Gernulf Olzheimer kommentiert (DCLXXVI): Das Arschloch

11 08 2023
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Es gibt sie. Keiner wird es leugnen. Manche Tage werden geradezu von der Erkenntnis getragen, dass man von ihnen umzingelt ist, wie sie die Luft mit ihrer Anwesenheit verpesten und den Anblick zu einer Quelle für Kopfschmerzen und Brechreiz wandeln. Sie sind da, und damit ist das Problem nur halbwegs umrissen, denn sie tun Dinge, wenn man sie nicht rechtzeitig daran hindert, was wiederum Auswirkungen auf die restliche Entropie im Raum hat. Es sind Arschlöcher, zweifellos, und es besteht keine Notwendigkeit, dies netter zu sagen, wenn Damen oder Kinder zuhören, denn davon gehen sie nicht weg. Wohin auch.

Nun ist beileibe nicht jeder ein rassistisches, sexistisches, ableistisches, homo- und transphobes Evolutionsnebenprodukt, das man mit dem Gesicht zur Abrundung in überflüssige Tischecken drückt, es reicht vollkommen aus, ein Hominide von eher undefinierbar bis schwiemeligem Phänotyp zu sein, der bei der Einlasskontrolle in die Wirklichkeit aus Mangel an Vorsicht durchgerutscht ist. Hier tut das Arschloch nun, was es am besten kann: den Beweis erbringen, dass die Skala der Sozialkompetenz auch einen negativen bereich hat, beispielsweise durch das ausgeprägte Ichlingsverhalten. Der Genomzonk denkt an sich, selbst zuletzt, und spricht folglich über nichts anderes. Sein geistiger Radius mit der Ausdehnung 0 ist der Standpunkt, außerhalb dessen es einer Erfahrung nach kein intelligentes Leben geben kann. Dass genau das Gegenteil der Fall ist, spricht sich bis zu ihm nicht herum.

Spontan erkennbar ist ebenfalls der nervtötende Besserwisser, dessen unerschöpflicher Laberdrang ohne Sinn und Verstand ganze Herden normaler Personen in die Hirnembolie treibt. Er hat selbst das Schnittbrot und die Grundrechenarten erfunden, war auf dem Mond, erkennt Gartenschädlinge am Geschmack und kriegt seine Hose ohne Zivi zu. Ihn für sein ständiges Genörgel nicht mit brachialer Eleganz aus dem Zimmer zu katapultieren rächt sich; bald schon hält er jeden kommunikativen Kontakt, den er ohne Knochenbrüche überlebt, für berechtigtes Lob und den Ansporn, mit seinem unsortierten Wortdurchfall weiterzumachen, bis die finale Implosion ihn in den Bodenbelag stampft.

Nicht minder unbeliebt macht sich der als Schnorrer und Abgreifer doppelbegabte Profi auf dem höchsten Schmierigkeitslevel. Sein Griff geht als erstes in die fremde Keksdose, beim Anblick der Kaffeekasse wird er von Sehstörungen geplagt, und wer eine Kugelschreibersammlung sucht, unter der sich der Boden des Rollcontainers durchbiegt, wird bei ihm fündig. Gleichzeitig hört der professionelle Abzocker im informellen Kollegengespräch zu, um dann dem Vorgesetzten das Ergebnis als eigene Erfindung zu verkaufen. Früher hätte man diese Klötenkönige an mindestens einer abgehackten Hand erkannt, jetzt treten die auch als Radfahrer talentierten Betriebsklimabremsen sich zielgerichtet nach oben.

Sensible Gemüter stellen die Nähe dieser Art zum gemeinen Schleimer fest, der auf der Suche nach Erfolg jedem so weit hinten reinkriecht, bis er ihm vorne wieder zum Hals heraushängt. Einigen Experten sagt man nach, diese Deformation auf professionellem Niveau erworben zu haben, etwa mit jahrelangem Aktentaschentragen für den Lehrer. Etwas weniger dicht an sozialer Anerkennung und daher im dunklen Quadranten der Gesellschaft zu Hause ist der Missgünstling, den es vor allem freut, wenn sich ein anderer das Bein bricht, gekündigt wird oder wenigstens nicht im Lotto gewinnt. Er hat Neid zur Kunstform entwickelt, und gefährlich wird es da, wo er aus der Tiefe des nicht existenten Selbstwertgefühls lieber die gemeinsame Arbeit sabotiert, damit die anderen mit ihm absaufen.

Vielen gemein ist die Impulskontrollsteuerung eines Dreijährigen vor dem Süßwarenregal, die ihre psychosoziale Unreife so richtig auf den Punkt bringt, und sei es in Gestalt des Querulanten, der wie Sand im Getriebe mit seinem Pseudoanspruch an Objektivität und Kompetenz den Fortschritt will, aber nur nach seinen Spielregeln – bei näherem Hinsehen entpuppt er sich als lästige Variante des Besserwissers. Der chronische Lügner, verfügt er auch über fachspezifisches Talent beim Aufpolstern seiner alternativen Realität, ist ein glitschiger Depp ohne Anschlussfähigkeit. Hin und wieder entgleitet ein geübter Soziopath in die Chefetage, hat eine Partei unter sich oder versehentlich eine Regierung, aber lustigerweise ist die Halbwertzeit solcher Nanodenker kürzer als erwartet. Nicht zu toppen als Kotzbrocken ist jedoch der an Distanzlosigkeit leicht identifizierbare Quatscher, der sich jovial an jeden ranwanzt und alles, was er aus dem willigen Opfer rausquetscht, sofort unter dem Siegel der Verschwiegenheit weitertratscht. Er zerstört mit der ihm eigenen spielerischen Lässigkeit jede noch so stabile Sozialstruktur. Weil er es kann.

Man begegnet Arschlöchern mit den nötigen Abwehrmaßnahmen: am ersten Urlaubstag Kresse auf dem Wohnzimmerteppich säen, Fischreste in der Heizung deponieren, das Auto mit Schuhcreme versiegeln. Es gibt Arschlöcher. Keiner wird es leugnen, und wenn, hat das einen guten Grund.


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14 08 2023
Umleitung: Steigende Corona-Zahlen, „Milliardärssozialismus“, das Arschloch, Hafenspaziergang in Dortmund, Lissabon sowie der DFB – zoom

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