Nachwachsende Rohstoffe

26 08 2021

„Das finde ich jetzt wirklich übertrieben mit den 400.000 Arbeitskräften.“ „Wer weiß, wie viele wir allein in der Pflege brauchen werden.“ „Das kann doch jeder.“ „Aber weshalb kündigen dann so viele von denen?“ „Das liegt am Fachkräftemangel, die bekommen überall eine bessere Stelle.“

„Ich dachte immer, die Fachkräfte gibt es gar nicht mehr?“ „Doch, aber die wollen für das Geld gar nicht mehr arbeiten.“ „Und darum müssen jetzt die fachfremden Kräfte für die einspringen, weil sie als Nichtfachkräfte mehr verdienen?“ „Das ist alles sehr komplex.“ „Das sieht man schon an den Lehrern, die sich jedes Jahr neu bewerben.“ „Bei denen liegt es aber daran, dass sie nach jedem Jahr rausgeworfen werden.“ „Selbst schuld, wenn man studiert, dann weiß man doch, dass man nur noch befristete Jobs kriegt.“ „Dann könnte man doch die Lehrer auch zu Pflegern umschulen.“ „Was bringt das?“ „Die können doch in den Ferien arbeiten.“ „Hähähä!“ „Wir haben ja bis zur Durchseuchung eh ständig Homeschooling.“ „Eben, dann können die für ihr Geld ja auch ins Krankenhaus gehen.“ „Oder ins Altenheim.“ „Dann müssten wir aber mal die Gehälter anpassen.“ „Finde ich auch.“ „Also die Gehälter in der Pflege anheben?“ „Die Gehälter der Lehrer kürzen, schließlich haben die keinen Beruf in der Pflege gelernt.“ „Das kann doch jeder.“ „Das mag sein, aber wir müssen es doch nicht auch noch belohnen, wenn man sich einen Beruf sucht, in dem man nicht gebraucht wird.“

„Notfalls könnte man im Einzelhandel fragen.“ „Ob die ausgemusterte Pfleger nehmen?“ „Ich hatte das eher andersherum gedacht.“ „Andererseits wäre das für die ein gesellschaftlicher Aufstieg, wenn die im Lehrerberuf arbeiten würden.“ „Und das Geld?“ „Geld macht nicht glücklich.“ „Finde ich auch.“ „Die könnten ja notfalls auch nebenbei noch einen Zweitjob machen, wenn ihnen das nicht passt.“ „Bei den vielen Ferien bietet sich das an.“ „Aber nicht ausgerechnet in der Pflege.“ „Wieso nicht, Konkurrenz belebt das Geschäft.“ „Eben, und das würde die Preise drücken.“ „Hervorragende Idee!“ „Könnte man das auf die Lokführer anwenden?“ „Also da habe ich meine Zweifel.“ „Verstehe ich, das ist schon ein verantwortungsvoller Beruf.“ „Was man da alles an Boni verfeuert, wenn man mit zu viel Überstunden rausgeht!“ „Ich dachte eher an die Fachkompetenz.“ „Dann dürften Sie die aber auch nicht als Lehrer arbeiten lassen.“ „Das kann doch jeder.“ „Meinen Sie?“ „Wenn ich mir ansehe, was da gerade in den Schulen los ist, mein lieber Mann!“ „Das haben aber die Kultusminister zu verantworten.“ „Und das sind alles Pädagogen?“ „Laut Laschet ja.“ „Was wollen Sie jetzt mit dem Trottel, hier geht es um Fachkompetenz!“ „Meine Güte, einer muss doch dafür den Kopf hinhalten!“ „Den was!?“ „Ach, vergessen Sie’s einfach.“

„À propos Kopf, wir sollten die Frisöre nicht vergessen.“ „Und dann natürlich die Gastronomie.“ „Das kann doch jeder.“ „Dann probieren Sie es gern mal aus.“ „Muss ich nicht, ich brauche auch keine Pflegeausbildung, um die Renditevorstellungen für einen Krankenhauskonzern zu berechnen.“ „Wir können doch nicht alle Kellner ins Krankenhaus schicken.“ „Ob die jetzt Lachshäppchen tragen oder die Bettpfanne, das ist doch wohl egal.“ „Haben wir denn immer noch nicht genug Flüchtlinge?“ „Das Problem ist, dass die meisten nicht schnell genug abgeschoben werden können.“ „Also haben wir doch noch genug.“ „Wenn man lange genug wartet, kann man sie schon irgendwann abschieben.“ „Dann haben aber viele schon einen Job.“ „Dann muss man die erst recht abschieben, die haben den Job ja einem Deutschen weggenommen.“ „Kann man die alle in die Pflege stecken?“ „Was macht man, wenn die trotzdem abgeschoben werden, obwohl kein Deutscher mehr in die Pflegeberufe gehen will?“ „Alle Deutschen in den Einzelhandel und alle anderen in die Pflege?“ „Und die Lehrer?“ „Also erstmal nur die Deutschlehrer?“ „Die sind ja zur Not noch als Frisöre verwendbar.“ „Falls sie nicht von selbst in die Gastronomie gehen.“

„Wir müssen hier mehr Strategie entwickeln.“ „Naja, wenigstens sind uns die Flüchtlinge als nachwachsende Rohstoffe sicher.“ „Wir dürfen aber dann nicht mehr so aggressiv betonen, dass sich 2015 nicht wiederholen darf.“ „Glauben Sie, dass die Deutschen diese Zusammenhänge kapieren?“ „Das kann doch jeder.“ „Oder alle kommen in die EU, dann kann man sie als Leiharbeiter von den Fleischbetrieben direkt ins Pflegeheim schicken.“ „So groß ist der Unterschied ja nicht.“ „Aber dann kriegt man die nicht mehr weg.“ „Vielleicht nimmt man dann besser nur noch Flüchtlinge mit einem qualifizierten Berufsabschluss.“ „Und wie bringen wir die Herkunftsländer dazu, jedem eine gute Ausbildung zu verpassen?“ „Man könnte ja damit werben, dass wir die Abschlüsse hier schneller anerkennen.“ „Das ist dieses Entfesselungsdings?“ „In der Zwischenzeit können wir die ja immer noch in die Pflege stecken.“

„Dann haben wir nur noch ein Problem: die Politiker.“ „Das kann doch jeder.“ „Hähähä!“ „Sie haben das falsch verstanden, nach jetziger Lage sind die doch nach der Wahl ihre Jobs los.“ „Nein, nur die Mandate.“ „Ohne die bekommt man doch keine Verträge als Grüßonkel oder Pausenclown.“ „Sie meinen, wir sollten die jetzt abschieben?“ „In die Pflege stecken geht ja nicht.“ „Lokführer?“ „Als Kellner jedenfalls völlig ungeeignet.“ „Da die sich mit befristeten Jobs auskennen, würde sich da nicht die Wissenschaft anbieten?“ „Berater?“ „Gute Idee, das kann wirklich jeder.“ „Also, wer von uns gründet jetzt die Firma?“