
Gernulf Olzheimer
Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.
Die gelbe Schlonzbeere roch ganz leicht nach Kadaver, um Insekten anzuziehen, die sich in ihren klebrigen Blüten verfingen wie grenzdebile Deppen im Inneren einer rechtsextremistischen Partei. Die Fliege hatte keine Zeit, ihre empirisch gewonnenen Daten an die nächste Generation weiterzugeben, Uga schon. Nach Verzehr der Frucht stellte sich zu heftigem Magengeräusch Schwallhusten ein, den man so schnell nicht vergaß, falls man ihn denn überlebte. Fortan steckte der gute Genosse seinen Riechkolben nur noch in die Kräuter der Wiese und in die kommunikativen Partien der Artgenossen, die mit ihren Schweißdrüsen Smalltalk machten. Ab und zu schwiemelte er der Holden Blümchen ins Haupthaar, doch aus ganz anderen Gründen. Noch hatte der Mensch die Nase nicht voll.
Eines Tages siegte der Lochfraß im limbischen System und der Hominide erfand den objektungebundenen Duftstoff. Vermutlich hatte die Chemie sich mit der Herstellung von Kampfgas und Karzinogenen bis dato unausgelastet gefühlt, so dass sie nun die Vernichtung der Menschheit auf dem psychologischen Weg einschlug, und wahrlich, es ward so. Mit synthetisierten Essenzen, die ein Schwimmbecken zu Erbsensuppe verwandeln konnten und die Alpen in Graubrot, eroberten die Giftmischer die Großhirne der molekülgesteuerten Triebwesen, konditionierten sie auf allerlei modischen Schnickschnack für die Schleimhäute und trieben sie herdenweise in die heillose Abhängigkeit, bis die amorphe Kundenmasse wie gebannt vor dem Regal stand mit dreiunddreißig Spraydosen, weil es in der Postmoderne auf der Bedürfnisanstalt anders nicht mehr stinken darf als in einem Rosengarten auf Speed.
Eine durchschnittliche Plattenbaubutze ohne Atemschutz zu betreten führt zu psychedelischen Effekten. Leichte Herznoten von Bohnerwachs und Linoleum schwappen noch aus der Außenwelt unter dem Zugluftdackel durch, doch schon watet man in knietiefem Vanillepudding. Meeresbrisen schleifen die Netzhäute plan beim Betreten der Nasszelle, in Wohnzimmernähe wummert ein Armageddon aus Lavendel die Gesichtsebene in den Hinterkopf nebst Riesenbabypuder für Rosmarins Nachgeburt. Heimelig kratzt die Kombi aus Kunstwildleder und Pottwalkotze im Rachen, und während das geneigte Schimmelhirn die Kohle für diesen olfaktorischen Vernichtungsfeldzug gegen die Restsynapsen in die Kasse geholt hat, pfifferte im Dreiminutentakt eine elektronische Aerosolkanone eine Jasminoffensive ins umgebende Gasgemisch, die im abgestandenen Zustand riecht wie getoastete Bonbons nach der Exhumierung. Willkommen zur Stunksitzung.
Das Ergebnis ist der komplette Kontrollverlust, das Gift macht inzwischen die Dosis. Die zivilisierte Welt oder das, was wir noch dafür halten, riecht bei orkanartiger Gegenwindstärke nach Sandelholz mit Erdbeeren, als habe sich das die Evolution persönlich aus den Rippen geleiert, und spricht jeder natürlichen Aromenverteilung Hohn. Was Limettenschale und Koriander an der Haarwurzel zu suchen haben und gemähtes Gras am Küchenboden, weiß der Marketingexperte des Tensidkonzerns, und er behält es zur Vorsicht auch für sich. Bald riechen die Autos von innen nach Kuheuter, aber halt – jede Rostlaube wird im Wert längst verdoppelt von einer Überpopulation an Duftbäumen, die das Wagendach nach vorne unten zieht. Tanne-Topinambur oder die Apfelapokalypse treten an gegen ein manisches Melonenmassaker, um des Lenkers Reflexe zu zerstören. Warum diese Verkleisterung des zentralen Nervensystems nicht mit mobiler Ozonzwangsversorgung seitens der UNO gekontert wird, ist geradezu ruchlos.
Die meisten Isoprenoide vertreiben Kleintiere, vermutlich beschießt der Bescheuerte seine eigene Bude grenzwertflexibel mit Geraniol, Limonen und Citral, um die Wirkung schon mal an sich selbst zu testen. Dass das Zeug lustige Allergien auslöst, weil es bis tief in die Lungenäste kriecht und über die welke Oberfläche inkorporiert wird, das weiß der Kunde, aber zum Zelten auf dem intellektuellen Standstreifen hat er noch eben schnell eine Schütte Duftkerzen organisiert, um den Schmodder über die steigende Reizschwelle des Aromatenjunkies zu hieven. Lieblich knallt Benzol an die Schädeldecke, diesmal von innen, und grüßt im Vorbeifluss die anderen Lösungsmittel auf dem Weg zur Leber. Wozu der Behämmerte noch raucht, erschließt sich nicht mehr wirklich. Mit verstörender Intensität imprägniert der Mix aus Chanel Nummer 50.000 und dem Zimttodesstern alle Klamotten, die gute Kinderarbeitsware aus Bangladesch macht in der U-Bahn Fruchtfliegen aus Fernost nervös, und ein leichter Film aus Paraffin und Aloe vera legt sich tückisch-sanft auf die Tapeten. Irgendwann in einer stürmischen Nacht wird irgendein Nachbewohner Stimmen aus dem Inneren der Dielenbretter hören, die ihm befehlen, Bielefeld zu zerstören und in seine Heimatgalaxie zurückzufliegen. So wird’s geschehen, denn wir wissen seit dem Pleistozän: Chemie ist gefährlich, aber Zugluft tötet.
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