Gernulf Olzheimer kommentiert (XCIX): Berater

8 04 2011
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Zahlreiche Vorzüge ließ Mutter Natur ihrem Sortiment angedeihen, die Tierchen sind flink wie ein Wiesel, schmackhaft wie ein Schwein, schlau wie ein Fuchs – aber eben auch abgrundtief blöd, wie es nur Dumpflurch, Schnarchschabe und Murksmade sind, bis ganz tief hinab, wo Braunalge und Kragengeißeltierchen einander Gute Nacht sagen, ungestört von der beknacktesten Spezies, die je das Erdreich mit ihren Extremitäten verunreinigt hat: vom gemeinen Berater.

Drogen-, Rechts- und Steuer-, Verbraucher-, Umwelt- und Anlageberater, Eheberater, Energieberater und der im Rudel vorkommende Consulter befallen die gerupften Steppen der zivilisierten Welt, schlagend, brüllend, unerträglich. Eine Trottelkarawane trampelt durch die Gegend, grunzend vor Dummheit, und was immer sie in die ungewaschenen Griffel kriegen, zermarmelt zu Spreu und Schmodder. Kein Wurstbudenbesitzer kann in Ruhe seine Wurstbude besitzen, geschweige denn die Wurst an den Mann bringen, ohne stracks von einem Rudel rödelnder Blödkröten in billigen Anzügen umringt zu werden, die nacheinander Wurst und Senf, Schürze und Käppchen, Fett und Bude und die Wetterlage gegen Bares aufzumotzen versprechen, damit der Bratbolle Nummer eins ist – wie alle anderen Imbissfritzen übrigens auch.

Der Zugang zum Beraterwesen steht scheint’s allen offen, die ein Ferienjob als Nachfüllpatrone für die Wasserwaage mehr als zweimal überfordert hat. Was sich da aufschwingt, Primat der Wirtschaft zu sein – der einzige Aufschwung, den man diesen Primaten als arteigen zubilligt, ist der an der Liane. Die geballte Ladung theorieübersättigten Schnappatmungsgeplappers verkleistert die Ohren wehrloser Bürger, die ohne Mittel sind gegen die Eunuchen des Wirtschaftslebens: sie haben eine ungefähre Ahnung, wie man’s, wenn man’s, macht. Ob Klempner oder Warzenschweinverleih, das Mentorenpersonal mit dem Charisma von Fußpilz sammelt innerhalb weniger Augenblicke falsche Eindrücke, versteht keine Zusammenhänge und erklärt dann dem seit dreißig Jahren backenden Bäcker, wie er, der Berater, büke, wenn er denn je backen können würde. Die Ingredienzien seines verschwiemelten Hirngestrüpps sind praxisferne Idiotie, nicht mit der Schwerkraft zu vereinbarende technische Neuentwicklungen und mathematische Operationen an der Grenze zum gefährlichen Schwachsinn. Jeder seiner Vorschläge, eine solide Klobürstenfabrik ein Wochenende lang zu leiten, führt in den Totalschaden dank Großbrand plus Umweltkatastrophe, Finanz- und PR-GAU. Die Erfolgsquote dieser Branche ist überzeugend hoch: drei von zwei Weltuntergängen werden von Beraterfirmen organisiert.

Wo nicht Handel und Handwerk von den Nullinformanten in den Abgrund gerissen werden, sind es Image-, Stil-, SEO- und ähnliche per se überflüssige Schwiemelbrüder, die ihre kognitiv blondierten Denkmodell in die Landschaft klöppeln. Die Zipfelklatscher wollen einem partout beibringen, dass das, worüber sie nichts wissen, auch so wichtig sei, dass sie jeden Müll darüber salbadern können. Wahlweise mit guruhafter Inbrunst oder der Tschakka-Tschakka-Masche turnen sie auf dem Tisch und brüllen grenzdebiles Zeugs zwischen Kalenderspruchweisheiten und in nüchternem Zustand leicht zu durchschauenden Denkfehlern. Meist erschöpfen sich bahnbrechende Neuerungen in Geschwall wie „Wer alle Mitarbeiter feuert, braucht keine Löhne mehr zu zahlen“, garniert mit Anlagetipps vom freundlichen Pleitier eine Haustür weiter, auf jeden Fall: guter Rat ist überteuert. Zum Preis einer knietiefen Hypothek auf den Dachstuhl dreht einem noch jeder Berater das kleine Einmaleins als exklusive Erfindung an, die den Laden aus der just in diesem Moment eingetretenen Klemme befördern wird.

Eine der schrecklichsten Begleiterscheinungen, die auch dem tapfersten Nichtschwimmer den letzten Nerv zerfetzt, ist der elende Quarksprech, den der Berater pausen- wie gnadenlos schwurbelt. Er hört sich selbst nicht zu, deshalb kann er sich ertragen. Denn jede Solution, die der Consulter für den Customer hochperformant total neu aufsetzt, ist gleichzeitig ein Double Insight im Listening Mode. Das empowert den Workflow so was von, da wird auf der Arbeitsebene just in time ein Topic innoviert und die actionable Strategy, die hopefully auch on-the-ground geleveragt ist. Dieses Müllbeutelimitat länger als eine halbe Minute ohne einsetzende Embolie zu ertragen ist offenkundig nur möglich an den Rändern des Genpools, wo Wesen gedeihen, die Atombomben überleben, Meteoriteneinschläge oder Florian-Silbereisen-Konzerte. Und sie wollen uns doch nur helfen, weil sie alles so viel besser wissen und besser können und besser machen, billiger, reibungsloser, schneller, gesünder, mit weniger Abgasen, Lärm oder Beratern. Und das wäre auch zu schaffen. Dann nämlich, wenn man alle diese Dreckzecken mit Beton knöchelabwärts im nächsten Fließgewässer verklappen würde. Ein elender Job, durchaus. Man sollte ihn den Beratern überlassen.





Ab die Post

6 03 2009

Wenske drückte auf den Knopf. Der Beamer beamte. Dreiunddreißig Kurven schlängelten sich an der Wand. Zur Vereinfachung schlängelten sie sich alle in Gelb. Nur knappe zwanzig Minuten, nachdem Wenske das Manuskript gefunden hatte, begann er seine Analyse.

„Wir stehen vor großen Herausforderungen. Die Briefzustellung der Zukunft wird nicht leicht sein. Wie Sie an der gelben Kurve sehen, haben wir ein Defizit, das ungefähr, äh, größer ist als erwartet. Die gelbe Kurve zeigt uns, dass wir zusätzlich einen Rückgang der Briefzustellungszahlen haben. Diese, nein diese, nein… also die gelbe Kurve steht für die Wochenarbeitszeit der Vorstandsmitglieder.“

Ein Aufschauern durchkroch den Raum. Wie die meisten gelben Strahlen knickte auch jener jäh ab. Doch er knickte nicht genug. Ein Zeichen dafür, dass die Schalter und Walter des Briefbringdienstes bald schon kaum mehr Zeit haben würden, sich beim Plaudern im Golfclub von den Strapazen einer Cabriofahrt zu erholen. Wenske bohrte weiter.

„Ganz abgesehen von den Leistungen unseres Personals – manche Zusteller mussten schon aus dem Dienst entfernt werden, weil sie freiwillig Überstunden machten, unbezahlt natürlich – haben wir mit massiven Problemen zu kämpfen. Es hat sich eine schwierige Lage ergeben. Die weiteren Einzelheiten erläutert Ihnen Kollege Sommermehr.“

Sommermehr ordnete seine Papiere und suchte seine Brille. Die dadurch entstehende Pause – zwei Vorstandsmitglieder besuchten unterdessen einen Nachtclub, ein weiteres unternahm spontan eine Urlaubsreise nach Ostasien – nutzte er, Wenske unauffällig zu fragen, was denn das Thema der Vorstandssitzung sei.

„Das Kernproblem ist der Kunde. Wir können dies Problem nur durch Eliminieren des natürlichen Feindes lösen: als kundenlose Post.“

Ein Raunen ging durch den Raum. Man hatte es geahnt, aber nicht erkannt. Sommermehr schilderte die Gefahr. „Wir haben es teilweise mit einer völlig überzogenen Erwartungshaltung zu tun. Unschöne Szenen spielen sich in den Postfilialen ab: Kunden erwarten, dass die von ihnen eingelieferten Briefe, wie soll ich sagen…“ Er schwitzte sichtlich. „Sie verlangen von uns, dass wir die Briefe zustellen.“ Der ganze Vorstand saß wie versteinert. Manche Obszönität hatten sich die Herren schon angehört. Absurdes und verschrobenen Unsinn. Doch dies schlug nun wirklich dem Fass den Boden aus.

„Wir können uns unanständige Wünsche nur vom Hals halten, indem wir die Vertriebswege für unser Produkt vollkommen anders gestalten. Herr Kollauer von Kollauer & Seeck Consulting hat da mal etwas vorbereitet. Bitte schön, Herr Kollauer.“

Der Berater bastelte am Beamer. „Wie Sie sehen, sind Ihre Produkte erstens zu billig und zweitens nicht ausgereift. Wir haben einen Drei-Stufen-Plan erarbeitet. Stufe eins: drastische Portoerhöhung. Ein Global Player arbeitet nicht für einen Euro, wir leisten etwas. Und Leistung muss sich wieder lohnen!“ Der Applaus gab ihm Recht.

„Stufe zwei startet mit einem völlig neuen Vertriebskonzept. Bieten Sie dem Postkunden mehr Möglichkeiten, seinen Brief zustellen zu lassen. Starten wir mit dem Tarif für vier Zustelltage pro Woche. Für einen zusätzlichen Tag, Montag oder Samstag, gibt es schrittweise ansteigende Tarife.“ Ein Vorstandsmitglied meldete sich. „Wo ist denn da der Nutzen?“ Kollauer antwortete: „Denken Sie mal an den Postkunden, der seinen Brief am Freitag einliefert. Er kann eine Stufe mehr bezahlen – dann liefern wir ihn schon am Montag aus. Zwei Stufen mehr: bereits am Samstag. Wer den normalen Weg wählt, darf am Dienstag mit einer Auslieferung rechnen.“ „Was heißt: darf rechnen?“ „Briefe erhalten ab sofort einen Eingangsstempel. Was älter als 48 Stunden ist, wird gar nicht erst befördert, sondern kostenpflichtig geschreddert.“

Wieder meldete sich der Frager. „Was machen unsere Briefträger an den Ausfalltagen?“ Kollauer lächelte wissend. „Ich sehe, Sie haben begriffen. Natürlich können wir nicht einfach so tun, als hätte die Post keine Arbeit – wir haben in den freien Zeitabschnitten Kapazitäten zur Zustellung von Werbesendungen, Postwurf und ähnlich lukrativen Dingen. Wir müssen keine Arbeitsplätze abbauen. Die Politik wird uns gegen alles verteidigen.“

Sommermehr drängte. So kam Kollauer zum Kernpunkt des Plans. „Punkt drei ist das Image. Wir müssen uns auf große Traditionen berufen. Groß, grau, hässlich, unflexibel, patzig – da wollen wir hin!“ Der Rest seiner Worte ging im Jubel fast unter. „Panzerglasscheiben, hinter denen Beamte Sondermarken verteidigen! Schalterstunden von zehn bis halb elf, der erste Postbeamte kommt um kurz nach zwei und trinkt bis Feierabend hinter seinem Fensterchen Kaffee und liest Zeitung! Wer nicht passend zahlt, wird weggeschickt oder…“ „Moment mal“, fiel ihm Wenske unwirsch ins Wort, „das geht zu weit!“ Kollauer zischte zurück: „Geben Ihre Automaten noch Wechselgeld heraus? Na also!“ Wenske schwieg verbittert.

„Es muss komplizierter werden! Ab sofort werden Einschreiben in der Dienststelle geöffnet, gescannt, per E-Mail verschickt – dort lagern sie dann automatisch so lange, wie es dem Sondertarif für die Zustellung entspricht – wieder ausgedruckt und dann zugestellt.“ Wenske versuchte es ein letztes Mal. „Und das Briefgeheimnis?“ Höhnisches Gelächter war alles, was ihm entgegen scholl.

„Natürlich alles kostenpflichtig, jeder einzelne Schritt. Dazu ein besonderes Qualitätsmanagement als flankierende Maßnahme: jede dritte Sendung wird an Ort und Stelle auf die korrekte Anschrift überprüft, stichprobenartig auch mehrmals, und bei korrekt angebrachter Empfängerbezeichnung in unserer Zweigniederlassung in Dilling innerhalb eines Jahres neu zur Zustellung gebracht.“ „Er meint Dillingen an der Saar?“, raunte Sommermehr seinem Nachbarn zu. „Er meint ad-Dilling. Im Sudan“, flüsterte der zurück.

„Meine Herren, das ist die Post der Zukunft! Wir werden dies Konzept auf dem internationalen Markt…“ Eine Stimme unterbrach ihn. „Gut und schön, aber was machen wir mit den steuerlichen Aspekten? Wir können doch die Steuern nicht unberücksichtigt lassen!“

Kollauer lehnte sich zurück und lächelte. „Ja, Herr Zumwinkel, haben Sie vielleicht eine bessere Idee?“





Klare Ziele für die Wirtschaft

3 03 2009

„Sie sehen überarbeitet aus“, konstatierte sie, „Ihnen fehlt die innere Ausgeglichenheit.“ Sieht man überarbeitet aus, wenn einem die Finanzkrise im Vorbeigehen aus der Vollbeschäftigung einen Halbtagsjob macht? Vermutlich hatte ich einfach nur schlecht geschlafen. Aber vielleicht war ja wirklich etwas dran. Sonja Kasper-Eichholz, Psychologin und dennoch um mein Seelenheil bemüht, musterte meine Räumlichkeiten.

„Ihr Schreibtisch ist unaufgeräumt. Sie halten das für kreatives Chaos, aber es ist einfach nur Chaos und nicht kreativ.“ Hm. Ja. Von Zeit zu Zeit spiele ich mit dem Gedanken, ein Schild mit der Aufschrift Hiroshima drüberzuhängen. Aber noch war es übersichtlich. „Ein aufgeräumter Schreibtisch entspricht einem aufgeräumten Geist.“ Während sie in die Papierberge griff und alles auf den Boden schleuderte, fragte ich sie, was einem leeren Schreibtisch entspräche. Sie musste es wohl überhört haben.

„Haben Sie klare Ziele im Auge? Was machen Sie eigentlich heute?“ Ich klärte sie darüber auf, dass ich just damit beschäftigt war, eine neue Zahnpasta im Bewusstsein der Deutschen zu verankern. „Ja aber, das kann doch nicht alles sein. Das ist doch keine Lebensaufgabe für einen akademisch gebildeten Menschen!“ Ich beruhigte sie. Natürlich würde ich mich gleichzeitig um den Etat eines Schokoriegels kümmern. „Da haben wir’s“, triumphierte sie, „Sie widersprechen sich! Sie fokussieren Ihre Arbeit nicht auf ein einziges Ziel. Sie sind innerlich zerrissen, weil Sie sich nicht entscheiden können und es auch gar nicht wollen.“

Ich will Miete und Versicherungen bezahlen. Mehr nicht. Aber machen Sie solche Banalitäten mal einer Diplom-Psychologin klar.

„Sie müssen Ihre Arbeitszeit einteilen. Sie dürfen nicht kontinuierlich an einer Sache sitzen, sonst werden Sie blind!“ Stimmt, ich sah jetzt schon kein Licht mehr. „Wechseln Sie Ihre Perspektiven. Höchstens eine halbe Stunde, dann müssen Sie eine neue Sicht der Dinge gewinnen. Und dann innerlich wieder frei werden durch Meditation.“

Was macht da ein Chirurg? Bittet der das Unfallopfer, eben mal ein Stündchen zu überleben, während er sich einer Gallenblase widmet und dann gemütlich eine Lotosblüte hinters Ohr klemmt? Ich schielte nach dem Paketband. Sobald Feng Shui ins Spiel käme, würde ich ihr den Mund zupflastern.

Eine E-Mail unterbrach das Gespräch. Combat Communications schickte die Quartalszahlen und brauchte eine Intranet-Botschaft für die Mitarbeiter des Versicherungskonzerns. Bevor ich noch zum Hörer greifen konnte, klickte Kasper-Eichholz das Fenster einfach weg. „Sie machen sich ja komplett zum Sklaven der Kommunikation! Sie sind ja völlig fixiert aufs Kommunizieren, da ist es kein Wunder, dass Sie gar keine Zeit mehr zum Arbeiten haben!“ Ob daher meine Überarbeitung rührte? Käme ich am Ende gar nicht zum Arbeiten, weil ich dauernd Aufträge annähme?

„Mein Gott!“ Die Seelenkasperin wühlte sich durch meine Korrespondenz. „Sie haben gestern neunzehn E-Mails verschickt. Neunzehn! Das kann doch nicht gut sein!“ Was daran falsch wäre. „Sie müssen lernen, Wichtiges zu erkennen. Sie sind immer erreichbar, Sie antworten auf alles – wann sind Sie produktiv?“ Schon war sie drauf und dran, meinen Postausgang zu löschen, doch ich fiel ihr in den Arm. „Differenzieren! Es reicht, wenn Sie zweimal täglich E-Mails checken!“ Aha. Sicherlich ein Vorteil von elektronischer Kommunikation, dass sie nicht nur schnell beim Empfänger, sondern dort auch unbegrenzt lagerungsfähig ist. Mir war das noch nie so richtig bewusst gewesen.

„Reduzieren Sie! Beantworten Sie höchstens fünf Nachrichten am Tag! Alles andere ist doch Leerlauf!“ Und wenn ich weder Aufträge bestätigen noch Arbeiten abliefern würde, dann wäre ich frei? „Sie müssen eben unterscheiden. Nicht jede Arbeit bringt Sie wirklich weiter. Nicht jede ist erfüllend.“

Fabelhaft. Der Dalai Lama in Stöckelschuhen und Putzfrauenparfüm. So hatte ich mir das mit der Erleuchtung immer vorgestellt.

Vor meinem geistigen Auge verschwommen kühne Perspektiven: mein Supermarkt. Vor der Kasse würde ich stehen. Und differenzieren. „Ene, mene, mink, mank, tja Frau Schmidt, Sie sind leider raus, kommen Sie morgen wieder oder gehen Sie zur Konkurrenz.“ Sie würden mir den Schädel einschlagen. Aber ich bekäme den Nobelpreis. Für Wirtschaftswissenschaft.

Telefon. Miehlke. Partner Partner Friends & Partner. Er bräuchte mal eben einen Preis für einen Markennamen. Tiefkühlkost. Drei Vorschläge. Sie strahlte. „Das ist die Gelegenheit!“ Ich wies sie darauf hin, dass so ein Auftrag nichts Besonderes wäre in meiner Branche, aber sie korrigierte mich. „Schicken Sie sofort eine Mail an alle, die Sie kennen! Rühren Sie die Werbetrommel, machen Sie es publik! Verstecken Sie Ihre Erfolge nicht!“ Es half nichts, ihr zu erklären, dass ich den Auftrag weder in der Tasche hätte noch einen zufriedenen Kunden vorweisen könnte. Doch das beeindruckte Sie nicht. „Sie sollten allen zeigen, wie kreativ Sie sind. Kommunizieren Sie, welches Ziel Sie sich setzen!“

Ich hörte meinen Blutdruck aus den Ohren pfeifen. „Jetzt hören Sie mir mal zu: die Chancen, dass dieses Zeugs überhaupt jemals auf den Markt kommt, stehen zehn zu eins.“ Ungerührt wies sie mich darauf hin, dass öffentlicher Druck eine ungemein stimulierende Wirkung ausüben könne. „Entschuldigen Sie mal, ich mache mich zum Vollhorst, wenn ich diesen Auftrag danach nicht an Land ziehe!“ Da wurde sie patzig. „Sagen Sie mal, haben Sie eigentlich Ahnung von Ihrem Beruf?“

Ich packte sie, stopfte sie in die Besenkammer und schloss den Verschlag ab. Zweimal. Sie klopfte, schrie und heulte. Ich ignoriere das, und zwar seit letzten Mittwoch. Zweimal am Tag schaue ich nach, ob der Schlüssel noch steckt. Ich fühle mich seitdem viel ausgeglichener. Irgendwie motivierter. Psychologie ist schon eine feine Sache.