
Gernulf Olzheimer
Mein Name ist Gernulf Olzheimer und dies ist das Weblog aus dem Land der Bekloppten und Bescheuerten.
Das war bei Rrt noch verhältnismäßig einfach. Wer ungefragt seinen Wurfspeer anfasste, kriegte einen Satz heiße Ohren. Ob nur die Sippe am Bach bei der westlichen Felswand ihre Alltagsfragen auf diese Art klärte, weiß heute keiner mehr, doch liegt die Vermutung nahe, dass es in den Erdhöhlen der Steppenbevölkerung ähnlich zuging. Wüssten wir, wer aus welchem Antrieb die Impulskontrolle verlor, wir würden die Ergebnisse strukturieren und zum Ergebnis kommen, dass sich die Stämme zwar alle gegenseitig eine reinzimmern, wenn es gerade passt, dass wir sie aber anhand kleiner Unterschiede durchaus in Gruppen sortieren können, stets mit der Implikation der Wertigkeit, denn was wären solche Untersuchungen ohne selbstgefällige Moral. Eine ethnologische Betrachtung von Gewaltformen ist zwar theoretisch wenig sinnvoll, da es auch keine allgemeingültige Definition der Gewaltformen gibt, aber nichts hindert uns daran, derlei Märchen in die Welt zu setzen – warum also nehmen wir uns nicht einmal unsere eigene westliche Zivilisation vor?
Speziell der Deutsche reklamiert für sich, nicht mit den primitiven Hominiden in einen Topf geworfen zu werden, die er sonst als minderwertige Zuwanderer gerade noch erduldet, auch wenn er sie nur auf dem Arbeitsmarkt als Hilfskräfte verwenden und sofort aus dem Land schmisse, weil sich ihre rassefremde Hautfarbe nicht mit dem Straßenbild vertrüge – ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft zu verleihen wäre nach Ansicht der Arschgeigen mit besser verstecktem Migrationshintergrund ohnehin blanker Volksverrat. Woher also die Hybris, nur der Einwanderer wäre aus Hass auf Personen, die nicht seinem sozialen Hintergrund entsprächen und nicht seine Ideologie teilten, zu gewalttätiger Praxis fähig und würde sich einen feuchten Fisch um geltende Gesetze scheren? Neigt nicht der Deutsche aus tief verwurzeltem Nationalwahn, andere Ethnien als unbrauchbare Evolutionsversager zu bekämpfen, in struktureller Gewalt, die seine eigene Unfähigkeit, sich an die Realität anzupassen, kaum verbirgt? Hat nicht der Teutone quasireligiös verschwiemelte Ansichten zur Gewaltausübung, die er auch mit der Axt in der Hand noch als Notwehr deklariert, weil ja der böse Kriegsflüchtling seine Heimat durch die reine Anwesenheit schädigt und am Ende genetisch verwässert? Glaubt er nicht in einer Art Hexenwahn an die Weltverschwörung, deren Urheber er trotz industriellem Genozid und bewaffnetem Volkszorn nicht ausgerottet bekommt? Sperrt er sich nicht manisch dagegen, dass man seine Gewaltausübung hinterfragt, wenn irgendein Soziopath ein Dutzend Menschen abknallt, während die Polizei genervt ist, dass sie nachts ausrücken darf? Und beharrt er nicht darauf, dass Gewalt als solche nicht missverstanden wird und sich daher schon selbst rechtfertigt?
Alles das wirft der angeblich gesittete Germane den Fremden vor, etwa ein antiquiertes Denkmuster von Ehre und sozialem Rollenverständnis, das in Kapitalverbrechen endet – begeht er selbst Mord und Totschlag, meist Femizid oder Selbsttötung in erweitertem Rahmen, bauscht er seine Opferrolle post mortem zur Familientragödie auf, als hätte es in letzter Verzweiflung keine andere Möglichkeit gegeben, als den ehernen Gesetzen symbolischer Gewalt zu gehorchen. Einen Ehrenmord würde der Rheinländer ja nie verüben, mutmaßlich mangels vorhandener Ehre.
Interpretieren wir Gewalt als kommunikativen Akt, der durch Symbolkraft an Bedeutung gewinnt, wird auch klar, dass beispielsweise Racial Profiling als bedauernswerte, aber letztlich nur pragmatische Handlung zur Sicherheit der Mehrheit durchgesetzt werden muss, egal, was nun in diesem Grundgesetz wieder drinsteht. Ruft eine faschistische Tunte vor dräuender Umvolkungsgefahr dazu auf, dass das Deutschtum männlicher werden müsse, liefert das Heldenideal bereits Feindbild und implizite Freund-Feind-Raster mit, aus denen jeder den Auftrag zu stochastischem Terrorismus heraushören kann, der aus der herbeifantasierten Wehrlosigkeit des Staates die Anwendung von Gewalt durch kriegerische Eliten ableitet. Dies mündet im Paradox, dass die Reichshackfressen ihre eigene Staatsgewalt gegen den nicht existierenden Staat ausüben wollen.
Und so haben auch hoch entwickelte Staaten hinreichend Erfahrung mit einem Gewaltkontinuum von sozialer Ausgrenzung, Fremdkategorisierung, Entmenschlichung bis zur Versachlichung, die den Völkermord als logistische Leistung anerkennt, die nur deutsche Experten so reibungslos auf die Kette gekriegt hätten. Gewalt ist also keine Ausnahme der ansonsten friedlichen Gesellschaftsordnung, dient nicht eben selten zur Stabilisierung vorherrschender Werte und des Normalzustandes, der scheinbar von außen durchbrochen wird, wenn die Wirklichkeit sich wieder nicht an die Hausordnung hält. Wir haben die Destruktivität bereits so verinnerlicht, dass wir ihre Folgen als alternativlos markieren und von Opfern eine Entschuldigung verlangen. Nicht nur ungezügelte Aggression, auch die zwanghafte Unterordnung, die keine Macht verleiht, zerstört. Darum ist unsere größte Bedrohung derzeit der gewaltlose Protest, sich auf die Straße zu kleben. Wer duldet schon Ethik, der sie selbst nicht hat.
Satzspiegel