Kriegsintegration

21 06 2022

„Man muss mit Putin reden. Mit Nazis zu reden war schon immer sinnvoll – wir haben das bereits vor Jahren gemacht, und jetzt sind die fast so weit, im Osten die Landesregierungen zu übernehmen. Das ist doch ein großer Schritt für die Demokratie?

Es wurde schon viel Kritik am Bundeskanzler geäußert, dass er keine Waffen schickt, dass er nicht nach Kiew fährt, und jetzt? Jetzt wollen die Leute, dass er nicht mehr mit Putin spricht. Dabei ist doch Diplomatie so wichtig. Wenn wir das alle schon viel früher berücksichtigt hätten, dann wären wir jetzt in einer viel friedlicheren Welt und müssten uns keine Sorgen machen, dass nächstes Jahr Afrikaner nach Deutschland kommen, nur weil sie in Afrika kein Brot mehr haben. Und das kann ich Ihnen verraten, mit Putin reden oder noch eine Flüchtlingswelle, die Entscheidung fällt den Deutschen nicht schwer.

Der Bundeskanzler führt da ja keine geheimen Gespräche mit Putin, der sagt ihm nur das, was er in Deutschland auch die ganze Zeit sagt: dass er aus der Ukraine abziehen soll, dass er gerade einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt, dass es auf keinen Fall einen Diktatfrieden geben darf. Das ist nicht nur im Rahmen der Meinungsfreiheit total unproblematisch, das wird auch ein großer Teil der Deutschen so unterschreiben. Aber Sie müssen auch die Situation in Russland verstehen, da haben die weder Meinungsfreiheit noch unabhängige Medien, die das verbreiten könnten, schon gar nicht, wenn sich ein ausländischer Regierungschef wie der Bundeskanzler kritisch gegen den Präsidenten äußert. Wenn der Bundeskanzler also nicht mit Putin reden würde, wie er das jetzt tut – nämlich am Telefon, das nimmt Rücksicht auf seine Gesundheit und die russischen Sicherheitsinteressen – dann würde der vielleicht gar nicht erfahren, wie der Westen über ihn denkt. Für einen diplomatischen Austausch ist das nicht besonders förderlich.

Das ist auch ein Bestandteil der Zeitenwende. Wenn Sie an früher denken, da ist man vielleicht mal über Kriegsgebiete geflogen, aber keiner hat einen Staatsbesuch in Berlin gemacht, wenn er damit rechnen musste, jederzeit Bomben auf den Kopf zu bekommen. Heute fahren internationale Politiker in die Ukraine, zuletzt sogar mehrere in einem Zug, was für Putin vielleicht auch ein wenig schmeichelhaft sein dürfte, wenn man seinetwegen so ein Aufhebens macht. Der Westen ist ja sehr gut in diesen Krieg integriert, besser jedenfalls als in die Kriege der USA, da waren neben den Soldaten nur Journalisten dabei, und wir dürfen das jetzt auf keinen Fall nur für uns selbst nutzen. Wenn wir das als Putins Krieg bezeichnen, dann müssen wir ihn und Russland auch ins Kriegsgeschehen integrieren. Das würde sonst zu einer unnötigen Verhärtung der Fronten führen, dann dauern die Kampfhandlungen noch länger als unbedingt nötig.

Schauen Sie, Putin ist doch nicht dumm. Wenn der deutsche Bundeskanzler und der französische Präsident gleichzeitig in Kiew sind, dann weiß er, dass er beide mit einem gezielten Raketenangriff beseitigen kann. Wir können wohl davon ausgehen, dass etwaige moralische Überlegungen gar nicht erst getätigt werden. Aber dass er das nicht macht, ist doch zumindest schon mal ein Zeichen, dass es noch eine Chance auf Verständigung gibt. Man könnte es als Zeichen der Entspannung deuten, das wäre ein Entgegenkommen, das nicht viel kostet, uns zumindest nicht, und wenn die Ukraine damit im Gegenzug eventuell dem Frieden einen Schritt näher kommt, dann kann man das tolerieren.

Und der Bundeskanzler weiß ja auch genau, was er da tut. Er hat zum Beispiel ganz klar gesagt, dass er nicht einfach so nach Moskau reisen würde. Auf Einladung Putins vielleicht, das ist auch schon ein diplomatischer Schachzug. Die Anschuldigungen, die wir jetzt in der Presse lesen, dass der Westen in den vergangenen Jahren Fehler gemacht hat, die kann man auch nicht einfach so im Raum stehen lassen. Wir können und doch jetzt nicht auf das Niveau von Putin begeben und unsere Antwort auch im deutschen Fernsehen senden oder in der Presse verbreiten. Das kriegt man da ja nicht zu sehen oder zu lesen. Da muss der Westen jetzt einfach mal viel souveräner sein als Putin und auf solche Vorwürfe gar nicht erst eingehen.

Und außenpolitisch ist das auch notwendig – es wird immer so viel davon gesprochen, dass Putin sein Gesicht wahren muss, aber wer spricht denn bitte mal vom Bundeskanzler? Der kann sich nicht einfach so mit Putin an einen Tisch setzen, und wenn der noch so groß ist – der Tisch, nicht Putin – ohne international höchst negativ aufzufallen. Was er jetzt ja ohnehin schon tut, aber das nur nebenbei. Nein, da muss man vorher das Gespräch suchen, wenn man hinterher miteinander reden will. Wenn man nämlich immer nur darauf wartet, dass die Gegenseite irgendetwas tut, dann bewegt sich so schnell nichts. Und das kann doch keiner wollen.

Wenn wir nämlich mit konkreten Verhandlungen warten, könnte es durchaus sein, dass es sich schon um Kapitulationsverhandlungen handelt, und da weiß noch nicht mal einer, wer da kapituliert. Wenn das Russland sein sollte, weil gerade die Chinesen in Moskau einmarschieren, dann hilft uns das auch nicht weiter. Wenn es wir sind, weil Putin nach dem Baltikum und Polen Deutschland angreift, ist die Wiederwahl für die SPD auch im Eimer. Deshalb muss es jetzt konkrete Gespräche geben, um eine gemeinsame Lösung zu finden, möglicherweise in Form eines Stufenmodells, mit dem die Betroffenen gut und nachhaltig leben können.

Sie meinen, die hätten sich auf der Krim treffen sollen? Das verstehe ich jetzt nicht.“





Wackelpudding

30 05 2022

„Sagen Sie mal, der Bundeskanzler – der ist doch katholisch, oder?“ „Wer, Scholz!?“ „Einen anderen haben wir ja leider nicht.“ „Wieso sollte der denn plötzlich katholisch sein?“ „Ich dachte, er hat nichts gemacht, und trotzdem sind die anderen schuld.“

„Bei aller Liebe, aber Sie haben wohl komplett vergessen, dass wir als internationaler Partner auch ein paar Verpflichtungen haben.“ „Da würde sich die katholische Kirche als Partner auch anbieten.“ „Wie kommen Sie denn auf diesen Unsinn?“ „Wo doch der Bundeskanzler auf einmal den Pazifismus für sich entdeckt.“ „Glauben Sie das wirklich?“ „Er ist sogar zu einer Diskussion bereit, ob man Gewalt wirklich mit Gewalt bekämpfen darf.“ „Erstens ist das eine durchaus legitime Frage…“ „Ich erinnere mich gut, das wollten sie schon damals wissen, als ich verweigert habe.“ „… und zweitens muss man angesichts eines völkerrechtswidrigen Krieges auch die Zukunft im Auge behalten.“ „Sie meinen die Wiederwahl von Scholz.“ „Entschuldigen Sie mal, was hat das denn damit zu tun?“ „Der Rest von ihm dürfte inzwischen doch Vergangenheit sein.“

„Machen Sie sich mal klar, welche historische Verantwortung wir als Deutsche haben.“ „Ja, Sie haben recht – wenn die Alliierten Hitler seinerzeit nicht mit einer klaren Exit-Strategie dazu gebracht hätten, den Krieg selbstkritisch zu überdenken, wäre Deutschland viel länger von den einseitigen Sanktionsmaßnahmen der zivilisierten Welt in eine schwierige wirtschaftliche Situation gedrängt worden, die am Ende noch viel mehr zivile Opfer gefordert hätte.“ „Abgesehen von Ihrem Zynismus ist das falsch.“ „Ja, da haben Sie recht.“ „Woher plötzlicher dieser Meinungsumschwung?“ „Hitler lieferte kein Öl und hatte andere Pläne für das Gas.“ „Sie sind…“ „Außerdem musste er sich um seine Wiederwahl keine Sorgen machen.“

„Gestatten Sie mir eine Frage: wissen Sie, was der Gewaltbegriff bedeutet?“ „Gegenfrage: wissen Sie, was ein Wackelpudding ist?“ „Das hat doch damit nichts zu tun!“ „Ich sehe, Sie haben es verstanden.“ „Was denn!?“ „Dass der Inhalt irgendwie immer gleich ist, aber die Form ändert sich ständig.“ „Was hat das denn nun wieder mit dem Bundeskanzler zu tun?“ „Das fragen sich nicht nur Sie, abgesehen von Scholz.“ „Also ich weiß immer noch nicht, worauf Sie hinauswollen.“ „Was macht ein Pudding, wenn man ihn anfasst?“ „Meine Güte, wackeln halt – das ist schließlich seine Art.“ „Und wenn er nicht vom Teller fällt, nennt man das einen Standpunkt?“ „Was wollen Sie mir mit dem ganzen Gerede denn sagen?“ „Fragen Sie das doch lieber den Bundeskanzler.“

„Ich möchte mal Sie in dieser Verantwortung sehen.“ „Abgesehen davon, dass ich in dieses Amt nicht gewählt wurde, würde ich gerne sehen, dass der Bundeskanzler da wäre.“ „Bisher haben wir nur eine enorme Preissteigerung an Lebensmitteln zu verzeichnen, das kann aber schlimmer werden.“ „Deshalb auch die Benzinsubventionierungen, die direkt in die Taschen der Ölkonzerne fließen.“ „Das war die FDP.“ „Wenn Scholz nur jemanden in der Bundesregierung kennen würde, der die politische Richtlinienkompetenz hat.“ „Sie können den Kanzler nur für das verantwortlich machen, was er macht.“ „Also macht er vorsichtshalber gar nichts?“

„Als Regierungschef ist es übrigens auch seine Aufgabe, die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu erhalten.“ „Das sind die Soldaten, die den Feind so lange an der Grenze aufhalten, bis richtiges Militär kommt?“ „Deutschland kann gerade aus seiner geschichtlichen Verpflichtung heraus nicht einfach an solchen militärischen Operationen teilnehmen.“ „Die Zweifel sind der letzten SPD-Regierung ja nicht so schnell gekommen.“ „Das war historisch eine ganz andere Dimension.“ „Richtig, da wurden wir direkt angegriffen, wenn ich das korrekt in Erinnerung habe.“ „Sollen wir Ihrer Meinung nach auf den Dialog verzichten, nur weil wir den Krieg völkerrechtlich vollkommen ablehnen?“ „Wie viel von diesem Sondervermögen sind eigentlich für Blumenarrangements vorgesehen?“ „Wollen Sie sich über mich lustig machen?“ „Wieso, wer hat denn damit angefangen?“ „Wir können im Rahmen unserer Bündnisverpflichtungen nicht einfach so ausscheren!“ „Wenn Scholz entdeckt, dass wir in der NATO sind und dass es sich dabei um ein Militärbündnis handelt, mit Waffen, Soldaten und dem ganzen Kram, dann sind wir geliefert.“

„Das ist wieder so typisch an rechten Vögeln wie Ihnen: keine konstruktive Kritik, nur Gemoser.“ „Ich bin nicht rechts, sonst hätte ich ihn ja selbst gewählt.“ „Also das ist jetzt ein sehr weites Feld.“ „Angesichts dieser Erinnerungslücken habe ich so meine Zweifel, ob Scholz überhaupt in der Lage ist, dieses Amt auszuüben.“ „Jetzt kommen Sie wieder mit diesen Finanzgeschichten.“ „Mich würde in dem Zusammenhang eher interessieren, ob er die Massaker an der Zivilbevölkerung, an Frauen und Kindern nicht mitbekommen oder nur verdrängt hat.“ „Was hat das mit diesen Finanzgeschichten zu tun.“ „Es würde zumindest erklären, ob Scholz nur ein gewohnheitsmäßig Lügner ist, der seinen Arsch retten will, oder ob wir tatsächlich schon mit den ersten Anzeichen einer Demenz rechnen können.“

„Ich verstehe Sie nicht – wie können wir denn in dieser Situation einen Kriegseintritt von Scholz verlangen?“ „Das heißt, wir sollen jetzt so schnell wie möglich aus der NATO austreten?“ „Was soll denn das bringen?“ „Stellen Sie sich mal vor, Putin überfällt als nächstes Polen und dann uns – da wären wir aber fein raus, wenn wir keine Waffen mehr von den Bündnispartnern bekämen, weil wir doch sonst mit Gewalt…“





Lebensrisiko

2 05 2022

„Machen Sie dem Einbrecher auf jeden Fall klar, dass Schusswaffengebrauch gesellschaftlich als ein klarer Verstoß gegen zivilisierte Umgangsformen gilt. Scheuen Sie auf keinen Fall die Konfrontation: Sie sind in diesem Fall im Recht. Das dürfen Sie nie vergessen, sonst fühlt er sich am Ende noch in seiner Position bestätigt.

Wir können jetzt nicht einfach so eingreifen, das wäre am Ende sogar Einmischung in Ihre inneren Angelegenheiten. Sie dürfen hier zum Beispiel die einzelnen Rechtsbereiche nicht einfach vermischen. Dass Sie dort im eigenen Haus auf Ihrem eigenen Grundstück wohnen, ist vom bürgerlichen Recht in allen Facetten abgedeckt, Ihr Eigentum wird an dieser Stelle auch niemand bestreiten wollen, und wenn Sie Hausbesitzerin sind, genießen Sie auch einige staatliche Privilegien. Hier haben wir es mit einer strafrechtlich relevanten Auseinandersetzung zu tun, und da dürfen wir als neutrale Behörde, die sich dem Ausgleich verpflichtet fühlt, nicht einfach Partei ergreifen. Eigentum verpflichtet schließlich, das steht schon im Grundgesetz, und Sie sollten jetzt mal überlegen, ob Sie das immer ernst genommen haben. Vielleicht haben Sie den Täter früher schon einmal provoziert durch Ihren Besitz?

Sie haben das Haus geerbt? Sehen Sie, da fängt dann schon das erste Missverständnis an: Erben ist an sich nichts Schlechtes, die meisten Unternehmen sind ja geerbt, die größeren Privatvermögen auch, aber damit können Sie die Steuer bescheißen, Ihren Angestellten klarmachen, dass sie Dreck sind, und dem Staat mitteilen, dass er sich seine Gesetze da reinstopfen soll, wo die Sonne nicht scheint. Wenn Sie zu diesem Einbrecher keinerlei geschäftliche Beziehungen unterhalten, die Arbeitsplätze oder Exporte für die deutsche Wirtschaft sichern, dann ist das eine Sache, mit der wir so gar nichts mehr anfangen können. Sie müssten sich jetzt schon mal überlegen, was Sie eigentlich wollen. Wir sind auch nicht für alle zufälligen Entwicklungen zuständig.

Ihr Auto steht auf der Einfahrt? Da wären wir auf jeden Fall schon mal bei strafverschärfender Mitschuld. Sie müssen doch einem Einbrecher nicht auch noch Ihren materiellen Besitz unter die Nase reiben – kein Wunder, dass er sich provoziert fühlt. Da müssen Sie jetzt auch nicht erklären, dass Sie als einzige Anwohnerin eine Alarmanlage im Haus haben, während die anderen sich nur Attrappen an die Fassade kleben. Krasse Fehlinvestition, sage ich da nur. Wenn Sie schon demonstrieren, dass Sie mehr finanzielle Mittel zur Verfügung haben als der Rest der Nachbarschaft, wundern Sie sich noch, dass Sie überfallen werden und nicht die anderen?

Wir werten das hier bisher nur als Einbruch, da wir uns nicht vor Ort von den Voraussetzungen für einen Raubüberfall haben überzeugen können, und wir kommen natürlich erst, wenn wir überzeugt sind, dass es sich nicht um einen Einbruch handelt. Die Polizeiarbeit ist von vielen Umständen geprägt, unter anderem von der Tatsache, dass wir es mit Kriminellen zu tun haben, die bei jeder Gelegenheit wieder zuschlagen. Wir sollen wir dann noch auf solche Anzeigen reagieren, bei denen wir von hier aus gar nicht beurteilen können, was das ist und wie es sich entwickelt?

Er hat jetzt von innen die Fenster zerschossen? Das ist gut, das gilt schon mal nicht als Straftat im öffentlichen Raum, bleiben Sie also ganz ruhig. Sobald der Einbrecher das Grundstück verlässt, ist von einer Straftat auszugehen, für die öffentliches Interesse besteht. Aber dann müssen Sie leider auch damit rechnen, dass wir diesen Einbruch, Raub oder Hausfriedensbruch nicht mehr verfolgen, weil sich die Straftaten auf Ihrem Anwesen ja nicht mehr im Zusammenhang mit der öffentlichen Schießerei… – Jetzt bleiben Sie mal ganz ruhig, ich lasse mich von Ihnen nicht anschreien. Natürlich ist das unschön, wenn in Ihrem Haus geschossen wird. Aber sind wir denn dafür verantwortlich, dass Sie in Ihrem Wohnzimmer keine kugelsicheren Scheiben haben? Man muss doch in einer solchen Umgebung immer damit rechnen, dass man überfallen und ausgeraubt wird, da kann man doch nicht plötzlich so tun, als sei das eine totale Überraschung?

Wie gesagt: Sie gehen jetzt am besten mal zu diesem Einbrecher und sagen ihm, dass Sie sich mit ihm auf einen vernünftigen Ausgleich verständigen möchten, weil das ja auch in seinem Sinne sein muss. Passen Sie ein bisschen auf, dass er nicht auf Sie schießt, Sie kennen ja das Mobiliar besser und wissen genau, wo Sie in Deckung gehen können. Ich nehme an, Sie sind für etwaige Schäden gut versichert? Meine Güte, ein gewisses Lebensrisiko müssen wir alle eingehen, das ist nun mal der Preis für ein Leben in einer Gesellschaft, die unser Recht auf Freiheit gegen die anderen verteidigt. Wenn er auf Sie schießt, denken Sie immer daran: Sie sind ein leuchtendes Beispiel für die vielen Besitzer von Eigenheimen, die ihre Existenz nicht einfach in die Hände eines abstrakten Staates legen, sondern mit dem eigenen Mut für die eigenen Rechte… –

Hallo? waren Sie das eben? Woher soll ich denn wissen, wer da geschossen hat, Sie rufen doch mich an und nicht ich Sie? Jetzt werden Sie mal nicht pampig, Sie sind eine erwachsene Staatsbürgerin und können Ihre eigenen Angelegenheiten regeln, oder wozu gehen Sie mir jetzt auf den Zeiger? Es brennt? und Sie sind im Obergeschoss? Hätten Sie nicht früher Bescheid geben können, dass Sie mit einem Brand rechnen, und hätten Sie für diesen Fall nicht einfach woanders hingehen können? in den Keller zum Beispiel? Hallo? Hallo!?

Aufgelegt, aber wieder so typisch für die Leute. Na egal. Endlich Frieden.“





Kaltakquise

25 08 2014

„Sie hat ein Teeservice bekommen. Keine Ahnung, ob in der Ukraine so viel Tee getrunken wird, auf jeden Fall ist das Zeug potthässlich. Sie hat es als kleine Aufmerksamkeit an die CSU-Landesgruppe weitergeschickt, die sind immer froh, wenn sie mal mit internationaler Politik zu tun haben.

Betrachten wir diesen Besuch mal als ein Zeichen der internationalen Solidarität. Kiew geht es nicht besser, aber sie wissen jetzt, dass uns die Lage nicht so ganz egal ist. Sonst hätten wir ja auch die Verteidigungsministerin hinschicken können. Und da ist es doch sehr schön, wenn wir noch so ein paar gebrauchte Hausschuhe im Schrank zu stehen haben, damit es unseren guten Freunden nachts nicht an den Füßen friert, nicht wahr?

Natürlich ist die Kanzlerin nicht mit leeren Händen zurückgekehrt. Sie ist mit der Zusage in Berlin eingetroffen, dass uns die Ukraine fünfhundert Millionen abnehmen. Gut, oder? Hundert Millionen, das hätte vielleicht sogar Westerwelle hingekriegt, zweihundert – an einem guten Tag Schäuble und Steinmeier, aber da fragt sich, wer hat da wen geschoben, und fünfhundert Millionen schafft eben doch bloß unsere Kanzlerin. Dafür ist sie es ja.

Sie haben das möglicherweise nicht so ganz verstanden. Poroschenko schmeißt die deutschen Hilfszahlungen nicht gleich wieder aus dem Fenster für den Militärhaushalt. Merkel hat dem ukrainischen Präsidenten eine halbe Milliarde Euro gegeben, damit er sie sofort in vernünftige deutsche Waffen steckt. Das ist ein vollkommen anderer Sachverhalt.

Dafür verpflichtet sich Kiew allerdings auch zu Wirtschaftsreformen. Das ist doch auch ein Gebot der politischen Vernunft: wenn man schon deutsche Waffen – tödliche oder nicht tödliche, fragen Sie mich bitte nicht, ich bin da gerade nicht auf dem Laufenden – also deutsche Waffen einsetzt, um den ukrainischen Wirtschaftsraum gegen Invasoren zu schützen, was muss man da machen? Na!? Richtig, man muss erst mal eine Wirtschaft mit ordentlichem Wachstum aufbauen, damit man überhaupt etwas zu verteidigen hat! Bringt doch sonst nix, wie?

Ja, Akquise. Die Kanzlerin ist überhaupt die größte Akquisefachkraft, die wir seit langem haben. Da hätte der alte Köhler vielleicht mit den Ohren geschlackert – Handelswege aufbauen und den Kunden die Verteidigung gleich selbst erledigen lassen, Donnerwetter! Das nenne ich Akquise! Ja, natürlich war das Kaltakquise. Eiskalt.

Zwanzig, korrekt. Zwo-null. Mehr verwundete Soldaten können wir in Deutschland leider nicht behandeln. Das liegt am Personalmangel, müssen Sie wissen. Und natürlich an der mangelnden Erfahrung. Wir haben ja bedauerlicherweise kaum Auslandseinsätze. Aber unsere Verteidigungsministerin wird das schon ändern, meinen Sie nicht auch?

Das ist merkelsches Krisenmanagement. Ein Management, das der Krise ein Gesicht verleiht. Wenn es so anfängt, dann weiß auch der Letzte: jetzt ist die Krise da. Und geht auch so schnell nicht mehr weg. Deshalb hat die Kanzlerin ja auch angekündigt, dass die NATO Bodentruppen im Baltikum stationiert. Ob das normal ist? Keine Ahnung, warum fragen Sie? macht die unnormalen Sachen sonst immer die Verteidigungsministerin? Ach so, nein. Das ist sicher ein Missverständnis. Das ist eine Integrationsmaßnahme. Wir wollen zeigen, dass wir als Verbündeter zuverlässig sind und für internationale Sicherheit stehen. Putin wird das bestimmt auch sehr entspannend finden.

Was hätte die Kanzlerin denn machen sollen? ankündigen, dass Karstadt jetzt Filialen in Kiew und Dnipropetrowsk eröffnet? Wollen Sie etwa die Grünen rüberschicken und Tschernobyl sanieren? Das ist doch lächerlich! Sie wissen doch, wie das im Kanzleramt läuft, wenn es nicht läuft. Merkel guckt erst mal. dann kann sie immer noch Aussitzen.

Endlich können unsere Soldaten, pardon: Soldatinnen und Soldaten mal zeigen, wozu sie ausgebildet worden sind! Endlich mal ein Herbstmanöver, das den Namen auch verdient! Und denken Sie an die Luftraumüberwachung, das kann die deutsch-amerikanische Freundschaft bald wieder auf den Vorkrisenstand bringen. Wenn schon Spionage, warum machen wir das denn nicht gemeinsam?

Eigentlich wollte sie auch einen Hilfskonvoi senden. Die Kanzlerin wartet sonst immer ab, was die anderen so machen, und setzt sich dann an die Spitze. Und irgendwie hätte das diesmal auch klappen können, aber Sie wissen ja: man steckt nicht drin.

Wie, die Ostukraine? Merkel hätte in die Ostukraine fahren sollen? Was hätte sie denn da erreicht? Friedensverhandlungen? Das führt doch wieder nur zu Krieg! Was sollen wir denn dann fürs Gas bezahlen!?“





Einheitsgebot

12 05 2014

„… nicht ganz Bayern, sondern nur Franken von der Bundesrepublik Deutschland abzuspalten. Die österreichische Regierung habe sich irritiert gezeigt, wolle aber über die Annexion erst im nächsten…“

„… habe dies damit begründet, dass in den nördlichen Regionen des Freistaates vorwiegend Menschen lebten, die sich selbst nicht als Bayern bezeichneten und ebenso von der Mehrheit der Ober- und Niederbayern als…“

„… sich in der Schwabacher Erklärung für eine Neuordnung des fränkischen Raums ausgesprochen habe, durch den die geschichtliche Entwicklung des Stammesherzogtums Franken wieder in eine korrekte…“

„… die territoriale Einheit Frankens außer Frage stehe. Das Präsidium der Frankenpartei wolle jedoch zuvor eine Garantieerklärung Berlins, im Falle einer Unabhängigkeit nicht vom…“

„… von mehreren Versicherungskonzernen sowie Puma, adidas und Nestlé Schöller bestätigt worden sei. Damit sei Nürnberg als provisorisches Zentrum für die politische Einflussnahme auf die Gebietsansprüche des…“

„… in einer Ansprache vor dem Bundesrat zu Geschlossenheit gemahnt. Seehofer wolle zunächst sämtliche diplomatische Mittel ausschöpfen, bevor er die militärische…“

„… für den Fall einer Osterweiterung Baden-Württembergs nicht ausreichend seien. Franken brauche die eigene Armee außerdem, um allen…“

„… hätten Separatisten einige Ausländer festgesetzt. Sie seien unter dem Verdacht der Spionage in einem Ort bei Würzburg…“

„… die Angliederung Schwabens an die Alpenrepublik verhindert werden solle. Augsburg wolle nicht unbedingt autonom werden, könne aber einen Anschluss an Mittelfranken, gegebenenfalls auch an Restoberbayern…“

„… nicht nur in der deutschen Presse ein differenzierteres Urteil abgegeben habe. Sogar in der CDU sei offen diskutiert worden, ob die Regierung Seehofer überhaupt demokratischen…“

„… bestehe inzwischen die Nürnberger Versicherungsgruppe auf dem Führungsanspruch, der andererseits von der Hans Riegelein & Sohn GmbH & Co. KG entschieden…“

„… zu schweren Kämpfen vor dem Referendum geführt. In Erlangen habe eine Wirtshausschlägerei mehrere Verletzte gefordert, nachdem mit Aschenbechern und Maßkrügen bewaffnete Separatisten eine Gruppe bundesrepublikanischer Freischärler aus…“

„… es sich nicht um Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes gehandelt habe. Die UNO sei nicht mehr an einer Freilassung interessiert, nachdem bekannt geworden sei, dass es sich um leitende Angestellte des ADAC…“

„… habe der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband bereits vor mehreren Tagen davor gewarnt, einen Engpass mit Bier in der restlichen Republik zu…“

„… auch noch nicht geklärt, wer die Gesetzgebungskompetenz dazu besitze. Dessen ungeachtet wolle Seehofer im Alleingang das Deutsche Einheitsgebot auf den…“

„… zu schweren Ausschreitungen gekommen sei. Vor allem die Touristen hätten die Unterversorgung nicht klaglos…“

„… ein Referendum abzuhalten. Ungeachtet der Drohungen aus dem Kanzleramt hätten die Republikanische Administration Frankenland (RAF) mit der Ausrichtung des…“

„… werde Riegelein notfalls mit Apollo-Optik koalieren, um die Verbindung der Turnschuhfirma mit dem Schweizer Pharmakonzern im letzten Augenblick zu…“

„… die Verhandlungen abgelehnt. Die Delegation sei ergebnislos abgereist, da sich die Getränkelieferanten nicht einstimmig auf den Ersatz mit Kölsch…“

„… Schwierigkeiten zu erwarten seien. Ein Austritt aus der EU könne ausschließlich für Franken nicht oder doch nur in sehr kompliziertem…“

„… falls es zu einer Abspaltung Frankens komme. Die österreichischen Bierreserven seien möglicherweise innerhalb weniger Tage…“

„… die OSZE-Beobachter nicht an der Einreise nach Mittelfranken gehindert habe. Die Regierung weise jedoch darauf hin, dass sich die Zivilisten nicht ohne Zustimmung der fränkischen Junta im Land bewegen dürften, außerdem sei es ihnen strengstens untersagt, die Volksabstimmung zu…“

„… keine Kreditvergabe mehr. Dies könne jedoch nur durch einen erheblichen Anstieg der Rohstoffpreise aufgefangen werden, so dass der Bierpreis vermutlich bereits in den kommenden Wochen…“

„… habe sich die Regierung Mittelfrankens von der Bundeskanzlerin mehr Engagement gewünscht, um nicht ständig mit Seehofer verhandeln zu…“

„… die Produktion wieder aufgenommen habe und zum alten Ausstoß an Fass- und Flaschenbier zurückgekommen sei. Nach unbestätigten Gerüchten habe die Beteiligung der Novartis AG jedoch keinen Einfluss auf die Qualität der Brauerzeugnisse, wenngleich das Unternehmen nun seine Chemieabfälle nicht mehr in ausländische…“

„… werde das Referendum wie geplant stattfinden. Alle Warnungen aus Berlin werde man nicht weiter…“

„… sich Ober- und Niederbayern nahezu einstimmig dazu entschlossen hätten, die Abspaltung Frankens so schnell wie möglich zu…“





Und verstehe die Freiheit

29 01 2014

„Meine Güte, jetzt kann ich es bald nicht mehr hören!“ „Wem sagen Sie das. Ewig diese Bilder von den Demonstrationen.“ „Und die Polizei, und die Barrikaden und die Straßenschlachten, das ist doch nicht mehr zu ertragen!“ „Und dann diese – ach, was rege ich mich auf.“ „Also mich regt das aber gewaltig auf, das können Sie mir glauben.“

„Mal ehrlich, ich frage mich nämlich langsam mal eins: was ist denn da eine Verfassung noch wert?“ „Sicher nicht das Papier, auf dem sie geschrieben wird.“ „Genau, und dann wird sie auch noch frei Schnauze, ich sage mal: ausgelegt.“ „Wozu diese Zimperlichkeiten, Herr Nachbar? Verbogen wird sie. Zurechtgestutzt.“ „Sie sagen es.“ „Gebeugt, bis sie bricht.“ „Eben, das ist der Punkt – es sind doch nichts anderes als Verfassungsfeinde, das sieht man sofort!“ „Und wehe, man sagt ein Wort dagegen.“ „Jawoll, sofort die Keule. Wir sollen uns nicht einmischen, wir haben da gar nichts zu melden, das sind innere Angelegenheiten.“ „Ich kann’s schon nicht mehr hören.“ „Ich auch nicht, das können Sie mir glauben.“

„Aber ich frage Sie, da ist doch etwas verrutscht in der öffentlichen Wahrnehmung.“ „Sie meinen die mediale Berichterstattung?“ „Nicht nur. Teilweise. Es geht um das, wie soll ich sagen: das öffentliche Bild von öffentlicher Gewalt.“ „Also die Diskussion über das dialektische Verhältnis über die Grenzen des…“ „Nein, das ginge mir schon einen Schritt zu weit. Ich würde niedriger ansetzen.“ „Bei der Sinnfrage oder bei der Frage, wie diese Gewalt entsteht und wohin sie führt?“ „Na, Sie haben ja einen ganz hübschen Überblick.“ „Man macht sich eben so seine Gedanken. Gesamtgesellschaftlich gesehen.“ „Wirklich, Respekt.“ „Ach was, wir haben damals in der Schule etwas darüber gelesen. Man hat ja seine Erfahrungen mit Volksaufständen, wissen Sie.“ „Ja, und es ist eben immer derselbe Grund.“ „Diese… darf ich mal sarkastisch werden, Herr Nachbar?“ „Selbstredend.“ „Dass es immer und immer wieder kleine, ideologisch vernagelte Grüppchen gibt, die sich einbilden, ihre Interpretation von Demokratie sei maßgeblich.“ „Das nenne ich Sarkasmus!“ „Ach, ist doch wahr.“ „Allerdings, allerdings.“

„Dann muss man auch über die Konsequenzen reden.“ „Oder vielmehr erstmal welche ziehen wollen.“ „Ja, natürlich. Wobei auch klar ist, dass beide Seiten das völlig gegenteilig bewerten.“ „Aber es dürfte jetzt doch feststehen, dass keiner so einfach wieder auf den Status quo zurückfallen kann, ohne sich lächerlich zu machen.“ „In der nationalen Politik?“ „Vor der Weltgemeinschaft.“ „Ja, das ist selbstverständlich zu bedenken. Wenn man sieht, dass es immer internationale Resonanz hervorrufen könnte, dann muss man schon auf die Verantwortlichen einwirken, dass sie nach einem kategorischen Imperativ handeln.“ „Man sieht da, wer wirklich Verantwortung übernehmen will.“ „Auch vor der Geschichte.“ „Und wem es im Grunde nur um seine eigenen Ziele geht.“

„Kennen Sie noch dieses Gedicht von Hölderlin?“ „Ach, das mit den Birnen?“ „Nein, dies mit dem Prüfen, und den Himmlischen danken, und verstehe die Freiheit.“ „Ja, das ist heutzutage so ein individualistisches Problem. Es gibt zu viele falsche Deutungen davon.“ „Sie würden also sagen, dass die Freiheit zuerst dem Staat dienen sollte?“ „Nein, der Staat sollte zuerst der Freiheit dienen. Sonst verraten wir ja unsere Ideale.“ „Hm, da ist was dran. Jedenfalls muss man auch immer die staatsrechtliche Sicht der Dinge berücksichtigen, das ist nun mal unerlässlich.“ „Aber man darf auch nicht die Perspektive der Generationen außer Acht lassen.“ „Richtig. Wir haben ja eine junge Generation, die zusehen muss, wie ihre Chancen durch die Alten langsam immer mehr zerstört werden.“ „Für ein bisschen trügerische Sicherheit.“ „Mammon.“ „Und die Illusion, dass ein in sich längst unbeweglich gewordener Staat noch die Aufgaben übernehmen könnte, für die man in installiert hat.“ „Das ist ja sowieso ein Wunschtraum, wer würde das heut noch behaupten. Man ist doch aus der Geschichte klug geworden.“

„Was mir jedoch besonders sauer aufstößt: diese ungebändigten Kräfte laufen ins Leere.“ „Das ist, ich kann es nicht anders sagen, auch geradezu kriminell.“ „Diese Planlosigkeit, ja. Man verteidigt sich doch nicht mit diesem kopflosen Geschrei, das wirft nun wahrhaft kein gutes Licht auf die Ziele.“ „Und auf die Durchsetzung der Ziele.“ „Also schlicht auf die Ideologie, die sich dahinter verbirgt.“ „Natürlich eine Frage der Macht.“ „Und der Ohnmacht.“ „Also wieder ein dialektisches Verhältnis.“ „Und wir sind ja nicht unschuldig an der Misere.“ „Weil wir einfach zuschauen, anstatt endlich klar Partei zu beziehen und zu sagen: halt, bis hierhin und nicht weiter, hier werden Menschenrechte massiv beschnitten, das kann sich keine öffentliche Ordnung gefallen lassen.“ „Aber Sie kennen die Menschen, sie sind bis zum Schluss vollkommen unbelehrbar.“ „Übrigens eine recht interessante Symbolik, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.“ „Stimmt, diese Umdeutung des Alltäglichen.“ „Die Klobürsten, also fabelhaft.“ „Wieso Klobürsten? Wo waren denn da Klobürsten? Wovon reden Sie eigentlich die ganze Zeit?“ „Vom Hamburger Gefahrengebiet, und Sie?“ „Na, von Kiew natürlich.“