderen machen den Strom für die Schwerindustrie billiger, damit nicht plötzlich die Golfplätze nach Fernost abwandern. Das ist ein ausgeklügeltes System, das haben wir in mühevoller Kleinarbeit so hingebogen. Und das soll nicht auch im Bundesverfassungsgericht funktionieren?

Lassen Sie uns diese Reform doch gleich im großen Stil machen. Verfassungsgericht vergrößern, Quoten einführen, und wer die meisten Punkt im Ranking hat, darf auch die Verfassungsrichter stellen. Siemens kriegt einen, die Deutsche Bahn, die Atomindustrie darf sich aussuchen, wie viele sie schickt – das muss ja streng nach Recht und Gesetz vorgehen. Nicht, dass hier plötzlich so ein paar vegane Weltverbesserer auftauchen. Dann müsste man das nur noch rechtssicher im Grundgesetz verankern, und dann kann die Commerzbank die neue Grundsatzentscheidung zur Kürzung des Arbeitslosengeldes präsentieren. Der Begriff Bandenwerbung bekäme da gleich eine ganz neue Bedeutung.

Vielleicht kriegen wir das rechtzeitig durch mit dem Freihandelsabkommen, dann haben wir hier ein Gericht, das sich mit Hilfe internationaler Investoren seine eigenen Gesetze zum Schutz vor den Bürgern schreiben kann. Jede Wette, dann werden die Leute auch endlich aufhören, über die EU zu jammern. Glauben Sie mir.

Und dann, mal sehen, was wir als nächstes abschaffen. Haben Sie einen besonderen Wunsch?“





Hitlerhitler

1 04 2014

„… habe Schäuble den russischen Präsidenten mit Adolf Hitler…“

„… nicht der Meinung der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland entspreche. Merkel habe klar zum Ausdruck gebracht, sobald es sich um Straftaten handle, sei nicht mehr sie selbst…“

„… als Bekenntnis zum Feminismus. Die CDU-Frauen hätten es sehr begrüßt, dass nach Clinton und Timoschenko auch Schäuble ein richtiger Hitlervergleich für klare Fronten…“

„… mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen. Die russische Regierung wolle auch weiterhin für die Mütter eine herausragende…“

„… vollkommen falsch verstanden. Das CDU-Präsidium sei immer damit einverstanden, Grüne, Piraten, Arbeitslose, Muslime und Schalke 04 mit Hitler zu vergleichen, da die Bevölkerungsgruppen sich nicht ausreichend…“

„… nur unvollständig zitiert worden. In Wahrheit habe Schäuble nicht Putin, sondern nur dessen Verhalten mit …“

„… auf großes Verständnis bei der NPD gestoßen sei. Der Vorstand der Rechtspartei habe sich erfreut gezeigt, dass der ihnen seit langen Jahren verbundene Politiker auch öffentlich helfe, die Rolle der Opfer des Nationalsozialismus wieder auf eine richtige Spur zu…“

„… gebe es einen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit empfänglichen Putin, einen Hitlerputin, der auch als Putinhitler für die russische…“

„… in bester christdemokratischer Tradition. Nach mehreren Stunden Interview habe Kohl seine Ansicht wiederholt, Gorbatschow sei der schlimmste Hetzer seit…“

„… um ein Fehlurteil gehandelt. Der Finanzminister habe sich verschätzt, es handle sich um ungefähr 100.000 Mark und eine…“

„… um eine Übertreibung, wenngleich um eine bewusste. Vermutlich sei eine Form der außenpolitisch nicht mehr legitimierten Machtausübung gemeint gewesen, in etwa so, wie sie die Bundesregierung in Spanien, Griechenland und…“

„… für den Zentralrat kein Problem, solange Schäuble nicht Jehova…“

„… im Wirtschaftsministerium entstanden. Die mit der Ukraine befasste Arbeitsgruppe Gas sei täglich mit Hitlervergleichen…“

„… müsse die deutsche Bundesregierung erst herausfinden, ob sich hinter der Fassade Putins ein Hitlerhitler…“

„… könne sich Schäuble nicht gegen Finanzhilfen aussprechen gegen Regierungen mit faschistischer Beteiligung, da sonst der Aufbau Ost vollständig in sich…“

„… den Jürgen-Rieger-Preis für Paneuropäische Geschichtsinterpretation zu verleihen. Die Deutungshoheit müsse auf jeden Fall bei den moralischen Siegern der…“

„… um Verzeihung gebeten. Verkehrsminister Sokolow habe betont, hätte er um die Empfindlichkeit der westlichen Bevölkerung gewusst, hätte er auf gar keinen Fall neue Autobahnen…“

„… betrachte Schäuble seine Äußerung weiterhin als deeskalierend, solange er nicht Pol Pot und…“

„… habe Altbischof Meisner bedauert, der Holocaustvergleich für die laufende Woche sei schon besetzt gewesen. Er werde aber seine Warteliste alsbald für den…“

„… möglicherweise gerechtfertigt. Noch nicht abschließend geklärt sei, ob sich Wolfgang Schäuble in seiner konzilianten Art als Chamberlain des 21. Jahrhunderts…“

„… wolle Schäuble die Zahlungsunfähigkeit der Ukraine verhindern. Es sei darum jetzt geboten, Rüstungsgüter für den Export nach Griechenland und Spanien vor allem in…“

„… auf schwere politische Versäumnisse hingewiesen. Solange es in Russland kein Guantanamo gebe, dürfe Putin auch nicht über die Menschenrechtsverletzungen der europäischen…“

„… verteidigt. Als Mittel der außenpolitischen Auseinandersetzung sei der Hitlervergleich spätestens seit Herta Däubler-Gmelin in der Regierungsarbeit…“

„… sei Schäuble sich keiner eskalierenden Aktion bewusst, da er Mao mit keinem Wort…“

„… man doch wohl noch sagen dürfen müssen könne. Sarrazin wisse aus absolut sicherer Quelle, dass schon Putins Mutter eine ostisch-parasitäre Kopftuchträgerin…“

„… gar nicht so schlimm. Kauder habe betont, viele deutsche Bürger hätten den NS-Staat teils ohne große gesundheitliche und weltanschauliche Beeinträchtigungen überstanden, weshalb man einen Hitlervergleich als gar nicht so sehr…“

„… als Zeichen der Völkerverständigung wissen wolle. Wenn Teile der ukrainischen Regierung die Feindschaft zu Deutschen, Juden und anderen rassefremden Elementen propagiere, müsse man mit christlicher Nächstenliebe für eine…“

„… um eine abwiegelnde Wortwahl bedacht gewesen sei, da Schäuble nicht die Absicht gehabt habe, Ulbricht zu…“

„… und habe Schäuble ihr uneingeschränktes Vertrauen…“





Leerstand

25 03 2013

„Wenn Sie bitte die Schuhe gründlich abtreten wollen, hier ist alles frisch renoviert. Nein, Sie haben sich nicht verhört. Seit der Instandsetzung hat hier im Kanzleramt nichts mehr stattgefunden.

Mit dem Preis werden wir uns schon irgendwie einig. Hauptsache, wir haben einen Käufer. Ist ja für so ein Gebäude nicht ganz einfach. Fast im Originalzustand. Einige Rollstuhlspuren hier ganz rechts, ganz weit rechts. Immer, wenn die Kanzlerin mal nicht da war. Dann hat einer Regierungschef gespielt. Aber sonst, wie gesagt: Originalzustand.

Beachten Sie bitte die trittfeste Auslegeware. Schmutzabweisend. Sollte die Kanzlerin hier einen FDP-Vorsitzenden erledigt haben, einmal mit der Bürste drüber, und gut. Natürlich kriegen Sie hier auch größere Brocken raus. Altmaier lässt hier immer wieder mal etwas fallen. Restbestände der Energiewende. Porentief rein, wie Sie sehen. Kein Stäubchen.

Ob hier regiert wurde? Kann ich Ihnen nicht genau sagen. Wir hatten ab und zu mal etwas Warenverkehr, da wurden Gesetze ausgeliefert, aber ob hier regiert wurde? Tut mir Leid. Dafür haben wir diese schmucken Fettnäpfchen überall. Falls Sie mal eins brauchen, die stehen immer bereit.

Das ist das Ankleidezimmer, da hat die Kanzlerin immer ihre Hosenanzüge aufgehängt. Oder Minister, je nachdem. Bitte den Mindestlohn nicht anzufassen, der ist nur eine Leihgabe. Ja, zur Dekoration. An sich wollte die Regierung den Klimaschutz noch ein Jahr länger mieten, aber der war dann schon vergriffen. Wir haben aber hier in der Putzkammer noch eine sehr gut erhaltene Frauenquote. Unbenutzt.

Sie wissen, die Mieten steigen. Da ist Kauf eine vernünftige Alternative, nicht wahr? Eben. Stolpern Sie bitte nicht, da hinter der Tür stehen ein Meldegesetz und eine – ich sagte, Sie sollten nicht stolpern. Reicht doch, wenn in dieser Regierung immer wieder einer über dieses Meldegesetz gestolpert ist. Sicher, das muss man doch mal feststellen. Und auf der anderen Seite ist das Wahlrecht. Das lehnt da nur so an. Seien Sie vorsichtig. Das kippt. Das sieht von hier schon aus wie ein Unfall.

Das wäre das Gästezimmer. Oben ist noch eins, das war für die Bundespräsidenten vorgesehen. Der letzte hat für seine Übernachtungen immer gezahlt, wissen Sie, deshalb ist das auch so gut in Schuss.

Deshalb ja auch der Leerstand. Die beste Regierung seit der Wiedervereinigung setzt auf Werte, in diesem Fall auf Werterhaltung. Die wissen, wie viel so eine Demokratie wert ist. Deshalb haben sie die auch so gut wie nie benutzt.

Ja, das hier sieht natürlich sehr repräsentativ aus. Große Fenster, Jalousien verkehrt herum – von hier aus sieht man nicht, was sich im Land abspielt, ein perfekter Realitätsfilter, aber man kann sehr gut hineinsehen und arbeitet für die Galerie. Unser Rentenzimmer. Drei Schreibtische, Buche furniert, unbenutzt. Den hier hat sich Frau von der Leyen extra in die Mitte rücken lassen. Doppelter Boden in den Schubfächern, für die Lebensleistungsrente. Ist noch originalverpackt, das Möbel. Schutzfolie mit Packband. Rechnung klebt an der Unterseite, adressiert an den deutschen Steuerzahler. Kostet Sie also extra.

Das Mobiliar wurde nach zwei Gesichtspunkten ausgewählt. Einerseits sollte es gut aussehen, andererseits sollte man immer den Eindruck haben, man könnte hier sogar arbeiten. Wir haben dafür sogar auf Kunst am Bau verzichtet. Wozu auch, hier wurde ja sowieso nicht mehr regiert.

Die Nachbarschaft? Angenehm, kann ich Ihnen versichern. Sehr angenehm. Irgendwo hier in der Nähe muss die SPD sein, aber von der hören Sie sowieso nichts. Kein Mucks. Seitdem Westerwelle in der Außenpolitik nichts mehr zu sagen hat, brauchen wir auch keine Lautsprecheranlage mehr. Die Nachbarn wissen das zu schätzen.

Das Elterngeld hier ist wetterfest. Können Sie sich also auch in den Vorgarten stellen, zwischen die Zwerge. Für die war’s ja auch ursprünglich mal vorgesehen, haha, aber seitdem steht das bei uns hier zwischen den letzten Gesundheitsreformen herum. Gut, hier ist Platz, aber man muss den ganzen Kram ja auch mal abstauben. Wie meinen? Ja, mehr als Abstauben war beim Elterngeld nie vorgesehen. Da haben Sie Recht.

Das Foyer wird so bleiben, das steht ja im Mietvertrag. Aus baulichen Gründen sehen Sie beim Betreten des Kanzleramts als erstes die Eurokrise. Das erweckt den Eindruck, also es soll den Eindruck erwecken, dass hier etwas ist, das den Eindruck erweckt. Sie müssten da schon eine Abstandszahlung, die genaue Höhe weiß ich nicht, aber dafür werden Sie die übernehmen, wenn Sie, und das war ja in Ihrem Interesse, oder?

Sehr gute Lage hier. Ruhig. An und zu kommt mal ein Industrievertreter. Bertelsmann ordert seine Gesetzentwürfe meist schon telefonisch. Gutes Hauspersonal, vier Euro die Stunde. Auch nachts. Mehr können Sie nun wirklich nicht erwarten.

Einziehen? Gut, da wir haben ein Problem. Nein, nicht mit dem Preis. Da werden wir uns schon einig. Nur, äääh… Sie wissen, dass die Kanzlerin das Vorkaufsrecht hat?“





Schuldenschnitt

20 03 2013

„Still, Frau Merkel. Einfach mal die Klappe halten. Ganz still. Sonst kann ich die Spitzen hier nicht schneiden. Meine Güte, können Sie nicht einfach mal nichts tun? Das fällt Ihnen doch sonst auch nicht so schwer?

Softe Wellen, Frau Merkel. Ganz soft. Kommt vorne rein und dann hinten wieder raus. Wie die Energiewende. Aber eher die gepflegte Variante. Und dann schneiden wir den Pony da vorne etwas ab, sagen wir mal: fünf Prozent, und dann sieht die Sache gleich viel besser aus. Ach, keine fünf Prozent? Hätte ich mir denken können, Frau Merkel. Hätte ich mir denken können.

Ein anderer Style. Ganz anders. Sie hätten sagen müssen: die oberen zehn Prozent bleiben nicht ungeschoren, Sie haben gesagt: aus Solidarität erlauben wir den unteren neunzig Prozent, die Schulden des obersten Promilles zu begleichen. Das rächt sich.

Wir könnten hier oben natürlich auch etwas kürzen. Sie kennen sich ja damit aus, Frau Merkel. Allerdings kürzen Sie ja nie oben, Sie schneiden ja unten ab, damit es oben schneller nachwächst. Das sieht grauenhaft aus. Das mache ich nicht, auf gar keinen Fall. Nein! Suchen Sie sich doch einen anderen Coiffeur, wenn es Ihnen nicht passt!

Also was jetzt, ab oder nicht ab? Können Sie sich langsam mal entscheiden, Frau Merkel? Wie, beides? Das geht nicht. Hören Sie mal, wir sind nicht in der Politik. Da funktioniert das vielleicht – Sie holen sich einen von diesen südeuropäischen Marionettenregierungen, der tanzt an in Berlin und erzählt Ihnen, wie toll sich das Land entwickelt, mehr als fünfzig Prozent Jugendarbeitslosigkeit, die Renten sind im Eimer und die Gehälter auch, die Wirtschaft verreckt gerade, aber sonst geht’s allen dufte, und weil sie gerade so schön am Sparen sind, dürfen sie noch mehr sparen, und weil’s ihnen damit so gut geht, dürfen sie als Belohnung unter den Rettungsschirm, den sie selbst bezahlen. Und daraus soll ich jetzt einen Haarschnitt machen. Obwohl Sie das selbst viel besser hinkriegen.

Das ist hier hinten etwas widerspenstig, Frau Merkel. Wie Ihre CDU. Schlechtes Management, manche stehen noch aufrecht. Meine Güte, ich kann es doch auch nicht ändern! Sind das meine Haare? Sie sind doch selbst verantwortlich für die Pflege! Was erwarten Sie von mir? Dass ich jeden Tag in der Bundestagsfraktion vorbeikomme und den Leuten den Kopf wasche?

Stillhalten. Ja, da ist ein Wirbel. Da muss ich jetzt ein bisschen frisieren. Sind Sie doch gewohnt, wenn der Schäuble auf Ihnen herumfrisiert, oder? Nehmen Sie’s locker, irgendwann ist er ja auch mal fertig mit dem Bundeshaushalt, da muss man sich halt an anderen Sachen abreagieren. Ach, hat er schon? Na, dann ist ja alles gut. Er hat Ihnen höchstpersönlich eine Frisur entworfen? Das ist ja interessant. Vermutlich ein Schuldenschnitt.

Sie sollten sowieso langsam mal sehen, dass Sie etwas gegen Ihr Doppelkinn unternehmen. Das kommt vom vielen Lügen, Frau Merkel. Den einen wächst die Nase, den anderen hängt das Kinn auf die Knie.

Expressive Farbverläufe gehen dies Jahr. Von Schwarz nach Rot haben Sie schon geschafft. Wir hätten da noch ein nettes Grün im Angebot. Aber bitte ohne Aufheller, Frau Merkel. Man kriegt das mit. Der Rösler hat’s probiert, und jetzt geht er gerade von Gelb nach Kackbraun. Lassen Sie das. Und nein, ich kann das nicht immer wieder überfärben, überfärben und überfärben. Irgendwann fällt’s nämlich auf. Arbeiten Sie gefälligst an Ihren Ausreden, Frau Merkel. Zwei Millionen können nur noch mit Hilfe von Armenspeisungen überleben. Die Leute haben ein Recht, einigermaßen gut belogen zu werden. Sonst werden sie vielleicht bald wütend. Ach ja, es sind zwei Millionen Deutsche, Frau Merkel. Hatte ich vergessen.

Wieso zittern Sie eigentlich, Frau Merkel? Weil Sie Bedingungen stellen? Warum eigentlich? Sie stellen Bedingungen für Zypern, um Geld aus dem Rettungsschirm zu bekommen, und Sie wissen genau: die deutschen Banken zittern mit Ihnen, weil die Kohle sofort nach Deutschland zurückfließt? Sie spielen also, genau genommen, mit den deutschen Banken, oder noch genauer: sie lassen deutsche Investoren Männchen machen? Damit die Spareinlagen, von denen Sie erzählt haben, dass sie sicher seien, nicht plötzlich ganz sicher futsch sind? Ja, da würde ich auch zittern, Frau Merkel. Da würde ich auch zittern.

Wir hatten das schon mal. Deutschland hatte sich da auch gerade mit ein paar Nachbarn wiedervereinigt, wenn Sie sich erinnern. Österreich war dabei. Es gab die, die freiwillig mitmachten, und die, denen wir es zeigen mussten, Frau Merkel. Sie haben offensichtlich kein Problem damit, den Zyprioten ihr Glück aufzuzwingen. Ihr Glück, Frau Merkel.

Ach, Sie möchten mit Ihrem neuen Schnitt auf die Titelseiten? Werden Sie, Frau Merkel. Werden Sie. Darauf können Sie sich verlassen.“





Pest oder Cholera

18 07 2012

„Eine Zwangsanleihe? Für Reiche!? Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst!“ „Warum nicht? Irgendwie muss man die Krise doch in den Griff bekommen.“ „Aber doch nicht so! Das grenzt ja an Stalinismus!“ „Da die Idee in der Ost-CDU so gut aufgenommen wird, will ich Ihnen nicht widersprechen.“

„Also jetzt mal im Ernst, das ist nur Wahlkampf, oder?“ „Meinen Sie? Damit würde sich jedenfalls die deutsche Einnahmenseite erheblich verbessern.“ „Schäuble sagt, dass das gar nicht nötig sei.“ „Er bezieht das vermutlich auf die Steuerhinterziehung bei seinen Parteifreunden.“ „Aber das geht doch wieder nur zu Lasten der Mittelschicht.“ „Weil man als Mittelschichtfamilie so gut wie immer über eine halbe Million Euro Kapital verfügt?“ „Nein, aber…“ „Ah, ich verstehe. Weil diejenigen, die in diesem Land noch so unvorsichtig sein, Steuern zu bezahlen, aus der Mittelschicht kommen.“ „Hören Sie mir doch mal zu – weil in Deutschland fast alles von der Mittelschicht getragen wird, um den Staat zu finanzieren!“ „Und das hat diese Regierung je zuvor gestört? Das wäre mir neu.“ „Man kann das doch nicht immer alles von der Mittelschicht nehmen! Das ist doch nicht gerecht!“ „Natürlich nicht. Was würden Sie vorschlagen, dass wir nur Arbeitslose und Niedriglöhner heranziehen, wenn sie mehr als 250.000 Euro pro Person auf der hohen Kante haben?“

„Es wären acht Prozent der Bevölkerung betroffen. Das geht doch nicht!“ „Sie haben völlig Recht. Man sollte das eine reichste Prozent einfach enteignen, aber das Geld ist vermutlich auch irgendwann aufgebraucht.“ „Quatsch, man müsste diese Zwangsanleihe viel breiter streuen.“ „Ich verstehe. Sie finden so eine Zwangsanleihe für Reiche auch okay, solange sie von den Armen bezahlt wird.“ „Das ist doch wieder nur reiner Populismus!“ „Wie wäre es, wenn wir dieses Modell auf Europa ausweiten?“ „Wie geht das denn? Sollen jetzt die Spanier und die Griechen ihre Vermögen zwangsweise hergeben, um den deutschen Staatshaushalt zu unterstützen?“ „Aber nein. Nur die deutschen Banken.“

„Wenn Sie Geld abschöpfen von den Reichen, dann sind das doch nichts anderes als eine neue Schuldenfinanzierung.“ „Seit wann stört das eine konservative Regierung?“ „Und wäre das nicht sinnlos, wenn Deutschland alleine so ein Instrument einführte, ohne die anderen Eurostaaten?“ „Seit wann hat diese Kanzlerin etwas gegen Alleingänge in der EU?“

„Am Ende werden diese Gelder doch wieder nur dazu verwendet, um die Wirtschaft bei Laune zu halten.“ „Wer hat Ihnen denn den Floh ins Ohr gesetzt?“ „Wenn die riechen, dass wieder genug in der Kasse ist, halten die schon von ganz alleine die Hand auf.“ „Ich dachte, Lobbyisten bezahlen?“ „Wenn Sie Energie erzeugen oder Hedgefonds, sind sie ohne Subventionen nicht überlebensfähig.“ „Dann sollten wir vielleicht doch Kürzungen im Sozialbereich durchsetzen. Oder bei der Bildung.“ „Wieso gerade da?“ „Weil es da die Reichen nicht so merken.“

„Wir müssen allerdings auch Ausnahmen zulassen.“ „Ausnahmen? Sie meinen sicherlich Härtefälle, wo man mit 200.000 Euro Ehrensold knapp unterhalb des Existenzminimums dahinvegetiert?“ „Blödsinn – eine fest definierte Untergrenze sollte eingezogen werden. Sonst wird die Bemessungsgrenze kontinuierlich abgesenkt, dann blutet die Mittelschicht irgendwann wirklich aus.“ „Sie haben vielleicht eine Fantasie! Meinen Sie nicht, durch freundschaftliche Kontakte der Politik ins Lage der Vermögenden würde man die Grenze eher kontinuierlich anheben?“ „Dann hätte der Staat doch gar nichts mehr davon.“ „Immerhin könnten wir dann vielleicht endlich mal wieder über Steuersenkungen reden. Das letzte Mal ist ja auch schon wieder Jahre her.“ „Sie nehmen die Sache wohl nicht besonders ernst?“ „Wie stellen Sie sich das denn vor? dass da ein Oberfinanzdirektor mit der Flinte aus dem Gebüsch hüpft und ‚Geld oder Leben!‘ kreischt?“ „Was macht das denn für einen Unterschied?“

„Wissen Sie, ich halte das für eine gute Idee, um die Linke auszuschalten.“ „Aber die würde doch sofort zustimmen, wenn die Zwangsanleihe käme.“ „Die würde aber auch sofort zustimmen, wenn die Regierung die Vermögenssteuer einführen würde, die sie die ganze Zeit fordern.“ „Weil das eine Idee der Linken war?“ „Nein, aus Genugtuung, dass die SPD mal wieder unter lautstarkem Protest der Merkel die Mehrheit rettet, obwohl sie die Sache für komplett falsch und gefährlich einstuft.“ „Das ließe ja zumindest darauf hoffen, dass wir den Mindestlohn noch erleben.“ „Na, so weit wollen wir noch nicht gehen – erstmal schauen wir zu, wie die Regierung den Reichen die Wahl zwischen Pest und Cholera lässt.“ „Vermögenssteuer und Anleihe, richtig?“ „Genau. Und raten Sie mal, wie die sich entscheiden werden.“ „Für eine Zwangsanleihe auf jeden Fall schon mal nicht.“ „Wieso nicht? Wir hatten doch sogar schon Kapitaleigner, die ihr Geld zum negativen Zinssatz dem deutschen Staat überlassen haben. Warum soll das nicht auch hier funktionieren?“ „Weil eine Steuer verlässlicher ist…“ „Witzbold!“ „… und auch wieder gesenkt werden kann, wenn die FDP…“ „Sonst geht es Ihnen aber gut?“ „Wie wollen Sie denn sonst die Reichen dazu bringen, ihre Kohle einfach herzugeben? Das machen die doch nie!“ „Sicher doch.“ „Sicher?“ „Sie kennen das doch von der Börse: Ihr Geld ist nicht weg, das hat jetzt nur jemand anders.“





Kriegswirtschaft

29 11 2011

„Vorsicht mit dem Kopf!“ Doch da hatte ich mich schon gestoßen. Leutnant Michaeli betastete meine Stirn. „Gibt eine schöne Beule“, sagte er mit halb tröstendem, halb vorwurfsvollem Unterton, als hätte ich das Rohr an der Decke bei dieser miesen Beleuchtung sehen können, „aber sonst ist ja alles noch dran.“ Wieder einmal verfluchte ich mich dafür, in den Untergrund gegangen zu sein. Aber wo sonst sollte man diese Leute jagen, die unserem Land den Untergang zu bereiten versuchen. Tief unter dem Herzen der Stadt, wohin kein Lichtstrahl dringt, hier saß das Sondereinsatzkommando der Finanzaufsicht.

„Wirtschaft ist Krieg.“ Der Leutnant reckte sein Kinn hart in die düstere, halbdunkle Kellergruft; bunt flackerten die Börsenmonitore im Hintergrund und gaben eine schwache Ahnung davon, wie die Entscheidungsschlachten dort oben um den DAX tobten. Spekulanten attackierten die Eurozone, das Parlament ließ sich in höchster Not Sonderrechte zum Verscherbeln der Leitwährung geben. „Wir sind als Eingreiftruppe aufgebaut worden, um die Entscheidungen des Bundesfinanzministeriums und der Bundeskanzlerin zu flankieren.“ Ich zog eine Augenbraue hoch; es war Michaeli nicht entgangen. „Ja, flankieren. Wir können ja schließlich nicht einfach selbst etwas unternehmen. Schließlich herrscht noch immer das Primat der Politik, wir als Behörde wollen uns da keinesfalls einmischen.“ „Ach“, merkte ich lakonisch an, „deshalb fragt die Kanzlerin ja sicher auch immer nach, was sie den Finanzjongleuren gerade noch androhen darf.“

Der Leutnant hatte sich unvermittelt umgedreht. „Sie sind mir nicht gerade als linientreu beschrieben worden“, knurrte er. „Ich werte das mal als Kompliment“, gab ich knapp zurück. „Gut“, nickte er. „Sehr gut. Dann werde ich Ihnen zeigen, was wir wirklich tun. Auf eigene Faust übrigens. Sie haben das alles hier jetzt nicht gesehen, ja?“

Hinter der eisernen Tür befand sich ein geheimer Kommandostand. Der Raum war karg eingerichtet. Eine nackte Glühbirne an der Decke warf grelles Licht auf den rissigen Betonboden und die splitterigen Wände. Ein paar Kisten standen an den Wänden, eine Wandtafel, ein Schemel, ein Papierkorb. Das also war das Herz des Widerstands.

Michaeli setzte sich auf den Schemel. „Es ist Terrorismus – Wirtschaft ist Terrorismus.“ „Nicht die Wirtschaft an sich“, korrigierte ich, „sondern die Spekulation durch diese – “ „Wirtschaft ist Terrorismus“, wiederholte er, hart und unbeirrt. „Dies Wirtschaftssystem ist nichts anderes als ein permanenter Krieg mit anderen Mitteln. Sie sind es aus der Geschichte gewohnt, dass man andere Völker aus Gründen der territorialen Expansion angreift und die Bürger dazu bringt, sich für die Interessen einiger Multimilliardäre gegenseitig Kugeln in den Schädel zu schießen?“ „Das ließe immer noch darauf schließen, dass Wirtschaft die Vorstufe des Kriegs mit anderen Mitteln ist.“ Michaeli schüttelte den Kopf. „Zu kurz gegriffen. Es ist Terror.“ Dumpf und verzweifelt sah er auf die Karten an der Tafel, mit Bleistiftmarken und Fähnchen übersäte Karten von Europa und der Welt, Deutschland ein blutroter Fleck in der Mitte. „Es ist Terrorismus. Wie definieren Sie das?“ „Ein Eingriff in die Sicherheit eines Staates“, antwortete ich irritiert, „um dann die verunsicherte Sicherheit in die – was wollen Sie eigentlich!?“ Leutnant Michaeli nickte. „Ich sehe, Sie haben das bekannte Problem. Die Angreifer versuchen, ein System auszuhebeln, indem sie immerzu neue Sicherheitslücken aufzeigen und damit nach und nach die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft lähmen, bis sie sich ergeben muss.“ „Das gilt für den politischen Terror“, wandte ich ein, „aber sind Sie sich sicher, dass es auch für die Wirtschaft gilt?“ Michaeli nickte. „Selbstverständlich. Nehmen Sie doch das aktuelle Beispiel. Italien muss mehr als sieben Prozent Zinsen bieten. Sieben Prozent!“ „Das bedeutet, sie müssen in einem Modell, das auf unnützes Wachstum durch Börsenblasen setzt, noch einmal trotz ihrer enormen Verschuldung Wachstum produzieren. Nur für die Zinsen.“ Wieder nickt er. „Aber je höher dieser Zinssatz ausfällt, desto eher führt er direkt in eine Rezession, die nochmals die Schulden erhöhen und die Zinsen.“ „Sie meinen“, fragte ich, „man hat die Länder in eine Falle gelockt, aus der sie nicht mehr ohne fremde Hilfe hinauskommen?“ Diesmal schüttelte er entschieden den Kopf. „Sie kommen gar nicht heraus. Nicht einmal mit fremder Hilfe. Es ist wie Treibsand. Wenn Sie einmal drinstecken, haben Sie es gehabt.“

Er fuhr sich nervös durchs Haar. „Die Märkte sind nicht das Opfer, das geschützt werden muss, das redet uns diese Regierung nur ein. Sie sind die Täter.“ „Die Regierung?“ Ein bohrender Blick strafte meine vorwitzige Bemerkung. „Die Märkte – was auch immer diesen unsinnigen Plural noch rechtfertigen mag.“ Ich konnte nicht anders; ich lächelte. „Das hieße dann ja, dass Sie derselben Meinung sind wie die Presse, die die bösen Spekulanten zu Bösewichten erklärt und ein hartes Durchgreifen der unfähigen Marionetten in den Regierungen verlangt.“ „Nicht ganz“, antwortete er mit belegter Stimme. Er zog einen Aktendeckel aus der Schublade, warf ihn auf den Tisch und klappte ihn auf. „Wir wollen an die Hintermänner.“ Da blickten sie mich an, Kanzlerin, Finanzminister und der ganze Rest. „Wir verteidigen die Demokratie gegen die Märkte. Gegen alles, was sich in ihren Dienst stellt. Es ist Terror. Und mit Terroristen wird nicht verhandelt.“