Gernulf Olzheimer kommentiert (DCCXIX): Die Herrschaft der Unvernunft

21 06 2024
Gernulf Olzheimer

Gernulf Olzheimer

Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.

Nepomuk der Beschränkte, über die Grenzen seines landschaftlich wenig reizvollen Fürstentums hinaus bekannt für umfassend mangelndes Talent, besaß ein hübsches Schlösschen, Ländereien samt Gesinde und allerhand Gold und Geschmeide sowie einige Berater, die ihn stets ermahnten, nicht schon wieder um Geld und Gut zu spielen. Irgendwann, so sagte sich der Herrscher, müsse es doch klappen, und dann wäre er endlich wieder reich und nicht faktisch derart überschuldet, dass Land und Leute auf dem Papier schon windigen Gestalten gehören würden, die ihm immer mehr liehen, was er dann doch nur wieder verplemperte. Und so kam es, dass der Staatsrat dem Treiben ein Ende setzen musste; Nepomuk fiel versehentlich mehrmals unglücklich aus dem Fenster direkt in den Burggraben, auf den Misthaufen sowie in eine Regentonne, dass er verschied. Er hatte sein Schicksal herausgefordert, der Vernunft getrotzt und herausgefunden, dass man mit der Wirklichkeit und ihren Folgen eben nicht verhandelt. Wir aber sind nicht besser. Die ganze Welt richtet sich zugrunde, da es nicht anders geht. Die Sachzwänge sorgen für den Herrschaft der Unvernunft, die uns den Planeten kosten wird.

Der Hominde ist das dämliche Wesen, der von einer Jahrhundertflut zur nächsten schwappt und von seiner Verdrängung aus der Lernkurve getragen wird. Kaum hat er erfolgreich die Bilder von den Fluten im eigenen Land vergessen, wie sie Häuser und Felder unter Wasser setzen, Menschen vor das Nichts stellen oder sie elend absaufen lassen, jettet er schnell noch mal an den Traumstrand, der nach Schätzung seriöser Wissenschaftler schon bald dem steigenden Meeresspiegel zum Opfer fallen wird. Zu Hause wird er von brüllender Hitze empfangen, die ihm die Hohlbirne weich brät, und er lallt etwas von Freibadwetter. Den kapitalistisch erzogenen Genomzonk jedoch ficht’s nicht an, er bestellt sich schnell noch einen dicken Verbrenner, um morgens die drei Brötchen und das Schmierblatt mit den Brüllbuchstaben nicht fußläufig holen zu müssen. Die Besonnenheit wäre ein guter Begleiter auf dem Weg ins Abendrot der Zivilisation, aber statt diese schnöde Umwelt seinen undankbaren Kindern zu hinterlassen, die sich an den Asphalt pappen, als gäbe es ein Morgen, gibt er sich den Gewohnheiten hin, ohne die Konsequenzen zu bedenken, ja ohne sie auch nur zur Kenntnis zu nehmen.

Warum die Knalltüte die Folgen seines eigenen Handelns je um je erlebt, auf Politiker schimpft, die in tiefster Betroffenheit und Gummibotten in der Brühe waten, die seine Heimat feucht wegwischt, und sie dann doch noch einmal wählt, damit sie die ganze Grütze beseitigen, die sie für ihren eigenen Wohlstand ungehindert angerührt haben und noch weiter produzieren, das ist nicht erforscht. Es muss sich um eine seltene Art von Intelligenzinfarkt handeln, die früher oder später die meisten ereilt, sobald sie ihre Privilegien genießen: in einem Land leben, in dem der Strom aus der Steckdose kommt, über befestigte Straßen in nicht zerbombte Städte fahren, gesetzlich garantierten Erholungsurlaub in kommerziell organisierten Betrieben absolvieren, und das alles bei einer Lebenserwartung, die in den meisten anderen Ländern nur einem ausgesuchten Publikum zur Verfügung stände. Der Hohlrabi aber schwiemelt sich stracks ein paar Gründe zusammen, dass die anderen ja in der Mehrheit sind und darum auch viel mehr für den Schutz der Menschheit vor ihrem eigenen Suizidprogramm tun müssten, und dann geht’s auch gleich wieder.

Tatsächlich aber gehen die Jahrhundertfluten ins Land, ein paar Mal im Jahr werden historische Höchsttemperaturen gemessen und abgehakt, und der Flusenlutscher tobt beim Anblick der bösen Ökospinner, die ihm den Urlaubsflug verbieten und die Wurst vom Teller ziehen wollen, weil er das in den Ressentimentsorganen der Hetzpresse wieder und wieder wiederholt wird, bis der gemeine Blödföhn es schließlich für ein Dogma hält: diese Welt verschwindet gerade im Ausguss, da können wir nicht auch noch aufs Schnitzel verzichten. Jeder Wahlkampf macht noch mehr Angst, aber nicht vor dem Auto, das bald wegschwimmt, sondern vor den Verbotsparteien, die alle Straßenpanzer einkassieren werden, den einzigen Stolz der Querkämmer. Wie soll das erst werden, wenn die heute emittierten Treibhausgase in naher Zukunft den Wasserstand noch weiter steigen lassen?

Unsere Wahrnehmung hat sich von der Welt abgekoppelt, wir hoffen alle, dass es irgendwann mit einem Fingerschnipsen vorbei ist, weil deutsche Ingenieure das Wunderdingsi erfinden, mit dem man alles in die Tube zurückdrückt. Bis dahin wird ein bisschen gebetet, gepöbelt und vor der Diktatur der Klimanörgler gewarnt, die uns alle Privilegien nehmen würden, wenn wir nicht denen freie Hand lassen würden, die uns vor Windrädern und Poldern beschützen, die diese wunderhübsche Landschaft verschandeln. Wir werden alle sterben, und noch kurz vor dem letzten Röcheln wird der Bekloppte auftrumpfen, es habe es bis hierhin geschafft, ohne vor dem Klima zu kapitulieren. Hoffentlich haben sie nicht das Leben nach dem Tod erfunden. Die Folgen wären nicht abzusehen.