Kinderspiel

17 04 2012

„… dass in der Presse Berichte über die Piraten mit Fotografien von Playmobilfiguren bebildert worden seien. Für unvorschriftsmäßig beklebte Teile sei keine rechtliche Einwilligung der…“

„… es für Pressefotografen nicht ersichtlich sei, welche Bestandteile von Parteitagen abgelichtet werden dürften. Aus markenrechtlichen Gründen weigerten sich inzwischen die Berichterstatter, die Veranstaltung der Sozialdemokraten zu besichtigen – eine Reihe von Geschmacksmustern zwischen Rot, Lila, Violett, Pink und…“

„… sich der Hersteller des koffeinhaltigen Erfrischungsgetränks nicht negativ über die Partei äußere. Die Berichterstattung sei lediglich Teil der popkulturellen…“

„… monierte Alice Schwarzer, dass das Spielfigurensortiment per se sexistisch sei, da sich keinerlei Piratinnen in der…“

„… sich die SpVgg Greuther Fürth dazu entschlossen, das ehemalige Playmobil-Stadion ab sofort als Troll Arena…“

„… habe RTL II im letzten Moment reagieren können. Stephanie zu Guttenberg wolle in ihrer täglichen Crime-Show zur Warnung unschuldiger Kinder vorführen, wie leicht man sich in den Fallstricken des Urheberrechts strafbar…“

„… nach Auskunft des Familienanwalts noch mit Holzfiguren erzogen worden sein soll. Bis heute lege Brandstätter großen Wert darauf, dass der deutsche Staat nicht durch Plastikköpfe, sondern…“

„… sich die Zuschauer über den Dauereinsatz alberner, steifer Plastikpüppchen beschwerten, deren Standardposen lediglich die sinnlose und an jeder Wirklichkeit vorbeigehende Propaganda der Politikerkaste widerspiegelten. Insbesondere zeigte sich Rösler empört, dass man die FDP mit derart unbarmherzigen Vergleichen zur…“

„… seien die Hersteller von Play-BIG bereit, als offizieller Ausstatter der Piraten-Parteitage die Produktion schnell wieder…“

„… meldete die Polizei in Freiburg im Breisgau, dass das Holbeinpferd mehrmals im FDP-, Grünen- und Pippi-Langstrumpf-Look fotografiert und…“

„… sich die Brandstätter zwar ausgesprochen habe, diskriminierende Inhalte abzulehnen, dennoch die eindeutig klischeebehaftete Figur ‚Neger mit Ohrring‘ aus historischen Gründen weiterhin zu…“

„… auch zu Verwirrungen, als die 8. Klasse der Dem-Ernst-Kuzorra-seine-Frau-ihre-Gesamtschule im Deutschunterricht ein Gedicht von Günter Grass nachgespielt hätten. Das Brandstätter-Management beharrte auf der Auffassung, Inhalte zur politischen Meinungsäußerung seien mit den Figuren gemäß Kaufvertrag nicht…“

„… wolle sich eine Gruppierung deutscher Optiker an die Piraten wenden, ihre Produkte nicht mehr unter der Bezeichnung ‚Nerdbrille‘ zu tragen, da dies eine parteipolitische Implikation ohne finanzielle Gegenleistung…“

„… da die Brandstätter GmbH extremistische Inhalte nicht gestattet habe. Eine Hundertschaft der sächsischen Bereitschaftspolizei habe Adolf (4) und Wigalagundis (3) aus dem Kinderzimmer geholt und ihre individualisierten Spielwaren aus dem…“

„… an der Wand festgenagelt, mit Farbbeuteln beworfen und mit einer Lötlampe in Brand gesetzt worden. Die Strafanzeige des Spielwarenherstellers sei noch am selben Tag erfolgt. Der Beuys-Schüler verteidigte seine dynamische Installation temporäre systemverteidigung (Filz, Fett, schwarzer Kunstlederkoffer und Stützgerüst) mit der Freiheit der…“

„… laut Angaben der Brandstätter GmbH nicht kinderfreie Inhalte rechtlich nicht zulässig seien. Die meisten Spielfigurenverpackungen jedoch seien weder mit Kinderfiguren versehen, noch seien die gängigen Betätigungen (Rassendiskriminierung, Krieg, Wirtschaftspolitik, Tod) der westlichen Zivilisation ohne Einfluss auf minderjährige…“

„… habe eine Erweiterung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgeschlagen, dass der 1. FC Glumpertsbach die Schuhe nur noch in Spielen tragen dürfe, die er siegreich für sich entscheide, da andernfalls eine empfindliche Vertragsstrafe…“

„… werde seitens der Hersteller die eigenmächtige Veränderung von Playmobil-Figuren durch Harald Schmidt nicht deswegen toleriert, weil dessen Rechtsabteilung sich den Umständen entsprechend geäußert habe. Der Produzent betrachte Schmidt als einen der bedeutendsten Kulturträger der abendländischen…“

„… lehne der Figurenproduzent kriegerische und aggressive Inhalte der Darstellung kategorisch ab. Ziercke betonte, aus Umweltschutzgründen könne man die strategischen Planungen der Polizeieinsätze in Stuttgart nicht mehr mit den traditionellen Zinnsoldaten durchführen, sondern müsse auf die…“

„… sei das Video der Kunstaktion bereits vor der documenta ins Internet gestellt worden. Die Brandstätter GmbH strenge derweil ein Verbot an, da das klappernde Geräusch der Kunststoffpüppchen eindeutig eine Verletzung des Urheberrechts…“

„… da Schmidts Fernsehsendungen nicht mit Schwerpunkt auf Kinder gerichtet seien. Im Gegensatz dazu zielten die Piraten vorwiegend auf Nichtwähler, die potenziell minderjährig und bis vor wenigen Jahrzehnten noch Kinder gewesen sein könnten, so dass eine Veröffentlichung der Fotos in Zeitschriften und Zeitungen nur vormittags…“

„… werde Dr. Harry Martin aus Solidarität solange nicht mehr mit Lego spielen, bis die Piraten sich…“

„… forderte Bundesinnenminister Friedrich ein sofortiges Verbot von Killerspielen, wozu auch die in NATO-fremden Uniformen gekleideten Soldaten der Playmobil-Armee und die…“





Staatsbürgerkunde

2 11 2011

„Selbstverständlich haben die Kultusminister dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder in den Schulen zu rechtschaffenen Untertanen des deutschen Staates erzogen werden. Wir sind uns klar darüber, dass sie so früh wie möglich begreifen sollen, was dieser Staat ist. Deshalb haben wir den Lehrplan erweitert. Um die Rechtssicherheit zu gewährleisten, nicht wahr? Die Rechtssicherheit, dass die Kultusminister im Auftrag der Verlage Überwachungssoftware installieren dürfen, um digitale Vervielfältigungen von Schulbüchern auf Schulcomputern auszuspähen – sie dürfen für die Gebühren, die sie auf ihre Geräte ohnehin zahlen, keine Gegenleistung erwarten. Das widerspräche ja auch dem gesunden Menschenverstand, mehr noch: der Rechtsordnung. Deshalb haben wir uns etwas anderes einfallen lassen. Wir sind ja lernfähig.

Wir sind uns bewusst, dass wir gegen den Klassenstandpunkt dieser Pseudoelite und ihrer Stasimethoden nicht mehr anders angehen können. Wir haben begriffen, dass der führenden Rolle des Kapitalismus nicht mit guten Worten zu begegnen sein wird. Wenn uns weiterhin geboten ist, Selbstverpflichtungen abzugeben, die dem Grundgesetz widersprechen, dann werden wir uns zur Wehr setzen. Mit pädagogischen Mitteln.

Im Fach Staatsbürgerkunde lernen die Kinder, dass die Verfassung nichts wert ist, solange sie von Politikern gebrochen wird; dass sie sowieso nichts wert ist, solange sie überhaupt von Politikern gebrochen oder missachtet werden kann, die man danach nicht mit dem Gewehrkolben vom Hof prügelt. Sie lernen, dass der Staat mit seinen Bürgern Dinge tun darf, die der Bürger nicht tun dürfte. Schon gar nicht mit dem Staat.

Sie lernen, dass den Verlagen und anderen Industriezweigen der Staat gehört. Sie lernen, dass die Industrie soziale Verantwortung vor allem so definiert, dass ein paar asoziale Arschlöcher höhere Boni bekommen. Sie lernen, dass man seine eigene Unfähigkeit vor allem durch illegale Geschäfte wieder ausbügelt – und dass der Staat kriecherisch dabei hilft, wo er nur kann. Man weiß ja nie, wie es sich einmal auszahlt.

Sie lernen, dass Überwachung etwas Schönes ist und Freiheit ein unnötiger Zustand, der nur zu Demokratie und ähnlichen Fehlentwicklungen führt. Sie lernen, dass es vollkommen egal ist, welche Partei gerade eine Regierung stellt, denn korrupte Schweine, die sich zum Handlanger anderer korrupter Schweine machen, finden sich in jeder Partei, und sie arbeiten gerne zusammen.

Sie lernen, dass Denunziantentum für den Bürger eine befriedigende Pflicht zu sein hat, ganz wie in den schönsten Tagen deutscher Geschichte.

Sie lernen, dass alle Kinder in diesem Land etwas eint: man darf auf ihnen herumtrampeln. Es sei denn, ihre Eltern haben zufällig Vermögen. Oder hochrangige Ämter. Oder Aktienbesitz Oder Adelstitel. Sie lernen, dass man nicht früh genug kriminalisiert und ausgegrenzt werden kann. Wenn sie dann auf die schiefe Bahn geraten, weil es ihnen egal ist, was die da oben von ihnen halten, dann werden sie sehr viel besser mit der Verachtung der Öffentlichkeit leben.

Sie lernen, dass Generalverdacht etwas ganz Normales ist – man braucht überhaupt keinen Grund, jemanden zu verdächtigen, man nimmt einfach an, dass schon genug Menschen Dinge tun, die einem gerade nicht in den Kram passen. Da lernt man etwas fürs Leben, denn draußen sind Polizei und Staatsanwaltschaften genau so zugange.

Sie lernen, dass diese Art Exekutive nur aus dem populistischen Getöse einiger Deppen besteht, die nicht einmal so hinreichend logisch denken können, dass sie erkennen würden, wie die hier aufgeblasenen Straftaten offenbar auf das Konto von Erwachsenen gehen, Lehrern, Schulleitern, und dass nur die Schüler dafür büßen werden, wenn man ihnen die Rechner konfisziert oder sie vom Internet abklemmt – der Schulbusfahrer fährt über die rote Ampel, deshalb kommen die Schüler in Arrest. Eine sehr gute Voraussetzung, um die Haftung für die Finanzkrise zu verstehen.

Sie lernen, dass Datenschutz ein hübsches Dekorationsobjekt ist, für das man Beauftragte bestellt, Gesetze verabschiedet und eine peinliche Ministerette losjagt, damit man Häuser, die sich jeder so viel angucken kann, wie er lustig ist, im Internet nur durch eine Pixelmauer sieht – und dass ansonsten Schutz vertraulicher Angelegenheiten eine Sache von Regierungen ist, die Waffen an faschistoide Regimes und die Wasserversorgung an Zocker verschachern.

Sie lernen, dass Bildung den Handlagern der Industrie vollkommen gleichgültig ist – es sei denn, sie sind im Wahlkampf, dann wird irgendeine machthungrige Wanze jedes Blag in den Arm nehmen, von Chancengleichheit schwatzen und so tun, als käme es auf den allgemeinen Wohlstand an, um den Kapitalmarkt zu mästen. Sie lernen, dass Bildung ohnehin eine Frage der Finanzierung ist, wie Arbeit oder Gesundheit. Man kümmert sich nicht darum, Staatsziele zu erreichen, die der Gesellschaft nützen, de in einem Amtseid zwingend als Ziele dieses Gemeinwesens festgeschrieben sind und die in jeder Sonntagsrede wie Glockengeläut klingen – die Hauptsache ist, dass jemand daran verdienen kann, durch Lizenzen oder Patente, und wer sich dagegen stellt, wird als Staatsfeind beschimpft, kriminalisiert und nicht selten durch den Presseschlamm gezogen.

Sie lernen, dass das sogenannte geistige Eigentum eine Waffe ist, mit der man jeden noch so abwegigen Anspruch durchdrücken kann, es sei denn, man ist selbst Urheber. Solche Leute haben natürlich keine Ansprüche zu stellen. Die können froh sein, wenn sie die Verwertungsindustrie reich machen dürfen. Sie lernen, dass man mutmaßliche Urheberrechtsverletzungen wie Terrorismus bekriegen darf – es sei denn, man heißt Kauder oder Koch-Mehrin, Guttenberg oder Chatzimarkakis, dann ist die kriminelle Energie sicherlich durch den Einsatz für Volk und Vaterland entschuldigt.

Sie lernen, dass es in diesem Land Verbindungen gibt, die einerseits gegen jede Wirklichkeit resistent sind, die sich durch keine noch so klare Sicht auf die Dinge beeindrucken lassen – dass aber dieselben Leute nicht einfach ignorant sind, geistig minderbemittelt oder ideologisch verblendet, sondern einfach kriminelle Elemente, Schmarotzer, eine parasitäre Schicht, die wissentlich das Recht mit Füßen tritt, wissentlich, denn sonst würden sie sich nicht allergrößte Mühe geben, es so gut vor der Öffentlichkeit zu verbergen und Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen, dass es Lobbyverbände, Tarnorganisationen, Kommissionen, Initiativen und ähnliche Zirkel gibt, die einem den ganzen Dreck im Fernsehen schön lügen, bis die Butter von der Stulle suppt. Sie sehen es, wenn Sie eine Wahl abwarten; wer da in den Parlamenten für einen Verband gehetzt und gelogen und verleumdet und den Bürgern Sand in die Augen gestreut hat, wusste genau, was er tat, denn er wurde dafür geschult und bezahlt.

Sie lernen, dass es in diesem Land doch noch so etwas wie ein Widerstandsrecht gibt, das für diese Bundesrepublik zur Leitkultur zählt. Was für die Repräsentanten durchaus unangenehm werden kann. Sie lernen Staatsbürgerkunde. Und das ist, angesichts dieses Staates, nicht das Schlechteste.“





Schwarze Musik

25 10 2011

„… da die US-amerikanische Justiz gemäß S.978 die öffentliche Aufführung von urheberrechtlich geschützter Musik mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren…“

„… musste vor der Übernahme in das deutsche Urheberrecht nicht geklärt werden. Die GEMA gab zu Protokoll, man werde im Falle einer Anwendung jeden Einzelfall beurteilen, und zwar so, dass er den Interessen der GEMA nicht…“

„… erste schwere Rückschläge, da ein Teil der staatlichen Kontrollbeamten ihre Kompetenzen nicht richtig verinnerlicht hätten. So vermeinte ein Bremer Hauptkommissar, seine Sicherungstätigkeit beziehe sich nur auf unerwünschte Musik, so dass er etliche Aufführungen deutscher Schlager auf öffentlichen Plätzen gar nicht…“

„… zunächst Alle meine Entchen und Es geht ein Bi-Ba-Butzemann, später Weihnachtslieder-Medley gesungen. Die Straftäter, zwanzig laut eigener Aussage nicht hauptberufliche Musiker zwischen zwei und vier Jahren, wurden zur erkennungsdienstlichen Behandlung in eine…“

„… es den Dortmunder Angestellten Marvin R. (23) traf. Der Speditionskaufmann hatte durch öffentliches Abspielen seines Handyklingeltons viele Zuhörer kostenfrei mit der urheberrechtlich geschützten Musik…“

„… auch im Internet zugegriffen. Laut LKA Hessen konnten Ermittler anhand der Tonspur eines YouTube-Videos nachweisen, dass der Gesang eines Familienvaters bei seiner Geburtstagsfeier stark verlangsamt und rückwärts gespielt eindeutige Ähnlichkeit mit Tonfolgen aus Bei mir bist Du schoen, Rock around the Clock sowie dreiundvierzig weiteren Stücken hatte. Die IFPI forderte eine Zahlung von 26,3 Millionen Euro und lehnte jede weitere…“

„… forderte Bosbach die Ausweitung der Maßnahmen, um Urheberrechtsterroranschläge zu verhindern. Nur durch konsequente, lückenlose akustische Überwachung des öffentlichen Raums seien schwerste Straftaten wie Überschreiten des Zitatrechts oder Entstellung des Werks noch zu verhindern. Es seien präventive Audionacktscanner als letzte Maßnahmen zu…“

„… wurde die Feierabend-Combo Rocko und die Rhythmiker gewaltsam vom Podium gezerrt. Die Spitzel hatten sich zunächst an Bier und Nudelsalat auf dem Fest der Schrebergärtner verlustiert, nach mehreren Stücken wie Im Frühtau zu Berge und Schwarzbraun ist die Haselnuss jedoch die Schusswaffen…“

„… noch keine Bestimmungen gegen das unbefugte Sichverschaffen akustischer Erlebnisse erlassen. Laut Urteil des Verwaltungsgerichts Gera bestehe auch bei zufällig anwesenden Personen eine Hörerhaftung, deren…“

„… hatte die Polizei von Oberpfaffenhofen alle dreißig Mitglieder der Blaskapelle nach einer nicht angemeldeten Aufführung der Lottchen-Polka präventiv krankenhausreif geschlagen. Kauder lobte das harte Durchgreifen der Ordnungsbehörde, mahnte aber an, die Beamten hätten zuvor zwei Kopfschüsse…“

„… noch keine Entscheidung, ob das geistige Eigentum geschädigt worden sei. Die Bäckerinnung bestand auf dem Verbot, selbst gebackenes Brot zu verzehren, da jedes nicht gekaufte Brot eine Schädigung des Bäckereihandwerks…“

„… den Liedermacher Wolf P. (54), der seine eigenen Songs mit seiner eigener Gitarre begleitend in seinem eigenen Keller gesungen hatte. Die Behörde wies die Kontrollbeamten an, Prüfungen vorzunehmen, ob sich in der Schallschutzisolation des Reihenhauses Lücken befänden, durch die P. sich als Urheber selbst geschädigt haben könnte, so dass durch die Absurdität des Tatvorwurfs bereits ein besonderes öffentliches Interesse…“

„… empfindliche Störung des evangelischen Gottesdienstes in St. Firminus (Dötlingen), als eine zwölfköpfige Mannschaft der Bereitschaftspolizei Oldenburg in Oldenburg die Kirche stürmte und die vorweihnachtlich gestimmte Gemeinde teilweise grob zu Boden rang. Dass Luthers Adventschoral Nun komm, der Heiden Heiland im Wesentlichen Material aus dem ambrosianischen Hymnus Veni redemptor gentium beinhalte, sei ein Beweis dafür, dass Filesharing eine weit in der Bevölkerung verbreitete Straftat…“

„… Streitigkeiten, ob bei der Übertragung in das deutsche Urheberrechtsgesetz nicht ein Fehler unterlaufen sein könnte, da es sich im Wesentlichen nicht um Urheber-, sondern Leistungsschutzrecht handle. Kauder teilte dem Ausschuss mit, es bestehe seines Wissens nach überhaupt kein Unterschied zwischen…“

„… alle dreißig Teilnehmer einer Senioren-Kaffeefahrt verhaften ließ, die mit Hilfe einer vom Betreuer vertauschten Karaoke-CD thailändische Volkslieder nachsingen wollten – das BKA stellte fest, hier zähle bereits der Tatversuch als eine…“

„… beharrte der Vorstandsvorsitzende Heker auf der Weigerung der GEMA, die inzwischen weiter verlängerten Aufführungsrechte der Nationalhymne für Fußballländerspiele einzuräumen. Als letzten Vermittlungsversuch schlug Dieter Gorny vor, die DFB-Elf öffentlich das Horst-Wessel-Lied singen zu lassen; man habe in der SPD bisher nur gute Erfahrungen damit…“

„… sich laut Aussage der Kontrolleure bei der vermeintlich still in der Hamburger S-Bahn sitzenden Studentin Clara T. (21) um eine Raubaufführerin handelte. Es könne nicht ganz ausgeschlossen werden, dass es sich bei der unbeteiligten Haltung um eine illegale Aufführung von 4′33″ des Komponisten John Cage…“

„… keinen linksterroristischen Hintergrund. In der Nähe des ausgebrannten Fahrzeugs fanden die Fahnder ein Bekennerschreiben des Justin-Bieber-Fanclubs Potsdam, in dem…“

„… nachdem sich die mutmaßlichen Straftäter geteilt hätten, Bruder Jakob als dreistimmiger Kanon erklungen sei. Durch die mehrmals erfolgte Stimmverdoppelung hielt die Strafkammer den Tatvorwurf einer zusätzlichen Raubkopie für gleichfalls…“

„… zu Beratungen, ob man nicht, möglichst mit Hilfe der Bundestrojaners, strafbare Melodien unterschieben könnte. Der bayerische Innenminister Hermann bestand darauf, dies sei machbar, wurde aber von Landesbeamten belehrt, die meisten Musiker seien gar nicht netzwerkfähig, so dass…“

„… wenigstens einen positiven Nebeneffekt, da neuerdings durch die massive Polizeipräsenz mit Batteriekassettenrekordern die Kölner Innenstadt komplett frei von Panflöten und…“





Kreuzweise

12 09 2011

„Wir sehen hier keinen Grund, den Herrn Edathy zur Ordnung zu rufen. Nein, auf gar keinen Fall. Herr Edathy ist bei uns als Bundestagsabgeordneter angestellt und nicht als Social-Media-Experte.

Von einem Rücktritt kann überhaupt keine Rede sein, mein Lieber. Ausgeschlossen. Herr Edathy hat lediglich ein paar Fotos publiziert, was angesichts der zweifelsfrei aus dem Konrad-Adenauer-Haus gesteuerten Hetzkampagne in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Reaktion steht. Natürlich muss sich die SPD hier wehrhaft zeigen – man darf doch auf Erpressungsversuche dieser Art überhaupt nicht eingehen. Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Wenn Sie hier meinen, Sie müssten Herrn Edathy in die Pfanne hauen, dann sollten Sie sich mal ansehen, was Unionspolitiker im Internet mit minderjährigen Mädchen – das war legal? Das sagen Sie. Für uns gelten hier ganz andere Maßstäbe, merken Sie sich das. Im Übrigen hat Herr Edathy die betreffenden Inhalte nur deshalb so schnell gelöscht, weil er sich ganz und gar im Recht befindet. Denken Sie doch mal nach, bevor Sie Gerüchte in die Welt setzen!

Halbherzige Entschuldigung? Worauf wollen Sie denn da hinaus, Herr Edathy hat sich überhaupt noch nicht entschuldigt. Nein, sieht er auch gar nicht ein. Das ist ja auch eine Zumutung – möchten Sie etwa den ganzen Tag lang mit irgendwelchen Leuten herumärgern, die sich nicht einmal richtig anonymisieren können? Wie, Klarnamenspflicht? Wirklich? Dann sind wir auch dafür. Natürlich, das ist absolut notwendig. Unabdingbar! Sehen Sie mal, wenn man unter seinem eigenen Namen irgendwo postet, dann gibt es nämlich auch nicht immer diese unappetitlichen Beleidigungen. Ach was, juristisch im Recht – man muss schließlich Jurist sein, um das beurteilen zu können. Und genau deshalb sollten wir uns von dieser regierungstreuen Journaille auch nicht in die Enge treiben lassen! Gegebenenfalls werden wir Mitte nächster Woche handwerkliche Fehler zugeben, aber Sie werden uns nicht beim Vorsatz erwischen, klar!?

Wegen der kritischen Distanz zum Thema, verstehen Sie? Die Sozialdemokraten machen sich nicht einfach gemein mit einer Sache. Wir ergreifen nicht Partei, schließlich sind wir selbst eine – auch wenn das nichts besonders Ergreifendes ist. Nein, die SPD wahrt einen gesunden Abstand. Im Sozialausschuss haben wir beispielsweise einen, der nach entbehrungsreichen Jahren im Eliteinternat die Aktienpakete seines Vaters geerbt hat. Der kennt sich wirklich aus. Für die Filmförderung haben wir extra einen Taubblinden aus Hessen aufgespürt. Und Herr Edathy macht eben Rechtsausschuss.

Was werfen Sie denn dem Mann überhaupt vor? Der macht doch auch nur, was alle machen. Und er hat doch ganz recht, man könnte ein Drittel des Internets damit absperren. Schließlich gibt es Gesetze, und die muss man einfach mal anwenden. Es kann doch nicht sein, dass in diesem deutschen Internet jeder einfach so machen kann, was er will? Da muss man doch einschreiten können? Weil wir mit den modernen technischen Mitteln längst nicht mehr diese enorme Fülle an Straftaten in den Griff bekommen. Schauen Sie, da hat die Kanzlerin eben doch recht: es gibt Dinge, über die braucht man nicht zu diskutieren, die muss man einfach mal machen. Wie jetzt das mit dem Haushalt.

Das war doch gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Außerdem hat er doch ganz klar gesagt, man könne ihn mal, und nicht: man solle ihn mal. Sie messen hier schon wieder mit zweierlei Maß, und das muss man sich doch nun wirklich nicht von jedem dahergelaufenen Idioten – hören Sie mal, wenn es Ihnen nicht passt, wie wir als demokratische Partei mit den Bürgerinnen und Bürgern im Land umspringen, dann gehen Sie doch nach – ach so, stimmt.

Sicher; wir sind immer noch die Partei mit der stärksten Sozialkompetenz. Sonst hießen wir ja Asozialdemokraten. Bei uns wissen wir noch, was das heißt: Nestwärme. Falls Sie sich die Heizung noch leisten können. Nestwärme, mein Lieber, ist durch nichts zu ersetzen. Familie. Stallgeruch. Gut, ist bei uns eher Schweinestall, aber man kann sich daran gewöhnen. Wir setzen auf Solidarität und dass sich Minderheiten behaupten können – in der SPD finden sich Gleichgesinnte, wir unterstützen das vollinhaltlich. Und im Vertrauen, ohne Herrn Edathy käme sich Herr Sarrazin in der SPD schon ein bisschen alleine vor. Vor allem, was die Diskussionskultur angeht.

Wir werden selbstverständlich zu ihm stehen, das ist ganz klar. Wir lassen nicht einfach jemanden fallen, nur weil er plötzlich in der Öffentlichkeit angegriffen wird. Das werden Sie bei uns nicht erleben. Schließlich ist Herr Edathy noch nie Ministerpräsidentin gewesen und will es auch nicht werden. Wir werden uns allerdings etwas überlegen müssen, wie wir mit der Sache umgehen können. Gut möglich, dass wir Herrn Edathy vorübergehend in den Innenausschuss versetzen. Er wollte sich sowieso mal verändern. Wir wissen noch nicht, wie er sich entscheidet. Kanzlerkandidat wäre sicher nett. Das machen ja momentan alle mal in der SPD. Oder er übernimmt den Arbeitskreis Tourette. Oder eben als Kontaktmann ins Goethe-Institut. Soll ganz ergötzlich sein da.

Also denken Sie daran, Ihre SPD schreibt hier die Gesetze, da muss sie sich nicht auch noch daran halten. Sie kennen das sicherlich aus Erfolgen wie Griechenland II, Basel III oder Hartz IV. Und wenn Sie demnächst mal in der Verlegenheit sind – wählen, mein Lieber, das können Sie uns mal. Kreuzweise.“





Schutzgeld

21 06 2010

„… alle Rahmenbedingungen sich als gut erwiesen. Die Parlamentarier wussten überhaupt nicht, worum es ging, einige hielten es für ein Paket zur Abwehr von Elektrizitätsdiebstahl, ein Dutzend FDP-Leute dachte, das Gesetz erlaube ab sofort Korruption, und letztlich stimmten alle für den Leistungsschutz, mit dem Presseverleger nun die Monopolisierung der Sprache zügig…“

„… keiner weiteren Erwähnung, was Niveau und Kompetenz der Legislative angeht, kann man sich sicher sein, dass vornehmlich hirnverbrannter Unsinn so in Gesetzesform gepresst wird, wie es…“

„… schon durch die Abschaffung des §44a im Urheberrechtsgesetz eine neue Sachlage ergibt, vorübergehende Vervielfältigungshandlungen als regelmäßig nicht mehr vorübergehend anzusehen, so dass allen Handlungen, die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, nun eine solche unterstellt werden kann, mit dem Ergebnis…“

„… ist laut Rechtsgutachten klar, dass auch Satzteile oder einzelne Worte schutzwürdig sind – so verneinte das Gericht zwar die Schöpfungshöhe des Begriffs ‚Steuersenkung‘, befand aber dennoch, dass die Zeitungsverlage sich schützen lassen können, was sie wollen, schließlich sei es ihr Gesetz. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zeigte sich von dem Präzedenzfall sehr angetan, da die FDP gerade ihre Steuerpläne aufgegeben habe und nun auch keine Gebühren mehr für die Verwendung zahlen…“

„… aus gut unterrichteten Kreisen verlautbart, die Kanzlerin habe getobt, da es ein Unding sei, ‚Merkel‘ zu schützen. Die Zeitungsverleger zeigten sich bereit, eine gemeinsame Lösung im Sinne der Regierungschefin zu suchen, beispielsweise einen Zahlungsaufschub für Kabinettsmitglieder, wenn im Gegenzug die Schutzgebühren verdreifacht würden. Dem arbeitslosen Schlosser Wilfried Merkel aus Reutlingen hilft das nicht, er muss weiterhin jedes Mal, wenn er sich am Telefon mit Namen meldet, 35,50 Euro an die…“

„… nicht mehr zu eruieren, um wen es sich handelte, denn der Passant, ein ungefähr 20- bis 75-jähriger Mann mit Glatze, Oberlippenbart und blondem Mittelscheitel, der die Tageszeitung am Kiosk erstanden hatte, war viel zu schnell unter den Reisenden im Hauptbahnhof verschwunden, und konnte nicht mehr mit letzter Sicherheit festgestellt werden, ob er eben diese Gazette nur einfach in der Hand gehalten – wofür sie ja vorgesehen ist – oder sie aufgeschlagen, ja verbotenerweise sogar darin gelesen habe, wenngleich er den dafür fälligen Zuschlag nicht an der Stempelstelle…“

„… in ihrem Café insgesamt zwanzig in- und ausländische Tageszeitungen bereithielt. Sie leugnete die Tat nicht, ja es schien überhaupt kein Unrechtsbewusstsein bei der Besitzerin vorhanden, die offenbar bereits seit Jahren Presseerzeugnisse zu Lesezwecken ausgab und dennoch keinerlei Leistungsschutzabgaben an die Verlagskonzerne abführte – diese Tatbestandteile ließen das BKA in einer ersten Stellungnahme von gewerbsmäßigem Medienkonsum sprechen, der Bundesverband der Zeitungsverleger nannte es gar einen besonders widerlichen Fall von organisiertem…“

„… diplomatischen Verwickelungen gekommen, da ein bekanntes Boulevardblatt der Axel Springer AG schon am folgenden Tag mit der Schlagzeile Schlagt die Drecksau doch tot! aufmachte; die deutsch-israelischen Beziehungen drohten erheblichen Schaden zu nehmen, zumal sich der Vorstandsvorsitzende Döpfner auch noch öffentlich für eine erheblich verschärfte…“

„… nur vordergründig amüsant, wie der OSZE-Beobachter konsterniert feststellte, dass in der Debatte über Agrarsubventionen für Teckelzüchter der SPD-Abgeordnete wie üblich mit ‚Das Wort hat der Abgeordnete Hinzpeter‘ angekündigt wurde, worauf sich der Beobachter vom Verband deutscher Zeitschriftenverleger mit dem Aufschrei ‚Haltet den Dieb!‘ fast von der Zuschauerempore…“

„… möglicherweise in eine entscheidende Phase geht, wenn Hans-Herbert Luffenberger, der die in zwei Exemplaren erscheinende Neue Haus-Postille für den civilisirten Bürgersmann mit seinem eigenen Verlag anführt, tatsächlich ‚Obama‘ rechtlich geschützt haben sollte, wie sein Anwalt gestern verlauten ließ, und nun seinerseits gegen die deutschen Zeitungsverleger vorgehen will, die trotz Abmahnungen nicht davon ließen, den Namen des Friedensnobelpreisträgers weiterhin…“

„… ungewöhnlich harte Replik, die Kenner der Szene erstaunte; die Rechtsvertreter der zu einer Interessengruppe zusammengeschlossenen Verlage kündigten an, Luffenberger, so wörtlich in der Pressekonferenz, ihn aus der Presselandschaft auszumerzen. Als besonders erschreckend sahen die internationalen Vertreter den Streitwert an, dessen Höhe selbst Korrespondenten aus den Vereinigten Staaten von Amerika als eine geradezu lächerliche Machtdemonstration erschien, mit der…“

„… sich keine Freunde damit machte, dass sie während des gesamten ersten Verhandlungstags den Richter mit Beschimpfungen davon abzubringen suchte, den Namen des US-amerikanischen Präsidenten ohne Zahlung von Leistungsschutzgeld im Sitzungssaal auszusprechen. Als die Anwältin schließlich den Richter offen bedrohte, eskalierte die Situation, so dass die…“

„… niederschmetternde Wirkung auf die andere Seite, denn das Urteil ließ es nicht an Deutlichkeit mangeln: künftig werden die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage für die Nennung von ‚Obama‘ zahlen müssen, die wegen des hohen Streitwertes bereits auf 23 Millionen Euro angewachsene…“

„… sich offenbar kurz nach Verkündung des Urteils auf dem Gerichtskorridor mit einer Pistole in den Kopf schoss. Jede Hilfe kam zu spät, der Arzt konnte lediglich Döpfners Tod feststellen. Es kann nur gemutmaßt werden, ob möglicherweise private Probleme zu dieser Tat…“





Verbotene Früchte

22 04 2010

Die Situation war nicht mehr hinnehmbar. Die Bürger zeigten kein Unrechtsbewusstsein. Nicht einmal der groß angelegte Kriminalisierungsfeldzug unter Leitung des Bundesinnenministers änderte die Lage. Dutzende, ja tausende Verbrecher ließen nicht von ihren ruchlosen Ernährungsgewohnheiten ab. Es langte; der Gesamtverband Deutscher Obst- und Gemüsebauern forderte die EU zum Kampf auf: Schluss mit illegaler Fruchtzucht in Privatgärten!

Mit Material des Bundeskriminalamts üppig ausgestattet, flankierte die Springer-Presse die Maßnahmen; ganzseitige Anzeigen in BILD zeigten Jugendliche mit Erdbeer- und Kirschmündchen, die Schilder um den Hals trugen: Lump oder Nichtsnutz, ganz so, wie man seit alters Subjekte bezeichnet, die man mit Äpfeln erwischt. Unter der Führung des Bundeswirtschaftsministers zog eine Eingreiftruppe durch die Republik, Birn- und Pflaumenbäume zu fällen. Hier zeigte der Altliberale, was er in langen Parteijahren gelernt hatte: wie man mühsam Gewachsenes ohne Sinn und Verstand kaputt macht, wenn es einer Lobby so passt. Die Gründung des Interessenverbandes für Frucht-Content verlief planmäßig.

Ganz anders die Situation in den Niederungen des Volkes: vereinzelt trieben die Schergen bereits Fruchtpiraten durch die Straßen, Delinquenten, die allem Anschein nach planmäßig Stachelbeeren, Quitten und Haselnüsse in Hinterhöfen zogen – um ein Exempel gegen die (so äußerte sich der Bund Deutscher Kriminalbeamter erschüttert) Nazi-Methoden der Bio-Strolche zu statuieren, musste man einen Bürger verdachtsunabhängig durch die Kölner Innenstadt prügeln. „Ich verdiene in die Fresse, weil ich immer Zwetschgen esse“, kündete der Titulus. Dass man ohne die Hilfe von Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung und den zügigen Ausbau eines Feindstrafrechts für nichts garantieren könne, teilte BKA-Präsident Jörg Ziercke unter Tränen den Reportern mit.

Sogar die vor lauter Moral niedergeschlagene katholische Kirche ergriff das Wort; wo es um Sünde geht, war sie erfahrungsgemäß kaum einen Steinwurf entfernt. „Wer Äpfel isst, missbraucht auch Kinder“, ließ sich Militärbischof Mixa vernehmen. Mehr kam bei seiner Vernehmung nicht heraus, und jener theologisch nicht unumstrittene Rekurs machte auch nicht mehr viel.

Auf unerwarteten, aber erheblichen Widerstand traf die Rechtsprechung im Falle der Monika N. (45), die von einer Urlaubsreise Bananen als Reiseproviant mitgebracht, aber erst in der Heimat verzehrt hatte; gesetzestreue Staatsbürger hatten die Schalen in der Abfalltonne der geschiedenen Frau gefunden, so dass das hessische Landeskriminalamt lückenlos nachweisen konnte, dass kein in der EU gesetzeskonform verkauftes Obst vorlag. Auch eine eilig anberaumte Hausdurchsuchung förderte keine Schalenaufkleber zu Tage, die Schlauchfrüchte waren demnach eindeutig in krimineller Absicht ins Unionsgebiet verbracht worden. Hatte auch das erstinstanzliche Urteil Hoffnung geweckt, die Staatsanwaltschaft ging in Revision und forderte nunmehr eine langjährige Haftstrafe der Sünderin, die mit ihrem niederträchtigen Fruchtverzehr der Wirtschaft vorsätzlich schwere Schäden beibringen wollte – davon war der Staatsanwalt jedenfalls überzeugt – und letztlich ein Darniederliegen des deutschen Vaterlandes billigend in Kauf nahm, was nur als Terrorakt würde gedeutet werden können.

Schwere Schäden löste N.s Anwältin mit der Frage aus, wie viele deutsche Bananenzüchter ihre Mandantin bereits in den Ruin getrieben hätte. Der Staatsanwalt war hernach dienstunfähig, da er das Verfahren einstellen musste; sein Stammtisch distanzierte sich von ihm auf das Schärfste. Weitere Klagen, deren eine wegen Mandarinen in Tateinheit mit Mango besonderes Aufsehen erregt hatte, verliefen danach ergebnislos im Sande.

Indes formierte sich die Opposition, da auch die Obstpreise astronomische Höhen erreicht hatten: für ein Kilo schrumpeliger Birnen, für ein Schälchen wässriger Beeren zahlte man zehn, zwanzig Euro. In den Bahnhofsvierteln wuchs die Dörrobstszene. Ehrbare Menschen deckten ihren Vitaminbedarf mit Balkon-Sanddorn. Gurkensaat statt Schurkenstaat kündeten Graffiti an den Wänden, ein T-Shirt mit der Aufschrift Ich bin ein Strauch-Dieb trieb die Kontrollinstanzen zur Weißglut: eine Straftat war durch das Tragen des Kleidungsstücks nicht nachzuweisen.

Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, welche Frucht erlaubt, welche verboten sei, nahm die Bundesregierung erstaunlich gelassen. Hatte zuvor noch keiner damit gerechnet, dass Melonen faktisch Gemüse seien, da botanisch Kürbisse, so sorgte das Urteil für einen herben Rückschlag. Pflanzenwachstumserschwerungsgesetz und Realität waren nicht unter einen Hut zu bringen. Aus bestäubten Blüten entstandene Früchte, einschließlich Tomate und Aubergine, für die doch Mehrwertsteuervergünstigungen vereinbart worden waren, galten ab sofort als erlaubt, weil essbare Pflanzenteile – man hatte ein- und mehrjährige Pflanzen schlicht nicht hinreichend unterschieden. Der Frucht-Content-Verband drohte noch einmal ruppig in Richtung China, man werde dieser Nation den Hahn zudrehen, falls ihre Auberginen (einjährig, aber aus bestäubten Blüten) weiterhin als Raub-Anbau auf den Markt kämen. China machte den Landwirten kurz klar, wer sie – die Landwirte – seien und wer China ist. Dann hatte sich das Thema erledigt. Rechtzeitig zur Baumblüte.