Wagniskapital

18 01 2016

„Haben Sie ein paar Unterlagen für mich dabei?“ „Hier, wie besprochen.“ „Vielen Dank. Und Sie haben ein eigenes kleines Familienunternehmen?“ „Ich leite eine eigenständige Zelle, aber wir wollen jetzt expandieren.“ „Eigenes Ausbildungscamp?“ „Mittelfristig. Momentan mieten wir uns im Jemen wochenweise ein.“ „Gut, dann wollen wir mal sehen. Haben Sie schon über ein Anlagemodell nachgedacht?“ „Kann man sich das aussuchen?“ „Klar. Als Finanzdienstleister sind wir immer auf der Seite unserer Kunden.“ „Toll!“

„Wie kamen Sie auf Terrorismus?“ „Wir hatten alle schon Erfahrung im Drogengeschäft, aber das ist politisch zu unsicher. Die Staaten werden alle zu normal, die Hysterie ist weg.“ „Ja, traurig. Und wie ist es mit Menschenhandel? Schlepperei?“ „Der logistische Aufwand ist hoch, man ist ständig in Südeuropa unterwegs.“ „Immerhin an der frischen Luft.“ „Aber man wird ja auch nicht jünger.“ „Da haben Sie auch wieder recht.“ „Wir suchen jetzt eine Finanzierung, die uns Sicherheit gibt.“ „Da sind Sie bei uns absolut richtig.“ „Danke, das bedeutet mir sehr viel. Man muss sich auf seine Partner ja verlassen können.“

„Unsere Basisleistungen gehen los bei einfachen Schwarzmarktbeschickungen mit unverzollter Ware.“ „Zigaretten?“ „Die Kundenzufriedenheit ist in dem Segment am höchsten. Marlboro lässt sich nicht so gut fälschen wie Adidas.“ „Das wäre jetzt beispielsweise etwas mit Eigenleistung?“ „Je mehr Sie an eigener Arbeit reinstecken, desto mehr können Sie sparen. Das Bauherrenmodell, wenn Sie so wollen.“ „Aber reicht das? ich meine, noch sind wir ja ein übersichtliches Unternehmen, aber bei geopolitisch nicht erwartbaren Entwicklungen muss man immer flexibel sein für Veränderung und Wachstum.“ „Sie können ja jederzeit langfristige Anlagen mit in Ihren Mix nehmen. Streuen Sie Ihr Portfolio. Antike Kunst beispielsweise.“ „Aber die wird gerade überall zerstört.“ „Nur die Bauwerke, die müssen natürlich weg, weil sie den Preis niedrig halten. Bewegliche Gegenstände haben immer noch einen sehr guten Markt.“ „Und das lässt sich dann gut steuern?“ „Bei Sachwerten schon. Die Märkte sind da weitaus weniger volatil als der DAX oder irgendwelche Wahlprognosen.“ „Gut zu wissen.“

„Was auch gerne genommen wird, ist ein Modell mit Franchise-Unternehmern.“ „Haben Sie da mal etwas Material?“ „Freilich. Hier sind die Routen, eine kleine Fahrzeugflotte, man kann die Wagen wie ein Taxi über eine App ordern.“ „Und die blauen Linien?“ „Der Global Service. Flüge, Schiffspassagen. Alles drin bei Call-a-Bomb.“ „Wo kommen wir da ins Spiel?“ „Sie leisten eine Art Vorfinanzierung durch den Kauf der Fahrzeuge, und dann…“ „Wenn ich mal unterbrechen darf: was für Fahrzeuge?“ „Oh, gute Ware. Regierungswagen, teilweise von Geheimdiensten, manchmal beides. Scheckheftgepflegt aus Steuergeldern.“ „Toll!“ „Dafür können Sie natürlich auch einen guten Preis verlangen.“ „Und unsere eigenen Lieferungen?“ „Setzen Sie natürlich als Betriebskosten von der Steuer ab.“

„Hätten auch eine Möglichkeit, regional zu investieren?“ „Natürlich, wir empfehlen krisenfeste Krisenregionen. Saudi Plus wäre da so ein Fonds.“ „Saudi Plus?“ „Exakt. Wir kombinieren Aktien aus den Bereichen militärisches Großgerät mit den klassischen Erdölspekulationen.“ „Und das bringt Gewinn?“ „Sogar doppelt. Je mehr Sie an den Waffenlieferungen an Saudi-Arabien verdienen…“ „Deutsche Waffen?“ „Nur die besten.“ „Toll!“ „Wie gesagt, je mehr Sie verdienen, desto mehr haben Sie auch von den Börsenspekulationen.“ „Und wenn der Ölpreis weiter fällt?“ „Dann investieren die Saudis natürlich weiter in Rüstungsgüter. Eine echte Win-Win-Anlage.“

„Aber da muss ich doch noch mal nachhaken.“ „Bitte.“ „Die USA zerstören eine Menge Ölfelder.“ „Das ist richtig, warum?“ „Gilt Ihr Fonds da nicht als Risikokapitalanlage?“ „Sehen Sie, deshalb haben wir unsere Aktien ja auf die Stabilitätsanker in der Region konzentriert. Wenn Sie trotzdem eine Investition in Wagniskapital in Erwägung ziehen sollten, könnten Sie beispielsweise kleine Beträge an die Beamten im Irak und in Afghanistan leisten. Das rentiert sich langfristig. Immer vorausgesetzt, die Beamten leben dann noch.“

„Verzeihen Sie, wenn ich so direkt frage…“ „Aber bitte, nur zu.“ „Existieren möglicherweise auch staatliche Fördermittel für uns?“ „Ich nehme an, Sie wollen eine Direktförderung beantragen?“ „Gibt es denn da noch andere?“ „Sie könnten beispielsweise einen privaten Geheimdienst gründen und mit einer westlichen Regierung eine Art Exklusivvertrag abschließen, aber das ist eine komplizierte Sache. Zumindest in Bezug auf die Finanzierung.“ „Dann lieber direkt.“ „Sie können in den Aufbaugebieten, in denen Blauhelme so tun, als würden sie die Demokratie verteidigen, mit den Verwaltungsposten kooperieren.“ „Das geht?“ „Die Übergänge von staatlichen zu privaten Stellen sind dort ungefähr so durchlässig wie in der deutschen Baubranche.“ „Verstehe, da wird dann über die Aufbauhilfe entschieden.“ „So ist es. Sie können als öffentlich-private Partnerschaft dafür sorgen, dass eine Hand ganz legal die andere wäscht.“ „Und welche Auftragsvolumina wären da zu erwarten?“ „Konjunkturabhängig. Brunnen, Krankenhäuser, vor dem Besuch der deutschen Verteidigungsministerin auch oft mal ein Dutzend Mädchenschulen.“ „Ist das nicht eine unsichere Sache? Irgendwann ist doch das letzte Wüstenloch mit einem Brunnen ausgestattet.“ „Na und? Je mehr Mädchenschulen Sie bauen, desto mehr können Sie hinterher auch wieder platt bomben.“ „Toll!“ „Bei den Krankenhäusern helfen Ihnen sogar die USA aus.“ „Sie denken aber auch an alles!“ „Als international agierender Konzern ist das doch selbstverständlich. Oder was meinen Sie, warum wir uns so toll verstehen?“


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