Trümmerfrauen

9 12 2013

„Dreißig Prozent? Das können Sie uns nicht antun! Natürlich waren wir für die Verschärfung der Hartz-Gesetze, natürlich wollten wir diese dekadenten Spätrömer aushungern, die den ganzen Tag auf dem Amt herumlungern, statt mal was für die Rendite zu tun. Aber wie sollen wir als FDP unsere soziale Klasse beibehalten, wenn Sie uns einfach die Stütze kürzen? Ich habe denen das doch versprochen!

Sie wollen uns tatsächlich zur Arbeit zwingen? Wie stellen Sie sich das denn vor? Die Partei ist doch jetzt komplett im Eimer, da ist nichts mehr, da muss jetzt jede Menge Energie in den Aufbau gesteckt werden, das kann man doch nicht einfach durch Erwerbsarbeit stören. Immerhin werden wir Liberale doch gebraucht. Und wir müssen in den nächsten Jahren herausfinden, wofür. Das kann man nicht einfach so bürokratisch behandeln. Das muss man privatisieren, verstehen Sie? Sie schieben uns ordentlich Kohle rüber, und wir kümmern und privat darum, dass wir ohne Job über die Runden kommen, okay?

Produktionshelfer kommt für uns natürlich nicht in Frage. Produktiv zu sein liegt uns gar nicht. Vielleicht könnten wir da eine Internet-Firma aufmachen. Wie der Lindner, der versteht angeblich was davon. Also nicht vom Internet, sondern von Firmen. Der hatte sogar mehrere. Nein?

Können Sie mir das mal – danke, ich wollte nur die erste Seite. Uns interessiert immer nur, was auf der ersten Seite steht. Berufskrankheit, wissen Sie. War beim Koalitionsvertrag dasselbe. Wer hat denn wissen können, dass ab Seite drei unser Todesurteil kam. Also eine Beschäftigung für die öffentliche Hand? Da wir jetzt nicht mehr in der Regierung sitzen, sind wir natürlich strikt gegen Kürzungen zugunsten der Staatsschulden – und private Firmen bezahlen kann einfach nicht verkehrt sein. Ja, ist mir bekannt, die Fahrbereitschaft des Bundestages ist so gut wie pleite. Übernahme? Brillante Idee, wir werden als erstes das Unternehmen komplett rekapitalisieren und dann die Belegschaft durch Leiharbeiter ersetzen, und dann werden auch die Arbeitsbedingungen mal erheblich flexibilisiert, damit wir richtig Druck auf die… Als Fahrer? sind wir denn bescheuert!?

Was heißt hier Statistik – sind wir etwa… dann zählen Aufstocker statistisch auch als ganz normale Arbeitnehmer, die den Aufschwung am Arbeitsmarkt verursachen? Und dass Sie uns die Löhne kürzen, ist eine strukturelle Verbesserung? Wer hat denn diesen menschenverachtenden Scheißdreck verzapft? Die FDP? Dann war das noch unter der alten Führung, daran ist nur dieser schlitzäugige…

Leichenredner? Seit wann ist der denn ein – ach so. Hm. Wissen Sie, wir sind ja mehr dem Leben zugewandt. So Sachen mit sozialem Engagement und Mitgefühl, das ist echt nicht unser Ding. Und ganz ehrlich, dabei verdient man doch auch echt mies, oder? Projektbezogen, stimmt’s? Das ist doch Wahnsinn, wenn der Arbeitsmarkt sämtliche Risiken auf uns abwälzt, wie soll man denn da für seinen nächsten Porsche planen?

Trümmerfrauen? Wieso denn nicht, was spricht denn dagegen? Wir sind doch gerade so gut dabei, das können wir doch außerhalb der Partei gleich weitermachen? Wie jetzt, mangelnde Qualifikation?

Einfach irgendein Job, in dem man nicht viel leisten muss, verstehen Sie? Das muss sich doch auch lohnen. Dann tun wir sogar etwas richtig Gutes für den Arbeitsmarkt und nehmen keinem den Job weg. Und so viel Einsatz sollte doch auch ein angemessenes Gehalt mit Boni wert sein, oder?

Vier Euro Mindestlohn? Da sehen Sie mal, was dieser Rösler für ein Schwein war. Warum wir alle geklatscht haben? Das muss am Fraktionszwang gelegen haben. Auf unseren Bundesparteitagen herrschte Fraktionszwang, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Schlimm. Voll sozialistisch!

Lieferservice ist nicht gut. Oder haben Sie die FDP in den letzten fünfzehn Jahren irgendwas liefern sehen?

Hier, total coole Idee – kennen Sie? kennen Sie? Machen wir jetzt alle, also total coole Idee, für Deutschland, kennen Sie? Total coolstes Land übrigens, wir machen das, das ist so cool, das machen wir, passen Sie jetzt auf: Steuersenkungen! Steuersenkungen! Total…

Gut, war jetzt nur so ein Gedanke, weil man sich ja politisch auch ganz neu positionieren muss beim Wähler, und da wir jetzt mehrere Wochen lang nichts mehr über Steuersenkungen erzählt hatten, seit der Wahl eigentlich gar nichts mehr, da dachte ich, wir könnten doch jetzt mal wieder etwas über Steuersenkungen erzählen. Das hört der Wähler gerne. Wenigstens die, die das bisher nicht mit der FDP in Verbindung gebracht hatten.

Einverstanden, Ein-Euro-Jobs. Wir machen alles. Ja, absolut alles. Für Geld machen wir absolut alles. Geben Sie mal her. Und das ist auch wirklich nur eine befristete Anstellung? Einmal in die SPD eintreten, das Mitgliedervotum verhindern und dann wieder raus?“





Arbeitslos

25 09 2013

„… wir Herrn Rösler leider keine Zusage geben können. Wir ziehen seine Einsatzbereitschaft damit keinesfalls in Zweifel, glauben aber, dass wir auf einen Mitarbeiter wie ihn in unserem Betrieb lieber…“

„… Herrn Niebel einzustellen. Es gibt in unserem Hause keine Position eines Chefteppichfliegers, und sind wir deshalb leider…“

„… ungewöhnlich, das Wunschgehalt und die Arbeitsgestaltung von Herrn Westerwelle als ‚anstrengungslosen Wohlstand‘ skizziert zu bekommen, weshalb wir ihn sicher nicht für eine gehobene Position…“

„… davon Abstand nehmen wollen, Herrn Rösler mit einem Aufsichtsratsposten zu betrauen, da dieser doch ein Mindestmaß an Führungsqualitäten…“

„… sich um ein Missverständnis gehandelt haben wird. Herr Westerwelle bewirbt sich in unserem Hause nicht als Verkäufer für Phono-Zubehör, sondern als Lautsprecher, was wir für wenig sinnvoll…“

„… für seine weitere Karriere weiterhin viel Glück. Eine Festanstellung als Weinkönigin ist dennoch im Falle von Herrn Brüderle völlig…“

„… unsere Agentur zwar auf Kindermodels spezialisiert ist, doch ist uns Herr Linder noch zu unreif für eine Beschäftigung als…“

„… bereits in seinem Bewerbungsschreiben angekündigt hatte, unsere Unternehmensgruppe zu zerschlagen und abzuwickeln. Wir verzichten daher dankend, Herrn Niebel als Hilfsarbeiter zu…“

„… sich als Landkartenverkäufer zu bewerben und beim Vorstellungsgespräch nur ‚Dies hier ist Deutschland‘ zu wiederholen. Wir haben für Herrn Westerwelle keine Einsatzmöglichkeit, solange…“

„… uns die Gehaltsvorstellungen von Herrn Rösler nicht interessieren. Sollte er sich nicht gewillt zeigen, für 15% des ortsüblichen Tarifs zu arbeiten, sind wir gerne bereit ihm dies als strukturelle Verbesserung seiner Einkommensverhältnisse…“

„… es unserem Unternehmen gut geht. Wir haben keinen Bedarf für einen Konkursverwalter und werden Herrn Lindner deshalb auch nicht…“

„… wir eine Bewerbung von Herrn Westerwelle als Fahrlehrer nicht ernst nehmen können. Seine Aussage, er verstehe alles von Steuern und habe bereits praktische Erfahrung damit gesammelt, ist eine durch nichts belegbare…“

„… entspricht Herr Niebel bereits von den Äußerlichkeiten nicht den Anforderungen, die unser Publikum an ein Rotkäppchen…“

„… fürchten wir, dass Herr Rösler die Stellenbeschreibung nicht hinreichend genau gelesen haben könnte. Da wir Teilkenntnisse in der deutschen Politik und Gesellschaft voraussetzen, ist uns ein Bewerber, der zum großen Teil Unkenntnis besitzt, nicht für die Aufgabe…“

„… grundlegendes Missverständnis, dass Herr Niebel sich bei unserem Vorstellungsgespräch vorstellte, er wolle unseren Personalchef einstellen. Wir nehmen von dieser mangelnden Qualifikation deutlich…“

„… sich unser Haus erstklassigen Personals erfreut, so dass wir auf Herrn Brüderle als Vortänzer durchaus keinen gesteigerten…“

„… mit Befremden zur Kenntnis genommen. Herr Rösler ging irrig davon aus, dass er als Privatkundenberater ausschließlich mit Besserverdienenden …“

„… ist Herr Kubicki offenbar der Ansicht, er sei für den Posten des Alleinunterhalters geschaffen. Mit Bedauern teilen wir mit, dass er lediglich sich alleine unterhält, so dass wir von weiteren Arbeitsproben gerne…“

„… eine Stellung als Fahrstuhlführer für Herrn Westerwelle nicht in Betracht kommt, solange er nur abwärts…“

„… schwarz-weiße sowie Farbfilme. Dennoch ist es uns nicht möglich, die von Herrn Niebel angeführten Qualitäten als Entwicklungshelfer in einer höher qualifizierten Tätigkeit…“

„… wünschen wir Herrn Rösler weiterhin recht viel Erfolg auf seinem beruflichen Lebensweg, sofern er sich nicht mehr in die deutsche Wirtschaft einmischt oder…“

„… schon zweimal fast Chef von irgendwas geworden. Wir wünschen Herrn Lindner, dass er möglichst bald eine erfüllende Beschäftigung findet oder uns wenigstens mit seinen ständigen Bewerbungen in Ruhe…“

„… der Beruf des Simultandolmetschers wenigstens die fehlerfreie, verständliche Beherrschung zweier Sprachen voraussetzt. Wir sehen bei Herrn Brüderle bedauerlicherweise nicht einmal eine einzige hinreichend…“

„… dass soziale Kälte noch keine Schlüsselqualifikation darstellt. Wir möchten daher Herrn Rösler für unsere exklusiven Mövenpick-Produkte keinesfalls als Tester…“

„… wir es durchaus als Drohung auffassen, dass Herr Niebel seinen gesamten Freundeskreis in unser Unternehmen einschleusen…“

„… ebenso richtig, dass Herr Rösler sich bei seiner eigenen Partei Fertigkeiten erworben haben wird, doch sind wir nicht gewillt, ihn als hauptberuflichen Leichenredner…“

„… mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Herr Niebel für eine radikale Reform der Bundesagentur für Arbeit eintritt. Wir sehen es allerdings als indiskutabel, ihn ohne operative Tätigkeit oder Anwesenheit mit einem Monatsgehalt von drei Millionen Euro zu…“

„… wir kein Interesse haben, Philipp allein zu Haus nach dem Drehbuch von…“

„… die Zweitstimmenkampagne der vergangenen Wahl nicht als Arbeitsprobe anerkennen können, weshalb uns die Beschäftigung von Herrn Brüderle als Leihopa eher nicht als…“

„… ist Herr Rösler bereits mit dem Namen unseres Drogerieunternehmens überfordert, weshalb wir ihm keine Anschlussverwendung…“

„… ist die Ausstellung mit der Geschichte des Liberalismus befasst, wovon Herr Westerwelle leider nicht die geringste Ahnung…“

„… für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen pharmazeutischen Unternehmen einstehen wollen. Grundsätzlich sind wir von Herrn Röslers Praxiserfahrung als Medikamententester überzeugt, wollen aber keine Mitarbeiter, die für Geld alles…“

„… ist in unserem Betrieb keine Planstelle für Zuhausebleiben bei vollem Lohnausgleich vorgesehen. Frau Koch-Mehrin kann sich gerne bei unseren Mitbewerbern…“

„… wollen wir Herrn Westerwelle lieber nicht als Darsteller in Draußen vor der Tür besetzen, da er auch für eine Zweitbesetzung nicht die notwendige Sensibilität…“

„… einen Umschulungsplatz als Erzieherin nicht anbieten können. Herr Rösler könnte von den erfahrenen Fachkräften leicht verwechselt werden mit einer…“





Kriechspiele

9 09 2013

„Sehr schön. Runter mit dem Kopf. Ganz runter. Tiefer. Noch tiefer. Noch tiefer. Sehr schön. Und jetzt ganz langsam zur Seite kippen. Hervorragend. Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen, Herr Westerwelle.

Wir machen dieses Yoga ja schon länger. Seit vier Jahren. Inzwischen geht’s auch ganz gut. Er hat seine Lektion gelernt und setzt sie konsequent um. Schauen Sie sich mal sein Syrisches Kamel an. Wie aus dem Bilderbuch. Er kann inzwischen aus jeder, ich wiederhole: aus absolut jeder Position umfallen. Wirklich perfekt. Und sehr zuverlässig.

Kinn am Boden lassen. Jetzt den Hintern anheben und dabei das Rückgrat ganz durchbiegen, Herr Westerwelle. Weiter. Weiter. Noch weiter. Ganz durchbiegen. Sehr schön. Die Starke Antwort können Sie, Herr Westerwelle. Hat zwar etwas gedauert, aber das lag ja nicht daran, dass Sie es nicht wollten, oder? Mutti hat’s Ihnen erst jetzt erlaubt. Und noch tiefer runter. Und noch tiefer. Sehr schön. Mutti kann stolz sein auf Sie.

Wir hatten ja so unsere Anfangsschwierigkeiten. Er wollte immer seine eigenen Übungen machen. Den Hysterischen Höckerschwan. Den Berliner Brüllaffen. Richtig, es sah albern aus. Und es führte auch zu nichts. Vernünftiges Yoga verleiht Kraft und hat nachweislich positive Effekte auf die psychische Gesundheit. Wie gesagt, wenn man es auch vernünftig macht. Aber er wollte halt nicht besonders effektiv sein, es sollte nur jeder staunen, dass er sich so toll verrenken kann. Ich weiß auch nicht, woher er das hat.

Man ist ja großem Druck ausgesetzt. Das muss man dann auch irgendwie kompensieren. Manche würden jetzt spezielle Atemübungen ausführen oder Baum-Yoga – aber in dem Kurs waren ein paar Grüne, und das wollte er nicht. So Übungen mit Energieaustausch. Wollte er einfach nicht. Und dann der Kurs für Kleinkinder. Da ist ihm Rösler immer über den Weg gelaufen, den hätte ich auch nicht mitgemacht. Also haben wir uns für eine ganz individuelle Methode entschlossen. Kriech-Yoga. Es kommt seiner natürlichen Körperhaltung sehr entgegen, wir riskieren weniger Verletzungen beim Aufwärmen, und die Ergebnisse können sich sehen lassen.

Sehr schön. Jetzt die Hände ganz fest an den Leib und langsam weiterbewegen. Immer hier an der Markierung auf dem Boden entlang. Stellen Sie sich vor, dass das die Fünf-Prozent-Hürde ist, Herr Westerwelle. Sehr schön machen Sie das. Sehr schön. Sehr gut. Lieber Aal liegt Ihnen.

Außerdem spart das Kräfte. Beim Power-Yoga, da muss man richtig arbeiten. Haben Sie schon mal einen von der FDP arbeiten sehen? Eben. Dann kann ich meine Bude hier zumachen. Bekenntnis zur Wertegemeinschaft, Souveränität, Grundgesetz für Anfänger, Basteln mit Speckstein, können Sie alles an der Volkshochschule buchen. Wir haben uns halt auf andere Sachen spezialisiert und fahren ganz gut damit.

Da darf man jetzt aber nicht mit Taijiquan verwechseln. Das ist erstens chinesisch und zweitens ist es Kampfkunst. Und mit allen drei Sachen hat das hier nichts zu tun.

Den Herrn de Maizière hatte ich neulich mal. Probehalber. Es blieb aber dabei. Ich hatte das Gefühl, er würde das hier nicht ernst nehmen. Er hatte irgendwas von Kriechspielen gehört, aber da muss er wohl etwas verwechselt haben. Fliehender Falke. Nie gehört.

Gruppenunterricht? Wäre irgendwie schwierig. Nicht wegen des Platzbedarfs, aber stellen Sie sich mal vor, das ganze Kabinett würde bei mir auf der Matte stehen. Alle machen dasselbe, Mutti macht’s nach, und dann sagt sie plötzlich, sie hätte es erfunden. Meuternder Mautesel. Kopfwackeldackel. Das geht doch so nicht.

Und die Knie zusammen. Sehr schön, Herr Westerwelle. Ganz zusammen. Und krümmen. Krümmen, habe ich gesagt. Sehr schön, diese Blindschleiche. Ich könnte mir keine bessere Übung für Sie vorstellen, Herr Westerwelle.

Wir wissen natürlich noch nicht, wofür es überhaupt gut ist. Bisher hat er sich nur gerne in Bodennähe bewegt, weil er sich dann nicht immer auf sein intellektuelles Niveau herabbegeben musste. Aber wenn es jetzt auf die Schnelle etwas Größeres zu tun gibt, Robben im Dreck, Wüste oder Stacheldraht, dann muss man vorbereitet sein. Da sind Fähnchen im Wind und Größenwahnsinniger Gockel nicht so gefragt. Da braucht es Kriechtiere. Zünglein an der Waage. Winselnder Wurm. Man wird dadurch so schön flexibel. Da kann man auch mal Sachen mitturnen, die man nicht begreift. Oder Standhaftigkeit hinter dem Rücken der Amerikaner demonstrieren. Bis einer aus Versehen den Ventilator anschaltet.

Sehr schön, Herr Westerwelle. Fein gemacht. Ich würde sogar sagen, Sie haben sich diesmal selbst übertroffen. Und gut, dass Ihnen das vor der Wahl passiert ist. Jetzt brauchen Sie sich keine Sorgen mehr zu machen, dass Sie hinterher keine Zeit mehr für solche Übungen haben.“





Give Peace a Chance

27 08 2013

„Nein!“ „Warum nicht?“ „Nein!“ „Das ist kein Grund. Sie müssen doch einen Grund haben, dass Sie…“ „Ich lasse mich nicht auf Diskussionen mit Ihnen ein. Wir reden hier von weitergehenden politischen Maßnahmen gegenüber Syrien, und die werden wir auch mit aller Konsequenz zur Durchführung kommen lassen. Aber mehr nicht!“

„Jetzt mal Spaß beiseite, Sie können doch einen solchen militärischen Eingriff…“ „Es handelt sich aber um keinen.“ „Warum nicht?“ „Es ist ja noch gar kein Militär da, außerdem: marschieren wir gerade ein?“ „Das ist doch nur eine Frage der Zeit.“ „Das sagen Sie! Wir wollen den Frieden in der Region so lange wie möglich sichern, deshalb lassen wir uns auf diese Sichtweise nicht ein.“ „Frieden!? Welchen Frieden wollen Sie denn da sichern? Da ist doch gar keiner!“ „Ach, und weil da der Frieden gerade ungesichert ist, kommen Sie mit militärischer Präsenz? Das ist eine ungerechtfertigte Handlungsweise, die zu Instabilität in der…“ „Also geben Sie zu, dass der Frieden brüchig ist und so bald wie möglich mit…“ „Ungerechtfertigt!“ „… militärischen Mitteln…“ „Absolut ungerechtfertigt! Sie bringen die Lage noch zum Explodieren!“

„Wir haben diese ganze Grütze ja schon seit Afghanistan durch, aber bitte.“ „Das können Sie gar nicht miteinander vergleichen.“ „Afghanistan war ein bewaffneter Einsatz.“ „Aber wir haben doch gar keine Waffen! Dies ist eine ganz normale Aktion, die die Stabilität der Auseinandersetzung um die politischen Auseinandersetzungen stabilisiert.“ „Manchmal habe ich den Eindruck, Sie glauben, was Sie da sagen.“ „Jedenfalls ist das etwas ganz anderes als Afghanistan.“ „Weil wir in Afghanistan eingefallen sind?“ „Weil es da keine Stabilität gab.“ „Verstehe. Der Stabilitätsanker ist ja Saudi-Arabien. Sagt zumindest unsere Bundesregierung.“ „Und?“ „Deshalb liefern wir da auch so viele Waffen hin.“ „Eben. Weil es da Stabilität zu stabilisieren gibt. Manchmal habe ich schon den Eindruck, Sie sind ein bisschen naiv.“

„Stellen Sie sich etwa im Ernst vor, Sie marschieren da unter Waffen ein und lösen einen Konflikt?“ „Das wäre dann ja ein bewaffneter Konflikt, und so weit wollen wir doch nicht gehen.“ „Was ist das denn sonst?“ „Ich will Ihnen schon etwas entgegenkommen: das ist, ich würde mal umgangssprachlich sagen, eine gewisse Spannung in der Region vorhanden.“ „Und das rechtfertigt keinen bewaffneten…“ „Ich würde es lieber als humanitären Einsatz bezeichnen.“ „Was ist daran humanitär?“ „Denken Sie mal an die vielen zivilen Opfer. Wir können doch die zivilen Opfer nicht einfach so schutzlos…“ „Wem denn?“ „Wir wissen es noch nicht genau, aber das wird sich schon noch zeigen. Sie müssen ein bisschen Vertrauen haben.“ „Und warum betonen Sie die zivilen Opfer so?“ „Ich bitte Sie – man kann doch angesichts einer derart ernsten Lage nichts Beschönigendes sagen. Das sind wir schon den zivilen Opfern schuldig.“ „Und wenn die nicht zivil wären?“ „Dann müsste man es nicht so betonen. Sie sehen, wir haben wieder einmal verdammtes Glück gehabt!“

„Ich gebe es auf.“ „Schon?“ „Ja, ich gebe es auf. Vermutlich werden Sie mir jetzt auch erzählen, dass Sie für Mädchenschulen nach Syrien wollten. Und zum Brunnenbohren.“ „Quatsch! Das ist ein sehr weit entwickeltes Land…“ „Wie bitte!?“ „… das nur ein paar Maßnahmen zur Stabilisierung der Demokratie braucht.“ „Haben Sie jetzt vollkommen den Verstand verloren? Demokratie gibt es doch so gut wie überhaupt nicht in Syrien!“ „Deshalb müssen wir da auch so schnell wie möglich eine geopolitisch kluge Entscheidung vor Ort fällen, die uns eine auf die Erfordernisse von Staat und Gesellschaft abgestimmte Operationsweise ermöglicht.“ „Und dass wir den Einsatz von Massenvernichtungswaffen damit verharmlosen, das fällt Ihnen gar nicht ein?“ „Wir setzen eben in Bezug auf internationale Partnerschaftsverstärkung gerne auf durchgreifende Modelle, die bei der jeweiligen Bevölkerung eine nachhaltige Resonanz erzeugen.“ „Also ein Eingreifen mit Waffengewalt gegen die Regierung.“ „Das haben Sie gesagt.“ „Was ist es denn anderes?“ „Ein im Interesse der Staatengemeinschaft robust gestaltetes Mandat zur Befriedung der unplanmäßig verlaufenden innenpolitischen Steuerungsverläufe.“ „Meine Güte, Sie haben wohl die Kanzlerin gefressen!“ „Das Eingreifen an der Seite unserer Verbündeten ist alternativlos, deshalb müssen alle notwendigen Mittel auch mit effektiver Abwehr gekoppelt sein. Ich will dabei nicht verhehlen, dass wir jenseits der roten Linie, wo wir uns heute befinden, durchaus eine massive Warnung als ersten Schritt gegen die Regierung durchführen könnten.“ „Und das heißt?“ „Wir könnten beispielsweise bei einer präventiven Auseinandersetzung Kollateralschäden taktisch miteinbeziehen.“ „Kollateralschäden? Taktisch!?“ „Wir warnen die syrische Regierung jedenfalls, dass dadurch die Wahrscheinlichkeit ziviler Opfer erheblich steigen könnte.“ „Aber… aber…“

„Jetzt gucken Sie nicht so. Das wird eine ganz einfache Sache.“ „Ein einfacher Militärschlag.“ „Sie werden sehen, wir senken nachhaltig das Potenzial für einen bewaffneten Angriff im Innern, und dann haben wir höchstens kürzere Gefechte zur Verteidigung unserer Interessen.“ „Jaja.“ „Und die internationale Gemeinschaft wird die Entspannung am Konfliktherd erreichen.“ „Ach was.“ „Und es wird eine gute Zusammenarbeit mit der Bevölkerung geben.“ „Und dicke Aufträge für die deutsche Waffenindustrie.“ „Hör mal, Sportsfreund – Krieg!?“





De profundis

18 07 2013

„Ich habe ja nichts gegen religiöse Vorstellungen.“ „Aber?“ „Was Sie da sagen, ist lächerlich. Man kann doch diese ganze Angelegenheit nicht einfach als religiösen Hokuspokus abtun.“ „Das ist es auch gar nicht. Es ist eine durchaus schlüssige und sehr durchdachte Konstruktion.“ „Sie vergleichen hier gerade die NSA mit den Christentum.“

„Womit denn bitte sonst? Außerdem passt es zu dieser pseudochristlichen Regierung.“ „Jetzt werden Sie nicht albern. Woran machen Sie es fest?“ „Diese Schnüffelbehörde hat sämtliche Attribute einer Gottheit.“ „Ja, Allwissenheit. Sehr witzig.“ „Sie missverstehen. Die NSA weiß nicht nur alles, sie ist auch allgegenwärtig. Woraus sich gleich die eigentliche theologische Implikation ergibt: sie ist durch ihre permanente intrinsische Anwesenheit das Kontrollgewissen.“ „Sie meinen, sie verhindert ein Verhalten, das zu Sanktionen führen könnte?“ „Mehr, denn sie ist allmächtig. Sie straft natürlich auch da, wo wir nicht genau wissen, wo wir in Worten, Taten oder Gedanken gefehlt haben. Der Wille der NSA ist unergründlich.“ „Wobei man dann die Möglichkeit postulieren müsste, dass man auch für Wohlverhalten bestraft wird.“ „Wenn Sie versehentlich einen Namen tragen, aus dem man nur vier Buchstaben herausnehmen muss, und dann klingt er so ähnlich wie jemand, der mal zehn Jahre lang mit einem Tatverdächtigen in derselben Straße gewohnt hat, dann ist das Ihr Pech.“ „Wer kommt auf so kranke Ideen?“ „Die Theologie bezeichnet das als Erbsünde. Kommen Sie klar damit.“

„Wir haben also einen strafenden und einen barmherzigen Gott.“ „In der Tat. Der barmherzige stellt ab und zu Durchsuchungsergebnisse für den eigenen Geheimdienst zur Verfügung.“ „Und er sorgt für Sicherheit.“ „So einfach ist das nicht. Denken Sie an die verhinderten Terroranschläge.“ „Es sollen 45 gewesen sein, also mehr als 50 jedenfalls.“ „Sie sehen, es ist vollkommen unlogisch. Was schließen Sie daraus?“ „Ein Glaubenssatz?“ „Nicht ganz, es handelt sich um ein Glaubensgeheimnis. Ein Mysterium. Die Vernunft lehnt es ab, da es nach rationaler Erwägung nicht den geringsten Beweis dafür gibt.“ „In etwa wie die Transsubstantiation?“ „Ein guter Vergleich. Wenn Sie es jedoch glauben, wird es zum zentralen Lehrinhalt, um dessen Ausgestaltung Sie erbitterte Kriege führen können. Sie müssen nur eines bedenken.“ „Dass es nicht im Widerspruch zu anderen Glaubenslehren steht?“ „Nein. Dass Sie immer recht haben.“ „Dann sind diese 45 verhinderten Terroranschläge eine Art Wunder.“ „Richtig. Man muss nur an sie glauben, dann existieren sie auch.“

„Allerdings liegt das Schwergewicht doch immer noch auf dem strafenden Gott.“ „Aber sicher. Wenn der Mensch ohne Sünde wäre, wozu bedürfte es dann einer Religion?“ „Dann vertraue ich als Gläubiger einem abstrakten höheren Wesen, das nicht greifbar ist, vollkommene Macht über mich hat und mir jede Form von Drohpotenzial als Wahrheit und Gesetz befehlen kann.“ „Richtig.“ „Und Friedrich?“ „Was haben Sie mit Friedrich?“ „Welche Rolle spielt der? Er selbst sieht sich ja als absolut unverzichtbar an.“ „Sie meinen einen Ministranten, der meint, ohne ihn fände die Messe gar nicht erst statt?“ „So ähnlich. Oder noch besser, ein Säulenheiliger.“ „Unfug. Friedrich ist ein Laienpriester. In jeder Hinsicht übrigens.“

„Aber jetzt wüsste ich doch ganz gerne, was diese Ansammlung von Gottesteilchen nun politisch bedeuten soll. Vor allem für diese Regierung.“ „Es ist nicht weniger als die moralische Rechtfertigung für das Narrativ dieser postdemokratischen Marodeure.“ „Was ist denn an diesem Verhalten noch ethisch zu rechtfertigen?“ „Sie verwechseln Ethik und Moral. Tun Sie das nicht; mit Ethik hat das nichts mehr zu tun, aber man kann es noch gut als moralisch bezeichnen, weil sich Moral beliebig verbiegen lässt, je nachdem, auf welche Ideologie man sie nagelt. Hier übrigens ein Kreuz.“ „Und die Vorstellung, dass es ein höheres Wesen gibt, das wir verehren, rechtfertigt die endgültige Zerstörung der konservativen Werte?“ „Zwangsläufig. Die FDP hat das mit dem Liberalismus einfacher gekonnt, sie musste einfach nur warten, bis sie über ihre eigenen Widersprüche stolpert. Die komplett leere Merkel-CDU brauchte etwas länger, weil man Lüge mit Selbstzweck verwechselt hat. Und umgekehrt.“ „Dann müsste die quietistische Kanzlerin, die sich gerne mal als in Gottes Hand verkündigt, wenn sie von Mittelstufenphysik intellektuell überfordert ist, ihr konsequentes Nichthandeln als Ergebung in Gottes Willen deklarieren.“ „Und ihr Nichtwissen, das dialektisch zugleich Erleuchtung sein will, als rückgratlose Anpassung ans Dogma. Credo, quia absurdum est.“

„Das Ganze hat ja fast eine eschatologische Komponente.“ „Na, jetzt übertreiben Sie aber.“ „Pardon, vielleicht habe ich in letzter Zeit einfach zu viel Wahlkampf mitgekriegt.“ „Natürlich gibt es eine gewisse Apokalyptik in diesem Modell. Muss es geben, sonst wäre es doch keine Religion.“ „Mir schwebt da eine Art finaler Terroranschlag vor.“ „Das ist es, ja. Man kann das aus dem kollektiven Bewusstsein zusammenbauen, 9/11, Madrid, Utøya, irgendeine Facette passt immer. Die Hölle sind die anderen, man muss sie gar nicht so bunt ausmalen, die psychotischen Vorstellungen der Masse reichen vollkommen aus.“ „Der ist eine Verheißung?“ „Das ist das Schöne, man muss auch gar nicht sagen, wann er kommt. Allein die Tatsache, dass er nicht auszuschließen ist, ist schon ein erstklassiges Druckmittel.“ „Leider haben Sie eine Sache daran nicht bedacht.“ „Nämlich?“ „Ihre Gottheit steckt richtig in Schwierigkeiten. Diese NSA begegnet einer Macht, die viel größer ist.“ „Das mag sein.“ „Einer höheren Macht.“ „Nun ja, ich will das nicht…“ „Und sie beansprucht für sich ethische Gesichtspunkte.“ „Das stimmt.“ „Damit wären die Fronten geklärt.“ „Richtig. Dann überlegen Sie sich mal, wen diese Regierung anbetet. Und warum.“





Auffangstation

21 01 2013

„Sind Sie da hinten, Rösler? Warten Sie noch einen Augenblick an der Kante. Ich bin gleich bei Ihnen. Nur einen kleinen Augenblick. Paar Sekunden, Rösler. Gleich. Dann können Sie springen.

Natürlich bin ich vom Kriseninterventionsteam. Oder hatten Sie gedacht, ich turne hier aus Jux und Tollerei auf dem Dach herum? Clown gefrühstückt, Rösler? Ja, so sehen Sie aus. Mein Ton? Was soll mit meinem Ton sein, Rösler? Haben Sie noch irgendwelche Sonderwünsche? Ich bin hier vom Sicherheitspersonal. Ich stelle sicher, dass Sie diesmal auch wirklich vom Dach hüpfen. Oder was hatten Sie sich vorgestellt? Dass Sie hier oben eine Runde schmollen können und wir irgendwann schon angelaufen kommen und betteln, dass Sie doch bitte herunterkommen? Geht’s noch!?

Ja sicher ist das hier roh. Das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert, Rösler. Sie haben Nerven! Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, schon vergessen? Und wenn einer es nicht bringt, dann schmeißt man ihn weg. Nicht raus, Rösler. Die Zeiten sind vorbei. Weg. So ist das heute. Wer aus irgendeinem Grund nicht mehr gebaucht wird, zu alt, überqualifiziert, Fusion, der Firma geht’s zu gut – okay, trifft auf Sie alles nicht zu, aber egal – wer nicht gebraucht wird, den schmeißt man weg. Ab in die soziale Hängematte, ins Freizeitparadies Deutschland, wo man sich dann in spätrömischer Dekadenz wiederfindet. So hatten Sie sich das doch gedacht, oder? Na, dann denken Sie mal weiter.

Mitleid können Sie sich abschminken. Ich bin zwar vom offiziellen Kriseninterventionsteam, aber wir sind privatisiert worden. Nur noch Zeitverträge, 35-Stunden-Jobs, Schichtzuschläge weg, und das Gehalt ist seit sieben Jahren nicht erhöht worden. Ich mache hier nur noch Dienst nach Vorschrift. Rauf aufs Dach, anschnauzen, und wenn einer nicht freiwillig springt, gibt’s aufs Maul. Die unten in der Auffangstation hatten ja früher auch mal einen besseren Job, aber was soll’s. Wir sind hier nicht in einer sozialistischen Wohlfühloase, hier wird auf Kundenwunsch gearbeitet. Und was Ihre Partei mit Minderleistern macht, dürfte Ihnen bekannt sein.

Sie werden so behandelt, wie Sie die anderen behandelt haben. Ist doch nicht so schwer zu verstehen, oder? Jammern Sie nicht, Rösler. Erstens ändert es nichts an der Lage, und zweitens ist meine Zeit begrenzt. Das interessiert außerdem keine Sau mehr. Hier oben hört sie keiner. Und kommen Sie gar nicht erst auf den Gedanken, mit mir zu verhandeln. Ich kann nichts dafür, dass Sie in Ihrem Leben bisher nichts auf die Reihe gekriegt haben. Und außer Ihnen dürfte auch niemand dafür verantwortlich sein. Nein, ich will Ihre Kohle nicht. Und ich springe auch nicht für Sie da runter. Das ist mal wieder so typisch für Sie, Rösler. Geld in die Hand nehmen, das man nicht hat, um andere in die Scheiße zu reiten, nur damit man selbst nicht geradestehen muss für die Folgen seiner eigenen Dummheit. Großartig, Rösler. Ganz großartig.

Ich soll Ihnen Hoffnung machen? Prima Idee. Das ist ja für einen Bundesminister und Parteichef auch keine Sache, die man einfach mal selbst auf die Reihe kriegt. Schlage vor, wir machen das wie bei Ihrem Schleckerfrauen-Einsatz. Bestimmt gibt es für Sie eine Anschlussverwendung, Rösler. Der Bundestag ist ja groß, der hat siebenmal so viel Sitze wie FDP-Abgeordnete. Und wenn’s für den Bundesvorsitzenden nicht mehr reicht, dann tritt doch ganz bestimmt der Vorsitzende der FDP im Saarland für Sie zurück, nicht wahr? Ach was, Rösler, das schaffen Sie schon. Sie sind ja nur Nebenverdiener, richtig? Die Kohle bringt doch bei Ihnen auch die Frau ins Haus, stimmt’s?

Sie werden wohl wissen, was jetzt kommt. Beim letzten Durchgang waren Sie auf der anderen Seite. Und jetzt sind Sie dran, Rösler. Wir machen das so, wie Sie das von Westerwelle kennen. Bis Sonntag wurde Geschlossenheit geheuchelt und Loyalität markiert, und einen Tag danach wird dann mit Ihnen aufgeräumt. Bis gestern stand der ganze Laden noch hinter Ihnen und war wie besoffen von Ihren epochalen Leistungen als Wirtschaftsgenie, epochaler Vizekanzler und charismatischer Führer der einzig relevanten politischen Kraft der freien Welt. Ab heute sind sich alle einig, dass Sie ein peinlicher Popanz sind, Rösler. Ein Schnösel, der nicht einmal unfallfrei Arroganz spielen kann. Ein kleines, krähendes Milchbübchen. Sie werden so behandelt, wie Sie die anderen behandelt haben.

Extrawurst, was? Für Sie macht doch keiner einen Finger krumm. Die haben seit einem Jahr gesammelt, was die Presse über Sie schreibt. Vor lauter Loyalität und Siegesgewissheit konnte ja keiner ahnen, dass die Partei total im Eimer ist. Oder dass Sie daran schuld sein könnten, Rösler. Da war bis gestern keinem klar. Jetzt kriegen Sie den ganzen Sott eben ab. Aber trösten Sie sich, der Lindner hat Ihnen das alte Zeugs mitgebracht, das fühlt sich dann wenigstens ein wenig vertraut an. Dass er Westerwelle noch nie hat ausstehen können, dass Westerwelle ein Volldepp ist, dass man unter ihm nicht arbeiten konnte, weil der alles, was man in mühevoller Kleinarbeit aufbaut, sofort mit dem Hintern wieder einreißt – kennen Sie, oder? Das werden Sie jetzt auch hören. Die haben nur eben den Namen ersetzt. Aus reiner Höflichkeit.

Gut, dann wären wir so weit. Springen Sie, Rösler. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit. Sparen Sie sich die Volksreden, es glaubt Ihnen sowieso keiner mehr ein Wort. Einmal über die Brüstung, hopp, und weg. Los jetzt! Oder muss ich erst – gut so. Sehr gut. Schöner Aufschlag. Hallo, Kollegen? Der Nächste. Schickt mir Brüderle rauf.“





Dreikönigskläffen

7 01 2013

„Wer macht eigentlich den Vorsitzenden?“ „Aber wir haben doch jetzt…“ „Ich meine ja auch, wer kommt nach Brüderle.“

„Also jetzt mal langsam. Noch haben wir…“ „Eben. Noch.“ „Aber wenn…“ „Wird er aber nicht.“ „Und das wissen Sie genau?“ „Sie doch auch.“ „Ja, aber…“ „Dann sind wir uns ja einig. Und dann können wir schon mal sehen, wer nach Brüderle kommt.“ „Aber dazu müsste der doch auch erstmal den Vorsitzenden machen.“ „Macht er doch auch.“ „Er hat doch gesagt, er will nicht.“ „So deutlich hat er gesagt, dass er auf den Posten scharf ist?“ „Nein, er hat gesagt, dass er ganz loyal hinter Rösler…“ „Na, dann kann der ja schon mal einpacken.“ „Glauben Sie denn Brüderle nicht?“ „Sowieso nicht, aber wenn er schon derart deutlich zum Ausdruck bringt, dass sie Westerwelle…“ „Bitte!?“ „Pardon. Ich war im Jahr verrutscht.“

„Man muss doch diesen ganzen Nachfolgekram auch vernünftig regeln können.“ „Wie hatten Sie sich das gedacht? Dynastien? Erbfolge?“ „In der CDU beispielsweise…“ „Ach was. Da kommt’s doch nicht auf Politik an. Der breiteste Hintern gewinnt.“ „Klingt einleuchtend. Irgendwann landen die sowieso alle im Rollstuhl.“ „Eben. Und bei der SPD nehmen sie den, der am besten sämtliche sozialdemokratischen Ziele hintertreibt.“ „Dann geht das doch bei der FDP auch?“ „Was meinen Sie denn da genau?“ „In der FDP wird automatisch die dümmste Knallschote nach oben durchgereicht, ja?“ „Das wäre zu einfach. In der Geschäftsordnung ist ein ritueller Dolchstoß vorgesehen, ohne geht’s wirklich nicht. Tut mir leid.“

„Warum muss Rösler überhaupt weg?“ „Das ist eine Scherzfrage, oder?“ „Gar nicht. Ich würde nur gerne wissen, warum die bis jetzt gewartet haben.“ „Bis zum Parteitag?“ „Nein, überhaupt. Dass der Mann ein realitätsresistenter Pausenclown ist, dürfte doch seit zwanzig Jahren bekannt sein.“ „Hm. Da ist was dran.“ „Ob er zu ehrlich war?“ „Wie meinen Sie das?“ „Er hat gesagt, was Sache ist.“ „Sie meinen, als er gesagt hat, wir bräuchten noch mehr Ausbeutung, wir müssten das Tafelsilber verscheuern, und wer arbeitslos ist, soll sich einfach einen neuen Job suchen?“ „Richtig. Das geht doch nicht.“ „Das stimmt. In der FDP sagt man einfach nicht die Wahrheit.“ „Schon gar nicht, wenn die Wahlen kurz vor der Tür stehen.“ „Und weil er beschlossen hat, mit 45 aus der Politik auszusteigen.“ „Das geht auch nicht. Jetzt leistet er sich die Frühverrentung bei vollem Lohnausgleich.“ „Auch ungerecht. Die anderen müssen zusehen, dass die Wirtschaft so etwas wie sie überhaupt gebrauchen kann, und der kneift einfach den Schwanz ein.“ „Hoffen wir mal, dass er eine Anschlussverwendung bekommt.“ „Naja. Eher eine Abschussverwendung.“

„Und wenn Brüderle weg ist? Werden die alle in die Wirtschaft weitergereicht?“ „Zwangsläufig, das muss ja bis zur Bundestagswahl über die Bühne gehen.“ „Warum vorher?“ „So viele Pfeifen kriegen Sie im Wirtschaftsministerium nicht unauffällig eingestellt.“

„Dann bleiben jetzt: Niebel, Kubicki, Brüderle, Lindner.“ „Ah, Sie nehmen das sportlich?“ „Kann man sagen. Vierschranzentournee.“ „Den Lindner vergessen Sie mal wieder. Der tapst noch in seiner Eierschale herum.“ „Also Dreikönigskläffen.“ „Und wer macht das Rennen?“ „Viel wichtiger ist doch: wozu?“ „Für mehr Geschlossenheit in der Partei. Das sehen wir vor allem an den Landesverbänden.“ „Warum gerade da?“ „Weil die Landesverbände einen Sonderparteitag einberufen wollen.“ „Wenn Rösler zurücktritt?“ „Wenn er nicht zurücktritt.“ „Ich sehe schon, Sicherheit wird in der FDP wieder groß geschrieben.“ „Es ist wie auf dem freien Markt. Wobei die Regeln nur für die anderen gelten.“ „Und zum Schluss wird man gerettet.“ „Die Fallschirm-Mentalität.“ „So kenne ich den Laden.“

„Ein Problem könnte es noch geben.“ „Sie meinen, wenn Rösler bleibt?“ „So viel Sesselkleber hatte nicht mal Wulff unterm Hintern.“ „Dann könnte er jetzt bloß noch im Wahlkampf richtig am Rad drehen.“ „Eben. Die haben schon geschrieben, acht Prozent seien nicht der Meinung, dass Brüderle der bessere Parteivorsitzende sei.“ „Ist vertretbar. Wo wäre dann jetzt das Problem?“ „Stellen Sie sich das mal vor. Rösler hört ‚Acht Prozent‘ und…“ „Nee, schon klar.“

„Gut, dann lassen Sie uns jetzt mal Nägel mit Köpfen machen.“ „Passt irgendwie gar nicht zur FDP, oder?“ „Rösler bezeichnet alle Spekulationen über seinen Rücktritt als Hirngespinste.“ „Die FDP fliegt aus dem niedersächsischen Landtag.“ „Noch am Wahlabend macht Rösler die Unterwanderung Deutschlands durch stalinistische Arbeitsscheue für den Linksruck verantwortlich und lehnt jede persönliche Konsequenz ab.“ „Lindner nennt die Angriffe innerhalb der FDP blanken Rassismus wegen Röslers Migrationshintergrund.“ „Brüderle weist Gerüchte zurück, er wolle den Parteivorsitz beanspruchen, und stärkt Rösler demonstrativ den Rücken.“ „Niebel schließt sich Brüderle vollinhaltlich an.“ „Auf dem Sonderparteitag wird Rösler mit einer Stimme gegen den ganzen Rest als Vorsitzender abgewählt.“ „Brüderle wird Parteichef und verspricht ein grandioses Wahlergebnis von mehr als zwanzig Prozent.“ „Niebel schließt sich Brüderle vollinhaltlich an.“ „Lindner lässt in einer Pressemitteilung verlautbaren, er habe Rösler immer schon bekämpft, da dieser seine Vision von einem mitfühlenden Schmarotzerkapitalismus nicht in seine Parteitagsreden übernommen habe.“ „Niebel sagt, er sei kein Rassist, aber er freue sich darauf, seine Partei endlich ohne diese Fidschifresse regieren zu können.“ „Brüderle… ach, lassen wir das.“ „Die FDP versemmelt die Bundestagswahl.“ „Und dann?“ „Dann hat der Laden eine Niebelschlussleuchte.“





Armutszeugnis

29 11 2012

„… gebe der neue Bericht nun die Meinung der Bundesregierung wider und müsse daher nicht nochmals…“

„… halte bei Discountern der Trend an, Waren vor dem Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums in den Müll zu werfen. Dies sei zahlreichen Geringverdienern geschuldet, die bei der Auswahl ihrer Lebensmittel viel qualitätsbewusster…“

„… solidarischer Aktionen bis hin zum kompletten Lohnverzicht, damit mehr Steuergelder für notleidende Banken statt für Griechenland…“

„… habe laut Vizekanzler Rösler die bisherige Sicht die kausalen Zusammenhänge nicht exakt gewichtet. Vielmehr liege die gefühlte Armut in Deutschland nur daran, dass immer mehr Arme…“

„… legten Beschäftigte im Niedriglohnsektor vermehrt Wert auf Wohnkultur. Die Zahl der Umzüge in kleinere Altbauwohnungen mit Ofenheizung spreche für das Bedürfnis nach mehr Originalität, namentlich in den Slums von…“

„… gestiegenes Unrechtsbewusstsein. Da auf 1400 Euro Steuerhinterziehung inzwischen fast ein ganzer Euro unberechtigt gezahlter Sozialleistungen kämen, erwarte man durch ein a priori vermitteltes Schuldbewusstsein einen erheblichen Rückgang der Hartz-IV-Anträge. Die Bundesagentur zeige sich kompromissbereit, den Armen mit mehr Druck und Verachtung zu…“

„… begrüße der Einzelhandel Lohnkürzungen und harte Einschnitte bei den Sozialleistungen. Da Arme nun nicht mehr so viel konsumierten, könne sich das Personal nun intensiver um die Besserverdienenden…“

„… begeistere sich die Bevölkerung mehr und mehr für die Klimaziele der Kanzlerin, die schon immer eine entschiedene Gegnerin der Atomkraft gewesen sei. Eine Umwelt-Avantgarde aus Erwerbslosen versuche derzeit durch Stromsperren und Energieverzicht, die Forderungen ihres Idols Peter Altmaier bundesweit populär zu…“

„… sich die trendgerechte Mobilität der Hipster zum Vorbild nähmen. Immer mehr Berufsaussteiger seien heute obdachlos, um das Ideal der Freiheit, wie sie Bundespräsident Gauck und die FDP…“

„… Tendenz zu gemeinschaftlichen Aktivitäten, die sogar außerhalb der Arbeitszeit unternommen würden. So besuche ein Großteil mehrmals pro Woche die Tafeln, um mit Gleichgesinnten in fröhlicher Runde einen netten…“

„… eine kausale Verbindung von Erwerbsarmut und Bildungsdefiziten zu erkennen. Die meisten Jugendlichen seien inzwischen nicht mehr davon überzeugt, dass die Bildungsdefizite auf Seiten der Bundesregierung…“

„… gesundheitsbewusste Ernährungsweise in den unteren Dezilen. Man finde vor allem eine Reduktion um dreißig Prozent der Kosten für drei Monate, die sich als sogenannte Hartz-Diät größter Beliebtheit…“

„… direkten Unterstützung für Staatskonzerne. Da weniger Arme sich Mobilität leisten könnten, verkaufe die Deutsche Bahn AG weniger Tickets, müsse so noch weniger auf Unpünktlichkeit Rücksicht nehmen und konzentriere sich ganz auf defekte Klimaanlagen, Datenschutzlecks, den geplanten Börsengang sowie…“

„… für strukturelle Verbesserungen am Arbeitsmarkt. Rösler unterstütze die Meinung der Bevölkerung, durch sinkende Löhne könne insgesamt das Lohnniveau steigen, durch mehr Arbeitslose könne man Vollbeschäftigung erzeugen und durch Steuersenkungen gäbe es…“

„… sich die drohende Altersarmut immer mehr entschärfe. Von der Leyen habe dabei insbesondere Hartz IV als Trainingsprogramm gelobt, um im Alter trotz Mangelernährung möglichst lange überlebensfähig zu…“

„… sich Arbeitslose auch aus Rücksicht versteckten und nur noch in besonders abgeteilten und bewachten Arealen aufhielten. Die ALG-II-Bezieher hätten Sorge, ihr anstrengungsloser Wohlstand könne den Neid von Investmentbankern und anderen anständigen Staatsbürgern…“

„… gebe es im Gegensatz zum Bundeshaushalt kaum sinnlose Neuverschuldung. Die Niedriglöhner neigten nicht zur Anschaffung von Motorjachten, Oldtimern und Pelzmänteln, selten erworben würden auch Fußballvereine, Banken oder…“

„… sich für eine Vermögenssteuer aussprächen. Die zweckgebundene Abgabe solle nach dem Willen der Bürger für Vermögende in Not genutzt werden, etwa für Niebels Auslegeware oder die…“

„… die Neigung der Erwerbslosen zum Suizid ein Anzeichen von gestiegener Eigenverantwortung im Gesundheitssystem sei. Bahr führe die Welle an Selbsttötungen darauf zurück, dass Sterbehilfe bei unheilbaren Krankheiten nicht von den Kassen…“

„… Bruttostundenlöhne von weniger als sechs Euro gefordert. Nur konsequenter Lohnverzicht sei eine geeignete Solidarmaßnahme, um die Profite der Wirtschaft nicht zu gefährden. Viele Arbeiter und Angestellte sprächen sich inzwischen auch dafür aus, ganz auf Gehälter zu…“

„… müsse auch Bildung wieder eine Rolle spielen. Da immer mehr Jugendliche die Schule abbrächen, verzeichne man proportional auch weniger schlechte Abschlüsse, so dass von einer durchschnittlich höheren Qualifikation für den…“

„… ein größeres kulturelles Bewusstsein für deutsche Traditionen. Nicht nur ehemalige DDR-Bürger seien wieder an Zensur, Schnüffelei und…“

„… immer mehr Angehörige des Prekariats ein neues Lebensgefühl entwickelten. Vermehrt komme es nach Aussage von der Leyens zu Brotmangel, der aber durch Kuchen…“

„… sich Arbeitslose durch Eigeninitiative fit hielten. Sportarten wie Pfandflaschensammeln und Papierkorbtauchen seien Ausdruck der anhaltenden Daseinsfreude von jungen und alten…“

„… in den folgenden Legislaturperioden der besten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung nicht mehr zu erwarten sei. Das Kabinett verzichte künftig auf wirtschaftliche oder soziale Erwägungen, die Regierung kenne sich ohnehin nur mit geistiger Armut aus und wolle daher…“





Leitungsschaden

9 05 2012

„Hallo? Sind Sie noch dran? Ja, ich bin noch da. So gerade eben noch. Viel ist ja von uns nicht mehr übrig seit unserem grandiosen Sieg in Kiel.

Hier ist nämlich in letzter Zeit ein bisschen viel kaputtgegangen. Wir haben ja auch kapiert, dass wir das schleunigst reparieren lassen sollten, aber Sie kennen das ja. Man möchte eigentlich viel lieber so weitermachen wie bisher. Möglichst nichts ändern. Schon gar nichts Neues. Und dann stellt man fest, die Sache ist im Eimer. Aber komplett. Können Sie nur noch in die Tonne treten. Alles. Es ist eigentlich nicht mehr die Frage, ob Sie das alles rausreißen, sondern nur noch, wann.

Prinzipiell stehen wir ja alle hinter dem Chef, aber… hallo? Was ist denn heute mit der Leitung los? Die Leitung ist ja wieder unter aller Sau! Hallo? Nein, ich meine Rösler. Wir stehen hinter ihm. Ist ja auch die beste Position für einen Überraschungsangriff, oder? Nein, wir sind nicht unkollegial. Noch nicht. Das dauert. Das dauert ja immer ein bisschen länger, bis wir auf Kritik reagieren.

Momentan machen wir gruppendynamische Sprechblasenübungen. Wachstum. Wachstum. Alle müssen es nachplappern, damit wir bis zur nächsten Bundestagswahl im Schlaf von Wachstum reden. Wachstum. Wachstum. Hallo? Was rauscht da? Sind Sie noch dran? Ja, fürchterlich. Ich kann’s auch nicht mehr hören. So eine miserable Qualität, da tun einem die Ohren weh.

Das ist hier ein bisschen wie in der CDU. Wenn alle Ihnen demonstrativ das Vertrauen aussprechen und ihnen auf die Schulter klopfen, können Sie sich eigentlich nur noch eine Kugel in den Kopf jagen. Barschel? Guttenberg? Und momentan sind sie mit Schavan ja auch alle höchst zufrieden. Gefährlich, sage ich Ihnen.

Niebel macht das nicht. Nein, absurd. Völlig ausgeschlossen. Der hätte auf einmal so viele alte Freunde, für die müssten wir glatt ein neues Ministerium aufmachen.

Doch, das klingt plausibel. Neulich hatte ich hier die Zahnärzte an der Strippe, oder waren es die Apotheker? jedenfalls ging es um eine Menge Geld, und da merkten die es auch. Die Kommunikation stimmt nicht mehr. Lästig, wirklich. Ich würde auf einen Leitungsschaden tippen. Das kann man ja flicken, aber langfristig können Sie den ganzen Kram nur noch wegschmeißen. Lohnt sich nicht mehr.

Wissen Sie, der Brüderle hat neulich sogar vor der Personaldebatte über Rösler gewarnt. Da wurde der richtig laut. Überall hat der gesagt, er wolle keine Debatte über Rösler. Im Parteivorstand: keine Debatte über Rösler. In der Fraktion: keine Debatte über Rösler. In NRW: keine Debatte über Rösler. Haben Sie auch gerade so ein Echo in der Leitung? Komisch. Und jetzt debattieren sie auch tatsächlich, dass es keine Debatte über Rösler geben darf. Das ist schon ein ehrenwerter Mann. Der Brüderle.

Meinen Sie, er macht’s? Ich finde das nicht richtig, denn schauen Sie mal: die in Schleswig-Holstein sagen, sie hätten den Wahlsieg, also die Halbierung der Stimmen, das hätten sie nur hingekriegt, weil sich Rösler nicht eingemischt hätte. Und wenn jetzt Lindner noch so einen katastrophalen Sieg holt, ohne das mit Rösler abzusprechen, dann… hallo? Frau Homburger, was machen Sie denn in der Leitung? Ich dachte, Sie seien längst raus aus der… hallo? Ja, komisch. Ich verstehe gar nicht, warum die hier mitreden will.

Lindner? Großartiger Plan. Warum nicht mal ’ne Heulsuse. Nee, lassen Sie mal stecken. Schönreden ist in Ordnung, aber alles hat seine Grenzen.

Die Verbindung ist ständig gestört. Seitdem wir dieses moderne Telekommunikationssystem haben – im Prospekt stand irgendwas mit mehr Freiheit, da haben die es natürlich sofort angeschafft, gab eine lange Diskussion mit dem Vorstand, vor allem wegen der Hörer, wissen Sie, und ich meine, wer will die denn ständig an der Backe… hallo? Es ist doch nicht zu fassen, jetzt fallen die auch noch aus! Das ist jetzt das zweite Mal, und immer liegt der Fehler im Generalsekretariat. Ja, das sind wir schon gewohnt. Ständig müssen Sie da die Basis suchen, es besteht so gut wie kein Kontakt mehr. Sie wollen eigentlich ganz normal mit jemandem reden, und plötzlich stellen Sie fest: weg. Aber endgültig.

Haben die eigentlich noch Garantie auf den? Ich meine, so alt ist der doch eigentlich gar nicht. Kam zwar nicht originalverpackt, aber wenn Sie sich den mal so anschauen, viel gebraucht war der ja vorher nicht. So gut wie nie im Einsatz. Stand immer nur so dekorativ in der Gegend herum und staubte etwas an. Wie kommen Sie jetzt auf Rösler, ist hier wieder Fiepen in der Strippe?

Man könnte ja taktisch vorgehen und warten, bis das Ding wirklich nicht mehr zu retten ist. Kubicki bleibt in Kiel, Lindner wird in Düsseldorf beerdigt, Bahr und Döring dürfen noch ein Jährchen in die Bedeutungslosigkeit hinüberdämmern, und dann sägen alle zusammen den Chef ab, wenn das mit Gauck gerade in Vergessenheit geraten ist. Nach guter neoliberaler Tradition ist er selbst schuld an seinem Scheitern, er darf dann als Bad Bank der Partei den Müll mit rausnehmen. Klingt doch pfiffig, oder? Hallo? Sind Sie noch dran? Hallo? Was meinen Sie? Westerwelle? Hallo? Rösler war für den Übergang, Westerwelle macht jetzt den Unter… hallo? Hallo?

Tot. So was aber auch.“





Auf Widerruf

9 11 2011

„… ein Rücktritt der Bundesregierung völlig ausgeschlossen sei. Sämtliche Gerüchte entbehrten jeglicher Grundlage, die Koalitionspartner seien sich dahin gehend einig, dass sie die…“

„… einen heftigen Kurssturz, verursacht von Spekulationen um das vorzeitige Regierungsende, während sich Wall Street erstaunlich fest zeigte. Die US-Manager zeigten sich zuversichtlich, dass es für die Konservativen einen Rettungsschirm…“

„… von ungefähr zehn Prozent. Demgegenüber stand ein Plus von fast fünfzehn Prozent, da die Aussicht auf ein Ausscheiden der FDP aus der Regierungsverantwortung Hoffnungen auf die…“

„… dementierte Kauder umgehend sämtliche Aussagen, die ein vorzeitiges Ende der Regierung Merkel II auch nur…“

„… würde der Einzelhandel den Rücktritt der Kanzlerin vor Weihnachten dennoch als zu spät ansehen, da das Weihnachtsgeschäft größtenteils im November abgeschlossen…“

„… den DAX zu bremsen, da für den Rücktritt noch kein konkreter Termin an der Börse…“

„… ausgeschlossen, da die Fortführung einer vernünftigen Steuer- und Finanzpolitik für die Bundesrepublik zwingend an das Bestehen der Koalition gebunden…“

„… werteten die Händler es positiv, dass die Kanzlerin für die Regierungsauflösung noch keinen Termin bekannt gegeben habe, da dieser aller Erfahrung nach nicht zu halten gewesen…“

„… weil im Falle des Regierungsendes keine Sicherheit mehr für die Energiekonzerne bestünde. Die Expertise des Wirtschaftsforschungsinstituts kündigte an, bei der Suche nach einer neuen Kanzlerin auch Wünsche der Investmentbanken zu berücksichtigen und auf die Belange der…“

„… trotz enger Handelsspannen noch deutlich im Plus. Der Ausblick auf die sich abzeichnende Rezession würde auch durch einen Wechsel der deutschen Regierung nicht getrübt, da es die Analysten in der Regel ohnehin nicht interessiere, wer unter ihrer Leitung im Kanzleramt einen…“

„… gab der Verband Sekt und Schaumweine bekannt, dass sich die Bestellungen größerer Gebinde im Falle des plötzlichen Regierungssturzes positiv auf die Bilanz der…“

„… forderte FDP-Chef Rösler die Union auf, keine Mutmaßungen über das Ende der schwarz-gelben Koalition mehr zu streuen. Er kündigte an, im Fall eines Koalitionsbruchs auf Grund der zu erwartenden absoluten Mehrheit für die Liberalen die CDU nicht mehr in sein Kabinett…“

„… äußerten die Ökonomen der öffentlichen Banken weiterhin Skepsis, ob ein Ende von Merkel die Entspannung der Märkte vertiefe. Erst nach einer verbindlichen Erklärung der Bundeskanzlerin, wenigstens aber nach der Auflösung der FDP, könnten im ersten Quartal 2012 die Anleiherenditen auch wieder kräftig…“

„… sei nicht ganz auszuschließen, dass FDP-Fraktionschef Brüderle versehentlich die Wahrheit über den Zustand der Regierung…“

„… zwar noch keine Ahnung über die Folgen, dennoch wagte der Chefvolkswirt der Deutschen Bank eine erste Prognose über den Zustand der Bundesregierung und dessen Auswirkung auf den Devisenhandel in den…“

„… wiegelte die Börse ab. Das Gemunkel um einen Koalitionsbruch in Berlin sei für die aktuelle Kursentwicklung weniger ausschlaggebend als die Wetterlage im Taunus, Thomas Gottschalks Nachfolge bei Wetten, dass…? oder die Weinkönigin von…“

„… nach Seehofer auch Söder, dass die CSU die ständigen Gerüchte von Seiten der FDP über einen Koalitionsbruch nicht mehr hinnehmbar seien. Der bayerische Ministerpräsident forderte die liberale Gurkentruppe letztmalig auf, sich zu den sachlichen Fragen der anstehenden Beratungen…“

„… verbat sich EZB-Präsident Mario Draghi, dass das Kabinett über Preisniveaustabilität verhandele – weder Stabilität noch Niveau seien in einer deutschen…“

„… wolle Seehofer die schwarz-gelbe Koalition bis zur letzten Patrone…“

„… zwar noch keine Ahnung über die Folgen, dennoch wagte Schäuble eine erste Prognose über den Zustand des Investmentbankings und dessen Auswirkung auf die bundespolitische…“

„… laut Uhl (CSU), dass die regierenden Sicherheitsbeamten der Kanzlerin überhaupt nicht die Anweisung gegeben hätten, ihren Rücktritt vorzubereiten. Etwaige Spekulationen über den Zustand der Koalition seien nicht zu bekämpfen, weshalb er auch die Einführung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung für alle…“

„… setzte Rösler der CSU ein Ultimatum, die Gerüchte zu beenden, er wolle aus der Regierung sofort ausscheiden und sich in die…“

„… beklagte Merkel die Berichterstattung im deutschen Fernsehen, da zu häufig gezeigt werde, dass die Märkte mit Kursrückgängen auf die Fama einer Koalitionskrise reagieren – es würde viel zu oft verschwiegen, dass die CDU mit diesen Botschaften auch für ausgesprochen gutes Klima im Parketthandel die…“

„… äußerte sich Westerwelle über den…“

„…nach einer Investorenveranstaltung eine Put-Option auf die deutsche Bundesregierung gekauft. Ackermann versicherte der Kanzlerin, er werde sie nicht oder wenigstens nur sehr ungern in den…“

„… dass zwei Szenarien den wirtschaftlichen Abschwung Europas erheblich beschleunigen würden: einerseits eine deutsche Regierung unter Beteiligung der FDP, andererseits eine deutsche Regierung ohne Beteiligung der liberalen…“

„… sagte Rösler, er als FDP werde das Gerede über das Zerbrechen einer deutschen Regierung nun aber auf gar keinen Fall weiterhin…“

„… führte als zusätzliches Makroderivat neben dem Geschäftsklimaindex, der Arbeitslosenquote und dem Absturzwinkel von Merkels Mundwinkeln auch die Differenz der Liberalen zur 1%-Hürde…“

„… gab die Bundeskanzlerin die vorgezogenen Neuwahlen zum Deutschen Bundestag bekannt. Merkel führte aus, ihr Vertrauen in die Märkte sei innerhalb der letzten Wochen fundamental…“