Schillers Schädel, Äpfelduft,
all dies weht aus deutscher Gruft,
fächelt klassisch, musisch und
tut dem Kulturellen kund,
wie wir unsre Dichter preisen.
Marbachs Nachlass will uns weisen
hin auf eine Strähnenschar,
die von Schillers Schädel war.
Schillers Haupthaar, zum Beglücken
(und das echte! nicht Perücken!)
liegt in einem runden Ding,
das nun Aufmerksamkeit fing.
Schillers Schopf in Einzelteilen
lädt den Denker zum Verweilen:
hat der Dichter bei der Glocke
sich das Haar gerauft? Der Locke
Schädelnähe klar beweist:
diese Locke ist voll Geist!
Karlos, Tell und Wallenstein,
all dies schließt das Löckchen ein.
Räuber, Fiesco, Ibykus,
sind nach Marbachs weisem Schluss
aus des großen Dichters Kopf.
Folglich zeigt man uns den Schopf.
Leider fehlen uns die wahren
Schätze in Reliquiaren:
Fingernägel, die gewisslich
voll von Geist sind, weil sie schließlich
an des Dichters Schreibhand waren,
Taschentücher aus den Jahren,
da er seine Bürgschaft schrieb –
ach, noch manches wär uns lieb!
Darin sind die Deutschen eigen:
wolln sie rechte Gunst bezeigen,
weihen sie Kultursymbolen,
dienstbeflissen, Gott befohlen,
einen konservierten Fisch.
Einig stehn auf deutschem Tisch
Schillers Locken und desgleichen
Bismarcks Hering. So erreichen
Dichterfürst und Kanzler Ruhm
als des Volkes Eigentum,
hoch geachtet, hoch verehrt,
viel umschwärmt. Und gern verzehrt.
Jawoll! 🙂
Und jetzt das Ding an die Tür des Schiller-Nationalmuseums in Marbach nageln!
Das „Ding“ hier war nicht despektierlich!
Selbst „Meisterwerk“ wär‘ ungebührlich.
Doch bleibt die Wortwahl ausgehebelt,
dieweil der Leser kurz benebelt
und synästhetisch niedersank
von Locke ihrem Fischgestank.
(Den einst versiegelte die Mütze
des Dichterfürsten Schillers Fritze).
Sobald die Sinne sich denn trennten,
sie gern das „Ding“ dann umbenennten.
Ich hätte ja
für Günter Grass
noch
ein bisschen
abstrakte Lyrik anfügen
können
über seinen
Butt.
Ja, das hätte man machen können! 🙂
Auf hoher Klippe schwankt Schiller,
er wähnt sich verloren,
kein Reimgelichter,
ein größerer Dichter,
ward heute geboren,
größer als er …
Dies schrieb sein Füller
in den Abschiedsbrief
nebst Elegie an Weimars Chief,
der darob auch nicht schlechter schlief …
Dies tut mir, wenn ich’s recht bedenke,
der Ehre wohl ganz viel zu viel.
Zwar dank ich fröhlich für Geschenke,
leg sie auch nicht in Lockenschränke,
doch lieber schenk zurück ich Schwänke
und Possenspiel 😉
[…] Das Lied von der Locke oder Danke für den Fisch […]