Rent-a-Präsident

18 09 2013

„… habe Wulff bereits als Ministerpräsident eine von Groenewold verfasste Rede auf den Filmproduzenten gehalten, die…“

„… es im Bundespräsidialamt nicht bekannt sei, welches Referat für die öffentlichen Auftritte des Altpräsidenten verantwortlich gewesen sei. Man habe die Redetexte meist in Briefumschlägen mit Bündeln nicht fortlaufend nummerierter…“

„… sich als Fachmann für Begeisterung nicht eigne. Er wolle aber lernen, ein guter Redner zu…“

„… die Keynote auf der Vorstellung des neuen Bobby-Car zu halten, während eine…“

„… und sich als Hauptredner auf dem Landesparteitag der FDP zu profilieren. Da es auf den Inhalt der Rede so gut wie nicht ankomme, sei Wulff der ideale…“

„… die Vermarktungsrechte für Film- und Fernsehübertragungen gesichert. Wulff solle die Präsentation des neuen 5er-BMW auf der internationalen…“

„… dass Groenewolds Rede verfilmt werden solle, falls die Hauptrolle von Veronica Ferres…“

„… außerordentlich unterhaltsam, auf den Punkt formuliert, fachlich kompetent und durchaus stringent vorgetragen. Leider habe Wulff keine einzige dieser Eigenschaften auch nur…“

„… habe auf der Firmenfeier der Siemens AG versehentlich Texte von der Unternehmenswebsite vorgelesen. Dies sei nicht mit dem Pressereferenten abgesprochen gewesen, der ausdrücklich um eine aktuelle Darstellung des…“

„… es Wulff während des Obama-Besuchs nicht bis zum Ausleuchtungsdouble geschafft habe, was jedoch nicht an seiner blassen Hautfarbe, sondern an seiner mangelnden politischen…“

„… im Doppelpack mit einem Experten für Blumenschmuck gebucht worden sei. Vertraglich sei ebenfalls festgehalten worden, dass der Experte den Vortrag werde halten dürfen, solange der Redetext nicht von Wulff…“

„… sich auf dem Bundesverband der Tabakproduzenten für eine sofortige Aufhebung des Rauchverbots stark gemacht habe. Wulff fordere eine Liberalisierung des…“

„… habe der Ex-Präsident kein Mitspracherecht am Drehbuch gehabt. Der Werbefilm für das Opel-Modell sei erst nach mehreren…“

„… für den Deutschen Filmpreis. Wulff sei frühzeitig aus dem Rennen genommen worden, da er nicht die nötigen Kenntnisse über Filmproduktion oder…“

„… die Telekommunikationsbranche sich sehr interessiert gezeigt habe. Der Altbundespräsident habe in der Podiumsdiskussion leider nicht das Fabrikat des Anrufbeantworters nennen können, sei aber…“

„… ein komplettes Handels-, Werbe- und Konsumverbot von Tabakerzeugnissen fordere. Der Deutsche Homöopathen-Verband habe Wulff zum Schirmherrn seiner Jahrestagung in …“

„… sei immerhin vom Protokollchef verhindert worden, dass Wulff während seiner Rede auf dem Handwerkstag das Transparent Powered by Gas Wasser Scheibelhuber…“

„… auf dem Oktoberfest zu unschönen Szenen gekommen sei, als Wulff ungefragt die Rede des…“

„… es sich um ein Gerücht handle, dass sich Wulff mit der Agentur Rent-a-Präsident selbstständig machen…“

„… zu mehreren Fachvorträgen unter dem Titel Ich und mein Dacia in führenden unterfränkischen Gebrauchtwagenhäusern…“

„… dem Fernsehpublikum nicht aufgefallen sei. Die Weihnachtsansprache sei versehentlich…“

„… statt der erwarteten Rede über Chancen und Risiken des Vermögensmanagements den Kunden eine Maschmeyer-Broschüre in die Hand zu drücken. Der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen wolle zu Weihnachten wieder auf die bewährte…“

„… ebenfalls eine Rede zum 40. Jahrestag zu halten. Wulff habe sich entschieden, zum Gedenken an die 1973 von Papst Paul VI. abgeschaffte Tonsur einen Beitrag vor dem Deutschen Bundestag zu…“

„… die Eröffnungsrede zum Jahrestreffen der Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Landesverband Sachsen-Anhalt) abzulesen, da die Generalprobe weniger…“

„… zu Irritationen gekommen sei, als Wulff auf dem Kindergeburtstag im Hause von der Leyen die Rede zum letztjährigen Deutschen Bestattertag…“

„… es dankend abgelehnt, Wulff für Wahlkampfzwecke anzufordern. Merkel sei sich dessen bewusst, dass seine Anwesenheit in Niedersachsen zu einem unmittelbaren Abfall der christdemokratischen…“

„… bereits mehrere Hundeveranstaltungen nicht eröffnet habe, nachdem seine Redebeiträge bei der Kaninchenzuchtvereinsmesse Hammonia 1876 eine profunde Unkenntnis der Gesetzeslage sowie der sozialen Verankerung des…“

„… auf vielfachen Wunsch des Rex-Gildo-Fanclubs Oberursel seine dritte Baumarkt-Eröffnung zu absolvieren. Wulff falle nicht gerade durch rhetorisches Talent auf, seine Tanzeinlagen seien jedoch ausnehmend…“





Suchprävention

12 09 2012

„… dass auch ehrverletzende Assoziationen nicht in den Ergebnissen von Suchmaschinen zu finden sein dürften. Es dürfe sich ausschließlich um die reine Wahrheit handeln, die den Internetnutzern…“

„… könne das Ende der Online-Werbung bedeuten. Gerade für Rabattangebote seien die…“

„… strenge der Verband der Kreationisten Hessen-Süd e. V. eine Klage an, um sämtliche Anzeichen der Evolutionstheorie aus dem Netz zu löschen. Diese sei eine Theorie, könne also nicht als wahr bezeichnet werden und müsse deshalb…“

„… seien Kombinationen wie schäuble sudoku oder schäuble schwarzgeld schreiber theoretisch legal, da sie sich auf leistungsschutzrechtlich relevante Inhalte von Qualitätsmedien bezögen, doch dürfe man diese Zusammenhänge dem Leser nicht mehr zumuten, da sie älter als…“

„… streite sich auch mit der Bundesagentur, ob eine durch Veränderung der Berechnungskriterien zustande gekommene verringerte Arbeitslosenquote wahrer als jene Zahl vor der Änderung der statistischen Berechnungsgrundlage…“

„… zu einem Missverständnis gekommen. Statt auf Geheiß des Metropoliten Rainer Maria Kardinal Woelki sämtliche Werbung für Homosexualität zu entfernen, habe das Gericht angeordnet, Putins Gesetzgebung zu verschweigen, die Werbung für Homosexualität als illegitim behandelt und aus der Öffentlichkeit…“

„… immer unter Vorbehalt zu sehen. Dennoch fielen Videos, die mit der Angabe Quelle: Internet gezeigt würden, nicht automatisch unter den Verdacht der…“

„… zu Schwierigkeiten, da das CDU-Präsidium übersehen habe, dass sich das Internet nicht in Deutschland befinde. Von der Leyen schlage ein Verzeichnis vor, das an öffentliche Einrichtungen ausgegeben würde. Die mit einer Sperre belegten Begriffe befänden sich auf der 54.122 Seiten langen Liste, die bequem per Faxabruf…“

„… eine schwere Schlappe, dass die FDP nicht mehr mit selbst erstellten Wirtschaftsprognosen in den Landtagswahlkampf ziehen könne. Es gebe, so das Landgericht Hamburg, einen Unterschied zwischen Wahrheit und Meinungsäußerung, deren letztere nach geltender Rechtslage nicht mehr im Internet…“

„… könne dabei von einer Sonderregelung für Verschwörungstheorien profitieren. Erlaubt seien populäre Irrtümer – Bielefeld existiere nicht, die Mondlandung habe nie stattgefunden, die SPD sei eine sozialdemokratische…“

„… klar widersprochen. Uhl wisse wohl, dass Deutschland nicht von Sicherheitsexperten regiert werde, deshalb müsse die schriftliche Form dieser Aussage auch weiterhin unterdrückt…“

„… aus Gründen der Vorsicht gleich sämtliche relevanten Suchbegriffe zum NSU aus der Suchmaschine zu entfernen, da es zu kompliziert sei, die jeweils tagesaktuelle Version der Wahrheit an die erforderlichen…“

„… möglicherweise durch jahrhundertelange Versäumnisse verursacht. Bereits in gedruckten Büchern sehe er viele bewusst wahrheitswidrige Aussagen, die den Anlass für ebenso viele im Internet publizierte Lügen gäben. IM Friedrich habe den Gesetzesentwurf zur präventiven Verbrennung aller Bücher in deutschen Bibliotheken daher…“

„… wolle die CSU politische Propaganda der Linken und Grünen im Internet verbieten, da diese durch ideologische Lügen gekennzeichnet seien. Dobrindt habe deutlich gemacht, dass nur Inhalte der CDU/CSU noch in den…“

„… damit die Fahndung nach Plagiaten strengstens verboten. Koch-Mehrin habe in diesem Zusammenhang ihre Kritik erneuert, dass man ihre Dissertation im Internet verarbeitet habe, obwohl ihre Einlassungen offensichtlich falsch und…“

„… dass dieser Tage ein besonders gutes Einvernehmen zwischen von der Leyen und der SPD herrsche. Neben dem Rentenkompromiss solle auf der überparteilichen Klausurtagung auch das Wahrheitserleichterungsgesetz mit den Stimmen aller Fraktionen schnell durch den Bundestag…“

„… seien die beiden nicht wegen des Zurverfügungstellens urheberrechtlich geschützter Inhalte verurteilt worden. Durch das Einstellen von Sarrazins Machwerk hätten sie im Internet eine zielgerichtete Irreführung durch erstunkene und erlogene…“

„… handele es sich keinesfalls um Zensur, vielmehr dürfe im Internet nichts mehr geschrieben werden, was nicht als potenziell unwahr bezeichnet werden könne, so dass endlich eine umfassende Rechtssicherheit für den mündigen Bürger…“

„… wolle IM Friedrich durch das Verbot der Behauptung, der Islam gehöre zu Deutschland, sämtliche Belege dafür aus dem Netz tilgen, so dass später nicht mehr behauptet werden dürfe, der Islam gehöre zu Deutschland, da sich dann im Internet keine Beweise finden würden für die Ansicht, der Islam gehöre…“

„… sei letztlich nicht eine Frage, was geäußert, sondern eine Grundsatzentscheidung, was gedacht werden dürfe. Das Bundesverfassungsgericht weise die Klage zurück, da sich nicht umfassend klären lasse, was als wahr und was als…“

„… gegen die Stimmen des niedersächsischen CDU-Landesverbandes verabschiedet habe. Das in Hannover ansässige Wahrheitsministerium sei als erste Maßnahme für einen…“





Zu viel der Ehre

5 03 2012

„… dem zurückgetretenen Bundespräsidenten trotz erheblicher Bedenken den Ehrensold in Höhe von 199.000 Euro zu zahlen, zuzüglich eines Büros mit Büroleiter, Referent und Sekretärin sowie eines Dienstfahrzeugs mit Fahrer im Wert von 280.000 Euro pro…“

„… bereits zweimal einen Müllcontainer geordert, da tausende von Besuchern ihre Schuhe in den Vorgarten des Klinkerbaus…“

„… habe einen erheblichen Vertrauensverlust gegeben, obwohl der überwiegende Teil der Bevölkerung den Präsidenten bestärkt habe, im Amt zu bleiben. Lediglich eine verschwindend geringe Minderheit von gut 99% seien für einen sofortigen Rücktritt des…“

„… da nur durch mehrfache Barzahlungen der Eindruck entstanden sei, Wulff habe unrechtmäßig Vorteile genossen. Nur die zentrale Speicherung aller bargeldlosen Bezahlvorgänge könne noch das Vertrauen des Staates in die Bürger…“

„… habe zu keiner Zeit eine direkte Beteiligung an Projekten von Groenewold bestanden. Auch habe Wulff nicht gewusst, dass der Produzent für Veronica Ferres das Projekt Der Verbrecher aus verlorener Ehre durch eine…“

„… zu einem Zwischenfall in einer Autobahn-Raststätte. Der pensionierte Verwaltungsbeamte Konrad T. solle sich auf Wulff erbrochen…“

„… habe ja nicht Wulff selbst entschieden, den Ehrensold zu erhalten. Dies sei eine Entscheidung des Präsidialamtes, die der Altpräsident nicht mehr aufheben könne, so dass nur die…“

„… äußerte Bosbach Verständnis dafür, dass gegen den im Fall Wulff ermittelnden Staatsanwalt Morddrohungen ausgestoßen worden seien. Gerade Beamten, so der Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, müsse jegliche Nestbeschmutzung mit drakonischen Strafen vergolten, die schon im Verdachtsfall…“

„… dementierte Berlusconi, Wulff eingeladen zu haben. Der italienische Ex-Präsident habe nie vorgehabt, sich mit einem Amateur zu…“

„… könne es die Verwaltung in Burgwedel nicht verhindern, dass mehrere gemietete Lkw mit Aufschriften wie Schmarotzer oder Parasitäre Existenz Tag und Nacht vor dem Anwesen des ehemaligen Staatsoberhauptes sich bewegten. Die Verkehrspolizei sehe ebenfalls keinen Grund zum Eingreifen und empfahl dem Hausherrn, sich wieder zu melden, sollte in der Zwischenzeit eine nachweisbare Straftat, die nicht Wulff selbst…“

„… nach Aussage des Präsidialamtes um einen politisch motivierten Rücktritt. Wulff habe am Tag seiner Amtsaufgabe gesagt, er sei nun ‚ganz dolle traurig und irgendwie auch voll total enttäuscht und so‘, was sich eindeutig interpretieren lasse: wenn ein politischer Amtsträger ganz dolle traurig und irgendwie auch voll total enttäuscht sei, dann sei dies eben politisch motivierte Traurigkeit und…“

„… argumentierte Pofalla, auch im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung sei der Präsident noch berechtigt, einen Ehrensold zu beziehen, da er nicht als amtierendes Staatsoberhaupt vor Gericht…“

„… verzichte Wulff auf eine Luxuslimousine und bescheide sich mit einem Modell der gehobenen Mittelklasse als Zweitwagen für seine Frau. Es sei für ihn eine Frage der Ehre, in diese…“

„… lobte Gauck seinen Vorgänger; dieser nehme sich bewusst die Freiheit, Solidarität nicht einfach zu einem Schlagwort zu machen, sondern von der Gesellschaft zu fordern – zunächst für sich selbst, dann aber…“

„… keine Frage der objektiven Moral, sondern ihrer subjektiven Widerspiegelung. Sloterdijk führte aus, der Präsident habe etwaige Gesetzesübertretungen immer ohne moralische Bedenken begangen und sei folglich auch als Ehrenmann zu…“

„… habe Wulff angeblich nicht gewusst, dass das ihm von der Kreishandwerkerschaft kostenlos zur Verfügung gestellte Badewannenmodell Barschel gar keinen…“

„… unterstrich Wulff, er wolle zwar etwaige Geldgeschenke seiner Schwiegermutter nicht mehr annehmen, lehne es aber ab, sie mit seinem Ehrensold zu verrechen. Diese kleinkarierte Fuchserei sei eines Hartz-IV-Empfängers würdig, nicht aber eines ehemaligen…“

„… schwere Unruhen, da sich Wulff in seiner Gastrede als politischen Gefangenen des BRD-Regimes bezeichnete. Die von Horst Mahler moderierte Veranstaltung war vom BND nicht…“

„… organisierten die Einwohner von Norderney. Anlässlich der Frühjahrsblüte erblickte die Familie des Altpräsidenten beim morgendlichen Blick aus dem Hotelfenster den zwölf mal sieben Meter großen Schriftzug VERPISS DICH DU KORRUPTES STÜCK SCHEISSE UND NIMM DEIN BLÖDES BÜCKSTÜCK MIT aus liebevoll arrangierten Primeln, Narzissen und…“

„… an die jüdisch-christliche Moral der Deutschen zu appellieren. Das ausrangierte Staatsoberhaupt beanspruche für sich erheblich mehr Nächstenliebe – man müsse in diesem Land wieder mehr spüren, dass Geben seliger sei als…“

„… da Bettina Wulff in einer Homestory für ein Boulevardmagazin wehklagte, sie wolle nicht in einem Land leben, in der sie ihre Tätowierungen selbst bezahlen oder statt Oberbekleidung nur…“

„… verwies der ehemalige Ministerpräsident auf seine Rolle als christlicher Landesvater. So habe er nie pauschal und aus dem Zusammenhang gerissen gespart, sondern gezielt Kürzungen bei Behinderten und sozial Schwachen…“

„… inzwischen bekannt gegeben, dass der Pensionär gezielt an Wulffs Tisch gegangen sei, den Finger in den Hals gesteckt habe und auf…“

„… wurde Bettina Wulff beim Verlassen eines Möbelhauses auf dem Parkplatz von zwei Schüssen aus einem Luftgewehr leicht verletzt. Das Hohlspitzgeschoss, das auch sonst zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werde, habe sie am Hinterkopf getroffen. Der Schütze gab an, er habe eigentlich den Arsch treffen wollen; die vernehmenden Beamten werteten dies als einen geplanten Attentatsversuch auf den ehemaligen…“

„… sei ihm bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht bekannt gewesen. Wulff habe die Entlassung Glaesekers nicht bewusst durchgeführt, Glaeseker sei ihm nie zuvor begegnet und habe auch nie…“

„… äußerte Wulff sein Bedauern über die Entlassungen des Schlecker-Konzerns. Man solle jedoch auch das Positive darin sehen; jeder frühere Arbeitnehmer, der nun von Arbeitslosengeld II abhängig würde, könne durch vermehrten Konsum helfen, die Binnenkonjunktur anzukurbeln und sich seinen eigenen Arbeitsplatz zu…“

„… möglicherweise auch auf gesundheitliche Gründe hindeute, da Wulff nach dem Rücktritt von seiner tiefen Verletztheit gesprochen habe. Da nicht auszuschließen sei, dass ein derart sensibler und feinfühliger Mensch wie Christian Wulff schon während seiner Amtszeit Vorahnungen gehabt haben könnte, müsse man ex post diesen Grund für seine Demission als durchaus…“

„… unter sechzig Kubikmetern Gülle mit festen Bestandteilen begraben. Die Polizei vermochte eine Beteiligung der niedersächsischen Bauernschaft nicht nachzuweisen, Wulffs Dienstwagen sei…“

„… von Wulff selbst in einer Talkshow beklagt, dass auf ihn enormer Druck ausgeübt worden sei, im Amt zu bleiben – politischer Druck seitens der Bundeskanzlerin – was schließlich zu einem rein politisch Rückzug aus Bellevue…“

„… es sich laut Augenzeugen um eine Gruppe von 60 Senioren auf Kaffeefahrt gehandelt habe, die in einer Warteschlange vor Wulffs Tisch…“

„… forderte Uhl die sofortige Einführung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung, um sich…“

„… zwar keine direkte Antwort Merkels zu hören, doch solle die Kanzlerin angekündigt haben, erst Rösler zu erledigen und sich dann mit Wulff zu…“

„… verteidigte auch Volker Kauder die Aussage seines Parteifreundes über den Rücktrittsgrund. Wulff wäre schon vor seinem Amtsantritt politisch nicht im Geringsten zum Präsidenten geeignet gewesen, weshalb seine Motivation nun auch…“

„… sei möglicherweise durch eine Indiskretion des Hoteliers bekannt geworden. Polizeibeamte entfernten aus dem Zimmer des Ehepaars einen Pferdekopf sowie mehrere…“

„… durch einen in das Schlafzimmerfenster geschleuderten Brandsatz ausgelöst. Einsatzleiter Dietmar K. bezeichnete das Feuer als einen Akt sinnloser Gewalt, da Wulff sich zum Tatzeitpunkt bedauerlicherweise nicht in seinem Wohnhaus…“

„… sich am Gürtel seines Bademantels erhängt habe. In seinem Abschiedsbrief betonte Wulff, er habe viele Fehler gemacht, aber nie einen Fehler, und habe diesen Suizid auch aus rein politischen…“





Das letzte Würstchen

20 02 2012

„Kalle, ick nehm noch ’ne Körri. Un denn machste ooch noch ’ne Molle. Wejen den Körri, wa. Wat is? Wejen des Kör-ris? Sahrense ma, hamse keen ze Hause? Ach so. Nu seh ick det. Hatta ja ooch nich. Pardong, Herr Bunspräsent. Hack jar nich jesehn, det Sie det sinn. Kommense ma untern Schürm. Is kalt, wenn man so die janze Nacht uff die Beene is.

’türlich is det unschön, a damit war zu rechnen. Ihre Olle is nu ma so’n charakterlich andersartich bejabtet Stick, so heißt det ja wohl polletikkorrekt. Det is ehmt so, wenn Madame nich mehr kricht, wat se sich in’n Kopp jesotzen hat, denn macht se die Dhüre zu, un denn pennste in’n Jarten. Is ja nu ooch keen Ssustand. Ick wer Ihnen ma wat sahren, Herr Bunspräsent, lassense die ma janz ruhig in Bellwüh hockn. Imma lass die olle Zippe da hockn, det merkt die jar nich. Also jroß jenuch wär det Jebäude. Die wird da übasehn, neechsten Tach jeht det Jeseire wieda los, a denn wird die Olle keena mehr vamissn.

Det is scheen, Herr Präsent. Is kleidsam, so’n Schlips. Wie heeßt a? Herpes? Kenn ick nich. Wat meene Olle is, die hat mir een fürs Lichtspielhaus in’n Schrank jehangen, a ick wer den nich umdhun. So’n Kultuastrick hack nich nötich. Det is für inne Polletik oda wenn eena dhot is, oda andersum, a ick brauch det nich. Kalle, ick nehm nochn Kümmaling ßu, det is wejen die Molle nu. Na jib ma jleich ßwee, det die Körri ooch jut rutschen dhut. Mit Verlaub, Herr Präsent, det war ja nu nich so jedacht – wennse ’n Kümmaling trinken wolln, denn jeb ick Ihnen ma ’n juten Tipp: koofense sich een. Selba trinken macht duhn. Ick bin ja keen Unmensch, a mir jehmse ooch nischt ab. Ick muss ooch inne Wüchtschaft jehn, a nich so wie Sie. Meine Jüte, Sie ham a ooch keen Dunst von det würkliche Lehm, wa? Wat ick Ihnen empfehln kann? Nehmense ’n Brühpuller mit Schrippe.

Wat kramense da in die Taschen rum, wollense auspackn? Denn packense ma, imma packense ma aus – könnense jleich wieda einpackn. Det is Ihr Auto? Denn schiehmse det Ding ma aussen Parkvabot. Hamse Tomaten uff die Oogen? Da hat die Vawaltung ’n Schildawald anjepflanzt un kommt alle paar Tahre zum Jießen herjeradelt. Denn wachsen da die Sparjel aus’m Jrün. Un der Wowi pinselt höchstpasönlich ‚Parken vaboten‘ druff, wa? Könnense ma kieken. Det heißt nich Parkvabot, weil se da keen Tierjarten jebrauchen können. Denkense ma vaschärft nach, Herr Präsent. Na, fängt det an zu klüngeln? Füa det Auto von’n Bunspräsenten is det nich vaboten? Det wüsst ick a, Herr Staatsobahaupt. Det wüsst ick.

A morjen – morjen wer det allet wieda jold, wa? Morjen. Un det solln wa nu jloohm. Det hamse ja vorje Woche ooch schon jesacht jehabt. Un davor. Denn parkt a det Auto jarantiert nich falsch. Un denn ßahlt a den Strafßettel ooch. Janz sicha. Morjen, Haupsache: morjen.

Sahrense ma, Männeken – die Fotojrafiererei könnense sich sparen. Nee, da hack keen jesteijertes Intaresse an’n Abzuch. Sonne Fotojrafie von Herrn Bunspräsent mit meene Wenichkeit – nee, det hat ma ja jrade noch jefehlt. Det is nich nötich, lassense det ma sinn. Hallo? Det könnense ohne Ihrn Anwalt rejeln, oda? Mein Jott, Herr Bunspräsent – imma jleich mit die Anwaltskanßlei drohn, det is ooch ’ne Art Heldentum. Könnense det nich rejeln wie jeda andere Bürjer? Muss det imma jleich mit Ihre juristische Flüstatüte sinn? Un hörense ma uff, mir ze duzen. Det kann ick ma so jar nich vaknusen, wenn eener imma wat Besseret sein will, un denn wanzt a sich an un dhut plötzlich wie so’n Sandkastenkumpel. Det kann ick so jar nich ab.

Nehmense sich doch noch ’ne Bock, ick weeß ja nich, wann Se wieda wat zwischen de Kiemen kriejen. Det war die letzte? Denn is dit persönlichet Pech Ihraseits, Herr Bunspräsent. Kommense klar. A wieso soll ick nu ’ne Molle uff den Schreck ausjehm? Abjebrannt? Hamse den Ehrensold unta de Fußmatte liejen lassen? Oda hat die Olle wieda allet füa die Kleedage ausjejehm?

Menschenskind, passense doch uff mit den Mostrich! Dit is meene jute Jacke, da hack lange für jespart! So, Sie sinn nich schuld? Vastehe, det war der Mostrich, Herr Präsent. Det hamse sich so jedacht – wenn det ma in die Botanik jeht, denn sinn die andern schuld, a man bloß nich der Herr Bunspräsent, wa? Dit hamse sich so jedacht. Imma uff die Kleenen. Da wär ick an Ihre Stelle ma ’ne Ecke vorsichtija mit die Marmelade. Det jibt Flecke uff de weiße Weste, Herr Präsent. Richtich Flecke. Un die kriejense nich ma ehmt so rausjeriehm. Jott, nu stehnse doch ma jrade! Is ja nich zum Anlieken, ’ne Flitzpiepe uff Heimaturlaub! Hat Ihre Olle den Stöpsel jezohren? Nu weenta ooch noch. Kalle, jib ma’n Herrn Bunspräsent ’ne Serviette.

Meene Jüte, nu machense sich nich wieda jleich in’t Hemde. ’türlich sinnse ’n Teil von det Land. A ick wer mir frahren, welcha. Det hamse ooch noch nich so janz bejriffen, wa? Sie sinn so’n Mietkaspa wie die Merkelsche. Die Olle kricht ’n paar Jahre, un denn isse wech von’t Fensta. Und Sie sinn bloß Jrüßklops von Bellwüh. Jott, nu winselnse mir nich voll, ßällavieh. Von Ihrn Jeweimer wer det ooch nich bessa sinn.

Wat, ick soll nu füa Ihnen ßahln? Sons jehts a noch danke, wa? Füa Ihnen!? Kalle, haste det jeheert? Ick wer doch füa den Schlawiner nich… Kalle, kiek ma – Kalle, mach hin! Die olle Pottsau wer noch die Sseche prelln! Kalle!

Nehmsen ma gleich mit, Herr Wachtmeesta. Det Aas hat vasehentlich de Tüschkante aufs Maul jekricht. Sswölfmal.“





Die Lümmel von der ersten Bank

13 02 2012

„Bauchweh? Christian, was hast Du denn wieder für Bauchweh? Schreibt Ihr morgen etwa Mathe? Du weißt es nicht? Du kannst Dich nicht erinnern? Christian, das ist doch jetzt schon das zweite – nein, warte: das dritte Mal, dass Du – Christian? Hast Du wieder etwas angestellt?

Ja, die anderen Kinder haben es eben auch nicht leicht. Und die werden nicht ständig übers Wochenende eingeladen. Auch nicht nach Japan. Jetzt hör aber auf, Dich ständig zu beschweren, Christian! Wenn Dir das Taschengeld nicht reicht, dann wirst Du Dir eben einen Job suchen müssen. Andere Kinder in Deinem Alter arbeiten auch.

Ein Auto? Du willst mit dem eigenen Auto in die Schule fahren? Christian, Du bist doch noch gar nicht alt genug für einen Führerschein. Und wenn Du nicht mehr mit den anderen Kindern im Bus fahren willst, dann kann Mutti Dich doch bringen. Aber wozu brauchst Du denn jetzt schon ein eigenes Auto? Weil der Onkel Geerkens auch eins hat? Aber der ist doch auch schon erwachsen, Christian. Der fährt nicht jeden Morgen zur Schule. Und überhaupt, wenn Du von Deinem Taschengeld ein eigenes Auto kaufen willst, das reicht doch nicht einmal für die Anzahlung. Wieso, ich weiß nicht Bescheid? Christian, Du hast doch nicht schon wieder –

Hast Du etwa wieder Geld vom Onkel Maschmeyer genommen? Christian, jetzt sag die Wahrheit! Wenn Du willst, dass Mutti Dir eine Entschuldigung schreibt, dann musst Du mir jetzt aber versprechen, dass Du die Wahrheit sagst. Versprichst Du mir das, Christian? Wie, das werden Deine Anwälte mir schon erzählen – fängst Du schon wieder so an? So spricht man nicht mit Mutti, verstanden? Und jetzt rede Dich nicht wieder raus, dass nicht gelogen hast, sondern die Anwälte. Ich will das nicht, dass Du Dein Taschengeld für diese Anwälte ausgibst, Christian. Schau mal, andere Jungs in Deinem Alter, die sparen schon auf ein eigenes Häuschen.

Nein, das habe ich damit nicht gemeint. Ich sagte: Du sollst mir versprechen, die Wahrheit zu sagen. Und ich will dann nicht hören, dass es wieder nur bei dem Versprechen bleibt!

Christian, Du sollst nicht immer alles auf einmal essen. Meine Güte, woher hat das Kind bloß diese verdammte Gier! Wenn Du immerzu Schokolade und Kuchen und Himbeerbonbons und Eis in Dich hineinstopfst, dann kriegst Du eben Bauchweh. Und dann muss Mutti Dir eine Entschuldigung schreiben und hoffen, dass der Lehrer nicht genau hinguckt.

Ein neues Telefon? Wozu brauchst Du ein Telefon? Und schon wieder ein neues? Christian, Du sollst doch nicht immer mit diesem – Du hast Dir vom Onkel Groenewold einfach das Telefon mitgenommen? Das macht man aber nicht! Wozu brauchst Du denn dieses Telefon, Christian? Du kannst Dir doch selbst eins kaufen, oder gibt Dir Mutti nicht genug Taschengeld? Ach, Du musstest das Geld für die Anwälte ausgeben? Und der Onkel Groenewold hat Dich so oft eingeladen, dass Du mit dem Bezahlen gar nicht mehr nachgekommen bist? Und das soll Mutti Dir so einfach glauben?

Meine Güte, dann spiel doch mal mit den anderen Kindern! Immer musst Du mit dem Onkel Glaeseker herumhängen, das ist doch nicht mehr normal. Guck mal, jetzt ist gerade Berlinale, alle anderen Kinder gehen da zum Karneval – und keiner kommt Dich besuchen. Meinst Du denn, mir macht das Spaß, wenn Du den ganzen Tag lang nur zu Hause sitzt? Und lernen willst Du auch nichts!

Das ist doch klar, dass man sich damit in der Klasse unbeleibt macht, Christian. Wenn man sich so wie Du benimmt, dann will eben keiner neben Dir sitzen. Ja sicher, Christian – Du stiftest die anderen zum Lügen und zum Abschreiben an, und wenn sie vom Lehrer erwischt werden, dann weißt Du wieder von nichts? Wundert Dich das? Weil was? Klassensprecher? Sie haben Dich zum Klassensprecher gewählt, und Du warst nicht darauf vorbereitet, dass Du die Wahl auch gewinnen könntest? Das hat Dich überfordert? Und deshalb kannst Du jetzt keine Mathearbeit schreiben, weil Du wieder so Bauchweh hast?

Sag mal, hast Du etwa wieder Geld aus Muttis Handtasche genommen? Christian! Du sollst nicht immer an meine Sachen gehen! Das ist Diebstahl, Christian, ganz gemeiner Diebstahl! Wie, Du hast nicht gelogen? Du hast doch gesagt, Du wolltest dem Onkel Groenewold einen neuen Briefkasten schenken, oder habe ich da etwas verwechselt? Und Du hast mir doch gesagt, Du hast nicht wieder etwas geklaut? Was? Du sollst Mutti jetzt endlich die Wahrheit sagen, wenn Du gefragt wirst! Wie, Du hast die Wahrheit gesagt? Du hast gesagt, Du bist an die Börse gegangen – und das bezeichnest Du als die Wahrheit sagen? Christian, wie oft habe ich Dir gesagt, Du sollst Mutti nicht anlügen? Was sollen denn die Leute von mir denken?

Gut, einmal noch. Ein einziges Mal schreibt Dir Mutti noch eine Entschuldigung. Wenn Du mir diesmal auch wirklich ganz fest versprichst, dass es das allerletzte Mal gewesen ist. Und dass da nichts mehr rauskommt. Und dass Du ab jetzt brav bist. Und nicht wieder Bauchweh kriegst, wenn Du Mathe schreiben sollst. Und nicht mehr lügst. Und nichts mehr von dem Onkel Groenewold nimmst. Und nicht mehr unartig sein willst zu den anderen Kindern. Und nicht mehr an Muttis Geld gehst. Ein einziges Mal noch. Zum letzten Mal, Christian. Zum allerletzten Mal, hörst Du? Zum allerletzten Mal.

Bobby-Car? Was für ein Bobby-Car, Christian?“





Bis(s) zum bitteren Ende

6 02 2012

„Dass das in einem Rechtsstaat überhaupt möglich ist – ich finde das skandalös!“ „Ich finde noch ganz andere Dinge skandalös, und zwar, wie man sich offensichtlich um diesen Rechtsstaat herumdrücken kann.“ „Dieses Urteil hätte es so nie geben dürfen. Wir sind ja sonst für Gerechtigkeit, aber in diesem Fall – “ „Wenn es um Ihren Bundespräsidenten geht, dann machen Sie gerne mal eine Ausnahme, oder?“ „Man hätte ihm das Vertrauen öffentlich entziehen können seitens der Regierung, ja. Man hätte ihn eventuell sogar zum Rücktritt auffordern können. Sogar ich hätte das nicht ganz verkehrt gefunden.“ „Deshalb haben Sie ja auch ständig ein Ende der Debatte gefordert.“ „Man hätte ihn sicher auch anders entfernen können. Aber ihn gleich zum Verbleib im Amt zu verurteilen? und das auch noch lebenslänglich?“

„Warum soll diese Präsidialmarionette nicht bis zur Demenzgrenze im Amt bleiben?“ „Das wäre der Untergang. Keiner nähme uns mehr ernst.“ „Warum sollte es denn Deutschland besser gehen als seinem Staatsoberhaupt?“ „Sie können doch jemanden, der alle drei Tage die Öffentlichkeit belügt, nicht so ohne Weiteres als völkerrechtlichen Vertreter auf die Welt loslassen. Und dann noch lebenslänglich! Welcher Teufel hat denn das Gericht geritten?“ „Wenn Wulff die geringste Aussicht darauf hätte, seine Apanage weiter zu erhalten, wäre er in einer Viertelstunde zurückgetreten.“ „Also Schutzhaft?“ „Wir lassen ihn im Amt verschimmeln.“

„Im Ernst, Sie zerstören die Würde des Amtes.“ „Weil Wulff als einziger aus diesem Klüngel seiner gerechten Strafe zugeführt wird?“ „Weil er mit einer Strafe vorgeführt wird.“ „War denn Wulff je etwas anderes als ein Statist, den man an der Verfassung vorbei ins Amt gedrückt hat?“ „Aber man kann doch den Mann jetzt nicht auf Lebenszeit zum Kasperle machen.“ „Was war er denn bisher?“ „Der Präsident spielt doch aber international eine wichtige Rolle.“ „Sie waren doch die ersten, die ihn als Nebenrolle besetzen wollten. Und Sie kommen jetzt mit Sittlichkeit, wo Sie vorher Ihr Theater als unmoralische Lehranstalt missbraucht haben?“

„Sie unterschlagen dabei aber einfach mal die Kosten.“ „Weil sich das Volk keinen Präsidenten leisten will, der sich seine Frühstücksbrötchen aus Hannover kommen und ganze Nordseeinseln als Kulisse ins Bild schieben lässt?“ „Man kann doch einen Präsidenten, den man als ungeeignet sieht, nicht einfach so vor sich hinwursteln lassen. Sie schmeißen doch die Steuern zum Fenster raus!“ „Es wäre Ihnen also lieber, er bezöge seinen Sold – Ehre ist in dem Fall geschenkt – und man würde alle fünf bis zehn Jahre einen neuen Kandidaten nach Bellevue einschleusen?“ „Das wäre ja noch teurer.“ „Richtig, aber so ist eben Ihre konservative Argumentation: wenn man sparen kann, dann lieber nur kurzfristig, kurzsichtig und ohne Rücksicht auf die Folgen.“ „Es ist doch gar nicht, dass er im Amt belassen wird. Es ist die Tatsache, dass man ihn zu lebenslanger Amtsführung verurteilt hat. Was das kostet!“ „Sonst sind Sie und Ihre Parteifreunde doch auch nie um eine Forderung verlegen, wenn es um Strafverschärfungen geht?“ „Was hat denn das nun mit dem Bundespräsidenten zu tun?“ „Aus Kostengründen wollen Sie diese Figur möglichst schnell von der Bühne verschwinden lassen, aber für jeden anderen Straftäter, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zu Unrecht in Haft sieht, fordern Sie nachträglich Sicherungsverwahrung.“ „Natürlich. Dem gesunden Volksempfinden muss doch Rechnung getragen werden.“ „Richtig, besonders im Wahlkampf.“ „Auf jeden Fall steht fest, dass wir unsere Gesellschaft vor gewissen Subjekten schützen müssen.“ „Haben Sie sich einmal überlegt, was eine lebenslängliche Haftstrafe den Steuerzahler kostet?“ „Das muss uns die Moral in diesem Land einfach wert sein.“

„Übrigens sehe ich Ihre Argumentation gar nicht einmal unkritisch.“ „Dass wir mehr Moral brauchen in Deutschland.“ „Ja, auch. Vor allem, dass gewisse Subjekte in dieser Gesellschaft nicht erwünscht sind.“ „Sie wollen den Mann von der politischen Bildfläche verschwinden lassen? Aber er ist doch schon Präsident – das ist bereits das Ende seiner Karriere, danach kann doch nichts mehr kommen.“ „Am Ende überlegt er sich doch noch und steigt wieder in die Wirtschaft ein. Maschmeyer nimmt für seine Drückerkolonnen ja gerne mal kleine Gauner.“ „Weil man die besser im Griff hat?“ „Eher wegen des Stallgeruchs.“ „Und wenn Wulff jetzt bis zum bitteren Ende in Bellevue säße – “ „Wozu? Die Jahre, die er’s noch macht, können wir ihm mit seinem Blondchen auch in seine Klinkerbutze nach Großburgwedel umtopfen. Aus Schloss Bellevue kann man alles Mögliche machen, Tagungszentrum, Hotel oder Museum. Das muss kein Präsident durch seine Anwesenheit abwerten.“ „Und er selbst darf dann als Privatier weitermachen?“ „Wo denken Sie hin? Als Konservativer sollten sie doch wissen, dass es kein Recht auf Faulheit gibt. Er wird seinen Amtsgeschäften weiterhin nachkommen.“ „Das wird eine Qual für alle Beteiligten.“ „So war das auch gedacht. Alle, die jemals ein politisches Amt anstreben, werden sich ab jetzt mit diesem Clown vor Augen an Recht, Gesetz und Anstand halten, um nicht selbst vorgeführt zu werden. Und alle, die bisher den Moralapostel gegeben haben, werden ebenfalls daran erinnert, was einem passieren kann, wenn man seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird.“ „Warum soll das helfen?“ „Haben Sie das nicht immer gewollt als Konservativer? Einen Pranger, um die moralischen Verfehlungen anderer öffentlich anzuklagen?“ „Das haben wir doch nicht so gemeint.“ „Weil es nicht um die eigenen Leute ging? Diesmal glauben wir Ihnen. Auch wenn es wenig Erfolg verspricht, wir setzen auf die abschreckende Wirkung.“





Immer an der Wand lang

1 02 2012

„So sollte es passen.“ Mauritz schwenkte das kleine metallene Objekt in der Hand umher. Aufmerksam betrachtete er die Anzeige; der Kandidat schwitze ein wenig, aber Mauritz lächelte ihm aufmunternd zu. „Sie haben nichts falsch gemacht, sonst würde der Kompass ja schon ausschlagen. Und Sie sind anscheinend über jeden Zweifel erhaben.“ Mauritz ließ das Gerät sinken und schüttelte ihm die Hand. „Sehr gut, bei dem Ergebnis sollten Sie umgehend eine Stellung als Forschungsleiter bekommen.“

„Wenn ich es richtig verstanden habe“, fragte ich und starrte durch die Klemmlupe auf das uhrenähnliche Messgerät, „dann hängt das mit positiven und negativen Schwingungen zusammen? Und mit den quantitativen Abweichungen?“ „Man merkt, dass Sie kein Naturwissenschaftler sind.“ Mauritz ließ das Ding pendeln und sah dem Zeiger zu. „Es geht um die Intensität der Schwingungen, das ist richtig. Und es geht bei den Alpha-Wellen, die wir messen, um eine quantenmechanische – also sozusagen die Abweichung der Operatoren in einem Hilbertraum, der allerdings auf quadrat-integrablen Funktionen beruht, denen wir im Moment der Messung – aber das würde jetzt sicher etwas zu weit führen. Wir messen die Abweichung von den Schwingungen, die wir messen.“ „Eine kleine Differenz?“ Mauritz nickte. „Allerdings. Je nachdem, wie groß sie ist, lässt sich das Ergebnis auch bestimmen. Das ist ja Sinn der Sache.“

Zwei Halbkreise, rot und grün, waren wie auf einer Rose angeordnet. Darüber zitterte eine dünne Nadel. „Und dieses Ding weist nun in die richtige Richtung?“ Er klopfte sachte auf das Uhrglas. „Je nachdem, wie man es hält. Ein Magnet zeigt ja auch auf den südlichen Pol, obwohl der, genau genommen, auf der Nordhalbkugel liegt.“ Die Nadel vibrierte ein wenig und beruhigte sich dann, langsam zwischen Grün und Rot pendelnd, hin und her, hin und her. „Es kommt auf die Betrachtung an. Im Osten von uns, bei den Chinesen, hat man den Südpol bevorzugt, den wir im Westen aber noch nicht als den Nordpol erkannt hatten.“ Ich war verwirrt. „Nord-Süd-Dialog“, half er mir. „Man weiß nicht so recht, was das soll, aber alle laufen in diese Richtung, als gäbe es dort etwas umsonst.“

Plötzlich hielt Mauritz das Gerät mir unter die Nase. Belustigt blickte ich ihn an. „Sie prüfen mich auf Herz und Nieren“, sagte ich. Er starrte unablässig auf das Zifferblatt, darauf die Nadel ein bisschen schwankte. „Ein durchschnittlicher Fall“, konstatierte er. „Sie sind kein Engel, aber wer würde das von Ihnen auch erwarten.“ Genau so abrupt, wie er mir den Kompass vorgehalten hatte, drehte er sich um und richtete ihn gegen die Wand. Dort hing, wie in sämtlichen Einrichtungen dieses Staates, der Präsident, unauffällig gerahmt und von nicht zu übersehender Langweiligkeit. Die Nadel ruckte und zuckte. Mauritz fuhr das Ding nach oben und nach unten. „Immer an der Wand lang“, sagte er, tief befriedigt. „Immer an der Wand lang, da sehen Sie es. Wir können diese Abweichungen sofort messen.“ „Man hatte mir mitgeteilt, dass Ihre Abteilung hier an einem Moralmessgerät arbeitet, ist das korrekt?“ „Richtig“, bestätigte er mir. „Diese Nadel misst eindeutige Schwingungen, wie ein Kompass, der immer nach Süden zeigt.“ Ich sah das Präsidentenporträt scharf an. „Und Sie nutzen ihn als Anschauungsobjekt?“ „Falsch“, gab Mauritz zurück, „wir eichen den Messer daran.“

Noch immer schwankte die Nadel, obwohl der Wissenschaftler sich längst entfernt hatte. „Es sind die Schwingungen, die positiv oder negativ ausschlagen. Aber entscheidend sind nun mal die Differenzen. Jene zwischen dem, was Sie zu sein vorgeben und dem, was Sie tatsächlich sind. Eine quantenmechanische Größe, aber eben nicht zu vernachlässigen.“ „Die Störgröße, die die Messung beeinflusst, ist Ihr moralischer Messwert?“ Er nickte und schaltete das Radio an. Der Finanzminister nuschelte in die Mikrofone, dass der Zeiger wild um die eigene Achse rotierte. „Sehen Sie? Unser Schwingungsmodell ist bahnbrechend.“

Mauritz legte das Gerät behutsam auf den Tisch. „Denken Sie nur einmal, was man mit diesem Ding alles anstellen könnte. Bewerbungsgespräche, bei denen Sie sofort wissen, ob Ihr Aspirant Ihnen nicht die Hucke volllügt. Sie können zu einer Wahlveranstaltung gehen und wissen sofort, ob Ihr Kandidat seinen Doktortitel auch zurecht führt. Und dann die politischen Verhandlungen!“ Seine Augen leuchteten mit einer geradezu kindlichen Freude. „Politische Verhandlungen wie just um den Sparkommissar für die griechische Regierung, nein: statt der griechischen Regierung. Das wird in Zukunft alles völlig anders sein. Kein As mehr im Ärmel! Sie werden nie mehr jemanden über den Tisch ziehen können!“ Ich runzelte die Stirn. „Das Ende der Diplomatie.“

Die Nadel zuckte noch ein bisschen im grünen Halbkreis herum; draußen musste wohl gerade jemand vorbeigegangen sein. „Wir würden uns mit diesem Apparat einem politischen Traum nähern. Endlich wissen wir nicht nur, mit wem wir es zu tun haben, wir stellen die größtmögliche Transparenz mit diesem Apparat her. Wenn man es richtig einsetzt, dürfte es unser Leben enorm verändern.“ Ich nahm es an mich; leicht lag es in meiner Hand, ein kühles Gehäuse mit glänzender Oberfläche. „Das wird sich durchsetzen?“ „Wir arbeiten noch an einer Kleinigkeit.“ Mauritz nahm es mir weg und steckte es in seine Tasche. „Wir selbst verfälschen immer ein wenig die Messung. Nur ein kleines bisschen. Quantenmechanisch, Sie verstehen?“





Mit freundlicher Unterstützung

24 01 2012

„… die Lieferung einer Einbauküche für Schloss Bellevue nicht vorhersehbar gewesen, da die Gattin des Bundespräsidenten ja vor zwei Jahren noch nicht habe absehen können, dass Wulff später…“

„… betonte Wulff, er habe nicht gelogen, sondern es sei nur mehrmals, wenn auch vielleicht nicht bewusst, nicht die Wahrheit gesagt…“

„… dass sich Wulff nur unbewusst mit der Marmeladenmarke habe ablichten lassen, die seiner Gattin den Besuch der Filmfestspiele…“

„… habe Wulff zwar nicht die Wahrheit gesagt, doch sei ihm nicht klar gewesen, dass er dies als eine reine Schutzbehauptung…“

„… auch nicht mit einer neuen Waschmaschine in Verbindung gebracht werden könne, da der Bundespräsident nicht selbst um das Gerät gebeten habe. Um den Vorwurf der Bestechlichkeit zu entkräften, wolle die First Lady das Gerät auch nicht in Berlin, sondern in Burgwedel…“

„… das Konterfei des Präsidenten auf einer Folienverpackung nicht mit der Würde des Amtes zu vereinen. Wulff wies darauf hin, dass bereits Konrad Adenauer Werbung gemacht habe auf der Verpackung der CDU. Außerdem sei die britische Königin auf Erzeugnissen ihrer Hoflieferanten…“

„… sei dem Bundespräsidenten mittlerweile bewusst, dass er gelogen habe. Er streite jedoch ab, dass er nur deshalb das Parlament hintergangen habe, um persönliche Vorteile zu…“

„… wäre eine Vertragsunterzeichnung vor dem Logo der Biermarke zufällig. Wulffs Verleihung des Bundesverdienstkreuzes für Joachim Löw anlässlich des WM-Ausscheidens habe sicher nur aus Versehen die…“

„… streite Wulff seine Lügen vehement ab, entschuldige sich aber gleichzeitig für sie, so dass keine moralischen Druckmittel mehr gegen ihn…“

„… der Universität Bayreuth bestätigt, dass die eingereichte Arbeit nicht zur Prüfung zugelassen worden sei. Ungeachtet der Tatsache, dass die Gattin des Präsidenten sich nach Preisnachlässen für einen Abschluss in Medienrecht erkundigt habe, sei der Sponsor zurückgetreten, um nicht…“

„… niemals um eigenmächtiges Handeln. Wulff habe sich vor der Annahme von Geschenken immer intensiv mit Sponsoren unterhalten, um eine zweite Meinung zu…“

„… zwar formaljuristisch richtig, dass der Bundespräsident sich für eine Produktverpackung fotografieren lassen dürfe. Dennoch schade es dem internationalen Ansehen Deutschlands, wenn Wulff auf einem 100er- Gebinde von Hundekotbeuteln…“

„… habe der Bundespräsident zwar von den Irreführungen der Ermittlungsbehörden gewusst, sie aber deshalb nicht zur Anzeige gebracht, da er nicht davon habe wissen können, dass er später zum Bundespräsidenten gewählt…“

„… da sich Wulff selbst um Sponsoren bemüht habe. Aus diesem Grund könne Glaeseker nicht weiter belastet werden, damit seien die Vorwürfe an den Bundespräsidenten haltlos und völlig…“

„… lehne auch das Bundeskanzleramt die Anweisung strikt ab, jedes von Wulff ausgefertigte Gesetz künftig mit der Bezeichnung Mit freundlicher Unterstützung der Zentis GmbH & Co. KG zu versehen. Ebenso verbitte sich der protokollarischer Dienst, bei Staatsbesuchen hinfort in die TV-Berichterstattung einzublenden, Bettina Wulff werde eingekleidet von…“

„… die Übernahme von Delegationsmitgliedern aus Westerwelles Reisebegleitung völlig legitim. Zur Verbesserung des internationalen Ansehens seien vor allem Schweizer Briefkastenfirmen besonders berücksichtigt…“

„… denn Diskretion stünde Wulff über allem. Er könne die Spender nicht nennen, da er sein Ehrenwort…“

„… dass der Vorwurf der Bestechung natürlich zutreffe. Wulff bezeichne sich allerdings weiterhin als unschuldig, da diejenigen, die er zu Straftaten angestiftet habe, ihn nicht wegen der Anstiftungen zu den Straftaten bei den Ermittlungsbehörden…“

„… sehr, sehr viel Zuspruch erhalten. Unklar sei aber, ob dies aus Wulffs Privatvermögen oder aus Steuergeldern…“

„… noch nicht klar, wie die Verfilmung der Causa Wulff finanziert werden solle. Das Präsidialamt habe bereits Gespräche mit der Hannover Leasing geführt, die sich mehrmals als Experten für die Finanzierung von Filmfonds durch Steuerhinterziehung…“

„… habe Wulff von sich aus angeboten, als Product Placement in einer RTL-Produktion über Korruption mitzuspielen oder wenigstens gegen Entgelt durchs Bild zu laufen. Er sei jedoch nicht gebucht worden, um den Ruf des Senders nicht…“

„… dass Wulff neuerdings eine strafrechtliche Definition von Schuld ablehne. Mit den Mitteln der Moraltheologie sei dem Bundespräsidenten zwar nicht beizukommen, doch bezeichnete dies der CDU-Fraktionsvorsitz als grundrechtsschonende Variante einer marktkonformen…“

„… wolle Wulff Vertrauen zurückgewinnen. Die Werbekampagne sei jedoch noch auf der Suche nach einem Sponsoren für die geplante…“

„… laut Vorstand der AWD Holding AG nie als Parteienfinanzierung. Wulff habe ausschließlich für seinen persönlichen Vorteil…“

„… sei es vollkommen falsch und eine Verleumdung, dass Wulff nur die Halbwahrheit gesagt habe. Laut seiner Anwaltskanzlei habe der Bundespräsident zur Hälfte sicherlich gelogen, andererseits aber zur Hälfte…“

„… wolle Wulff den geplanten Film erst nach seiner zweiten Amtszeit drehen lassen. Das ihm aus Steuermitteln zugesicherte Honorar habe er sich allerdings bereits jetzt anweisen lassen, um den Hauskredit vorzeitig zu…“





Murmeltiertag

19 01 2012

„Danke, das war schon sehr schön, und den Teil mit den Arbeitslosenzahlen bitte gleich noch einmal, ja? Wenn Sie etwas mehr betonen könnten, dass wir endlich bald wieder über unsere Verhältnisse leben können, wenn wir noch niedrigere Löhne für…“ „Petzig, was veranstalten Sie hier wieder für einen Quatsch! Sie sollen sofort das Studio – Moment, das ist doch die Merkel?“ „Glückwunsch, Chef. Sie haben den Sehtest bestanden. Können wir dann jetzt vielleicht weitermachen?“ „Wie, weitermachen? womit denn?“ „Mit der Neujahrsansprache, Chef.“ „Welche Neujahrsansprache, Petzig?“ „Meine Güte, die Neujahrsansprache mit der Bundeskanzlerin.“ „Wieso mit der Bundeskanzlerin? Welche Kanzlerin denn?“ „Mit der Merkel. Oder sehen Sie hier noch eine im Studio?“

„Äh, guten Abend, Frau Merkel! Lassen Sie sich nicht stören.“ „Machen wir auch nicht. Und wenn Sie mich jetzt bitte meine Arbeit machen lassen würden, Chef?“ „Petzig, hören Sie mir gefälligst zu und hören Sie mit diesem Unsinn hier auf! Keiner wird hier eine Neujahrsansprache aufzeichnen, haben wir uns verstanden?“ „Wenn Sie das der Bundeskanzlerin freundlicherweise selbst mitteilen würden?“ „Wie, ich?“ „Ja, Sie. Und dann wünsche ich Ihnen schon mal alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg, Chef. Wird sicherlich hart, so ganz ohne Job.“ „Haben Sie noch alle Tassen im Schrank, Petzig? Wollen Sie mir etwa drohen?“ „Keinesfalls, Chef. Aber da die Order direkt vom Intendanten kommt, wissen Sie ja, wer da am längeren Hebel sitzt.“

„Lassen Sie mal sehen – aber das ist ja ein Manuskript für Dezember 2012?“ „Was hatten Sie erwartet, dass wir die vom letzten Jahr noch einmal aufnehmen?“ „Aber wie können Sie denn jetzt schon die Neujahrsansprache für dieses Jahr – also eigentlich schon für das nächste, weil dieses ist ja das nächste Jahr, also wenn Sie jetzt das nächste aufnehmen, dann ist dieses, nein: im nächsten…“ „Jetzt stoibern Sie mal nicht herum, Chef, das hat schon seine Richtigkeit. – Momentchen noch, Frau Merkel. Wir sind gleich so weit. Sie können ja schon mal den Absatz über die Familienpolitik proben, okay?“ „Wieso Familienpolitik, was sagt sie denn da?“ „Dass sie sich wieder ein ganzes Jahr ernsthaft über Kinderbetreuungen gezankt haben, weil die Familienministerin außer inkompetentem Gefasel nichts von sich gegeben hat.“ „Mehr hat sie doch eh nie getan.“ „Und weshalb sollten wir dann mit der Ansprache noch ein ganzes Jahr warten?“

„Nein, Petzig – das kann ich so nicht zulassen, das bringen wir doch diesen Sender in Verruf.“ „Bei der Art, wie hier die Führungspositionen besetzt werden, ist da nicht mehr viel in Verruf zu bringen.“ „Petzig, hören Sie, das ist doch nicht vernünftig!“ „Das weiß ich selber. Sagen Sie das der Kanzlerin. Die dürfte es nicht stören.“ „Weil sie selten etwas Vernünftiges macht, ich weiß. Aber das hier ist doch gefährlich.“ „Momentchen noch, Frau Merkel. Lesen Sie doch gerade mal den Abschnitt über die Eurobonds nach und warum die Steuererhöhungen alternativlos sind.“ „Eurobonds? Alternativlos? und Steuererhöhungen!?“ „Lesen Sie das Manuskript.“ „Petzig, wenn Sie mich hier zum Narren halten wollen, ziehe ich Ihnen die Hammelbeine lang!“ „Netter Versuch, Chef. Aber das Skript ist mit der Kanzlerin abgestimmt. Und ich würde jetzt endlich mit der Aufnahme fortfahren können, wenn Sie nichts dagegen haben.“

„Das ist doch alles Blödsinn – jetzt will sie auf einmal Eurobonds, aber die Krise ist noch nicht überwunden, obwohl die Wirtschaft unheimlich toll wächst, weil die Rezession einen Tick weniger stark ausgefallen ist als befürchtet, und da die Umfragewerte der FDP kaum noch fallen können, ist diese Koalition genauso toll und handlungsfähig wie immer? Was hat die Alte bloß geraucht?“ „Keine Ahnung, was Sie meinen. Es stimmt doch alles.“ „Das mit der FDP vielleicht, aber wie kommen Sie denn bitte auf Eurobonds? Die will die Merkel doch unbedingt vermeiden, und jetzt sagt sie, die seien alternativlos?“ „Haben Sie eventuell in den letzten sechs Jahren mal ihren Regierungsstil zur Kenntnis genommen?“ „Nein, warum? ist da etwas vorhanden, was man Regieren nennen kann?“ „Also haben Sie es doch gemerkt. Sie regiert nicht, und wenn, dann macht sie das, was sie vorher noch als völlig ausgeschlossen bezeichnet hat.“ „Und die Finanztransaktionssteuer?“ „Die Kanzlerin ist ja nicht die einzige, die in dieser Koalition umkippt.“

„Petzig, Sie werden mir diese Aufnahme jetzt schnell und unauffällig über die Bühne bringen, und dann will ich davon nichts mehr hören, ja?“ „Ich denke, das haben nicht Sie zu entscheiden, Chef.“ „Was soll das überhaupt, gucken Sie sich diese Rede doch mal an. Kein Wort zu Europa. Kein Wort zu den Sozialleistungen. Kein Wort zu Pflege und Mindestlohn und gerechter Einkommensverteilung und Bürgerrechten und Demokratie.“ „Hat das die Kanzlerin in den letzten Jahren jemals gejuckt?“ „Nein, aber wenn in diesem Jahr tatsächlich etwas Unvorhergesehenes passieren sollte, wie steht sie dann da? Sie geht doch auf nichts ein, das ist doch völlig egal, was sie da labert.“ „Chef, Sie haben’s endlich gecheckt: es ist die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin. Die ist wie das Murmeltier, jedes Jahr wieder. Immer dasselbe. Es ist egal, was sie sagt, und es ist auch egal, wann wir es aufzeichnen. Weil es letztlich völlig egal ist, wann es gesendet wird.“ „Machen Sie, Petzig. Machen Sie, was Sie wollen, ich wasche meine Hände in Unschuld. Und wahrscheinlich werden Sie als nächstes auch noch die Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten aufzeichnen.“ „Haben wir schon, Chef. Alles längst im Kasten. Bis einschließlich 2014.“





Präsidentensuite

18 01 2012

„Ich soll – was!?“ Kroppelin blickte konzentriert auf seine Schuhspitzen. Mit einem Ruck schlug ich die Mappe zu und erhob mich vom Konferenztisch. „Sie haben da etwas missverstanden“, sagte ich scharf. „Ich werde dafür bezahlt, Unternehmen beliebter zu machen. Wenn Sie mit der Führung eines Familienbetriebes überfordert sind, dann liquidieren Sie einfach.“ Minnichkeit hielt mich zurück. „Bitte“, flehte er, „wir haben doch nur Sie! Helfen Sie uns, sonst passiert hier ein Unglück!“

Kroppelin schwitzte. „Sie müssen da etwas unternehmen, sonst bin ich geliefert.“ Mandy Schwidarski, Agenturleiterin von Trends & Friends, sah mich treuherzig an. „Wir haben doch nur noch Sie, und Sie sind schließlich der Spezialist. Helfen Sie uns, die Sache ist wirklich verzwickt.“ „Gut“, lenkte ich ein, „ich rekapituliere: Sie sind mit Ihrem Schwager gemeinsam Inhaber des Hotels Waldesruh im Buchenforst.“ Der Mann mit dem schütteren blonden Haar nickte deprimiert. „Seit zehn Jahren“, klagte er. „Zehn Jahre lang hat er mich nun ausgenommen wie eine Weihnachtsgans! Ich schufte mir die Finger wund, und er wirft mein sauer verdientes Geld mit beiden Händen zum Fenster raus.“ „Warum schmeißen Sie ihn dann nicht einfach raus?“ Minnichkeit tippte auf den Vertrag. „Otto ist der Kompagnon, den wird man nur durch einen äääh, ungünstigen Zufall los. Und so viel Geld ist nicht…“ „Verstehe“, fiel ich ihm ins Wort, „verstehe, verstehe. Aber dann kann man doch trotzdem liquidieren?“ „Eben nicht“, weinte Kroppelin. „Otto hat den Vertrag so aufgesetzt, dass ich im Falle einer Auflösung alle Schulden zu tragen hätte, während er sämtliche Einnahmen, das Haus, die Möbel und…“ Ich winkte ab. „Danke, ich verstehe schon, wie man Banken rettet.“

Mandy Schwidarski hatte die Prospekte vor mir auf dem Tisch ausgebreitet. Sieben Einzelzimmer, drei Doppelzimmer und mehrere Suiten mit Safe und Minibar, Zigarrenlounge und Whirlpool, Café und Gärtchen im Innenhof. „Die Bushaltestelle ist gleich vor der Tür“, sprudelte es aus ihr heraus. „Wir sind mit unserem Travel-Experten Maxim, you know, der checkt gerade Locations in Hanoi, und da ist…“ „Das interessiert mich weniger.“ Unwirsch schob ich den Papierkram von mir. „Was erwarten Sie denn eigentlich von mir?“ Kroppelin knetete seine Finger. „Eine gute Werbekampagne. Ich möchte das Hotel so schnell wie möglich schließen. Und Sie wissen doch bestimmt, wie man das macht, oder?“

„Sie werden einige Kleinigkeiten in Ihrem Haus ändern müssen“, informierte ich den Hotelier. „Kein Problem“, gab er zurück. „Wir haben im letzten Sommer schon einmal versuchsweise Handzettel ausgelegt, dass die Steuervergünstigung für das Frühstück nicht vom Preis abgezogen wird. Aber das hat die Gäste anscheinend nicht groß gestört.“ „Das hier wird sie stören“, lächelte ich. „Gehen Sie davon aus, dass das der Durchbruch ist. Wie liegen denn Ihre Zimmerpreise?“ „Das Doppelzimmer bekommen Sie ab 150 Euro, ein Einzelzimmer kostet 80 Euro pro Nacht, Frühstück und Kurtaxe inbegriffen. Plus Bearbeitungsgebühr und Trinkgeldern.“ „Sehr schön“, lobte ich. „Dann heben Sie doch ab jetzt alle Ihre Zimmer eine Kategorie nach oben – die untere ist ab jetzt nicht mehr verfügbar.“ „Aber das – “ „Außerdem“, fuhr ich ungerührt fort, „werden dann alle Gäste sofort nach ihrer Ankunft eine Kategorie höher gebucht. Kostenlos, versteht sich.“ Kroppelin sah mich hilflos an. Minnichkeit wusste nicht, was er sagen sollte. Freie Bahn für die Hotelrettung. „Zahlungen werden ab sofort nicht mehr bar vorgenommen, nur noch per Scheck.“ Der Mann fuhr sich mit den Fingern an der Innenseite seines Kragens entlang. „Wie soll ich denn das verstehen?“ „Nur noch anonyme Schecks, versteht sich. Sie wollen doch ein zahlungskräftiges Publikum, das unter sich bleibt, oder?“ Langsam begriff er.

„Wir könnten die Zimmermädchen mit einem Spezialservice ausstatten.“ Mandy verzog das Gesicht. „Das ist wieder eine Ihrer merkwürdigen Ideen, oder?“ „Wie man’s nimmt“, entgegnete ich. „Zunächst sollte Ihre Personal nur noch über die Mailbox erreichbar sein.“ Minnichkeits Miene blühte auf. „Oder die Gäste haben nur noch 60 Prozent Kredit!“ Kroppelin schaute ungläubig. „Und das wirkt?“ „Aber selbstverständlich“, juchzte Minnichkeit, „ein genialer Gedanke – dass wir nicht selbst darauf gekommen sind! Großartig, damit werden Sie Ihr Hotel innerhalb kürzester Zeit an die Wand fahren!“ „Ab sofort“, verkündete ich, „heißt dann alles vom Doppelzimmer aufwärts Präsidentensuite. Wie das mit dem Angebot geht, wissen Sie ja.“ Kroppelin riss die Augen auf. „Aber Sie haben doch eben gesagt, wir sollen die genauen Kosten gar nicht…“ „Eben“, wandte ich ein, „Sie bieten das ab sofort zum Freundschaftspreis an. Wäre doch gelacht, wenn wir Ihren Laden nicht aus dem Verkehr ziehen könnten.“

Sorgfältig hatte Kroppelin die Zahlenkolonnen durchgerechnet. „Nach dieser Kalkulation wäre mein Schwager spätestens in einem Jahr pleite und kein Mensch würde mehr über ihn reden. Das wäre an sich schon akzeptabel, aber kann man da gar nichts machen?“ Mandy hüstelte. „Sie wollten doch von Liquidation nichts wissen?“ Ich grinste. „Nennen Sie Ihr Hotel einfach Haus Bellevue. Dann haben Sie es gehabt.“