„Und genau deshalb brauchen wir Steuersenkungen für die obere Hälfte der oberen Mittelschicht. Wir als Liberale tun schließlich etwas für alle Bürger.“ „Das widerspricht sich doch gerade.“ „Tut es nicht, ich habe ja nicht gesagt, dass wir für alle Bürger auch uneingeschränkt Gutes tun müssten. Das ist schon mal ein großer Unterschied, oder?“
„Wenn Sie spitzfindig werden wollen: woher sollen denn die Mittel für Ihre Steuersenkung kommen?“ „Gemach, gemach! Wir haben 2011, da fließt noch viel Wasser die Spree aufwärts, bis wir das alles durchgerechnet haben.“ „Sie meinen, Sie wollen so lange hin- und herrechnen, bis Sie am Ende feststellen, dass es nicht reicht.“ „Es wird reichen. Es muss reichen. Schließlich werden wir als FDP in der Fortsetzung dieser Koalition ab 2013 einen entscheidenden…“ „Veralbern kann ich mich alleine, Herr. Machen Sie den Bürgern lieber jetzt mal klar, warum Sie das Geld den deutschen und französischen Banken in den Rachen stopfen, statt ihnen die Schulden für ihre Kasinospielchen selbst aufs Auge zu drücken.“ „Das wäre aber gar nicht gut für Europa.“ „Wird sich zeigen.“ „Wir wollen doch lieber nichts riskieren, oder? Wir als liberale Partei sind jedenfalls strikt…“ „Das wäre ja mal etwas ganz Neues.“
„Jedenfalls müssen wir jetzt den Niedriglohn- und Arbeitslosigkeitssektor durch flankierende Maßnahmen stützen.“ „Ist aber schlecht für den Euro.“ „Dann können wir nämlich unseren Export stärken und müssen uns um die Binnenkonjunktur gar nicht mehr kümmern.“ „Ist auch schlecht für den Euro. Und für die Binnenkonjunktur.“ „Aber wir können endlich beides haben: Steuersenkungen und, falls dann noch Geld übrig sein sollte, die notwendigen Lohnkürzungen, die wir brauchen, um die Steuern zu senken.“ „Warum Lohnkürzungen?“ „Weil wir die Lohnnebenkosten senken wollen. Lohnnebenkosten sind Lohnkosten, und eine Senkung der Lohnnebenkosten ist eine Senkung der Löhne. Klar?“ „Und das ist eine flankierende Maßnahme für höhere Löhne?“ „Nein, für höhere Spitzeneinkünfte. Was wollen Sie denn bei der miesen Lohnentwicklung noch kürzen, die zahlen ja alle nicht mal Steuern.“
„Warum haben Sie die Bürger nicht in der Krise entlastet, um die Konjunktur zu stützen?“ „Weil wir da das Geld für die armen Banken brauchten.“ „Und jetzt? Wir haben doch Aufschwung.“ „Da gibt’s ja nun wirklich Wichtigeres. Da muss man beispielsweise mal dafür sorgen, dass die Diäten auch erhöht werden können.“ „Warum ausgerechnet jetzt?“ „Weil wir als Liberale – na, Sie wissen doch, wie das ist.“ „Wie was ist?“ „Wenn Sie nicht wissen, ob Sie in den nächsten Jahren noch etwas verdienen werden.“
„Sie meinen also, der einfache Bürger sei eine Gefahr für den Euro?“ „Das würde ich als Liberaler unterschreiben.“ „Wissen Sie, was das Problem daran ist? Dass der einfache Bürger es genau andersherum sieht.“ „Das sei ihm unbenommen. Wir als FDP können jetzt ja auch nicht noch dafür sorgen, dass die Wirtschaft sich um ihren Aufschwung kümmert.“ „Abgesehen von der Finanzindustrie.“ „Selbstredend.“ „Und es wäre auch unmöglich gewesen, innovative Branchen wie die alternative Energieerzeugung zu fördern.“ „Ich frage Sie als Liberaler: haben diese Industriellen uns je mehr gespendet als Aufmerksamkeit?“
„Und wie wollen Sie sich als FDP noch retten mit einer Steuersenkung, die keiner wirklich will?“ „Man darf doch nicht immer nur das tun, was die Bürger wollen.“ „Sondern?“ „Wir als Liberale sind ja eher an den aktuellen Wahltrends interessiert als an den Befindlichkeiten der Wähler.“ „Deshalb haben Sie jetzt eine Steuersenkung beschlossen, von der noch keiner weiß, ob und wann und wie sie tatsächlich kommt.“ „Richtig. Wir als FDP setzen uns mit der großen politischen Linie auseinander, nicht mit den alltäglichen Kleinigkeiten. Das ist die Freiheit des Bürgers, die wir ihm zugestehen. Alles andere wäre schließlich Sozialismus.“ „So ganz haben Sie sich aber immer noch nicht von Ihrem Westerwelle-Trauma erholt, wie mir scheint.“ „Westerwelle war ein hervorragender Parteichef, der durch seine Kompetenz die Erfolge der FDP maßgeblich mitgeprägt hat. Er hat die FDP zu dem gemacht, was sie heute ist.“ „So schlimm?“ „Er war sehr erfolgreich und hat sehr viele Erfolge für die FDP erreicht, da er sehr erfolgreich war.“ „Weshalb er ja auch nicht mehr Vorsitzender ist.“ „Rösler ist ein hervorragender Parteichef, der durch seine Kompetenz die Erfolge der FDP maßgeblich mitprägt.“ „Ich sehe, Sie haben sich mit Ihrem Schicksal abgefunden.“
„Wir als FDP werden die Berechnungen erst dann durchführen, wenn wir seriöse Zahlen haben.“ „Also nie.“ „Nicht ganz. Wir müssen natürlich vor der kommenden Wahl schon irgendetwas machen. Wie mit dem Atomausstiegsausstiegsausstieg. Da ist ja auch etwas passiert.“ „So kann man’s auch ausdrücken. Und Sie sind sich sicher, dass Sie das überleben?“ „Todsicher.“ „Wollen Sie nicht einen Mindestlohn einführen?`Mit den Mehreinnahmen an Lohnsteuer können Sie die Einkommensteuer doch locker um das absenken, was Ihnen heute schon vorschwebt.“ „Besser. Wir senken Sie so.“ „Einfach so?“ „Genau. Und hoffentlich wackelt dann die Binnenkonjunktur.“ „Bitte!?“ „Und wir brauchen auch eine massive Verwerfung in der Schuldenkrise. Aber mit etwas Glück klappt auch das.“ „Sind Sie noch ganz bei Trost? Was haben Sie denn da vor?`“ „Das, mein Guter, ist die geistig-politische Wende, von der Sie so oft gehört haben. Wenn dann der Euro zusammenbricht, erfüllt sich für viele Deutsche ein Wunschtraum: endlich wieder D-Mark.“ „Ich… das…“ „Doch, genau so. Das sichert uns die Sympathien des Volkes. Unsere Wiederwahl dürfte außer Zweifel sein. Und Sie sehen wohl, um eine solche Politik zu machen, die tatsächlich bei allen Bürgern ankommt, braucht es uns. Das sage ich Ihnen als FDP.“
Kommentar verfassen