Gernulf Olzheimer kommentiert (CCLXXI): Der Abendländer

9 01 2015
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Am Anfang waren die Amöben, unambitionierte Wesen, die per Mutation Karriere machten, Polypen und Algen und Schleimaale wurden, Flügel bekamen, vier oder acht oder sechs Beine – der Rest gab aus ästhetischen Gründen auf – und sich als Teil einer großen, systematischen Familie sahen. Dann kam der Hominide. Ein paar Stolperversuche lang wartete der evolutionäre Rest auf frühzeitige Erledigung des Experiments, bis die Brut sich an Gehhilfen auf den Thron emporhumpelte und zur Krone der Individualität erklärte. Damit waren nun die Grenzen geklärt, und nur auf die kommt es an.

Der Abendlandbewohner, sprich: eine Trantüte der Zivilisation, die sich erst nach Penetration des Begriffs Morgenland bemüßigt fühlte, den Maschendrahtzaun hochzuziehen, ist nicht viel mehr als das weimernde Pack, das fern jeglicher Satisfaktionsfähigkeit den eigenen Standpunkt plus Radius Null zum intellektuellen Horizont der Ausgrenzung erklärt. Wozu brauchen wir plärrende Patrioten, Dummbeutel der Demagogie, den eifrig nagelnden Klotzkopf,der die Zäune hochzieht?

Wo auch immer sich der untere Rand der Gesellschaft abzulösen begann, stets feierte er es als Autonomiebewegung. Ausgerechnet zwischen Bosporus und Boston trumpfte die Grenzmaxime auf. Der harte Kern des uralten Europa definierte sich als punktförmige Kuh im Vakuum, die doch zur Weltherrschaft erkoren schien, bedeutsam, relevant für den anderen Teil der Welt, dominant, da im Recht. Das Abendland, eine Lieblingsvokabel des Bettnässers aus Braunau, um den totalen Krieg lyrisch zu pimpen, es war nie mehr als schlampig ausgebuddelte Schützengräben, um sich gegen den scheinbar minderwertigen Aggressor zu schützen. Wer dafür Parolen kreischt, hat zu viel Zeit.

Nebenbei ist der europide Wassersuppenkasper schon immer ein Zersiedelungsfachmann gewesen, der über den Maschendrahtzaun rotzte, wo er ihn sah. Kaum hatte er den Balken im eigenen Auge entdeckt, den er kulturhistorisch wohl oder übel mit den anderen Sparren übersah, so übte er auch aus Rücksicht auf Konjunktur und Kriegschancen den alltäglichen Gewohnheitsrassismus, Weiß gegen Schwarz, was auch immer. Die Gemeinsamkeit im gruppenbezogenen Hass braucht nicht mehr viel, hat man erst den Südländer, den Osteuropäer entdeckt, der zwar durch Geschichte und Kultur irgendwie verwandt bis verwurzelt schien, aber von einer Drecksackrotte zur Steigerung der Wahlergebnisse zum Staatsfeind der Elitenrendite erklärt wurde. Denn letztlich geht es nicht um die hysterisch hochgehaltenen Menschenrechte, die Motivation braucht Selbstzerfleischungskraft.

Barbaren und Bolschewiken, Ausländer, Arbeitslose – was dem Koksgnom vor die Mündung läuft, wird instinktiv gehasst. Vermutlich wird es ihm nicht gelingen, bei einem Blick in die Geschichte zu begreifen, dass sich seinem verschwiemelten Hirn plötzlich die Früchte des Progressiven zeigen, die Neugier der Venezianer und Genuesen, wie sie mit den Orientalen Handel trieben zu beiderseitigem Gewinn und Austausch, und sie hatten anders als die Kirmespisser des alternativen Gauleiter-Pegidariats keine Meinung, sich den Aufschwung in Wirtschaft und Technologie durch ein paar Religioten zerstören zu lassen, die Terror aus halbweltanschaulichem Schmodder zusammenzuklatschen versuchten. Womit in diesem Fall der vatikanische Deppenclub gemeint ist, der um jeden Preis Kreuzzüge wollte.

Mehr Abendland ist nie als heute, wo einem gelallten Wortdurchfall in den Versagermedien die Massen hinterherrutschen. Eine aus Stasiland emporgewucherte Napfsülze ohne Resthirn sucht den Nadelstreif, den die Nazis angeblich tragen, obwohl die Mehrheit von ihnen nicht einmal einen Blaumann kennt, Sozialhilfeadel in zweiter bis dritter Generation, optische Kollateralschäden im Weichbild der Kulturmetropolen, die der von ihnen herbeimasturbierte Führer zur Rationalisierung ins Arbeitslager geprügelt hätte. Sie tragen brennende Kreuze in deutschen Farben vor sich her, weil dem Jesus sein Geburtstag mit Schokoladeneiern zu tun hat, und würden nie jüdische Moscheen anzünden. Die Pharmakonzerne haben noch einen langen Weg vor sich.

Der Abendländer hängt im Stacheldraht, weil er nicht mehr genau weiß, wie er aus der Nummer rauskommt. Aber sicher braucht der Abendländer, der Mensch der untergehenden Sonne, genau diese von Spengler hervorgekotzte Vision des zivilisatorischen Verfalls. Wo sonst sollten Zwerge so lange Schatten werfen.


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3 responses

9 01 2015
Shhhhh

Nur um das ein wenig zu ergänzen, die Schatten im Morgenland sind auch nicht kürzer…

9 01 2015
bee

Dafür verschonen uns die Morgenländer größtenteils mit Gejammer über den dräuenden Untergang. Vermutlich sind ihnen die Gartenzwerge ja eine Spur egaler.

6 02 2015
thesubtech

Hat dies auf thesubtech rebloggt.

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