„Selbstverständlich ist Herr Lindner ein asoziales Stück Scheiße. Darüber müssen wir gar nicht reden. Aber wir wollen doch gemeinsam überlegen, wie Sie aus der Finanzierungslücke rauskommen, die Sie durch Ihre völlig unbedachte Entscheidung auch mitverschuldet haben. Was haben Sie sich nur dabei gedacht, man kriegt doch nicht so einfach ein Kind?
Es mag ja sein, dass Sie damals in gesicherten Verhältnissen gelebt haben, und ich stimme Ihnen auch zu, dass wir alle bereit sein müssen, gewisse Risken einzugehen, um unsere Zukunft zu gestalten und etwas für die Gesellschaft zu tun, aber das war damals. Dann haben Sie diesen Unfall gehabt, der war zwar nicht selbst verschuldet, aber wir können auch nicht auf alles Rücksicht nehmen. Vor allem nicht auf das, was wir Ihnen damals alles erzählt hätten. Das müssen Sie doch verstehen.
Ihr Sohn schreibt gute Noten in der Schule? Das ist bedauerlich, da wird er uns ja noch jahrelang auf der Tasche liegen. Ich weiß, was jetzt gleich wieder kommt, Kindergrundsicherung, aber das ist nicht unser Problem. Sie haben das Blag in die Welt gesetzt, jetzt zeigen Sie mal Eigenverantwortung, dann verändern Sie vielleicht Ihr Bewusstsein, dass es so nicht geht. Man kann nicht immer Ansprüche stellen, zumindest nicht als normaler Bürger, der in seinem Leben noch nichts geleistet hat. Also fast nichts, Sie haben sich ja wenigstens erfolgreich reproduziert, damit Sie die Hand aufhalten können.
Promoviert? das wusste ich nicht. Also nicht, dass Sie jetzt plötzlich Bundesministerin werden wollen, das würden ein paar meiner Parteifreunde gar nicht so toll finden. Die Firma war Ihre? Das ist lobenswert, Deutschland braucht das Engagement, und wenn Sie Ihren Laden mit ein paar Millionen Fördergeldern an die Wand klatschen, werden Sie vielleicht tatsächlich noch Bundesministerin. Wenn da ein paar Akten verschwinden, fällt das gar nicht auf. Und Ihr Mann saß damals am Steuer? Sofort tot? dann wären Sie im Prinzip auch schnell wieder offen für etwas Neues gewesen. Reha? zwei Jahre? Die soziale Hängematte haben Sie seitdem aber so richtig zu schätzen gelernt, oder täusche ich mich?
Ich versuche Ihnen goldene Brücken zu bauen, das sehen Sie doch. Wenn Ihr Sohn jetzt die Schule freiwillig beendet, könnte er sich nützlich machen und den Fachkräftemangel mit beheben – gut, nicht selbst, aber als ungelernter Hilfsarbeiter würde er einem anderen den Arbeitsplatz wegnehmen, den das Jobcenter zu einer Berufsausbildung zwingen und zur Fachkraft weiterbilden könnte. Denken Sie nicht immer nur an sich selbst, man muss sich auch solidarisch verhalten, um der Gesellschaft einen Dienst zu erweisen. Quarta? heilige Scheiße, das dauert ja noch ewig! Man kann doch nicht auf der einen Seite das Wahlalter herabsetzen und auf der anderen Seite dafür sorgen, dass Kinder komplett aus dem Erwerbsleben herausgehalten werden! Wie soll da das politische Bewusstsein entstehen, sich für Steuersenkungen einzusetzen? Man kann doch in diesem Land alles werden, was man will – warum will Ihr Sohn ausgerechnet Leistungsträger werden, wenn Sie ihm als Dauererwerbslose mit diesem sozialistischen Anspruchsdenken sowieso jede Chance dazu verbauen? Wir können nun mal nicht alles finanzieren!
Doch, das Geld ist schon da, das wird ja auch erwirtschaftet, aber das muss man doch nicht gleich wieder ausgeben. Nehmen Sie mal Herrn Lindner als Beispiel: wenn Sie dem jetzt noch ein paar Jahre seine widerliche Geldgier finanzieren, dann ist dies parasitäre Arschloch weg vom Fenster. Dafür sorgt der Wähler. Also investieren Sie doch lieber in die Zukunft dieses Landes und denken Sie nicht immer an sich selbst. Wir haben genug Geld, es wird nur leider nicht immer sinnvoll verteilt, deshalb müssen wir dieses Gesindel überhaupt so lange ertragen.
Wir könnten ja wenigstens vorzeitig mit einer Verpflichtung als Berufssoldat beginnen. Das geht schon vor der Volljährigkeit, wir sparen eine Menge Kindergeld, auch wenn die bei Ihnen ja gar nicht erst ankommt, und Krieg geführt wird immer. Wenn die ganze Klimascheiße in ein paar Jahren so richtig losgeht und das Wasser knapp wird, dann können wir jede Hilfe gebrauchen, um uns gegen ärmere Länder durchzusetzen – das müsste doch ganz gut für Sie klingen, zumindest einigermaßen vertraut? Sehen Sie es als persönliche Rache: der Staat hat Ihnen jahrelang die Fresse poliert, jetzt machen Sie dasselbe mit den Typen, die Ihnen keine Rohstoffe mehr liefern oder Ihr Land überschwemmen. Das ist für deutsche Politik ganz normal, so haben Sie auch die Chance, sich wieder in die bürgerlichen Gesellschaft zu integrieren.
Also Sie tun so, als würde ich von Ihnen gleich verlangen, dass Sie mir eine Niere verkaufen – nee, das ist ja rechtlich leider nicht möglich. Auch wenn das erst mal ganz gut klingt, auf lange Sicht steigen die Kosten für Ihre medizinische Versorgung. Dass Sie ein zweites Kind kriegen, können wir ja wohl ausschließen, oder? Wir würden uns auch an den Kosten für den Eingriff beteiligen, das versteht sich von selbst. Aber ein bisschen müssten Sie uns auch entgegenkommen. So eine Adoption ist juristisch nicht ganz einfach, aber wir haben ausgezeichnete Fachleute, die das für Sie erledigen, und Sie wären dann auch nicht mehr auf die Kindergrundsicherung angewiesen, weil sich das ja erledigt hätte. Dann hätten Sie auch viel mehr Zeit, um Ihre berufliche Zukunft in Angriff zu nehmen, und wir finden für Ihren Sohn eine passende Familie, in der er sich frei von wirtschaftlichen Sachzwängen entfalten und als Leistungsträger optimieren könnte. Vielleicht wird er ja sogar mal Finanzminister.“
Satzspiegel